Leading Change

Buch Leading Change

Wie Sie Ihr Unternehmen in acht Schritten erfolgreich verändern

Vahlen,
Erstausgabe:1996


Rezension

Auch wenn John P. Kotters Werk bereits 1996 erschienen ist: Seine Ratschläge in Sachen Change-Man­age­ment haben bis heute nur an Bedeutung gewonnen. Denn die Thesen des US-Vor­denkers sind nicht nur zeitlos, die angespannte in­ter­na­tionale Wirtschaft­slage schreit sogar förmlich danach, dass diese grundle­gen­den Aussagen über effektives Wirtschaften wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Knapp und doch tiefgehend beschreibt der Har­vard-Pro­fes­sor, weshalb so viele Firmen an Veränderung­spro­jek­ten scheitern. Auf der Basis seiner Forschungen und zahlreichen Praxis­er­fahrun­gen liefert er auch gleich einen Fahrplan für das Gelingen von Change-Pro­jek­ten in Form seines Acht-Schritte-Pro­gramms mit. Das Buch wimmelt nur so von Fällen aus der Praxis. Allerdings tappt Kotter in dieselbe Falle wie viele Man­age­men­tau­toren: Da predigt er Selb­stver­ant­wor­tung der Mitarbeiter und lobpreist die Segnungen der Teamarbeit, vermittelt aber mit seiner Anleitung gle­ichzeitig den Eindruck, dass Veränderungen eben doch von oben gesteuert werden müssen. Dennoch ist Kotters Buch ein un­verzicht­barer Beitrag zur Reflexion des Managements. BooksInShort empfiehlt es allen Un­ternehmern, Managern und Beratern, die die Fähigkeit zum Wandel und seine effektive Gestaltung als entschei­dende Geschäftsstrate­gie verstehen.

Take-aways

  • Wandel ist die Vo­raus­set­zung für Erfolg.
  • In vielen Firmen wird Veränderungs­man­age­ment ignoriert, was zu schw­er­wiegen­den Fehlern führt.
  • Unternehmen müssen sich in Zeiten der Glob­al­isierung immer schneller ändern.
  • Mehr Führen und weniger Managen ist der Schlüssel zu er­fol­gre­ichen Veränderung­spro­jek­ten.
  • Damit ein Wandel angestoßen werden kann, muss die Belegschaft von dessen Notwendigkeit überzeugt sein.
  • Offene Kom­mu­nika­tion und kon­tinuier­liche Information sind bei Veränderung­sprozessen essenziell.
  • Ohne Vision fehlt den Mi­tar­beit­ern in Veränderung­spro­jek­ten die Ori­en­tierung.
  • Wandel hat dauerhaften Bestand, wenn er in der Un­ternehmen­skul­tur verankert ist.
  • Das Festhalten an der Ver­gan­gen­heit ist keine Er­fol­gsstrate­gie für die Zukunft.
  • Führungskom­pe­tenz ist nicht angeboren, sondern erlernbar.
 

Zusammenfassung

Die entschei­den­den Fehler des Veränderungs­man­age­ments

Eine Tatsache, mit der jedes Unternehmen un­weiger­lich kon­fron­tiert wird, ist der Wandel. Damit sind nicht nur die kon­tinuier­lichen Veränderungen der gesellschaftlichen, rechtlichen oder politischen Rah­menbe­din­gun­gen gemeint: Wer auf Dauer an den Märkten bestehen will, muss vor allem bereit sein, das eigene Geschäft permanent zu verändern. Anders können die Positionen an bestehenden Märkten nicht gehalten und neue Chancen nicht ergriffen werden.

„Wann immer von Menschen gebildete Gemein­schaften gezwungen sind, sich den veränderten Gegeben­heiten anzupassen, ist Schmerz allgegenwärtig.“

Trotzdem demon­stri­eren viele Unternehmen nach wie vor Ignoranz oder Nachlässigkeit im Umgang mit diesem Thema. Die Folge sind schw­er­wiegende Fehler, die Ressourcen ver­schwen­den, die Belegschaft verun­sich­ern oder sogar das Geschäft in eine gefährliche Schieflage bringen. Hier die häufigsten Fehler des Veränderungs­man­age­ments im Überblick:

