Es geht nicht ums Produkt
Während die Konsumenten sich in den 1950er Jahren noch mit Slogans wie „Die bessere Mausefalle“ überzeugen ließen, war es ab den 70er Jahren zunehmend das Image des Unternehmens, das einen vom Kauf überzeugte. Nachdem aber irgendwann nahezu jedes Unternehmen angeblich die besseren Produkte anbot und den besseren Ruf genoss, genügte auch das nicht mehr – die Ära des Positioning begann.
„Positioning ist nicht das, was Sie mit einem Produkt tun. Positioning ist das, was Sie mit dem Gedächtnis eines Kunden tun.“
Positioning heißt, etwas ins Gedächtnis des Kunden zu transportieren und dort zu verankern. Das funktioniert mit Produkten, Unternehmen, Personen oder Werbung. Entscheidend ist dabei allein das Kundengedächtnis und nicht das Produkt.
Ins Gedächtnis gelangen
Über Fernsehen, Zeitungen, Radio usw. strömen täglich unzählige Informationen auf die Konsumenten ein. Deren Gehirn kann aber nur einen Bruchteil davon verarbeiten. Um ins Gedächtnis Ihrer Zielgruppe zu gelangen, müssen Sie darum die richtigen Botschaften senden:
- Der Erste sein: Wer war der erste Mensch auf dem Mond? Klar, Neil Armstrong. Und wer folgte auf Armstrong? Das wissen die wenigsten. Sie können noch so viel Geld in das Werbe- und Produktentwicklungsbudget pumpen – sind Sie nicht der Erste, wird es schwer, beachtet zu werden. Die amerikanische Biermarke Michelob schaffte den Sprung auf die erste Sprosse im Premium-Biersegment, indem sie als erste Premiummarke positioniert wurde, mit dem Slogan „First Class is Michelob“.
- Klar und einfach bleiben: Das eben genannte Beispiel illustriert auch die neuen Anforderungen an Werbebotschaften: Klar und einfach müssen sie sein, nicht mehr poetisch wie früher. Poesie verwirrt das überforderte Gedächtnis der Konsumenten.
- In Bezug setzen: Wer nicht der Erste in seiner Produktkategorie ist und diese Position auch nicht erreichen kann, sollte sein Produkt zum Konkurrenzprodukt in Beziehung setzen. Bewährt hat sich die Strategie einer Gegenposition, wie sie Avis verfolgt hat. Das Unternehmen bekannte sich in seiner Werbung offen zu seiner Position als Nummer zwei der Mietwagenbranche mit dem Slogan „Avis ist nur die Nummer zwei bei Mietwagen. Warum sollten Sie mit uns fahren? Wir bemühen uns mehr.“ Danach erzielte das Unternehmen erstmals seit 13 Jahren Gewinne.
- Was hat oder kann das Produkt nicht? Anderes und Neues gelangt nur schwer ins Gedächtnis der Kunden, es sei denn, es wird mit Bekanntem verbunden. Sollten Sie also eine neue Produktkategorie einführen, wäre es besser zu sagen, was Ihr Produkt nicht hat oder kann, anstatt zu sagen, was es kann. Beispiele sind „Kutsche ohne Pferd“ für das erste Auto, „bleifreies“ Benzin oder „fettarme“ Nahrungsmittel.
Die Chancen des Ersten
Marktführer zu sein, lohnt sich in vielerlei Hinsicht: Die Marke prägt sich besonders fest ins Gedächtnis des Kunden ein. Sie ist erfahrungsgemäß bedeutend umsatzstärker als die zweite im Markt und kann so gut wie gar nicht von Konkurrenten verdrängt werden. Auch Fehler werden einem Marktführer eher verziehen als einem schwächeren Unternehmen. Sie können sich quasi alles erlauben und sind kaum angreifbar. Sollten Sie sich also in dieser beneidenswerten Position befinden, sollten Sie alles dafür tun, sie zu behaupten:
- Das Original: Bewerben Sie sich nicht als die „Nummer 1“, sondern als das Original. Das ist schließlich unerreichbar. Die Nummer 1 können auch andere werden, wenn sie ihren Umsatz durch Preissenkungen ankurbeln.
- Wachsam bleiben: Auch wenn Ihr Produkt genial scheint, bleiben Sie offen für neue Produktentwicklungen und kaufen Sie diese notfalls, damit kein Konkurrent der Erste mit dem neuen Produkt werden kann.
