Willkommen im Zeitalter der Transparenz
Glauben Sie bloß nicht, dass Sie mithilfe klassischer Werbe- und PR-Maßnahmen auf die Online-Community einwirken können. Längst entscheiden nicht mehr Sie, sondern die aktiven Blogger und Facebook-Nutzer darüber, ob Ihr Unternehmen oder Ihre Marke im Internet einen guten Ruf hat. Unternehmen sind für Onliner so durchsichtig wie nie zuvor: Bücher und Medien werden bei Amazon bewertet, Hotels bei HolidayCheck, und Arbeitnehmer gehen mit ihren Unternehmen auf Kununu ins Gericht. Auf MeinProf werden selbst Professoren bewertet. Wer eine Meinung zu Ihren Produkten hat, schreibt darüber in seinem Blog, auf Twitter, MySpace und Facebook. Vielleicht gibt es auch schon einen Wikipedia-Eintrag von Ihnen, oder Ihre Marken sind in Branchenverzeichnissen, auf Social-Bookmarking-Plattformen oder einer der zahlreichen Videosites vertreten.
„Wirklich entziehen kann sich niemand mehr der Transparenz.“
Viele dieser Bewertungen, Erwähnungen und Beiträge sind subjektiv. Gerade deshalb bieten sie anderen Nutzern die Möglichkeit, sich vor dem Kauf eines Buches, der Buchung einer Reise oder der Annahme einer Position in einem Unternehmen eine Meinung zu bilden. Das Netz hat also bereits über Sie abgestimmt. Sie haben im Internet einen digitalen Unternehmensruf. Den können Sie weder schönreden noch abstreiten – und schon gar nicht sollten Sie einfach wegsehen. Im Gegenteil: Der erste und wichtigste Schritt zu einer eigenen Social-Media-Strategie ist es, selbst aktiv im Social Web mitzumischen und den vielleicht negativen Meldungen positive gegenüberzustellen. Betreiben Sie Online-Reputation-Management und bringen Sie die entscheidenden „Influencer“, bekannte Blogger und Medien, auf Ihre Seite.
Authentische Kommunikation auf Augenhöhe
Wer Social Media beeinflussen will, muss sich zunächst von der One-Voice-Mentalität verabschieden. Soll heißen: Sie können die Informationen, die über Ihr Unternehmen oder Ihre Marke im Netz veröffentlicht werden, nicht vollständig kontrollieren. Die Transparenz des Internets sorgt dafür, dass andere Ihre Meldungen immer wieder aufgreifen, kommentieren, verändern und ergänzen werden. Die gute Nachricht: Wer ehrlich mit seinen Lesern umgeht und authentisch kommuniziert, gewinnt viele Fans – nicht nur auf Facebook, sondern auch im Laden oder im Online-Shop. Begrüßen Sie Kritik und zeigen Sie Ihren Kunden, dass Sie ihnen zuhören und ihre Beschwerden ernst nehmen. So macht es z. B. der viel gescholtene rosa Riese Telekom mit seinem Twitter-Kanal „Telekom hilft“, wo er Kundenbeschwerden schnell und freundlich bearbeitet. Der Unterschied zwischen der neuen Transparenz und den PR-Strategien der früheren Jahre ist: Ihr Unternehmen sollte mit sämtlichen Stakeholdern – Kunden, Mitarbeitern, Politik, Medien – auf Augenhöhe kommunizieren. Inhalte gibt es genügend: Nicht nur Produktinnovationen, sondern auch Berichte aus dem Innenleben Ihres Unternehmens sind für Ihre Kunden interessant.
Reputationsagenten aus dem eigenen Haus
Ermutigen Sie Mitarbeiter dazu, als Markenbotschafter Ihres Unternehmens im Internet aktiv zu sein. Verbieten können Sie ihnen die Nutzung von Social Media sowieso nicht. Idealerweise führen Sie Social-Media-Richtlinien ein und schulen Ihre Mitarbeiter im verantwortungsvollen Umgang mit Interna. Vertrauen und Transparenz sollten Sie nicht nur nach außen, sondern auch gegenüber den Mitarbeitern demonstrieren. Sensibilisieren Sie sie gleichzeitig für die Rahmenbedingungen von Veröffentlichungen im Social Web – auch die rechtlichen. Manche dieser Markenbotschafter werden vielleicht mit der Zeit selbst zu Influencern, die in ihrem Bereich von vielen anderen Onlinern geschätzt werden.
