Der 4-Tage-Firmenscan

Buch Der 4-Tage-Firmenscan

So decken Sie die größten Fehler in Ihrem Unternehmen auf und stellen sie ab

Redline,


Rezension

Wer von Strukturen, Standards und Systemen nichts hält, der sollte einfach weit­er­ma­chen wie bisher – solange es noch geht. Wer dagegen seine Firma fit für die Zukunft machen will, muss sie komplett durch­struk­turi­eren, sagt Sys­tem­atiker Jochen Sommer. Die Geschäftsprozesse und Regelwerke, die er in seinem Buch vorstellt, mögen auf den ersten Blick unnötig streng wirken, aber je länger man sich damit beschäftigt, desto attraktiver werden sie – mehr System bedeutet weniger Anweisungen, weniger Missverständnisse und damit mehr Zeit und Leben­squalität. Das Buch kann dazu motivieren, die Ärmel hochzukrem­peln und das eigene Unternehmen mit einem Röntgenblick zu durch­leuchten. Anschließend wird zunächst viel Arbeit mit Neu­sortieren und Ordnen anfallen, aber danach besteht die Aussicht auf eine Firma, die wie geölt funk­tion­iert und die sich weit­er­en­twick­eln kann. BooksInShort empfiehlt Sommers Leitfaden allen Fir­menin­hab­ern, Geschäftsführern und Jun­gun­ternehmern.

Take-aways

  • Jedes Unternehmen ist ein System, das im Idealfall nützliche Produkte oder Leistungen bietet.
  • Es muss seine Kernkom­pe­tenz kennen und diese im Hinblick auf den Kunden formulieren.
  • Je klarer die Geschäftsprozesse definiert sind, desto effizienter funk­tion­iert das System.
  • Rund 95 Prozent aller Tätigkeiten in einem Unternehmen lassen sich stan­dar­d­isieren.
  • Im Idealfall verrichtet das System Unternehmen die Arbeit, und die Menschen betreiben das System.
  • Damit steht dem Unternehmer mehr Zeit für die Un­ternehmensen­twick­lung zur Verfügung.
  • Marketing und Verkauf sollten getrennt voneinander funk­tion­ieren.
  • Management und Führung sind nicht das Gleiche: Ersteres beinhaltet die Strate­gieen­twick­lung, Letzteres die Mi­tar­beit­erführung und -en­twick­lung.
  • Überarbeiten Sie Ihren Busi­ness­plan zweimal jährlich.
  • Die IT soll alle anderen Bereiche des Un­ternehmens unterstützen und muss ebenfalls sys­tem­a­tisiert werden.
 

Zusammenfassung

Von Standards, Systemen und Prozessen

Es gibt ein Konzept, mit dem Sie innerhalb weniger Tage Ihr gesamtes Unternehmen auf Schwach­stellen bzw. Stolper­steine durch­leuchten können: den „Firmenscan“. Hierbei handelt es sich keineswegs um eine IT-Lösung, sondern um die sys­tem­a­tis­che Struk­turierung und Analyse der wichtigsten Geschäftsprozesse. Das Gute daran: Dieses Konzept ist auf zahlreiche Branchen anwendbar. Sie können Ihr Unternehmen durch die konsequente Einführung von Standards und Prozessen sowie durch die Iden­ti­fizierung von Rou­ti­neereignis­sen so formen, dass sich rund 95 Prozent aller Aufgaben und Tätigkeiten quasi automatisch ausführen lassen – Ihre Mitarbeiter erledigen sie selbstständig. Ihnen als Unternehmer bleibt damit mehr Zeit, sich um Ihre eigentliche Aufgabe zu kümmern: die strate­gis­che Entwicklung der Firma. Das große Ziel dieses Konzepts ist es, mehr Zeit und mehr Leben­squalität zu erlangen.

Zu viel des Falschen

Die meisten Unternehmer arbeiten zu viel und an den falschen Stellen. Sie sehen sich als beste Fachkraft der Firma, als Topverkäufer oder pa­tri­archis­chen Alleskönner. Jeder Unternehmer sollte sich von der Gründung an Gedanken machen über die strate­gis­che Ausrichtung, über spätere Verkaufsmöglichkeiten, über seine Vision, die Werte des Un­ternehmens und die Zeit, die er dem Unternehmen widmen möchte. Ein echter Unternehmer ist nicht zugleich Mitarbeiter in seiner Firma; vielmehr sollte er sich einzig auf die Planung, die Kom­mu­nika­tion und die Kontrolle der fest­gelegten Ziele konzen­tri­eren.

