Die Sandwich-Position
Wer eine Führungsposition in der mittleren Managementebene innehat, befindet sich – ob er will oder nicht – in einer Sandwich-Position. Er steht unter Druck, weil er Vorgaben von den Vorgesetzten bekommt und auch auf die Ansprüche der Mitarbeiter, die er führt, eingehen muss. Viele Führungskräfte fühlen sich in dieser Position gestresst und tun sich schwer, mit den beidseitigen Ansprüchen adäquat umzugehen. Sie glauben, es jedem recht machen zu müssen, und wollen alle Forderungen genau so umsetzen, wie sie an sie herangetragen werden. Außerdem wissen sie, dass sie vom Topmanagement beobachtet werden, und müssen sich für einen weiteren Aufstieg qualifizieren. Wem es gelingt, im Dschungel dieser Interessen den Überblick zu bewahren, sich zu behaupten und sich klar zu positionieren, der wird aus der Sandwich-Position sogar Positives ziehen und sie als Poleposition begreifen.
Sich selbst positionieren
Als mittlere Führungskraft stehen Sie zwischen oben und unten, aber das heißt auch: Sie stehen im Mittelpunkt. Und das können Sie für sich und Ihre eigene Positionierung nutzen. Sie müssen herausarbeiten, was für Sie persönlich wichtig ist und was Sie in Ihrer jetzigen Position erreichen möchten. Definieren Sie Ihre Werte, das, wofür Sie stehen und wofür Sie anerkannt werden möchten. Das ist wichtig, denn nur, wenn Sie selbst wissen, wofür Sie einstehen, können Sie für andere zur Orientierungsfigur werden. Genauso relevant ist das intelligente Netzwerken. Damit sind nicht nur firmenexterne Kontakte gemeint, sondern gerade auch die internen. Wenn Sie in einer Sandwich-Position sind, machen Sie es sich zur Aufgabe, sowohl mit dem oberen wie auch mit dem unteren „Brötchen“ stetig in Kontakt zu bleiben und sich gut zu vernetzen.
„Es gibt keine soziale Situation ohne Erwartungen.“
Überlegen Sie auch, welche Facetten Ihrer Persönlichkeit Sie als Führungskraft bewusst zeigen möchten und welche Bereiche nicht (z. B. Familiäres, Privates, Hobbys). Formulieren Sie in wenigen Sätzen ein Zielbild von sich, das beschreibt, wie Sie von anderen wahrgenommen werden möchten und mit welchen Eigenschaften man Sie in Verbindung bringen soll (z. B. zuverlässig, kreativ, mitfühlend, streng).
Erwartungen klären
Interessanterweise ist ein großer Teil des Drucks, den Führungskräfte im mittleren Management verspüren, selbst gemacht. Das liegt daran, dass Führungskräfte von unausgesprochenen Erwartungen ausgehen, die andere an sie stellen. Haben Sie den Mut, Ihre Mitarbeiter und Vorgesetzten zu fragen, was sie in einem konkreten Fall von Ihnen erwarten. Oder auch, welche Erwartungen sie grundsätzlich an Sie als Führungskraft stellen. So können Missverständnisse frühzeitig vermieden werden, und Sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Zeit sparsam einsetzen
Jeder Mensch braucht Anerkennung und versucht Ablehnung zu vermeiden. Das birgt die Gefahr, dass Sie zeitraubende Aufgaben von Kollegen annehmen, nur um nicht als unkollegial dazustehen. Gerade als Führungskraft sollten Sie sich aber davor hüten, Aufgaben zurückdelegiert zu bekommen, um sie dann selbst lösen zu dürfen. Sagen Sie auch bei Anfragen von Führungskraftkollegen nie sofort Ja, sondern klären Sie zunächst, warum gerade Sie gefragt werden. Erkundigen Sie sich auch nach Alternativen und prüfen Sie, wie viel Ihrer Zeit dieser Einsatz erfordern würde. Erst dann entscheiden Sie.