  • Keine klaren Worte: Veränderungen lösen bei den meisten Menschen zunächst Widerstände, Ängste oder ein Festhalten an alten Gewohn­heiten aus. Wer die Unterstützung seiner Leute möchte, muss klar aufzeigen, weshalb die Veränderungen un­ver­mei­dlich sind.
  • Keine Teamarbeit in der Führung: Die Her­aus­forderun­gen für Unternehmen werden immer komplexer. Veränderungen lassen sich daher schon lange nicht mehr von einem oder wenigen Chefs gestalten. Vielmehr erfordert der Wandel die intensive Teamarbeit aller Führungskräfte.
  • Keine Vision: Wer nicht weiß, in welche Richtung Veränderungen führen sollen, wird auch niemanden für neue Projekte begeistern können. Wer es aber weiß, sollte mit seiner Präsentation bereits in höchstens fünf Minuten Interesse wecken.
  • Keine au­then­tis­che Kom­mu­nika­tion: Wenn die Aussagen der Führungskräfte nicht mit ihrem Handeln übere­in­stim­men, versetzt das dem Veränderung­spro­jekt leicht den Todesstoß.
  • Keine Block­ade­analyse: Oft wird der En­thu­si­as­mus für den Wandel von uner­warteten Hin­dernissen im Keim erstickt. Deshalb müssen gleich zu Beginn die Fir­menor­gan­i­sa­tion und die Abläufe auf mögliche Blockaden geprüft werden.
  • Keine Ergeb­nisori­en­tierung: Veränderungen brauchen Zeit, trotzdem sind schnelle Erfolge unerlässlich. Sonst kann die Motivation für den durchaus anstren­gen­den und schmerzhaften Prozess nicht aufrechter­hal­ten werden.
  • Kein Durch­hal­tev­ermögen: Das Ziel ist fast erreicht und doch scheitert das Veränderung­spro­jekt – viele Firmen machen diese leidvolle Erfahrung. Grund dafür ist, dass die Führung bei den ersten Anzeichen von Geschäftssteigerun­gen die Zügel schleifen lässt.
  • Kein Kulturverständnis: Damit sich Veränderungen im Unternehmen auf Dauer etablieren, müssen die damit verbundenen Werte und Normen Bestandteil der Fir­menkul­tur werden. Häufig werden diese so genannten weichen Themen jedoch ignoriert.

Das Geheimnis er­fol­gre­ichen Wandels

Auch wenn Veränderungen seit jeher ein natürlicher Begleiter jeder wirtschaftlichen Aktivität sind, so ist ihre Intensität doch nie gleich. Aufgrund der zunehmenden Glob­al­isierung der Märkte müssen Unternehmer binnen immer kürzerer Zeitspannen ihre Produktivität steigern, die Qualität verbessern und neue Produkte entwickeln. Trotz dieser wachsenden Geschwindigkeit im geschäftlichen Handeln sind jedoch die notwendigen Schritte, Wandel erfolgreich zu gestalten, heute keine anderen als zu Beginn der In­dus­tri­al­isierung.

„Der bei Weitem größte Fehler, der beim Versuch der Or­gan­i­sa­tionsveränderungen gemacht wird, ist, sich in die Veränderung zu stürzen, ohne genügend Dringlichkeit unter Führungskräften und Mi­tar­beit­ern zu schaffen.“

Das Er­fol­gs­ge­heim­nis ist ein acht­stu­figer Prozess, der sich an den entschei­den­den Fehlern des Veränderungs­man­age­ments orientiert. Um die eigene Firma fit für die Zukunft zu machen, müssen allerdings zwei Aspekte berücksichtigt werden: Es darf kein Schritt übersprungen werden, und die Reihenfolge der Prozesss­chritte ist einzuhalten.

„Wenn man die Vision einer Veränderungsmaßnahme nicht in fünf Minuten (oder weniger) beschreiben kann und darauf eine Reaktion bekommt, die Verständnis und Interesse sig­nal­isiert, dann wird man mit Sicherheit Schwierigkeiten bekommen.“

Zudem müssen Veränderung­spro­jekte von in­tel­li­gen­tem, in­spiri­eren­dem Führen geprägt sein – nicht von Managern. In vielen Unternehmen ist das nicht der Fall: Im Vordergrund stehen das Planen, das Budgetieren, das Kon­trol­lieren der Ergebnisse und das Formen einer geordneten Or­gan­i­sa­tion­sstruk­tur. Das alles soll einen Prozess vorherse­hbar machen und zu Erfolgen führen. Das Ergebnis ist meist aber eher eine starre Fir­men­struk­tur als die Fähigkeit zu dauerhaftem Wandel.

