Gut beraten

Buch Gut beraten

Wie Sie die Zusammenarbeit effektiv und wertschätzend gestalten. Für Unternehmensberater und ihre Klienten

Frankfurter Allgemeine Buch,


Rezension

Ob man Berater mag oder nicht, ob man Projekte mit ihnen erfolgreich abgeschlossen oder sie als Fehlschläge verbucht hat: Irgendwann hat jeder Manager in der einen oder anderen Form mit ihnen zu tun. Warum sich also nicht an die Spielregeln halten? Denn nur so wird die nächste Zusam­me­nar­beit zu einem „Blockbuster“ statt zu einer „Tragödie“ – so formuliert es der Un­ternehmens­ber­ater und Autor Martin Stellmacher. Seine goldenen Regeln für Berater und deren Klienten subsumiert er unter sechs Hebeln. Wer sie richtig zu bedienen weiß, schafft die besten Vo­raus­set­zun­gen dafür, dass die Pro­jek­t­part­ner­schaft gelingt. Ganz kurz gefasst: Wir sollen lieb zueinander sein, die richtigen Personen im Projektteam auswählen und Ve­r­ant­wor­tung übernehmen. Doch keine Sorge, es geht auch gehaltvoller. Stellmacher zeigt, dass eben nicht alles, was von Beratern produziert wird, nur leeres Gerede ist. BooksInShort empfiehlt sein Buch allen Un­ternehmens­ber­atern und ihren Klienten.

Take-aways

  • Ein Projekt ist dann erfolgreich, wenn es wirksam und effizient ist.
  • Stimmen Sie sich im Vorfeld mit allen Beteiligten darüber ab, ob der Einsatz eines Beraters überhaupt sinnvoll ist.
  • Wählen Sie für jedes einzelne Projekt den am besten geeigneten Consultant aus.
  • Ein kompetenter Berater präsentiert maßgeschnei­derte Lösungen auf möglichst wenigen Folien.
  • Der Klient muss seine Erfahrung in das Projektteam einbringen und dem Berater vertrauen.
  • Kunde und Berater sollten einander wertschätzen und zwischen der Person und der Rolle ihres Gegenübers un­ter­schei­den.
  • Gute Um­gangs­for­men wie Höflichkeit, Pünktlichkeit und Verbindlichkeit sollten selbstverständlich sein.
  • Der Kunde übernimmt die Ve­r­ant­wor­tung dafür, dass der Auftrag klar definiert ist.
  • Der Berater übernimmt die Ve­r­ant­wor­tung dafür, dass die richtige Diagnose gestellt wird, bevor man mit der Behandlung beginnt.
  • Die Pro­jek­t­phasen sind: Initiierung, Pitch, Auftragsklärung, Planung, Kick-off, Durchführung, Beendigung, Follow-up. Lassen Sie keine aus!
 

Zusammenfassung

Wozu Berater?

Für die einen sind Un­ternehmens­ber­ater ma­nip­u­la­tive Besser­wisser, für die anderen charis­ma­tis­che Superhelden. Was leisten sie wirklich? Kein Zweifel: Die Sonne würde auch ohne sie morgen wieder aufgehen. Doch Berater sind Trendverstärker und Prozesstreiber, die als Wirtschafts­fak­tor nicht zu unterschätzen sind: Allein in Deutschland waren 2008 fast 14 000 Con­sult­ing­fir­men registriert. Mit ihrer Beratungstätigkeit rund um Or­gan­i­sa­tion, Prozesse, Strategie, IT und Personal setzten sie rund 18 Milliarden Euro um. Sie werden vor allem dann als Unterstützung ins Unternehmen geholt, wenn komplexe und zeitkri­tis­che Projekte anstehen. Ob diese dann auch erfolgreich sind, misst sich an zwei Faktoren: der Wirksamkeit und der Effizienz. Stärken sinnvoll umgesetzte Maßnahmen die Leistungs- und die Zukunftsfähigkeit der Or­gan­i­sa­tion? Und wurde das Ergebnis mit einem möglichst geringen Aufwand erwirkt? Wenn sich beide Fragen mit Ja beantworten lassen, kann das Projekt als erfolgreich gelten. Beide Parteien – sowohl der Berater wie auch der Klient – können anhand der folgenden sechs Hebel ihren Beitrag zu einem er­fol­gre­ichen Projekt leisten.

