Wozu Berater?
Für die einen sind Unternehmensberater manipulative Besserwisser, für die anderen charismatische Superhelden. Was leisten sie wirklich? Kein Zweifel: Die Sonne würde auch ohne sie morgen wieder aufgehen. Doch Berater sind Trendverstärker und Prozesstreiber, die als Wirtschaftsfaktor nicht zu unterschätzen sind: Allein in Deutschland waren 2008 fast 14 000 Consultingfirmen registriert. Mit ihrer Beratungstätigkeit rund um Organisation, Prozesse, Strategie, IT und Personal setzten sie rund 18 Milliarden Euro um. Sie werden vor allem dann als Unterstützung ins Unternehmen geholt, wenn komplexe und zeitkritische Projekte anstehen. Ob diese dann auch erfolgreich sind, misst sich an zwei Faktoren: der Wirksamkeit und der Effizienz. Stärken sinnvoll umgesetzte Maßnahmen die Leistungs- und die Zukunftsfähigkeit der Organisation? Und wurde das Ergebnis mit einem möglichst geringen Aufwand erwirkt? Wenn sich beide Fragen mit Ja beantworten lassen, kann das Projekt als erfolgreich gelten. Beide Parteien – sowohl der Berater wie auch der Klient – können anhand der folgenden sechs Hebel ihren Beitrag zu einem erfolgreichen Projekt leisten.
1. Hebel: Die richtigen Berater richtig einsetzen
Bevor Sie als Kunde vorschnell einen Berater engagieren, fragen Sie sich: Ist das überhaupt notwendig, oder können Sie Ihr Problem auch selbst lösen? Prüfen Sie, ob der Beratereinsatz intern akzeptiert wird, ob er gerechtfertigt ist und ob er sich finanziell rentiert. Ähnliche Überlegungen muss auch der Berater anstellen. Er soll nicht einfach jeden Auftrag annehmen, der ihm ins Haus flattert. Oft wird sein Spezialwissen benötigt, oder aber es ist für das Unternehmen billiger, einer internen Personalknappheit kurzfristig mit der Verpflichtung von Externen zu begegnen. Ein guter Berater lässt die Finger von Aufträgen, mit denen ein Klient ihn instrumentalisieren will, um sinnlose Projekte durchzuboxen, oder die nur erteilt werden, weil eine Organisation völlig überlastet ist. Ebenso lehnt er Aufträge ab, wenn der Klient nur zu faul zum Nachdenken ist, die Aufgabe der internen Kommunikation beim Berater abgeladen werden soll oder die Realisierung des Konzepts schlicht unwahrscheinlich ist.
„Klienten und Berater können und müssen beide und in jeder Phase eines Projekts dazu beitragen, dass der Einsatz der Beratungsunterstützung wirksam und effizient wird.“
Sind Sie von der Sinnhaftigkeit des Beratereinsatzes überzeugt, nehmen Sie nicht den Erstbesten. Ein gewisses Maß an Sympathie zwischen Klient und Berater ist gut, doch verlassen Sie sich nicht nur auf die Ihnen bereits bekannten Consultants. Vielleicht war jemand der Richtige für das letzte Projekt, doch für das neue fehlt ihm die Branchenexpertise. Suchen Sie gezielt und für jedes Projekt separat.
2. Hebel: Die notwendigen Kompetenzen und die richtige Einstellung
Ein guter Berater hat ausreichend fachliche, persönliche und methodische Kompetenz. Er liefert keine Standardvorschläge, sondern eine maßgeschneiderte Lösung für Ihr Problem. Bei der Präsentation erörtert er so viele Details wie nötig, jedoch ohne Sie mit Informationen zu erschlagen. Ebenso wichtig ist es, ein guter Klient zu sein. Stellen Sie dem Projektteam Ihre fachlichen und persönlichen Kompetenzen zur Verfügung. Schenken Sie dem Berater Ihr Vertrauen, ohne die Verantwortung komplett aus der Hand zu geben. Überlegen Sie – genauso wie der Consultant –, ob Ihre Einstellung zum Projekt korrekt ist oder ob Sie Vorurteile und Vorbehalte haben.