„Moderne Or­gan­i­sa­tio­nen sind viel zu komplex, um durch einen einzelnen Giganten trans­formiert zu werden.“

Über die dafür notwendigen Führungsqualitäten wird zwar gerne gesprochen, im Alltag werden sie aber nicht gelebt. Zu den wichtigsten Lead­er­ship-Kom­pe­ten­zen zählen das Entwickeln einer Vision, die um­fan­gre­iche Kom­mu­nika­tion darüber mit den Mi­tar­beit­ern, Offenheit für Teamarbeit sowie die Fähigkeit, andere mitzureißen. Ohne kon­se­quentes Managen wird zwar jedes Veränderung­spro­jekt scheitern, doch die für einen Wandel notwendige Unterstützung der Belegschaft gewinnt man nur mit Führung.

Die acht Schritte des Veränderung­sprozesses

Entschei­dend für den Erfolg des Veränderung­sprozesses ist, dass die gesamte Belegschaft versteht, weshalb das Unternehmen nur durch Wandel eine Zukunft hat. Gehen Sie nach diesen acht Schritten vor:

  1. Das Bewusstsein für Wandel schaffen: Ohne ein Gefühl für die Notwendigkeit neuer Ar­beitsweisen oder Produkte verlaufen die besten Veränderungsab­sichten im Sande. Die Un­ternehmensführung muss zunächst einmal selbst von den Veränderungen überzeugt sein und dies zum Ausdruck bringen. Aber sie kann auch bei den Mi­tar­beit­ern das Bewusstsein für einen Wandel unmittelbar schärfen, etwa indem sie anordnet, dass diese sich regelmäßig un­zufriede­nen Kunden stellen. Die Veränderungs­bere­itschaft wird zudem erhöht, wenn die Geschäftsführung offen über die Un­ternehmenssi­t­u­a­tion diskutiert, umfassend über neue Mark­tchan­cen informiert oder schwer zu erreichende Ziele setzt. Eine sehr drastische Maßnahme ist es, Krisen oder Fehler bewusst zuzulassen und damit Wet­tbe­werb­ss­chwächen of­fen­zule­gen.
  2. Ein ver­trauensvolles Führungsteam etablieren: Wählen Sie die Team­mit­glieder anhand der vier Kriterien hi­er­ar­chis­che Position, Fachwissen, Glaubwürdigkeit und Führungsqualität aus. Anschließend sollte mithilfe intensiver Gespräche, gemeinsamer Aktivitäten und firmenex­terner Ve­r­anstal­tun­gen ein Ver­trauensverhältnis aufgebaut werden. Erst auf dieser Basis kann das Team Ziele vereinbaren, die Herz und Verstand ansprechen.
  3. Die Strategie festlegen: Eine Vision und die daraus abgeleit­eten Maßnahmen geben eine allgemeine Ori­en­tierung und erleichtern die Ko­or­di­na­tion des Veränderung­sprozesses. Zudem motivieren sie auch zu Handlungen, die nicht unbedingt im Eigen­in­ter­esse der Mitarbeiter stehen. Eine Strategie ist dann Erfolg ver­sprechend, wenn sie vorstellbar, konkret, umsetzbar, flexibel, in wenigen Worten zusam­men­fass­bar ist und im langfristi­gen Interesse der Firma liegt. Das gesamte Führungsteam sollte in die Entwicklung involviert sein. Dieser Prozess braucht viel Zeit; jeder noch so verrückte Gedanke sollte ernst genommen werden. Eine wirkungslose Vision kann für ein Unternehmen fatalere Folgen haben als gar keine.
  4. Kon­tinuier­lich informieren: Damit die Mitarbeiter voll und ganz hinter dem Wandel stehen, müssen sie wieder und wieder über den neusten Stand informiert werden. Und das Besprochene muss – egal ob in großen Ver­samm­lun­gen, in kleinen Diskus­sion­srun­den, in Fir­men­zeitschriften oder im Internet – leicht verständlich dargelegt sein und am besten anhand von Bildern erläutert werden. Darüber hinaus sollten Schwach­punkte oder ver­meintliche Widersprüche offen diskutiert und die Sorgen der Belegschaft aufge­grif­fen werden.
  5. Die Eigen­ver­ant­wor­tung stärken: Grundsätzlich sind die meisten Mitarbeiter motiviert, das Unternehmen vo­ranzubrin­gen. Dieses Engagement kann jedoch leicht durch schlechte Führung, Machtkämpfe, mangelnde Kom­mu­nika­tion zwischen den Abteilungen oder die Ver­schwen­dung von Ressourcen abgetötet werden. In Veränderung­sprozessen muss die Or­gan­i­sa­tion deshalb von Beginn an der Vision angepasst werden. Dazu sind ausreichend Trainings er­forder­lich. Zudem sollten Leis­tungs­be­w­er­tun­gen an Kun­den­beziehun­gen aus­gerichtet werden und Ent­loh­nun­gen nicht die Fehlerver­mei­dung im Fokus haben. Besonders wichtig ist aber, führungss­chwache Vorgesetzte mit ihren Ver­hal­tensweisen zu kon­fron­tieren und sie ggf. zu ersetzen.
  6. An Ergebnissen orientieren: Nichts erschwert einen notwendigen Wandel mehr als aus­bleibende Erfolge. Das Führungsteam sollte sich daher von vornherein auf schnelle Ergebnisse ausrichten. Diese müssen für die Belegschaft spürbar und unmittelbar auf die Vision und die Veränderung bezogen sein. Sie sollten spätestens nach einem Jahr auftreten. Schnelle Erfolge fördern die Motivation für den weiteren Prozess. Sie belohnen die beteiligten Mitarbeiter, sind ein Gradmesser für die Stimmigkeit der Vision, unterstützen die Glaubwürdigkeit des Führungsteams und schaffen Begeis­terung. Ein gewisser Druck in Form von hochgesteck­ten Zielen kann das Erreichen von schnellen Ergebnissen beschle­u­ni­gen.
  7. Widerstände beseitigen: Eine der größten Her­aus­forderun­gen im Change-Prozess ist es, die Bere­itschaft zur Veränderung aufrechtzuer­hal­ten, auch wenn erste deutliche Leis­tungssteigerun­gen den Wandel weniger dringlich erscheinen lassen, der Prozess länger als geplant dauert oder Schwierigkeiten auftauchen. Gerade in solchen Momenten gewinnen latente Widerstände und Kritiker leicht die Oberhand. Das Führungsteam muss in dieser Situation deutlich machen, dass Wandel in komplexen Or­gan­i­sa­tio­nen immer die Veränderung aller bedeutet. Dafür muss es den gesamten Prozess transparent gestalten, das nötige Personal einstellen, Ve­r­ant­wor­tung delegieren und überflüssige Strukturen beseitigen.
  8. Eine neue Fir­menkul­tur etablieren: Veränderungen können nur Bestand haben, wenn die Führung die Un­ternehmen­skul­tur nicht aus dem Blick verliert. Gemeinsame Werte und Ver­hal­tensnor­men sind letztlich die Antriebskräfte für Geschäftsprozesse. Sollen diese sich verändern, muss sich auch die Kultur wandeln. Ein großes Problem ist, dass viele Aspekte der Fir­menkul­tur auf unbewusster Ebene ablaufen und nur schwer infrage zu stellen sind. Dennoch ist diese Au­seinan­der­set­zung wichtig, denn die Kultur gibt vor, welche Menschen eingestellt und wie sie geschult werden.