Auftragsklärung betreiben
Häufig machen sich Führungskräfte zusätzlichen Stress, indem Sie Aufträge von oben unreflektiert annehmen und eins zu eins an ihre Mitarbeiter weiterreichen. Das führt u. U. zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten – die leicht vermieden werden könnte, wenn die Führungskraft die Aufträge mit der Vier-A-Methode systematisch klären würde:
- Aufhänger: Jede Aufgabe entspringt einem Hintergrund, den Sie als Führungskraft kennen sollten. Fragen Sie danach, was bereits unternommen wurde, um den Auftrag zu erfüllen.
- Anliegen: Gelegentlich werden Aufträge von oben nach unten vergeben, ohne dass die Aufgabe klar umrissen ist. Stellen Sie zielgerichtete Fragen, sodass klar wird, was konkret erreicht werden soll.
- Anfrage: Fragen Sie nach, was bei diesem Auftrag die genauen Erwartungen an Sie als Führungskraft sind. Erkundigen Sie sich auch danach, in welchem Fall Ihr Auftraggeber von Ihnen enttäuscht wäre.
- Abmachung: Diese wird wichtig, wenn Sie mit dem Auftrag nicht komplett einverstanden sind, z. B. weil er zu kurzfristig oder zu schwierig zu erfüllen ist oder Ihnen nicht sinnvoll scheint. Dann sollten Sie gemeinsam mit dem Vorgesetzten vereinbaren, wie Sie den Auftrag alternativ erledigen können. Halten Sie Kompromissvorschläge fest.
So steuern Sie Ihre Mitarbeiter
Wirksam zu führen setzt voraus, dass Sie Ihre Mitarbeiter genau kennen und mit ihnen gemeinsam zu einer Zielsetzung gelangen. Die folgenden Punkte sind wichtig:
- Hierarchie: Ohne Hierarchie ist ein Unternehmen nicht handlungsfähig. Als neue Führungskraft müssen Sie akzeptieren lernen, dass Sie fortan nicht mehr zum Team gehören, sondern dieses leiten. Dabei können Sie entscheiden, wie nahe Sie den Mitarbeitern sein wollen. Ob Sie siezen oder duzen, welche Formulierungen Sie verwenden („Es wäre schön, wenn Sie ...“ oder „Bitte erledigen Sie das bis ...“), liegt bei Ihnen.
- Aufgaben: Als Führungskraft obliegt es Ihnen, Orientierung zu geben, zu delegieren und durch Lob oder Kritik zu steuern. Erläutern Sie Projekte, Strategien des Unternehmens oder das Marktgeschehen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leute verstehen, was in der Firma und am Markt vor sich geht. Schauen Sie sich Abläufe und Ergebnisse genau an und ermitteln Sie, wo und wie Sie Ihre Mitarbeiter unterstützen können. Loben und kritisieren Sie zeitnah und konkret. Achten Sie bei Kritik darauf, dass Sie die Sache und nicht die Person kritisieren.
- Grundmotive: Jede Person wird im Berufsleben von einem dieser drei Motive dominiert: dem Anschlussmotiv (gute Beziehungen zu anderen haben), dem Leistungsmotiv (sich beweisen) oder dem Machtmotiv (Einfluss ausüben, über Wissen verfügen). Wenn Sie durch Zuhören und Nachfragen herausfinden, welches das Antriebsmotiv Ihres jeweiligen Mitarbeiters ist, können Sie ihm die Aufgaben geben, die ihm am ehesten entsprechen.
Den Druck austarieren
In der Sandwich-Position kommt der Druck von oben wie von unten. Dabei sollten Sie Ihre eigenen Bedürfnisse nicht komplett hintanstellen. Sie müssen nicht zwangsläufig alles erfüllen, was Ihr Chef von Ihnen verlangt. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, für Ihren Vorgesetzten auch einen kritischen Berater abzugeben, Bedenken zu äußern und eigene Sichtweisen darzulegen. Zunächst ist es grundsätzlich wichtig, dass Sie Ihren Vorgesetzten als solchen akzeptieren. Wenn er nicht permanent den Eindruck hat, sich gegen Sie verteidigen zu müssen, wird er wesentlich entspannter und aufgeschlossener für Ihre Ideen sein. Der Stresslevel wird sinken, die Kommunikation wird besser. Machen Sie deutlich, dass Sie auf seiner Seite sind, boykottieren oder sabotieren Sie ihn nicht, sondern versuchen Sie, ihn aktiv bei seinem Job zu unterstützen.