Eine Firma ist ein System

Dem Firmenscan liegt die Annahme zugrunde, dass jede Firma ein System ist und dass das System, wie der amerikanis­che Man­age­ment­ber­ater Michael Gerber sagt, die Arbeit verrichtet, während die Menschen das System betreiben. Dazu muss das System erkannt, in seine Einzelteile zerlegt und analysiert werden. So können Sie es anschließend optimieren. Wenn alle Prozesse durchdacht und stan­dar­d­isiert werden, lassen sich die einzelnen Aufgaben in gle­ich­bleiben­der Qualität von den Mi­tar­beit­ern ausführen und sogar stetig verbessern. Dies setzt in vielen Fällen ein Umdenken in Richtung Kundenwünsche und Kun­den­nutzen voraus. Nur wer definieren kann, was seine Di­en­stleis­tung oder sein Produkt den Kunden an Nutzen und Leben­squalität bringt, ist in der Lage, gute und von den Kunden gewürdigte Leistungen zu erbringen.

„Strukturen sind die Königs­diszi­plin der Un­ternehmensen­twick­lung.“

Der Firmenscan durch­leuchtet acht Geschäftsprozesse: Management, Marketing, Mi­tar­beit­erführung, In­ter­essen­tengewin­nung, Kun­dengewin­nung, Leis­tungser­bringung, Support und Finanzen. Um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, was in Ihrem Unternehmen bereits sys­tem­a­tisiert und als Prozess konzipiert ist, hilft Folgendes:

  • Stellen Sie alle bereits beschriebe­nen Geschäftsprozesse und Doku­men­ta­tio­nen, Anweisungen, Checklisten und Schaubilder zusammen. Häufig liegen diese aus ISO-Zer­ti­fizierun­gen schon vor.
  • Stellen Sie alle Unterlagen zur Rou­tinekom­mu­nika­tion zusammen, also beispiel­sweise Briefvor­la­gen, E-Mail-Vor­la­gen, das Ablagesys­tem, Cor­po­rate-Iden­tity-Regelun­gen.
  • Busi­ness­plan, Fi­nanz­pla­nung, IT-Handbuch, Mar­ket­ing­plan und Mi­tar­beit­er­hand­buch gehören ebenfalls zu den Stan­dard-Steuerungsin­stru­menten, die vorhanden sein sollten.

Die einzelnen Prozesse

Wenn Sie die wichtigsten Prozesse Ihrer Firma unter die Lupe nehmen, werden Sie zahlreiche Stellen entdecken, die Sie optimieren und sys­tem­a­tisieren können:

  1. Management: Dieser Prozess wird maßgeblich vom Geschäftsführer gestaltet und beinhaltet im Wesentlichen die strate­gis­che Ausrichtung des Un­ternehmens. Erstellen Sie einen umfassenden Busi­ness­plan, der Per­spek­tiven, Wachstum und er­forder­liche Aktivitäten messbar beschreibt. Außerdem gehören eine konkrete Maßnah­men­pla­nung, eine Prozessübersicht mit entsprechen­den Dokumenten sowie eine Übersicht über Routinetätigkeiten und Vorgaben für die Finanz- und IT-Planung dazu. Der Busi­ness­plan sollte die kommenden fünf bis zehn Jahre anvisieren und mindestens zweimal im Jahr überarbeitet werden.
  2. Marketing: Wenn Sie In­ter­essen­ten für Ihre Produkte oder Di­en­stleis­tun­gen gewinnen wollen, ist planvoll ausgeführtes Marketing un­verzicht­bar. Dazu braucht es ein Budget, eine Mar­ket­ing­pla­nung mit konkreten Maßnahmen und Abläufen, klar definierte Botschaften sowie eine USP (Unique Selling Proposition, ein Alle­in­stel­lungsmerk­mal), die den In­ter­essen­ten den Nutzen und den Schwerpunkt Ihrer Leistungen klarmacht. Als Budget setzen Sie rund 10 Prozent des Vor­jahre­sum­satzes an. Arbeiten Sie heraus, was die Kernkom­pe­tenz des Un­ternehmens ist. Erst wenn Sie das wissen, können Sie auch glaubhafte Botschaften vermitteln. Behalten Sie unbedingt den Kun­den­nutzen im Auge – schließlich soll der Kunde Ihre Leistung kaufen, nicht Sie. Zu einem umfassenden Mar­ket­ing­plan gehören auch der Innen- und Außenauftritt (ein­heitliche PC-Hin­ter­grund­bilder, Kleidung, Geschäft­sausstat­tung, Dokumente, Broschüren, Webseiten). Achten Sie darauf, dass Ihre Aussagen und Inhalte in allen Werbe­mit­teln deck­ungs­gle­ich sind. Überlegen Sie auch, inwieweit Ihre In­ter­net­seite hilft, neue In­ter­essen­ten zu gewinnen. Der Mar­ket­ing­plan ist ein Teil des Mar­ket­ing­prozesses. Dieser besteht außerdem aus Mark­t­forschung und Befragungen, aus denen In­ter­essen­ten­pro­file (Zielgruppen) erstellt werden. Mit geeigneten Mar­ket­ing­mit­teln (Werbung, Events, PR, Messen, Networking, Social Media) gewinnen Sie In­ter­essen­ten, die Sie später dem Verkauf zuführen können.
  3. Mi­tar­beit­erführung: Zu diesem Prozess gehören alle Ar­beitsmit­tel und Tätigkeiten, die bei der Per­son­al­rekru­tierung sowie bei der Mi­tar­beit­erführung und Mitr­beit­er­en­twick­lung zum Einsatz kommen. Sie brauchen dazu ein Organigramm, sprich eine Beschrei­bung der einzelnen Ve­r­ant­wortlichkeiten und Positionen sowie der Tätigkeiten in Ihrem Unternehmen. Planen Sie, wie Vorstel­lungs­ge­spräche und der Auswahl­prozess eines geeigneten Bewerbers verlaufen sollen. Lassen Sie nicht Ihr Bauchgefühl entscheiden, sondern legen Sie ein­heitliche Kriterien fest. Entwickeln Sie für alle Stellen einen Einar­beitungs­plan. Zum Prozess gehören außerdem rechtssichere Ver­tragsvor­la­gen, ein Mi­tar­beit­er­hand­buch, das alle Dos and Don’ts präzise regelt, sowie Richtlinien zur Nutzung der IT. Schließlich fällt in diesen Bereich auch ein Per­son­al­fi­nanz­plan, als Basis für die zu er­wirtschaf­ten­den Gehälter.
  4. In­ter­essen­tengewin­nung: Einer der wichtigsten Prozesse ist die Generierung von In­ter­essen­ten. Sie müssen klären, wer ein Interessent ist und wer nicht. Dazu suchen Sie nach Kriterien zur „Dis­qual­i­fika­tion“ von In­ter­essen­ten, beispiel­sweise wenn diese bestimmte Zahlungsvo­raus­set­zun­gen nicht erfüllen oder wenn sie Haus­be­sitzer sein müssen, um für ein bestimmtes Produkt, etwa eine Ver­sicherung, infrage zu kommen. Je später im Prozess Sie bemerken, dass aus einem In­ter­essen­ten nie ein Kunde werden wird, desto mehr Ressourcen (Zeit, Ar­beit­skraft, In­fo­ma­te­ri­alien) haben Sie vergeudet. Definieren Sie also frühzeitig, wer ein Interessent ist. In­ter­essen­tengewin­nung ist nicht die Aufgabe des Verkaufs. Die Verkäufer sollten sich nur qual­i­fizierten In­ter­essen­ten mit Kaufabsicht widmen. Alle anderen müssen im Prozess der In­ter­essen­tengewin­nung her­aus­ge­filtert werden. Legen Sie zudem fest, wo und wie Sie regelmäßig neue In­ter­essen­ten gewinnen.