3. Hebel: Eine wertschätzende Haltung einnehmen
Beginnen Sie die Partnerschaft unvoreingenommen. Bevor Sie den anderen beurteilen, trennen Sie gedanklich den Menschen von seiner Rolle. Ein hart durchgreifender Berater kann persönlich ein ganz netter Typ sein. Vielleicht haben Sie sogar Gemeinsamkeiten? Vielleicht sind Sie beide ehrgeizig, intelligent und motiviert? Es ist verständlich, dass Sie Angst haben, wenn ein Berater Ihre Routinen durchkreuzt oder wenn Sie aufgrund seiner Anwesenheit Zusatzaufgaben zu erledigen haben. Trotzdem sollten Sie das Konkurrenzdenken überwinden. Klient und Berater müssen wertschätzend miteinander umgehen. Das bedeutet: Offenheit, ehrliches Feedback, Integrität und gegenseitiges Vertrauen. Erkennen Sie die Rolle des anderen an. Der Berater ist dazu da, eine Veränderung beim Kunden einzuleiten, den Status quo zu hinterfragen und den Prozess weiterzutreiben. Der Klient wiederum unterstützt den Berater, indem er sein Wissen über die Organisation mit ihm teilt, sich aktiv in den Lösungsfindungsprozess einbringt und schließlich voll hinter dem gemeinsam erarbeiteten Konzept steht.
4. Hebel: Auf verbindliche Umgangsformen achten
Wertschätzung zeigt sich auch in den Umgangsformen. Es versteht sich von selbst, dass man höflich und prinzipiell pünktlich ist und dass man seine Versprechen einhält. Sehen Sie Ihr Gegenüber beim Reden an, unterbrechen Sie es nicht und halten Sie keine zähen Monologe. Liefern Sie zugesagte Informationen rechtzeitig, vollständig und ohne Fehler. Seien Sie als Klient nicht besserwisserisch – natürlich kennen Sie das Unternehmen schon länger als der Berater. Nerven Sie nicht mit unnötigen Detailfragen, nur um den Consultant zu testen.
„Setze Berater nur in Projekten ein, bei denen ein akutes und relevantes Problem zum gegebenen Zeitpunkt intern nicht gelöst werden kann.“
Es ist bereits ein Stereotyp, dass Consultants ignorant und arrogant sind und dass sie sich profilieren wollen. Umso wichtiger ist es für einen Berater, Respekt zu zeigen, indem er die Mitarbeiter des Klienten nicht zu Datenlieferanten degradiert. Er bedankt sich auch mal bei ihnen und bittet um ihre Meinung.
5. Hebel: Die operative Verantwortung übernehmen
Die Letztverantwortung bleibt beim Kunden. Er muss dem Berater sagen, was er von ihm erwartet. Dieser steuert dann das Projekt. Das operative Geschäft allerdings ist und bleibt Aufgabe des Kunden, genauso wie die Kommunikation im Unternehmen. Müssen bei Restrukturierungsprojekten Kündigungen ausgesprochen werden, schickt ein guter Kunde keinesfalls den Berater vor. Er überbringt schlechte ebenso wie gute Nachrichten selbst.
„Widerstehe dem Impuls, den Widerstand eines Klienten zu bekämpfen.“
Dafür muss der Kunde die Verantwortung übernehmen:
- Definieren und benennen Sie den Auftrag klar.
- Konzentrieren Sie sich auf diesen einen Auftrag und belästigen Sie den Berater nicht andauernd mit weiteren Baustellen.
- Liefern Sie Informationen rechtzeitig, in angemessenem Umfang und Format.
- Stellen Sie Ihr Wissen zur Verfügung.
- Wenn Sie Bedenken haben, halten Sie diese nicht bis zur Endpräsentation zurück.
„Nutze den Abschluss des Projekts für eine explizite Erfolgskontrolle, eine angemessene Diskussion der anstehenden Herausforderungen der Implementierung sowie eine gemeinsame Reflexion über den Projektverlauf.“
Dafür muss der Berater die Verantwortung übernehmen:
- Diagnostizieren Sie die Krankheit, bevor Sie den Patienten behandeln.
- Berücksichtigen Sie die Erfahrung und das spezifische Unternehmenswissen des Klienten.
- Achten Sie auf klare Aussagen und Empfehlungen.
- Haben Sie den Mut, überzogene Forderungen des Kunden abzulehnen.
- Beziehen Sie nicht nur das Topmanagement, sondern auch die mittlere Führungsebene in Ihre Überlegungen mit ein.
6. Hebel: Keine Phase des Projekts auslassen
Jede Phase eines Projekts hat ihre Berechtigung. Lassen Sie eine aus, wird sich das irgendwann rächen. Hier die acht Phasen im Überblick:
- Initiierung: Das Projektziel soll klar und realistisch, das Projekt selbst sinnvoll sein. Wenn Sie im Unternehmen einen Anlass sehen, ein Projekt aufzusetzen, heuern Sie nicht sofort ein Beraterteam an. Diskutieren Sie ein Problem zuerst mit denen, die es betrifft. Stimmen Sie sich ab und treffen Sie gemeinsam eine Entscheidung darüber, ob der Beratereinsatz überhaupt gerechtfertigt ist. Natürlich kommt es vor, dass Consultants selbst mit einer Projektidee an einen Klienten herantreten. Es spricht nichts dagegen, sich diese anzuhören. Wenn es ein guter Berater ist, wird er auch Themen ansprechen, aus denen nicht unmittelbar ein Auftrag für ihn resultiert.