- Neues Produkt, neue Positionierung: Bedenken Sie, dass nicht Ihr Unternehmen Marktführer ist, sondern das Produkt. Jedes neue Produkt sollte darum erneut um die Position des Ersten im Gedächtnis des Kunden kämpfen. Coca-Colas Mr. Pibb blieb gegen Marktführer Dr. Pepper beispielsweise immer der Zweite. Da nützten auch der große Name und die Marktführerschaft im Cola-Segment nichts.
- Namen ändern: Scheuen Sie auch vor einer Namensänderung Ihres Unternehmens nicht zurück, wenn Sie künftig weitere Produkte ins Sortiment aufnehmen möchten und Ihr bisheriger Name künftigen Produktentwicklungen nicht mehr gerecht werden kann.
Verfolger
Nicht jeder kann Marktführer sein. Auch als Verfolger haben Sie die Chance auf eine gute Position. Sie sollten dafür eine Lücke im Gedächtnis des Kunden finden, eine noch unbesetzte Position in der Produktkategorie also. Das kann über die außergewöhnliche Größe des Produkts geschehen, wie beispielsweise beim VW Käfer. Mit seiner Kampagne „Think small“ hat sich Volkswagen von dem üblichen „größer und schneller“ distanziert und argumentiert, dass größer nicht immer besser sein muss. Genauso können Sie auch, wie Michelob beim Bier, ein Premiumprodukt lancieren, wo es bisher noch keins gibt, der Kunde aber bereit dafür ist. Entscheidend ist, dass sich die Lücke im Gedächtnis Ihrer Kunden befindet und nicht in Ihrer Produktpalette.
Die Konkurrenz neu positionieren
Wenn Sie weder der Erste sind noch eine Nische gefunden haben, können Sie auch die Konkurrenz neu positionieren. Anders ausgedrückt: Sie verdrängen eine etablierte Idee in einer Produktkategorie und ersetzen sie durch eine neue. Das lässt sich am Beispiel des Schmerzmittels Tylenol illustrieren. In der Tylenol-Werbung hieß es: „Wenn Ihr Magen leicht verstimmt ist ... oder Sie ein Magengeschwür haben ... oder wenn Sie an Asthma, Allergien oder Eisenmangel leiden, dann sollten Sie Ihren Arzt fragen, bevor Sie zu Aspirin greifen.
„Das Erste, was Sie brauchen, um Ihre Botschaft unauslöschlich im Gedächtnis zu verankern, ist keine Botschaft. Es ist ein Gedächtnis, und zwar ein unbelastetes.“
Zum Glück gibt es Tylenol.“ Das Paracetamol-Präparat hat es auf diese Weise geschafft, Aspirin von seiner Nummer-eins-Position bei Schmerzmitteln zu verdrängen. Repositionierung ist keine vergleichende Werbung. Sie sagen nicht, dass Sie besser als Ihre Konkurrenz sind. Vielmehr setzen Sie Ihre Marke und Ihren Produktnutzen zu jenen der Konkurrenz ins Verhältnis.
Der Name ist alles
Der Markenname ist das, was sich der Kunde einprägt. Er muss deshalb perfekt sein, am besten produktnah und beschreibend. Fantasienamen wie Xerox oder Abkürzungen wie BMW oder IBM kann sich nur der erlauben, der wirklich als Erster seine Marke positioniert hat. Bei neuen erklärungsbedürftigen Technologien oder Entwicklungen können so genannte Negativ-Namen nützlich sein, wie Soja-Butter statt Margarine. Der Name sollte auch zum Produkt oder zur Leistung passen.
„Es vollzog sich ein seltsamer Wandel in der amerikanischen Werbeindustrie: Sie wurde weniger poetisch, dafür aber umso wirksamer.“
Bei United Airlines ist das beispielsweise der Fall: Der Name klingt nach einer großen Fluggesellschaft. Eastern Airline dagegen gehört ebenfalls zu den vier größten Fluggesellschaften der USA, klingt allerdings regional und wird von den Kunden auch so eingestuft. Markennamen sollten sich immer klar von bereits existierenden Namen abheben, sonst geht es Ihnen wie dem Reifenhersteller Goodrich, der oft mit dem Branchengrößeren Goodyear verwechselt wird. Obwohl Goodrich die ersten Stahlgürtelreifen auf den Markt brachte, schreiben die meisten amerikanischen Käufer diese Innovation Goodyear zu.
Gefahr der Markenausweitung
Bei einer Markenausweitung verwenden Unternehmen für ihre neuen Produkte bereits etablierte Markennamen, um von deren Bekanntheits- und Vertrauensgrad zu profitieren. Leider ist dieser Ansatz erfahrungsgemäß erfolglos. Wer den Namen einer Marke für ein anderes Produkt verwendet, zerstört die einzigartige Position und damit die Stärke der Marke.