Die Schritte zur Social-Media-Strategie
Online-Kommunikation kostet viel Zeit. Folglich kostet sie auch Geld und personelle Ressourcen. Manchen Unternehmen war das anfangs nicht klar, und deshalb wurde das Engagement im Bereich Social Media eher ein kurzer Ausflug. Wichtig ist, dass Sie erst dann starten, wenn Sie eine echte Strategie besitzen, wenn Sie also Ziele definiert haben, die Sie erreichen können. Social-Media-Kommunikation wirkt auf mehreren Ebenen: Sie eignet sich vorzüglich für Public Relations, aber auch für die Bereiche Marketing, Kundenservice, Human Resources, Qualitätsmanagement und sogar Forschung und Entwicklung. Wer online kommunizieren will, muss zunächst einmal richtig zuhören. Deshalb startet jede Social-Media-Initiative mit intensivem Monitoring und einer Situationsanalyse. Wer berichtet über Ihr Unternehmen oder Ihre Marke? Wo sind die Influencer? Wie ist die Stimmung über Sie im Netz?
„Online-Reputation-Management funktioniert nur durch harte Arbeit im Social-Media-Umfeld.“
Ein grundlegendes Social-Media-Monitoring können Sie bereits mit einfachen Mitteln realisieren. Starten Sie mit einer Google-Recherche Ihres Unternehmensnamens und Ihrer Marken. Richten Sie anschließend ein paar Google Alerts ein, sodass sie immer informiert werden, wenn irgendwo im Netz über Sie oder Ihre Marken berichtet wird. Inzwischen scannt Google auch Blogs. Alternativ haben Sie die Möglichkeit, spezialisierte Suchmaschinen wie BlogPulse, Technorati oder Trackur zu nutzen. Ihre Marke überwachen Sie mit BrandsEye oder Brandwatch. Wenn Sie auf professionelles Monitoring zurückgreifen wollen, müssen Sie ein Budget von mindestens 1500 € einplanen. Wo immer es geht, sollten Sie messbare Ziele definieren, um die Resultate Ihrer Bemühungen in der Social-Media-Welt überprüfen zu können. Die Wirkung Ihrer Kampagnen können Sie durch klassische Telefon- oder Online-Umfragen ermitteln. Ebenfalls wirkungsvoll: Fragen Sie Ihre Websitebesucher, woher sie von Ihrem Angebot wissen – und bieten Sie die Optionen „Twitter“, „Facebook“ usw. an.
Die wichtigsten Kommunikationskanäle
Grundsätzlich steht Ihnen eine breite Palette einflussreicher Social-Media-Kommunikationsinstrumente zur Verfügung. Es macht aber keinen Sinn, sich überall anzumelden und dann auf Teufel komm raus kommunizieren zu wollen. Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick, welche Plattformen für Sie und Ihre Zielgruppe überhaupt relevant sind. Bündeln Sie PR-Meldungen und Social-Media-Aktivitäten auf Ihrer Unternehmenswebsite in einem Newsroom, in dem Journalisten und andere Multiplikatoren sämtliche Inhalte schnell und problemlos finden.
„Das Arbeitgeberimage wird zum entscheidenden Kriterium im Kampf um die besten Talente.“
Der Microblogging-Dienst Twitter bietet seinen Nutzern gerade einmal 140 Zeichen für eine Nachricht, einen so genannten Tweet. Umso wichtiger ist es, dass Sie eine klare Strategie für Ihre Tweets haben. Sichern Sie sich unbedingt frühzeitig einen passenden Twitter-Namen und blocken Sie die Namen Ihrer Marken. Sonst kapert sie vielleicht jemand, und es kann sehr schwierig werden, sie zurückzubekommen. Wer Ihre Tweets aktiv verfolgt, wird zu Ihrem Follower. Wichtiger als die Anzahl der Follower sind jedoch Interaktionen. Sagen Sie deutlich, wer in Ihrem Unternehmen twittert, denn anonyme Tweets wirken unglaubwürdig. Erarbeiten Sie eine Richtlinie, die besagt, wie Ihre Twitterer auf Krisen oder Probleme reagieren sollen.
Social Networks
Zu den Social Networks gehören beispielsweise Facebook, Xing oder die VZ-Netzwerke. Seien Sie dort präsent, wo auch Ihre Kunden und Geschäftspartner sind. LinkedIn ist das größte internationale Netzwerk: Hier lohnt sich eine Mitgliedschaft vor allem, wenn Sie viele ausländische Kontakte haben. Für Businesskunden im deutschsprachigen Raum ist Xing wesentlich attraktiver. Wenn dort mehrere Mitarbeiter unter dem gleichen Unternehmensnamen aktiv sind, lässt sich ein Unternehmensprofil erstellen. Sponsern Sie Ihren Mitarbeitern den Premiumzugang, machen Sie sie zu Markenbotschaftern und nutzen Sie das Firmenprofil als Reputationsplattform für Ihr Unternehmen.