- Pitch: Als Pitch bezeichnet man den Vorgang, mit dem der geeignete Berater gesucht und gefunden wird. Oft lädt der Kunde mehrere Teams ein, eine Präsentation zu halten. Das kostet die Berater Zeit und Geld. Seien Sie daher fair: Bitten Sie nur jene Consultingunternehmen zu einem Präsentationstermin, die Sie auch tatsächlich in Erwägung ziehen. Erläutern Sie im Vorfeld ehrlich Ihr Problem und dessen Ursache. Der gute Berater wird sich dann versichern, dass er die Ausgangssituation, die Rahmenbedingungen und Ihre Wünsche wirklich verstanden hat. Bei der Präsentation wird er Sie nicht mit einem Berg von Powerpoint-Darstellungen erschlagen, sondern mithilfe weniger Folien einen Dialog anregen. Kommt er zu dem Schluss, dass das Projekt an sich unsinnig ist, wird er Ihnen davon abraten.
- Auftragsklärung: Am besten ist es, Sie sind sich über den Auftrag bereits im Klaren, bevor der Berater ein Angebot erstellt. Spätestens aber vor Beginn des eigentlichen Projekts muss das Problem definiert, der Beratereinsatz für sinnvoll befunden, müssen mögliche Widerstände und Konflikte angesprochen und muss das Endprodukt des Prozesses bildhaft gemacht worden sein.
- Planung: Eine verbindliche Planung ist die Basis für ein erfolgreiches Projekt. Erstellen Sie einen detaillierten Zeitplan mit Meilensteinen und akzeptierten Verantwortlichkeiten. Ein Arbeitsplan definiert inhaltliche Aufgaben – er ist verbindlich. Möchte jemand davon abweichen, muss er zuerst beim Projektleiter um Genehmigung bitten. Bleiben Sie aber effizient: Überprüfen Sie alle Arbeitsschritte dahingehend, ob sie wirklich notwendig sind und Sie dem Ziel näher bringen. Wählen Sie für das Projektteam Mitarbeiter aus, die gerne zusammenarbeiten, verschiedene Sichtweisen mitbringen, entscheidungsbefugt sind und neben ihrer eigentlichen Arbeit noch genügend Zeit haben, um sich einzubringen.
- Kick-off: Bei einem Kick-off-Meeting müssen alle für das Projekt wichtigen Personen teilnehmen. Sie sollten nicht nur über Inhalte, sondern auch über die Art der Zusammenarbeit diskutieren. Egal ob Sie nun einige Stunden oder mehrere Tage für eine solche Veranstaltung veranschlagen – auf jeden Fall sollten Sie diese Tagesordnungspunkte einplanen: Projektvorstellung, Argumentation, warum man bestimmte Personen für das Team ausgewählt hat, Installation der Projektleitung, Strukturierung des Projekts, Festlegung der Arbeitsmodule, der Verantwortlichkeiten und der Organisation, Terminplanung.
- Durchführung: Nach der (unerlässlichen) Diagnose denkt ein guter Berater bereits bei der Lösungsfindung an deren Umsetzbarkeit. Trauen Sie sich, den Arbeitsplan zu ändern – aber nur, wenn absehbar ist, dass er zu keiner befriedigenden Lösung des Problems führt. Erstatten Sie den Stakeholdern regelmäßig Bericht, überlassen Sie ihnen aber auch Aufgaben, die sie selbst erledigen können. Bei der Präsentation sollten die Berater schließlich daran denken, auf gerade so vielen Folien wie unbedingt nötig konkrete Empfehlungen abzugeben. Ist Widerstand zu spüren, stellt der Consultant erst einmal Fragen. Er begegnet Widerstand nicht mit Widerstand, sondern versucht, das Motiv für die Ablehnung zu verstehen und Alternativvorschläge zu erarbeiten.
- Beendigung: Das Ende eines Projekts muss eindeutig erkennbar sein. Wie wäre es mit einer gemeinsamen Feier des Projektteams? Blicken Sie auf den Prozess zurück und reflektieren Sie mit dem Berater, um aus der Vergangenheit zu lernen.
- Follow-up: Melden Sie sich hin und wieder beim Berater. Fragen Sie nach, wenn etwas ungeklärt blieb. Derartige Nachsorge gehört zum Service des Consultants.