Einfach mal die Klappe halten

Buch Einfach mal die Klappe halten

Warum Schweigen besser ist als Reden

Gabal,


Rezension

Mal ehrlich: Diese Dauerbeschal­lung geht einem schon gehörig auf die Nerven. Fernsehen, Radio, Chefansagen, Kol­le­gen­tratsch, und in jedem Meeting gibt es Redebeiträge, die nur deshalb abgeliefert werden, weil irgendwer sich gerne sprechen hört. Dass das alles ziemlich krank ist, offenbart Cornelia Topf in ihrem un­ter­halt­sam geschriebe­nen Ratgeber. Sie braucht keinen erhobenen Zeigefinger und kein Fachchi­ne­sisch, stattdessen macht sie den Leser Seite für Seite auf all den täglichen Textmüll aufmerksam, der überflüssig wie ein Kropf ist. Die Erkenntnis, dass man mit Schweigen oft viel weiter kommt als mit Reden, wirkt weder besser­wis­serisch noch esoterisch, sondern erfrischend logisch. Aus der Praxis für die Praxis gibt es dann noch Tipps, wie man in Beruf und Privatleben Quas­sel­monstern Einhalt gebietet, wie man selbst keines wird und wie man lernt, Stille zuzulassen und Ruhe als Kraft­tankstelle zu nutzen. BooksInShort empfiehlt das Buch jedem – ob männlich, weiblich, Hausfrau oder Manager –, der einen Beitrag dazu leisten möchte, dass an die Stelle der End­los­beschal­lung effektive Kom­mu­nika­tion tritt.

Take-aways

  • Weniger reden und konstruktiv schweigen erhöht den Wert Ihrer Worte ungemein.
  • Menschen, die schweigen, wirken weise, Plap­per­taschen dagegen auf­dringlich.
  • Bei Pro­voka­tio­nen zunächst zu schweigen, gibt Ihnen Zeit, zu entscheiden, wie Sie sich verhalten möchten.
  • In der Stille kommen vielen Menschen Gedanken, vor denen sie sich fürchten – also schalten sie rasch den Fernseher ein.
  • Schweigen in Gesellschaft empfinden wir als peinlich. Die Stille überbrücken wir mit in­halt­slosem Gerede.
  • Wer erst denkt, bevor er redet, vermeidet Fettnäpfchen, Streit und Missverständnisse.
  • Wirkungsvolle Kom­mu­nika­tion heißt nicht, in End­loss­chleife zu reden, sondern kurz, knapp und mit innerer Überzeugung sagen, was Sache ist.
  • Nur wer schweigen kann, kann zuhören, und nur wer zuhört, erfährt, was der andere wirklich will.
  • Setzen Sie Kunstpausen ein, um Ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
  • Wenn Sie es schaffen, Ruhe zu genießen, finden Sie zu sich selbst.
 

Zusammenfassung

Die Kraft des Schweigens

Eltern kennen dieses Phänomen: Sie erklären dem Nachwuchs hundertmal, was er tun oder lassen soll – ohne Erfolg. Und aus­gerech­net dann, wenn man gar nichts sagt und allenfalls miss­bil­li­gend schaut, reagiert der Lümmel auf einmal und macht, was man von ihm erwartet. Überrascht? Nun: Tatsache ist, dass der Knirps nicht Ihren Ermahnungen zum Trotz ungehorsam ist, sondern gerade weil Sie ihn dauernd ermahnen. Wer ständig zugetextet wird, macht die Schotten dicht. Das geht nicht nur Kindern so, sondern auch Lebenspart­nern, Freunden, Kollegen und Mi­tar­beit­ern. Weil wir zu viel plappern, bleiben unsere Worte oft wirkungslos.

„Wir leben in einer Sprech­blasen­zeit.“

Sie müssen nun nicht ins andere Extrem verfallen, indem Sie gar nichts mehr sagen und zu allem provokant und trotzig schweigen. Schweigen sollte konstruktiv sein – das ist dann der Fall, wenn Sie sich Ihrem Gegenüber zuwenden, ihm vermitteln, dass Sie da sind und zuhören. Gerade in schwierigen Gesprächssi­t­u­a­tio­nen kann Schweigen besonders gut wirken, weil es einen Überraschungsef­fekt hat und die üblichen Sprach­spiele unterbricht. Mit diesen nämlich gehen wir uns nur gegenseitig auf die Nerven. Das funk­tion­iert ganz automatisch: Auf den Vorwurf folgt die Recht­fer­ti­gung, auf eine Behauptung die Gegen­be­haup­tung und auf eine Drohung das Zurückschlagen. Wenn Sie dagegen schweigen, fängt der andere an zu denken. Nichts motiviert so sehr wie wenige Worte und ganz viel Schweigen.