„Kurzfristige Anerkennung zum einen sowie Angst vor Ablehnung zum anderen steuern unser Verhalten.“
Machen Sie sich klar, dass Ihr Einsatz als Führungskraft vom Management bewertet wird. Überlegen Sie, welches der konkrete Mehrwert ist, den Sie Ihrem Unternehmen bieten, welches Profil Sie haben und wie Sie das gesamte Management durch Ihr Tun unterstützen. Ehrliche Antworten helfen Ihnen, fokussierter zu handeln. Geben Sie auch Ihrem Chef konstruktives Feedback, ob positiv oder negativ. Damit nehmen Sie Ihre Beraterfunktion aktiv wahr und helfen, Verbesserungen zu erreichen. Das können einfache „Updates“ sein, Informationen über Kundenwünsche oder der aktuelle Stand zu einem bestimmten Projekt.
„Innere Klarheit dient als Basis für die äußere Klarheit.“
Ihre Vorgesetzten können nicht über alles Einzelheiten auf dem Laufenden sein, aber sie werden Ihre Informationen schätzen. Finden Sie heraus, welche Art von Information Ihr Chef bevorzugt: akustische, visuelle (wie bei den meisten Menschen) oder numerische. Das setzt voraus, dass Sie sich in die Perspektive eines Dienstleisters begeben und Ihren Vorgesetzten als Kunden sehen, der zufriedengestellt werden soll.
„Es gilt, auch die große Bedeutung und Kraft gerade der mittleren Ebene zu sehen.“
Neben Verständnis und Empathie für Ihren Vorgesetzten ist es wichtig, dass Sie Profil zeigen und wenn nötig auch mal Grenzen setzen. Beachten Sie dabe immeri: Der Ton macht die Musik, und so kann auch ein klares Nein annehmbar verpackt werden. Oft ist es schon hilfreich, wenn Sie die Frage nach Alternativen stellen oder Fertigstellungstermine verhandeln. Im Übrigen gilt: Auch Ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse müssen Sie ansprechen und verhandeln. Wenn es Ihnen nicht gut geht, können Sie auf Dauer keinen guten Job machen.
Danach werden Sie bewertet
Als Führungskraft im mittleren Management stehen Sie unter Beobachtung. Dabei werden Ihre Fähigkeiten insbesondere in den folgenden Bereichen bewertet: soziale Kompetenz, Problemelösungsfähigkeit, Zielorientierung und Umgang mit Veränderungen. Schließlich werden Sie auch daran gemessen, wie unternehmerisch Sie zu handeln verstehen. Behalten Sie diese Kriterien im Hinterkopf, damit Sie von Zeit zu Zeit Ihr Handeln und Auftreten daraufhin überprüfen und justieren können.
Langfristiger Erfolg
Auf Basis einer Studie, die über 15 Jahre lang die Wertpapierrendite großer Unternehmen untersuchte, lassen sich so genannte „Level-5-Führungsqualitäten“ ableiten. Erfolgreiche Führungskräfte der höchsten Ebene zeichnen sich dabei überraschenderweise durch sehr bodenständige Eigenschaften aus. Dazu gehören Bescheidenheit, Betonung der Teamleistung, das Suchen nach eigenen Anteilen bei Fehlern sowie eine Kombination aus Demut und Disziplin. Viele der Level-5-Führungskräfte haben zudem ihre gesamte Karriere im selben Unternehmen verfolgt. Auf Führungskräfte im mittleren Management übertragen, lässt sich daraus ableiten, dass eine Mischung aus Konstanz, Ausdauer, Loyalität und Bescheidenheit das Führungsverhalten kennzeichnen sollte.
„Es empfiehlt sich, einen markigen Einstieg zu schaffen, ‚Duftmarken‘ zu setzen, eigene strategische Zielsetzungen zu verdeutlichen und ein Netzwerk aufzubauen.“
Die Sandwich-Position kann regelrecht Freude machen, wenn man die verschiedenen Anspruchsgruppen identifiziert und gelernt hat, klar zu kommunizieren. Die Freude lässt sich aus der Tatsache ziehen, dass viele Augen auf einen gerichtet sind und man im Mittelpunkt des Interesses steht. Statt sich dadurch unter Stress setzen zu lassen, sollten Sie daraus Energie gewinnen.