Führen in der Sandwich-Position

Buch Führen in der Sandwich-Position

Chancen erkennen und den Überblick behalten

Cornelsen Scriptor,


Rezension

Kompakt, anschaulich und verständnisvoll, dabei höchst praxisnah, so kommt dieses kleine Büchlein daher. Der Psychologe und Man­age­ment­coach Andreas Steinhübel schafft es, frisch beförderten Führungskräften ihre neue Position schmackhaft zu machen – auch wenn die auf den ersten Blick unangenehm aussehen mag: Alle wollen etwas von einem, die Chefs oben, die Mitarbeiter unten. Steinhübel zeigt, wie man dem Druck standhält: mit Selb­st­analyse, klarer Kom­mu­nika­tion und Empathie. Wer die teils sehr konkreten Ratschläge beherzigt, wird mit der ver­meintlich aufreiben­den Rolle als mittlerer Manager nicht nur zurechtkom­men, sondern sie mit der Zeit sogar genießen. Denn es gibt keinen besseren Ort, um sich zu beweisen und richtig durchzus­tarten, sagt der Autor. BooksInShort empfiehlt das hilfreiche Kompendium allen Man­age­ment­novizen, die mit weniger Stress und mehr Erfolg führen wollen.

Take-aways

  • Eine Position im mittleren Management wird als Sand­wich-Po­si­tion bezeichnet.
  • Die Führungskraft muss hier An­forderun­gen von oben und unten gerecht werden.
  • Mittlere Manager werden an folgenden Kriterien gemessen: Sozialkom­pe­tenz, Problemlösungsfähigkeit, Umgang mit Veränderungen und un­ternehmerisches Denken.
  • Formulieren Sie ein Zielbild von sich und arbeiten sie daran, diesem zu entsprechen.
  • Akzeptieren Sie, dass Sie als Führungskraft nicht mehr zum Team gehören, sondern es leiten.
  • Haben Sie den Mut, Ihre Mitarbeiter und Vorge­set­zten nach deren Erwartungen zu fragen, damit Sie sich keine falschen Vorstel­lun­gen machen.
  • Übernehmen Sie nicht gedankenlos Aufgaben von Kollegen, und hüten Sie sich davor, Rück­delegierun­gen anzunehmen.
  • Statt auf eine Bitte vom Vorge­set­zten mit einem barschen Nein zu reagieren, fragen Sie nach Al­ter­na­tiven oder verhandeln Sie Fer­tig­stel­lung­ster­mine.
  • Verstehen Sie Ihren Chef als Kunden und unterstützen Sie ihn gezielt.
  • In der Sand­wich-Po­si­tion stehen Sie im Mittelpunkt der Aufmerk­samkeit. Nutzen Sie das für Ihre Karriere.
 

Zusammenfassung

Die Sand­wich-Po­si­tion

Wer eine Führungspo­si­tion in der mittleren Man­age­mentebene innehat, befindet sich – ob er will oder nicht – in einer Sand­wich-Po­si­tion. Er steht unter Druck, weil er Vorgaben von den Vorge­set­zten bekommt und auch auf die Ansprüche der Mitarbeiter, die er führt, eingehen muss. Viele Führungskräfte fühlen sich in dieser Position gestresst und tun sich schwer, mit den bei­d­seit­i­gen Ansprüchen adäquat umzugehen. Sie glauben, es jedem recht machen zu müssen, und wollen alle Forderungen genau so umsetzen, wie sie an sie herange­tra­gen werden. Außerdem wissen sie, dass sie vom Top­man­age­ment beobachtet werden, und müssen sich für einen weiteren Aufstieg qual­i­fizieren. Wem es gelingt, im Dschungel dieser Interessen den Überblick zu bewahren, sich zu behaupten und sich klar zu po­si­tion­ieren, der wird aus der Sand­wich-Po­si­tion sogar Positives ziehen und sie als Pole­po­si­tion begreifen.