  5. Kun­dengewin­nung: In diesem Prozess werden die qual­i­fizierten In­ter­essen­ten mit Kaufabsicht aufge­grif­fen und es wird versucht, sie zu Kunden zu machen. Dazu sollten Sie Ihre Verkauf­s­ge­spräche sys­tem­a­tisieren, sich jeweils auf einen Gesprächsablauf konzen­tri­eren und Ihre Haup­tar­gu­mente sorgfältig her­ausar­beiten. Nutzen Sie Präsentationen, Schaubilder, Probe­ma­te­r­ial und In­for­ma­tionsblätter, und achten Sie darauf, dass diese möglichst immer aus Kundensicht ar­gu­men­tieren. Entwickeln Sie eine einfache Vorge­hensweise für Ihre Verkauf­s­ge­spräche. Ihre Verkäufer sollen nicht in­di­vidu­elle Geheim­mit­tel einsetzen, sondern bewährte Techniken und Hilfsmittel. Erstellen Sie einen Gesprächsleit­faden, der angibt, welche Unterlagen und Daten vor dem Kundengespräch vorliegen sollen. Entwickeln Sie eine Liste mit häufigen Kun­den­fra­gen und Einwänden sowie den entsprechen­den Antworten darauf. Geben Sie vor, welche In­for­ma­tio­nen im Gespräch abgefragt werden sollen, und stellen Sie eine Vorlage für den anschließenden Report des Verkäufers zur Verfügung. Legen Sie auch fest, ob dem Kunden eine Präsentation gezeigt wird und wie die Ab­schlussformel oder -vere­in­barung des Gesprächs lauten soll. Auf diese Weise struk­turi­eren Sie den Prozess, legen den Ablauf so weit es geht fest und sorgen dafür, dass alle Verkauf­s­mi­tar­beiter mit den gleichen Hil­f­s­mit­teln und Argumenten arbeiten.
  6. Leis­tungser­bringung: Egal ob Produkt oder Di­en­stleis­tung – Sie müssen auf gle­ich­bleibende Qualität und klare Doku­men­ta­tion achten. Im­ple­men­tieren Sie eine au­toma­tis­che Manöverkritik, um Ihre Leistungen stetig zu verbessern. Mithilfe von Checklisten, Handbüchern, Ablaufplänen, Prozess­beschrei­bun­gen, Formularen und Ab­nah­me­pro­tokollen können Sie sich­er­stellen, dass die Leistung, die Sie für Kunden erbringen, doku­men­tiert wird. Auch Beispiel­pro­jekte oder Muster­vor­la­gen können hilfreich sein, gerade bei sehr individuell zu er­brin­gen­den Leistungen. In diesen Prozess gehört auch die konsequent durchgeführte Kun­den­zufrieden­heitsabfrage mit Bitte um Empfehlun­gen oder Ref­eren­z­nen­nun­gen. Fragen Sie Ihre Kunden nach einer Bewertung Ihrer Leistung, und zwar unmittelbar nachdem Sie diese erbracht haben – dann ist die Zufrieden­heit in der Regel am größten.
  7. Support: Eine das Geschäft in allen Teil­bere­ichen unterstützende IT-Abteilung ist heute ein wesentlicher Baustein der meis­te­nUn­ternehmen. Umso er­staunlicher ist es, dass hier oft kein explizites Regelwerk existiert und die IT-Ar­chitek­tur meist zusam­mengestückelt und angebaut ist, sodass sich Systeme gegenseitig behindern und Arbeitsabläufe erschwert werden. Auch hier hilft Systematik. Definieren Sie zunächst, was die IT-Abteilung leisten soll und welche Ziele sie unterstützen muss. Alle anfallenden Rou­tineauf­gaben (Wartung, Updates, Sicherung, Kon­fig­u­ra­tio­nen) sollten doku­men­tiert und durch Checklisten beschrieben werden. Sorgen Sie dafür, dass die verwendete Software lizenziert ist und dass es einen IT-Not­fallplan sowie eine IT-Be­trieb­svere­in­barung gibt. Darin sollte unter anderem das Verbot einer privaten Nutzung der IT durch die Mitarbeiter fest­geschrieben sein. Arbeiten Sie an allen Arbeitsplätzen mit derselben Ausstattung an PC bzw. Laptop, Drucker und Mo­bil­tele­fon – ver­schiedene Modelle oder Hersteller garantieren höhere Kom­p­lika­tio­nen. Außerdem lassen sich durch Stan­dar­d­isierun­gen in der IT Kosten sparen.
  8. Finanzen: Dieser Prozess umfasst alle Fi­nanzs­teuerungsin­stru­mente des Un­ternehmens. Dazu gehören u. a. die Buchhaltung, das Controlling und diverse Planungen (Liquidität, Umsatz, Gewinn, Kosten usw.). Drehen Sie an den richtigen Stellschrauben, um auch hier Kosten zu sparen und Abläufe zu definieren. Im Mahnwesen etwa setzen Sie Zahlungsziele fest und erstellen Vorlagen für Mahnungen. In der Ver­tragsver­wal­tung sorgen Sie für die rechtzeit­ige Kündigung sich selbst verlängernder Verträge und das Aus­sortieren doppelter oder nutzloser Verträge. Optimieren Sie Ihre Erträge, indem Sie sys­tem­a­tisch nach Al­ter­na­tiven oder Kosteneinsparun­gen in allen Be­trieb­s­bere­ichen suchen (beispiel­sweise En­ergiekosten, Bürobedarf, Abfall, Postversand, Telefon, Ver­sicherun­gen).

Über den Autor

Jochen Sommer ist als Unternehmer und Un­ternehmens­ber­ater tätig und hat sich auf Sys­tem­atiken der Un­ternehmensen­twick­lung spezial­isiert.