1. Hebel: Die richtigen Berater richtig einsetzen

Bevor Sie als Kunde vorschnell einen Berater engagieren, fragen Sie sich: Ist das überhaupt notwendig, oder können Sie Ihr Problem auch selbst lösen? Prüfen Sie, ob der Be­ratere­in­satz intern akzeptiert wird, ob er gerecht­fer­tigt ist und ob er sich finanziell rentiert. Ähnliche Überlegungen muss auch der Berater anstellen. Er soll nicht einfach jeden Auftrag annehmen, der ihm ins Haus flattert. Oft wird sein Spezial­wis­sen benötigt, oder aber es ist für das Unternehmen billiger, einer internen Per­son­alk­nap­pheit kurzfristig mit der Verpflich­tung von Externen zu begegnen. Ein guter Berater lässt die Finger von Aufträgen, mit denen ein Klient ihn in­stru­men­tal­isieren will, um sinnlose Projekte durchzuboxen, oder die nur erteilt werden, weil eine Or­gan­i­sa­tion völlig überlastet ist. Ebenso lehnt er Aufträge ab, wenn der Klient nur zu faul zum Nachdenken ist, die Aufgabe der internen Kom­mu­nika­tion beim Berater abgeladen werden soll oder die Re­al­isierung des Konzepts schlicht un­wahrschein­lich ist.

„Klienten und Berater können und müssen beide und in jeder Phase eines Projekts dazu beitragen, dass der Einsatz der Be­ratung­sun­terstützung wirksam und effizient wird.“

Sind Sie von der Sinnhaftigkeit des Be­ratere­in­satzes überzeugt, nehmen Sie nicht den Erstbesten. Ein gewisses Maß an Sympathie zwischen Klient und Berater ist gut, doch verlassen Sie sich nicht nur auf die Ihnen bereits bekannten Consultants. Vielleicht war jemand der Richtige für das letzte Projekt, doch für das neue fehlt ihm die Branch­en­ex­per­tise. Suchen Sie gezielt und für jedes Projekt separat.

2. Hebel: Die notwendigen Kompetenzen und die richtige Einstellung

Ein guter Berater hat ausreichend fachliche, persönliche und methodische Kompetenz. Er liefert keine Stan­dard­vorschläge, sondern eine maßgeschnei­derte Lösung für Ihr Problem. Bei der Präsentation erörtert er so viele Details wie nötig, jedoch ohne Sie mit In­for­ma­tio­nen zu erschlagen. Ebenso wichtig ist es, ein guter Klient zu sein. Stellen Sie dem Projektteam Ihre fachlichen und persönlichen Kompetenzen zur Verfügung. Schenken Sie dem Berater Ihr Vertrauen, ohne die Ve­r­ant­wor­tung komplett aus der Hand zu geben. Überlegen Sie – genauso wie der Consultant –, ob Ihre Einstellung zum Projekt korrekt ist oder ob Sie Vorurteile und Vorbehalte haben.

3. Hebel: Eine wertschätzende Haltung einnehmen

Beginnen Sie die Part­ner­schaft un­vor­ein­genom­men. Bevor Sie den anderen beurteilen, trennen Sie gedanklich den Menschen von seiner Rolle. Ein hart durch­greifender Berater kann persönlich ein ganz netter Typ sein. Vielleicht haben Sie sogar Gemein­samkeiten? Vielleicht sind Sie beide ehrgeizig, intelligent und motiviert? Es ist verständlich, dass Sie Angst haben, wenn ein Berater Ihre Routinen durchkreuzt oder wenn Sie aufgrund seiner Anwesenheit Zusatza­uf­gaben zu erledigen haben. Trotzdem sollten Sie das Konkur­ren­z­denken überwinden. Klient und Berater müssen wertschätzend miteinander umgehen. Das bedeutet: Offenheit, ehrliches Feedback, Integrität und gegen­seit­iges Vertrauen. Erkennen Sie die Rolle des anderen an. Der Berater ist dazu da, eine Veränderung beim Kunden einzuleiten, den Status quo zu hin­ter­fra­gen und den Prozess weit­erzutreiben. Der Klient wiederum unterstützt den Berater, indem er sein Wissen über die Or­gan­i­sa­tion mit ihm teilt, sich aktiv in den Lösungs­find­ung­sprozess einbringt und schließlich voll hinter dem gemeinsam er­ar­beit­eten Konzept steht.

4. Hebel: Auf verbindliche Um­gangs­for­men achten

Wertschätzung zeigt sich auch in den Um­gangs­for­men. Es versteht sich von selbst, dass man höflich und prinzipiell pünktlich ist und dass man seine Versprechen einhält. Sehen Sie Ihr Gegenüber beim Reden an, un­ter­brechen Sie es nicht und halten Sie keine zähen Monologe. Liefern Sie zugesagte In­for­ma­tio­nen rechtzeitig, vollständig und ohne Fehler. Seien Sie als Klient nicht besser­wis­serisch – natürlich kennen Sie das Unternehmen schon länger als der Berater. Nerven Sie nicht mit unnötigen De­tail­fra­gen, nur um den Consultant zu testen.