Sich selbst po­si­tion­ieren

Als mittlere Führungskraft stehen Sie zwischen oben und unten, aber das heißt auch: Sie stehen im Mittelpunkt. Und das können Sie für sich und Ihre eigene Po­si­tion­ierung nutzen. Sie müssen her­ausar­beiten, was für Sie persönlich wichtig ist und was Sie in Ihrer jetzigen Position erreichen möchten. Definieren Sie Ihre Werte, das, wofür Sie stehen und wofür Sie anerkannt werden möchten. Das ist wichtig, denn nur, wenn Sie selbst wissen, wofür Sie einstehen, können Sie für andere zur Ori­en­tierungs­figur werden. Genauso relevant ist das in­tel­li­gente Netzwerken. Damit sind nicht nur firmenex­terne Kontakte gemeint, sondern gerade auch die internen. Wenn Sie in einer Sand­wich-Po­si­tion sind, machen Sie es sich zur Aufgabe, sowohl mit dem oberen wie auch mit dem unteren „Brötchen“ stetig in Kontakt zu bleiben und sich gut zu vernetzen.

„Es gibt keine soziale Situation ohne Erwartungen.“

Überlegen Sie auch, welche Facetten Ihrer Persönlichkeit Sie als Führungskraft bewusst zeigen möchten und welche Bereiche nicht (z. B. Familiäres, Privates, Hobbys). Formulieren Sie in wenigen Sätzen ein Zielbild von sich, das beschreibt, wie Sie von anderen wahrgenom­men werden möchten und mit welchen Eigen­schaften man Sie in Verbindung bringen soll (z. B. zuverlässig, kreativ, mitfühlend, streng).

Erwartungen klären

In­ter­es­san­ter­weise ist ein großer Teil des Drucks, den Führungskräfte im mittleren Management verspüren, selbst gemacht. Das liegt daran, dass Führungskräfte von unaus­ge­sproch­enen Erwartungen ausgehen, die andere an sie stellen. Haben Sie den Mut, Ihre Mitarbeiter und Vorge­set­zten zu fragen, was sie in einem konkreten Fall von Ihnen erwarten. Oder auch, welche Erwartungen sie grundsätzlich an Sie als Führungskraft stellen. So können Missverständnisse frühzeitig vermieden werden, und Sie können sich auf das Wesentliche konzen­tri­eren.

Zeit sparsam einsetzen

Jeder Mensch braucht Anerkennung und versucht Ablehnung zu vermeiden. Das birgt die Gefahr, dass Sie zeitraubende Aufgaben von Kollegen annehmen, nur um nicht als unkollegial dazustehen. Gerade als Führungskraft sollten Sie sich aber davor hüten, Aufgaben zurückdelegiert zu bekommen, um sie dann selbst lösen zu dürfen. Sagen Sie auch bei Anfragen von Führungskraftkol­le­gen nie sofort Ja, sondern klären Sie zunächst, warum gerade Sie gefragt werden. Erkundigen Sie sich auch nach Al­ter­na­tiven und prüfen Sie, wie viel Ihrer Zeit dieser Einsatz erfordern würde. Erst dann entscheiden Sie.

Auftragsklärung betreiben

Häufig machen sich Führungskräfte zusätzlichen Stress, indem Sie Aufträge von oben un­re­flek­tiert annehmen und eins zu eins an ihre Mitarbeiter weit­er­re­ichen. Das führt u. U. zu Un­zufrieden­heit auf beiden Seiten – die leicht vermieden werden könnte, wenn die Führungskraft die Aufträge mit der Vier-A-Meth­ode sys­tem­a­tisch klären würde:

  • Aufhänger: Jede Aufgabe entspringt einem Hintergrund, den Sie als Führungskraft kennen sollten. Fragen Sie danach, was bereits unternommen wurde, um den Auftrag zu erfüllen.
  • Anliegen: Gele­gentlich werden Aufträge von oben nach unten vergeben, ohne dass die Aufgabe klar umrissen ist. Stellen Sie ziel­gerichtete Fragen, sodass klar wird, was konkret erreicht werden soll.
  • Anfrage: Fragen Sie nach, was bei diesem Auftrag die genauen Erwartungen an Sie als Führungskraft sind. Erkundigen Sie sich auch danach, in welchem Fall Ihr Auf­tragge­ber von Ihnen enttäuscht wäre.
  • Abmachung: Diese wird wichtig, wenn Sie mit dem Auftrag nicht komplett ein­ver­standen sind, z. B. weil er zu kurzfristig oder zu schwierig zu erfüllen ist oder Ihnen nicht sinnvoll scheint. Dann sollten Sie gemeinsam mit dem Vorge­set­zten vereinbaren, wie Sie den Auftrag alternativ erledigen können. Halten Sie Kom­pro­missvorschläge fest.