Mit Schweigen zum Erfolg

Schweigen hat darüber hinaus eine pädagogische Wirkung. Sie können niemandem etwas beibringen, wenn Sie ohne Punkt und Komma reden. Ihr Gegenüber hört gar nicht mehr zu und kapiert erst recht nicht, was Sie von ihm wollen. Deshalb ist es nutzlos, vor Kindern oder Mi­tar­beit­ern eine Auf­gaben­liste run­terzu­rat­tern. Viel besser ist es, nach jedem einzelnen Auftrag eine Pause zu machen und zu warten, ob eine Frage kommt. So geben Sie dem Ange­sproch­enen die Chance, das Gehörte zu verin­ner­lichen. Außerdem zeugt es von Respekt, zwis­chen­durch mal in­nezuhal­ten und dem anderen zu zeigen, dass Sie selbst auch zuhören können.

„Wir können gut 50 % von dem, was wir sagen, getrost weglassen – es macht keinen Unterschied.“

Überlegen Sie doch mal, wie Menschen auf Sie wirken, die nur wenig sagen. Wahrschein­lich weise, intelligent, souverän, selb­st­be­wusst, kompetent, vertrauenswürdig. Und die Plap­per­taschen? Man hält sie für auf­dringlich, ordinär, doof, rechthaberisch – auch wenn sie diese Eigen­schaften vermutlich ebenso wenig haben wie die „stillen Wasser“ die positiven Merkmale. Die Schweigsamen haben die besseren Karten. Und obwohl das allgemein bekannt ist, quatschen sich selbst Spitzen­man­ager mitunter um Kopf und Kragen. Kein Wunder, denn in die Vor­stand­se­ta­gen der Wirtschaft wird befördert, wer die anderen am wirkungsvoll­sten zutextet. In Wirtschaft und Politik scheint es besser zu sein, Nonsens zu verzapfen, als den Mund zu halten, erst mal nachzu­denken und zuzuhören.

„Die meisten Menschen bemerken ein Leben lang nicht, dass sie sich, ihr Image, ihre Karriere und ihre Er­fol­gschan­cen buchstäblich zerreden.“

Nehmen Sie sich das Recht zu schweigen, gerade auch dann, wenn Sie angegriffen, provoziert oder beleidigt werden. Selbst wenn es nur einen Moment dauert, gibt diese Stille Ihnen unglaublich viel Kraft, weil Sie sich von Zwängen frei machen und sich nicht ma­nip­ulieren lassen.

Die Angst vor der Stille

Langsam werden Sie sich fragen, weshalb es trotz alldem vielen so schwerfällt, den Mund zu halten. Ein Grund ist, dass sie Angst haben, die Kontrolle zu verlieren. Gerade Manager glauben, Reden sei gleich Kontrolle, und lassen deshalb niemanden zu Wort kommen außer sich selbst. Ein anderer Grund ist, dass wir in unserer dauerbeschall­ten Gesellschaft verlernt haben, wie wohltuend Stille sein kann. Außerdem glauben manche, dass ein notorischer Schweiger möglicher­weise ein be­hand­lungs­bedürftiges Problem hat und deshalb in Text ertränkt werden muss. Deshalb können Sie Erwachsene beobachten, die auf ein weinendes Kind einreden, bis es schreit, anstatt es einfach wortlos in den Arm zu nehmen.

„Wer nicht schweigen kann, ist nicht zum Glück fähig.“

Viele Zeitgenossen fliehen geradezu vor der Stille. Offenbar tut die Stille weh, weil wir Angst kriegen vor dem, was wir da in uns hören. Dabei wäre der Dialog mit den eigenen Gedanken sehr wichtig, denn hinter jedem Gedanken, auch dem unan­genehm­sten, steckt ein Nutzen. In der Stille erkennen Sie sich selbst und finden zu sich. Durch den inneren Dialog werden Sie gelassen und souverän.

„Es ist eine bodenlose Dumm- und Re­spek­t­losigkeit, einen weinenden Menschen vol­lzu­la­bern.“

Noch ein Grund, weshalb wir die Stille fürchten: Sie ist uns derart peinlich, dass wir Gespräche lieber mit in­halt­slosem Gerede in Gang halten. Eltern ist es peinlich, mit dem Kind an der Hand schweigend durch die Straßen zu gehen; Eheleuten ist es peinlich, schweigend am Esstisch zu sitzen; Gastgebern ist es peinlich, schweigend vor den Gästen zu stehen. Immer wieder fürchten wir uns davor, dass sich in dieser Stille Gedanken in unser Gehirn schleichen. Wie wir das zu verhindern suchen, indem wir zwanghaft etwas Sinnloses von uns geben, ist das wirklich Peinliche daran. Warten Sie doch beim Small Talk einfach mal ab, irgendwann kommt schon das Stichwort, zu dem Sie etwas beitragen können.