„Setze Berater nur in Projekten ein, bei denen ein akutes und relevantes Problem zum gegebenen Zeitpunkt intern nicht gelöst werden kann.“

Es ist bereits ein Stereotyp, dass Consultants ignorant und arrogant sind und dass sie sich profilieren wollen. Umso wichtiger ist es für einen Berater, Respekt zu zeigen, indem er die Mitarbeiter des Klienten nicht zu Daten­liefer­an­ten degradiert. Er bedankt sich auch mal bei ihnen und bittet um ihre Meinung.

5. Hebel: Die operative Ve­r­ant­wor­tung übernehmen

Die Let­ztver­ant­wor­tung bleibt beim Kunden. Er muss dem Berater sagen, was er von ihm erwartet. Dieser steuert dann das Projekt. Das operative Geschäft allerdings ist und bleibt Aufgabe des Kunden, genauso wie die Kom­mu­nika­tion im Unternehmen. Müssen bei Re­struk­turierung­spro­jek­ten Kündigungen aus­ge­sprochen werden, schickt ein guter Kunde keinesfalls den Berater vor. Er überbringt schlechte ebenso wie gute Nachrichten selbst.

„Widerstehe dem Impuls, den Widerstand eines Klienten zu bekämpfen.“

Dafür muss der Kunde die Ve­r­ant­wor­tung übernehmen:

  • Definieren und benennen Sie den Auftrag klar.
  • Konzen­tri­eren Sie sich auf diesen einen Auftrag und belästigen Sie den Berater nicht andauernd mit weiteren Baustellen.
  • Liefern Sie In­for­ma­tio­nen rechtzeitig, in angemessenem Umfang und Format.
  • Stellen Sie Ihr Wissen zur Verfügung.
  • Wenn Sie Bedenken haben, halten Sie diese nicht bis zur Endpräsentation zurück.
„Nutze den Abschluss des Projekts für eine explizite Er­fol­gskon­trolle, eine angemessene Diskussion der anstehenden Her­aus­forderun­gen der Im­ple­men­tierung sowie eine gemeinsame Reflexion über den Pro­jek­tver­lauf.“

Dafür muss der Berater die Ve­r­ant­wor­tung übernehmen:

  • Di­ag­nos­tizieren Sie die Krankheit, bevor Sie den Patienten behandeln.
  • Berücksichtigen Sie die Erfahrung und das spezifische Un­ternehmenswis­sen des Klienten.
  • Achten Sie auf klare Aussagen und Empfehlun­gen.
  • Haben Sie den Mut, überzogene Forderungen des Kunden abzulehnen.
  • Beziehen Sie nicht nur das Top­man­age­ment, sondern auch die mittlere Führungsebene in Ihre Überlegungen mit ein.

6. Hebel: Keine Phase des Projekts auslassen

Jede Phase eines Projekts hat ihre Berech­ti­gung. Lassen Sie eine aus, wird sich das irgendwann rächen. Hier die acht Phasen im Überblick:

  • Initiierung: Das Projektziel soll klar und realistisch, das Projekt selbst sinnvoll sein. Wenn Sie im Unternehmen einen Anlass sehen, ein Projekt aufzusetzen, heuern Sie nicht sofort ein Beraterteam an. Diskutieren Sie ein Problem zuerst mit denen, die es betrifft. Stimmen Sie sich ab und treffen Sie gemeinsam eine Entschei­dung darüber, ob der Be­ratere­in­satz überhaupt gerecht­fer­tigt ist. Natürlich kommt es vor, dass Consultants selbst mit einer Projektidee an einen Klienten herantreten. Es spricht nichts dagegen, sich diese anzuhören. Wenn es ein guter Berater ist, wird er auch Themen ansprechen, aus denen nicht unmittelbar ein Auftrag für ihn resultiert.
  • Pitch: Als Pitch bezeichnet man den Vorgang, mit dem der geeignete Berater gesucht und gefunden wird. Oft lädt der Kunde mehrere Teams ein, eine Präsentation zu halten. Das kostet die Berater Zeit und Geld. Seien Sie daher fair: Bitten Sie nur jene Con­sultin­gun­ternehmen zu einem Präsen­ta­tion­ster­min, die Sie auch tatsächlich in Erwägung ziehen. Erläutern Sie im Vorfeld ehrlich Ihr Problem und dessen Ursache. Der gute Berater wird sich dann versichern, dass er die Aus­gangssi­t­u­a­tion, die Rah­menbe­din­gun­gen und Ihre Wünsche wirklich verstanden hat. Bei der Präsentation wird er Sie nicht mit einem Berg von Pow­er­point-Darstel­lun­gen erschlagen, sondern mithilfe weniger Folien einen Dialog anregen. Kommt er zu dem Schluss, dass das Projekt an sich unsinnig ist, wird er Ihnen davon abraten.
  • Auftragsklärung: Am besten ist es, Sie sind sich über den Auftrag bereits im Klaren, bevor der Berater ein Angebot erstellt. Spätestens aber vor Beginn des eigentlichen Projekts muss das Problem definiert, der Be­ratere­in­satz für sinnvoll befunden, müssen mögliche Widerstände und Konflikte ange­sprochen und muss das Endprodukt des Prozesses bildhaft gemacht worden sein.
  • Planung: Eine verbindliche Planung ist die Basis für ein er­fol­gre­iches Projekt. Erstellen Sie einen de­tail­lierten Zeitplan mit Meilen­steinen und akzep­tierten Ve­r­ant­wortlichkeiten. Ein Arbeitsplan definiert inhaltliche Aufgaben – er ist verbindlich. Möchte jemand davon abweichen, muss er zuerst beim Pro­jek­tleiter um Genehmigung bitten. Bleiben Sie aber effizient: Überprüfen Sie alle Ar­beitss­chritte dahingehend, ob sie wirklich notwendig sind und Sie dem Ziel näher bringen. Wählen Sie für das Projektteam Mitarbeiter aus, die gerne zusam­me­nar­beiten, ver­schiedene Sichtweisen mitbringen, entschei­dungs­befugt sind und neben ihrer eigentlichen Arbeit noch genügend Zeit haben, um sich einzubrin­gen.
  • Kick-off: Bei einem Kick-off-Meet­ing müssen alle für das Projekt wichtigen Personen teilnehmen. Sie sollten nicht nur über Inhalte, sondern auch über die Art der Zusam­me­nar­beit diskutieren. Egal ob Sie nun einige Stunden oder mehrere Tage für eine solche Ve­r­anstal­tung ve­r­an­schla­gen – auf jeden Fall sollten Sie diese Tage­sor­d­nungspunkte einplanen: Pro­jek­tvorstel­lung, Ar­gu­men­ta­tion, warum man bestimmte Personen für das Team ausgewählt hat, In­stal­la­tion der Pro­jek­tleitung, Struk­turierung des Projekts, Festlegung der Ar­beitsmod­ule, der Ve­r­ant­wortlichkeiten und der Or­gan­i­sa­tion, Ter­min­pla­nung.
  • Durchführung: Nach der (unerlässlichen) Diagnose denkt ein guter Berater bereits bei der Lösungs­find­ung an deren Um­set­zbarkeit. Trauen Sie sich, den Arbeitsplan zu ändern – aber nur, wenn absehbar ist, dass er zu keiner be­friedi­gen­den Lösung des Problems führt. Erstatten Sie den Stake­hold­ern regelmäßig Bericht, überlassen Sie ihnen aber auch Aufgaben, die sie selbst erledigen können. Bei der Präsentation sollten die Berater schließlich daran denken, auf gerade so vielen Folien wie unbedingt nötig konkrete Empfehlun­gen abzugeben. Ist Widerstand zu spüren, stellt der Consultant erst einmal Fragen. Er begegnet Widerstand nicht mit Widerstand, sondern versucht, das Motiv für die Ablehnung zu verstehen und Al­ter­na­tivvorschläge zu erarbeiten.
  • Beendigung: Das Ende eines Projekts muss eindeutig erkennbar sein. Wie wäre es mit einer gemeinsamen Feier des Pro­jek­t­teams? Blicken Sie auf den Prozess zurück und re­flek­tieren Sie mit dem Berater, um aus der Ver­gan­gen­heit zu lernen.
  • Follow-up: Melden Sie sich hin und wieder beim Berater. Fragen Sie nach, wenn etwas ungeklärt blieb. Derartige Nachsorge gehört zum Service des Consultants.

Über den Autor

Martin Stellmacher ist seit 2006 selbstständiger Un­ternehmens­ber­ater und Coach. Davor war der promovierte Wel­traumphysiker acht Jahre bei einer der drei führenden Strate­gieber­atungs­fir­men tätig.