So steuern Sie Ihre Mitarbeiter

Wirksam zu führen setzt voraus, dass Sie Ihre Mitarbeiter genau kennen und mit ihnen gemeinsam zu einer Zielsetzung gelangen. Die folgenden Punkte sind wichtig:

  • Hierarchie: Ohne Hierarchie ist ein Unternehmen nicht handlungsfähig. Als neue Führungskraft müssen Sie akzeptieren lernen, dass Sie fortan nicht mehr zum Team gehören, sondern dieses leiten. Dabei können Sie entscheiden, wie nahe Sie den Mi­tar­beit­ern sein wollen. Ob Sie siezen oder duzen, welche For­mulierun­gen Sie verwenden („Es wäre schön, wenn Sie ...“ oder „Bitte erledigen Sie das bis ...“), liegt bei Ihnen.
  • Aufgaben: Als Führungskraft obliegt es Ihnen, Ori­en­tierung zu geben, zu delegieren und durch Lob oder Kritik zu steuern. Erläutern Sie Projekte, Strategien des Un­ternehmens oder das Mark­t­geschehen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leute verstehen, was in der Firma und am Markt vor sich geht. Schauen Sie sich Abläufe und Ergebnisse genau an und ermitteln Sie, wo und wie Sie Ihre Mitarbeiter unterstützen können. Loben und kritisieren Sie zeitnah und konkret. Achten Sie bei Kritik darauf, dass Sie die Sache und nicht die Person kritisieren.
  • Grundmotive: Jede Person wird im Berufsleben von einem dieser drei Motive dominiert: dem An­schlussmo­tiv (gute Beziehungen zu anderen haben), dem Leis­tungsmo­tiv (sich beweisen) oder dem Machtmotiv (Einfluss ausüben, über Wissen verfügen). Wenn Sie durch Zuhören und Nachfragen her­aus­finden, welches das Antrieb­smo­tiv Ihres jeweiligen Mi­tar­beit­ers ist, können Sie ihm die Aufgaben geben, die ihm am ehesten entsprechen.

Den Druck austarieren

In der Sand­wich-Po­si­tion kommt der Druck von oben wie von unten. Dabei sollten Sie Ihre eigenen Bedürfnisse nicht komplett hin­tanstellen. Sie müssen nicht zwangsläufig alles erfüllen, was Ihr Chef von Ihnen verlangt. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, für Ihren Vorge­set­zten auch einen kritischen Berater abzugeben, Bedenken zu äußern und eigene Sichtweisen darzulegen. Zunächst ist es grundsätzlich wichtig, dass Sie Ihren Vorge­set­zten als solchen akzeptieren. Wenn er nicht permanent den Eindruck hat, sich gegen Sie verteidigen zu müssen, wird er wesentlich entspannter und aufgeschlossener für Ihre Ideen sein. Der Stresslevel wird sinken, die Kom­mu­nika­tion wird besser. Machen Sie deutlich, dass Sie auf seiner Seite sind, boykot­tieren oder sabotieren Sie ihn nicht, sondern versuchen Sie, ihn aktiv bei seinem Job zu unterstützen.

„Kurzfristige Anerkennung zum einen sowie Angst vor Ablehnung zum anderen steuern unser Verhalten.“

Machen Sie sich klar, dass Ihr Einsatz als Führungskraft vom Management bewertet wird. Überlegen Sie, welches der konkrete Mehrwert ist, den Sie Ihrem Unternehmen bieten, welches Profil Sie haben und wie Sie das gesamte Management durch Ihr Tun unterstützen. Ehrliche Antworten helfen Ihnen, fokussierter zu handeln. Geben Sie auch Ihrem Chef kon­struk­tives Feedback, ob positiv oder negativ. Damit nehmen Sie Ihre Be­rater­funk­tion aktiv wahr und helfen, Verbesserun­gen zu erreichen. Das können einfache „Updates“ sein, In­for­ma­tio­nen über Kundenwünsche oder der aktuelle Stand zu einem bestimmten Projekt.