„Das ist der Preis, den wir für die Flucht vor der Stille let­z­tendlich bezahlen: Wir verlieren uns selbst.“

In manchen Situationen kann Schweigen allerdings wirklich peinlich sein: wenn wir zu feige zum Reden sind und zusehen, wie Missstände nicht aufgedeckt, Kollegen gemobbt, In­for­ma­tio­nen zurückgehalten oder An­erken­nun­gen verweigert werden.

Erst denken, dann reden

Für gewöhnlich antworten wir auf Fragen reflexartig, ohne lange nachzu­denken. Und oft würden wir die Antwort, kaum ist sie aus­ge­sprochen, am liebsten schnell zurücknehmen und irgendwo vergraben. Wir treten regelmäßig in Fettnäpfchen, nur weil die Worte un­kon­trol­liert aus uns her­aussprudeln. Einige nutzen diesen Antwortre­flex, um zu ma­nip­ulieren oder zu provozieren, und meist haben sie damit Erfolg. Wenn der Pro­jek­tleiter fragt: „Schaffen Sie das?“, dann erwidern Sie spontan: „Ähm ... ja.“ Und das Projekt geht den Bach runter, weil Sie nicht mal grob überschlagen haben, ob der Zeitplan überhaupt einzuhalten ist. Vorschnelle Antworten sind schuld an Streit, Missverständnissen und Pein­lichkeiten, nicht nur im Man­ager­all­tag, sondern überall.

„Peinliche Stille ist eine in­ter­es­sante Her­aus­forderung, die ein in­tel­li­gen­ter Mensch ohne Weiteres meistern kann.“

Normale Un­ter­hal­tun­gen werden heute kaum noch geführt, stattdessen wird provoziert, suggeriert und manipuliert, was das Zeug hält. Dabei sind es immer die gleichen Sätze („Du bist immer so ...“, „Wie konnte denn das passieren?“), die uns zu re­flex­haftem Plappern verführen. Es ist ein Spiel, das der eine beginnt und der andere zwangsläufig mitspielt. Wenn Sie das Spiel gewinnen wollen, halten Sie einfach die Klappe. Hören Sie aber aufmerksam zu und zeigen Sie Interesse. Solange Sie schweigen, ist der Manipulator machtlos, und das verdirbt ihm den Spaß. Genauso setzen Sie Beleidiger und Pro­voka­teure schachmatt.

Weniger Worte haben mehr Gewicht

In unserer Gesellschaft wird viel gestritten und diskutiert, sei es in der Politik, unter Kollegen oder in der Familie. Friedvolle Kom­mu­nika­tion ist out. Der coole Typ von heute lässt sich nichts bieten, er haut gleich zurück. Eine zivil­isierte Au­seinan­der­set­zung muss man freilich lernen, und da hapert es schon in der Kinderstube. Eltern wiederholen ihre Anweisungen hundertmal und öfter, anstatt nach einer kurzen Ansage zu schweigen und nötigenfalls die Kon­se­quen­zen zu ziehen. Kinder sind ja nicht doof, sie merken genau, dass sie nur lange genug diskutieren müssen, um ihren Willen durchzuset­zen.

„Wenn sich jemand eine Stunde lang bemüht, seriös auszusehen, und sein Gesicht mit seinen 20 mimischen Muskeln auf einen einzigen Gesicht­saus­druck fes­t­be­toniert, wirkt er nicht seriös, sondern wie ein botoxge­spritzter Zombie.“

Kom­mu­nika­tion sollte kein verbaler Dauerregen sein. Wenn Sie etwas durchsetzen möchten, sagen Sie kurz, knapp und voller Überzeugung, was Sache ist (etwa so: „Ich arbeite mehr, ich kann mehr, als Gegen­leis­tung wünsche ich mir mehr Geld.“), und dann schweigen Sie. Wer sich seiner Interessen und Ziele sicher ist, braucht keinen Dreiseiter, dem genügen drei Zeilen.