„Wer sich öffentlich macht, sollte dies lieber bewusst tun.“
An Facebook kommt keiner vorbei: Allein in Deutschland hatte die Seite im Mai 2010 rund 15 Millionen Mitglieder. Zusehends verwischt dabei die Grenze zwischen Privatleben und Beruf. Denn Facebook-Nutzer fügen ihrem Netzwerk, das anfänglich auf Familie und Freunde beschränkt war, inzwischen auch ihre beruflichen Kontakte hinzu. Eine eigene Facebook-Seite bietet Ihnen die Möglichkeit, über Status-Updates von sich reden zu machen. Wie bei allen Social Networks gilt auch hier: Nur attraktive Inhalte halten Ihre Abonnenten bei der Stange. Ebenfalls wichtig: Integrieren Sie bei jeder Veröffentlichung das Facebook-Logo mit der Einladung, Fan Ihrer Seite zu werden.
Corporate Blogs
Corporate Blogs eignen sich gut fürs Agenda-Setting, also die Fokussierung auf bestimmte Themen, und sie fördern das Vertrauen ins Unternehmen. Corporate Blogs sollten immer eine klar erkennbare persönliche Note tragen, den Lesern Nutzen stiften und sie natürlich unterhalten. Blogs werden unterschätzt, dabei ist ihr Nutzen für die Online-Reputation wie auch für die Verlinkung der eigenen Website sehr hoch. Viele Blogs kranken an fehlendem Inhalt: Legen Sie deshalb in einem Themenplan fest, worum Ihre Blogartikel in den nächsten Monaten kreisen sollen. Aktuelles können Sie natürlich jederzeit einschieben. Gehen Sie souverän mit kritischen Kommentaren um. Wer beleidigt, wird gelöscht, berechtigter Kritik sollten Sie sich jedoch mit entsprechenden Antworten stellen. Ein gutes Beispiel für exzellentes Corporate Blogging ist das Autoblog von Opel, in dem Techniker und Mitarbeiter die Leser an der Entwicklung neuer Modelle teilhaben lassen.
Anwendungsbereiche von Social Media
Social Media sind nicht nur im normalen Unternehmensalltag hilfreich, sie haben sich auch schon bei besonderen Aufgaben bewährt:
- Krisenkommunikation: Als Google Mail im Jahr 2009 einen Ausfall hatte, twitterte der Pressesprecher sofort: „Wir kennen das Problem und arbeiten daran.“ So kurz der Tweet war, so beruhigend wirkte er offenbar auf die vielen Follower der Google-Twitter-Seite. Ist die Krise da, erreichen Sie mit Social Media ganz schnell diejenigen, die betroffen sind. Social Media machen es natürlich auch den Kritikern einfach, sich über Ihr Unternehmen zu beschweren. Auf notorische Nörgler, denen es gar nicht darum geht, eine Lösung zu finden, sollten Sie gar nicht besonders eingehen. Ernst zu nehmende Kritik dürfen Sie aber keinesfalls ignorieren. Denn im Spiegel der öffentlichen Meinung gewinnt immer David gegen Goliath.
- Personalarbeit: Employer Branding nennt man neudeutsch die attraktive Gestaltung des Unternehmens für bestehende oder aktuelle Mitarbeiter. Die Formel ist einfach: Wer als Arbeitgeber ein schlechtes Image hat, muss deutlich mehr Geld fürs Gehalt ausgeben, um Mitarbeiter an sich zu binden. Vor allem die Businessnetzwerke Xing und LinkedIn sind bestens dafür geeignet, ein positives Unternehmensbild zu vermitteln: So wie Personaler und Headhunter sich gerne die Xing-Profile ihrer Bewerber anschauen, studieren die Jobsuchenden Unternehmensprofile. Wenn Sie eine Recruitment-Seite auf Facebook oder einen entsprechenden Kanal auf Twitter haben, sollten Sie alle Links und News auf einer Bewerberseite Ihrer Unternehmenshomepage entsprechend verlinken – und ebenfalls in gedruckten Stelleninseraten darauf verweisen. Auch für die Personalarbeit gilt die goldene Social-Media-Regel: Bieten Sie Ihren Lesern Mehrwert und Zusatzinformationen. Statt ein nacktes Stelleninserat aufzuschalten, sollten Sie potenzielle Bewerber beispielsweise über aktuelle Unternehmensentwicklungen und spezielle Vorteile Ihres Unternehmens unterrichten.