„Innere Klarheit dient als Basis für die äußere Klarheit.“

Ihre Vorge­set­zten können nicht über alles Einzel­heiten auf dem Laufenden sein, aber sie werden Ihre In­for­ma­tio­nen schätzen. Finden Sie heraus, welche Art von Information Ihr Chef bevorzugt: akustische, visuelle (wie bei den meisten Menschen) oder numerische. Das setzt voraus, dass Sie sich in die Perspektive eines Di­en­stleis­ters begeben und Ihren Vorge­set­zten als Kunden sehen, der zufriedengestellt werden soll.

„Es gilt, auch die große Bedeutung und Kraft gerade der mittleren Ebene zu sehen.“

Neben Verständnis und Empathie für Ihren Vorge­set­zten ist es wichtig, dass Sie Profil zeigen und wenn nötig auch mal Grenzen setzen. Beachten Sie dabe immeri: Der Ton macht die Musik, und so kann auch ein klares Nein annehmbar verpackt werden. Oft ist es schon hilfreich, wenn Sie die Frage nach Al­ter­na­tiven stellen oder Fer­tig­stel­lung­ster­mine verhandeln. Im Übrigen gilt: Auch Ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse müssen Sie ansprechen und verhandeln. Wenn es Ihnen nicht gut geht, können Sie auf Dauer keinen guten Job machen.

Danach werden Sie bewertet

Als Führungskraft im mittleren Management stehen Sie unter Beobachtung. Dabei werden Ihre Fähigkeiten ins­beson­dere in den folgenden Bereichen bewertet: soziale Kompetenz, Problemelösungsfähigkeit, Zielo­ri­en­tierung und Umgang mit Veränderungen. Schließlich werden Sie auch daran gemessen, wie un­ternehmerisch Sie zu handeln verstehen. Behalten Sie diese Kriterien im Hinterkopf, damit Sie von Zeit zu Zeit Ihr Handeln und Auftreten daraufhin überprüfen und justieren können.

Langfristiger Erfolg

Auf Basis einer Studie, die über 15 Jahre lang die Wert­pa­pier­ren­dite großer Unternehmen untersuchte, lassen sich so genannte „Level-5-Führungsqualitäten“ ableiten. Er­fol­gre­iche Führungskräfte der höchsten Ebene zeichnen sich dabei überraschen­der­weise durch sehr bodenständige Eigen­schaften aus. Dazu gehören Beschei­den­heit, Betonung der Team­leis­tung, das Suchen nach eigenen Anteilen bei Fehlern sowie eine Kombination aus Demut und Disziplin. Viele der Level-5-Führungskräfte haben zudem ihre gesamte Karriere im selben Unternehmen verfolgt. Auf Führungskräfte im mittleren Management übertragen, lässt sich daraus ableiten, dass eine Mischung aus Konstanz, Ausdauer, Loyalität und Beschei­den­heit das Führungsver­hal­ten kennze­ich­nen sollte.

„Es empfiehlt sich, einen markigen Einstieg zu schaffen, ‚Duftmarken‘ zu setzen, eigene strate­gis­che Zielset­zun­gen zu verdeut­lichen und ein Netzwerk aufzubauen.“

Die Sand­wich-Po­si­tion kann regelrecht Freude machen, wenn man die ver­schiede­nen Anspruchs­grup­pen iden­ti­fiziert und gelernt hat, klar zu kom­mu­nizieren. Die Freude lässt sich aus der Tatsache ziehen, dass viele Augen auf einen gerichtet sind und man im Mittelpunkt des Interesses steht. Statt sich dadurch unter Stress setzen zu lassen, sollten Sie daraus Energie gewinnen.

Über den Autor

Andreas Steinhübel ist Inhaber von Steinhübel-Coach­ing. Der Dipl.-Psychologe und Coach berät und trainiert seit Jahren Manager. Er ist außerdem Lehrbeauf­tragter an der Universität Osnabrück und an der Pri­vatu­ni­ver­sität Witten/Herdecke.