„Schweigen ist eine exzellente Technik, um vornehm und überlegt über den Dingen zu stehen.“

Sich kurz zu fassen, fällt oft schwer, besonders wenn man Kritik einstecken muss. Nur macht es gar keinen Sinn, ein wütendes Gegenüber mit beschwichti­gen­den Worten auf den Teppich holen zu wollen. Jeder Laut macht es nur noch aggressiver – also schweigen Sie und hören Sie zu. Alles, was die aufge­brachte Person jetzt braucht, ist jemand, der ihn ernst nimmt und der Verständnis zeigt. Auch wenn Ihr Gesprächspartner einen Wunsch äußert, lautet das oberste Gebot: schweigen und zuhören, bis die Bedarfsklärung abgeschlossen ist. Erst mal her­aus­finden, was der andere überhaupt will – das klingt so simpel und ist doch so schwer. Sie kommen nur ans Ziel, wenn Sie nach jeder Frage auch schweigen können. Dadurch hat der andere Zeit für seine Gedanken und kommt selbst darauf, was seine Bedürfnisse sind.

„Wer bei der Bedarfsklärung bereits ar­gu­men­tiert, anstatt zu schweigen, vermasselt un­weiger­lich den Deal.“

Die stärkste Wirkung hat Schweigen, wenn Sie es ganz bewusst einsetzen, als Kunstpause. Damit können Sie z. B. einen Vortrag so spannend gestalten wie eine Os­carver­lei­hung. Als rhetorisch begabter Chef machen Sie Ihren Mi­tar­beit­ern mit Pausen den Ernst der Lage klar („Herr Meier – es geht um ein unan­genehmes Thema – um die Verzögerung Ihres Projekts“) oder Sie gehen mit einer Laudatio in die Fir­mengeschichte ein („Herr Müller – ein engagierter Mitarbeiter – auf den jederzeit Verlass ist – die Stütze der Abteilung“). Nichts un­ter­stre­icht das Gesagte mehr als eine deutliche Pause mit Blick­kon­takt.

Quas­sel­strip­pen abschalten und Stille genießen

Manche Menschen können einfach nicht still sein. Wenn im Umgang mit diesen Zeitgenossen Ihre Nerven anfangen zu vibrieren, wehren Sie sich; drücken Sie den Ausknopf bei dem Plappermaul. Wenn z. B. die Kinder am Frühstückstisch streiten, schicken Sie sie hinaus, damit Sie Ihre Ruhe haben. Wenn der Chef inkompetent daherredet, un­ter­brechen Sie ihn, und zwar indem Sie ihn loben. Loben? Genau. Vielredner wollen nur Beachtung – haben sie die, halten sie zufrieden die Klappe. Überhaupt: Nehmen Sie das Gespräch in die Hand, moderieren Sie mit spez­i­fis­chen Fragen und lenken Sie es so in die gewünschte Richtung. Die Frage „Wie erholst du dich jetzt nach der Scheidung?“ verhindert, dass die gepeinigte Freundin Sie unter einer Jam­mer­law­ine begräbt.

„Denkpausen. Die vielleicht einzig positive Ressource, die unerschöpflich ist.“

Weniger reden, weniger Lärm, mehr Stille, das tut jedem gut. Erstaunlich, dass so viele Menschen einfach vergessen haben, was bereits die alten Griechen wussten: In der Stille liegt die Kraft. Gestresste Berufstätige absolvieren im Urlaub lieber einen Städtetrip-Marathon, als sich Ruhe, Stille und Schweigen zu gönnen, einfach weil sie süchtig nach Stress sind. Doch Sucht ist ungesund. Es ist wis­senschaftlich erwiesen, dass Menschen, die regelmäßig meditieren, ein halb so hohes In­fark­trisiko, ein besseres Blutbild und einen niedrigeren Blutdruck haben. Schweigen ist der Kraft­spender schlechthin, denn in der Stille werden Sie achtsam, ein urteils­freier Beobachter wie etwa der Dalai Lama, der fröhlich und gelassen an der Welt teilnimmt.

„Schweigen ist eines der besten Auf­putschmit­tel, die es gibt.“

Probieren Sie es aus: Ihr Team soll sich vor jedem Meeting eine Minute sammeln. In der größten Hektik schauen Sie einfach eine Minute ruhig aus dem Fenster. Wenn Sie bügeln oder lesen, vor dem Essen oder wenn der Chef tobt, halten Sie für eine Minute inne, beobachten Sie aus der Stille heraus. Damit tanken Sie Kraft und das gibt Ihrer Intuition die Chance, vom Verstand nicht niedergemäht zu werden – denn die Intuition ist meist die bessere Entschei­dung­shilfe. Stellen Sie den Lärm ab, halten Sie die Klappe und genießen Sie die Stille. So finden Sie zu sich selbst.

Über die Autorin

Cornelia Topf war Managerin in ver­schiede­nen Unternehmen, bevor sie als Expertin in Sachen Kom­mu­nika­tion tätig wurde. In Augsburg gründete die promovierte Ökonomin das Train­ingsin­sti­tut Metatalk. Sie ist in­ter­na­tional mit Seminaren, Coachings und Vorträgen erfolgreich.