„Bei einer Produktanzeige ist in der Regel das Bild das dominierende Element. Bei der Werbung für eine Dienstleistung dominieren dagegen Worte.“
So geschehen bei Tempo. Der Name stand lange Zeit für Papiertaschentücher. Nun heißt auch Toilettenpapier so. Aus dem Namen einer führenden Marke ist damit aus Sicht der Kunden der Name irgendeines Toilettenpapiers geworden. Die neuen Produkte sind wie Satelliten und nehmen keine unabhängige Position im Gedächtnis des Kunden ein. Damit bleiben sie nicht haften und werden nie eine Chance gegen bereits etablierte Marken mit eigener Position haben.
„Menschen leiden an derselben Krankheit wie Produkte. Sie wollen es allen recht machen.“
Sinnvoller ist eine Erweiterung der Markenbasis. Dabei sprechen Sie mit einer vorhandenen Marke eine neue Zielgruppe an, wie beispielsweise Johnson’s Babyshampoo. Die Marke stand und steht dafür, besonders mild zu sein, und wurde auch als Shampoo für Erwachsene beworben – mit großem Erfolg, denn das Produkt gehört heute zu den führenden Erwachsenenshampoos. Dabei behielt das Unternehmen den Markennamen bei. Es hätte auch eine neue Marke als „Johnson’s Shampoo für Erwachsene“ schaffen können. Der Erfolg wäre jedoch geringer ausgefallen, da in dieser Produktkategorie andere Marken die führenden Positionen besetzen.
Was sich alles positionieren lässt
Vieles lässt sich positionieren, von Unternehmen über Produkte bis zu Personen. Hier einige Tipps und Beispiele:
- Unternehmen: Bei der Positionierung von Unternehmen spielt der Name ebenso die tragende Rolle wie bei Produkten. Xerox steht beispielsweise für Kopierer. Der Versuch, mit dem Kauf von Scientific Data Systems und der Umbenennung in Xerox Data Systems auch den Markt für computerbasierte Informationssysteme zu erobern, scheiterte. Die Marktführenden, allen voran IBM, konnten nicht von ihrer Position im Gedächtnis der Kunden verdrängt werden. Eine Chance, sich für die Zukunft zu wappnen, wäre z. B. ein neuer Name, der den Begriff „Lasographie“ aufnimmt, was für ein laserbasiertes Verfahren des Kommunizierens, Lesens und Speicherns steht. Damit könnte das Unternehmen wieder die Position des Ersten besetzen.
- Produkt: Das Süßwarenprodukt Milk Duds hatte nur die Form mit Schokoladenriegeln gemein. Weil hier aber ein Kern aus Karamell mit Schokolade überzogen war, war der Riegel nicht so schnell aufgegessen wie ein herkömmlicher Schokoriegel. Die einzige Chance, ins Gedächtnis des Kunden zu gelangen, lag in der Repositionierung der übermächtigen Konkurrenz. Milks Duds positionierte sich daher als langlebige Alternative: „Wenn ein Schokoriegel nur noch eine Erinnerung ist, genießt du immer noch deine Milk Duds.“
- Dienstleistung: Während bei Produkten die Botschaft zu großen Teilen durch Bilder transportiert wird, sind es bei Dienstleistungen Worte. Ein Beispiel ist Mailgram, ein 1970 eingeführter elektronischer Postdienst von Western Union. In diesem Fall handelte es sich um eine neue Technologie, die ins Gedächtnis der Kunden gebracht werden musste. Erfolgreich zeigte sich eine Kampagne mit dem Slogan: „Mailgram: Die Wirkung eines Telegramms zu einem Bruchteil der Kosten“. Die neue Technologie wurde hier mit dem Bekannten, dem Telegramm, verknüpft, damit die Kunden verstehen konnten, worum es ging.
- Sie selbst: Richtig, Sie können sogar sich selbst positionieren, um Ihre Karriere voranzubringen. Überlegen Sie sich eine Position, die Sie besetzen können und wollen. Diese sollte im Vergleich mit Ihren Wettbewerbern einzigartig sein. Verkürzen Sie Ihren oder Ihre Vornamen nicht zu Initialen! Das können sich nur Personen mit Bekanntheitsgrad leisten. Auch ein gutes Zugpferd ist wichtig, wie das richtige Unternehmen, der richtige Chef oder ein Freund, der Sie vorwärts bringt.