Er­fol­gs­fak­tor Führung

Der Schlüssel zu einem er­fol­gre­ichen Veränderung­sprozess ist Führung. Unternehmer und Manager müssen sich von der tra­di­tionellen Sichtweise ve­r­ab­schieden, dass Führungsqualitäten angeboren sind. Forschung und Praxis belegen, dass man Führen lernen kann. Vo­raus­set­zung dafür ist, sich dem Wet­tbe­werb­s­denken nicht zu verweigern und bereit zu sein, ein Leben lang zu lernen.

„Un­vor­ein­genom­men zuzuhören, neue Dinge auszupro­bieren, Erfolge und Misserfolge ehrlich zu re­flek­tieren – nichts davon erfordert einen hohen IQ, einen MBA-Ab­schluss oder eine priv­i­legierte Herkunft.“

Ob man sich ohne Vorurteile auf Neues einlassen und zuhören kann, hängt letztlich nicht mit einem hohen In­tel­li­gen­zquo­tien­ten oder einem exzellenten Universitätsabschluss zusammen. Vielmehr erfordert es die Bere­itschaft, offen zu sein, Risiken einzugehen, sich ehrlich zu hin­ter­fra­gen, aktiv Meinungen anderer zu ergründen sowie umfassend In­for­ma­tio­nen zu sammeln. Wer nur am Wissen und Handeln festhält, das er sich in der Ver­gan­gen­heit erworben hat, wird in Zukunft nicht bestehen können.

Über den Autor

John P. Kotter hat einen Lehrstuhl für Führungs­man­age­ment an der Harvard University. Er hat mehr als 2 Millionen Bücher in 120 Sprachen verkauft, darunter auch den Bestseller Das Prinzip Dringlichkeit.