Die Geburt des Dollar
Für die Deutschen, deren Ersparnisse im 20. Jahrhundert gleich zweimal – nach dem Ersten wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg – der Geldentwertung zum Opfer fielen, ist die Inflation das Schreckgespenst schlechthin. Die Amerikaner fürchten sich dagegen viel mehr vor der Deflation, den sinkenden Preisen, die sie an die Große Depression der 30er Jahre gemahnen. Es spricht daher einiges dafür, dass die USA die Notenpresse anwerfen, ihre Schulden mit neuem Papiergeld tilgen und die Inflation zulassen werden.
„Amerikas Sucht nach Kredit macht den Dollar von Jahr zu Jahr kränker, schwächer, hinfälliger.“
Die Geschichte des amerikanischen Geldes ist keineswegs von Preisstabilität geprägt: Die ursprüngliche Währung der USA, der „Continental“, war nach der Finanzierung des Unabhängigkeitskrieges im 18. Jahrhundert nicht mehr das Papier wert, auf das er gedruckt war. So gebrauchten die USA vorübergehend einfach den spanischen Silberdollar. Dass sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Gold gegenüber Silber als internationales Währungsmetall durchsetzte, verdankt die Welt einem Rechenfehler des Physikers Isaac Newton. Im Jahr 1717 sollte dieser das Umrechnungsverhältnis zwischen den beiden Edelmetallen bestimmen. Dabei überbewertete er allerdings das Gold, sodass die Menschen mit Goldmünzen bezahlten, Silbermünzen aber als Wertanlage behielten. Gold beherrschte fortan den Zahlungsverkehr – zuerst in Europa, dann auch in den USA. Das Jahr 1879 markiert die Geburt des Golddollar.
Der Dollar als Weltwährung
Reparationszahlungen, Devisenmarktturbulenzen und die kriegsbedingten Schulden lasteten nach dem Ersten Weltkrieg auf den verschiedensten Währungen, darunter auch auf der damaligen Weltwährung, dem Britischen Pfund. Profitieren konnten die USA und ihre Währung, der Dollar. Die Amerikaner wurden zum Gläubiger Europas, sie ermöglichten mit ihrem Kapital sozusagen erst den Boom der 1920er Jahre. Obwohl die folgende Überhitzung der Finanzmärkte im Oktober 1929 zum berühmten Crash an der Börse und sodann zur Großen Depression führte, etablierte sich der Dollar schließlich als Leitwährung der Welt. Der Zweite Weltkrieg ebnete den Weg dafür.
„Amerikanische Dollars ließen die Goldenen Zwanziger Jahre in Europa erst glänzen.“
Im Juli 1944 berieten sich die Delegierten von 44 Nationen im amerikanischen Bretton Woods. Das Ziel: die Stabilität des weltweiten Finanzsystems wiederherzustellen. Nach der Konferenz war nicht mehr wesentlich, ob die anderen Währungen mit Gold hinterlegt waren. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass der Goldstandard – also die Möglichkeit, Devisen jederzeit in einem festgelegten Verhältnis bei der Zentralbank gegen Gold tauschen zu können – nicht das Maß aller Dinge sein konnte. Von nun an war entscheidend, in welcher Relation die Zahlungsmittel zum Dollar notierten. Europa beschäftigte sich in den 50er Jahren mit dem Wiederaufbau, Amerika mit seinem Aufstieg zum „größten Konsumtempel der Geschichte“.
Der Niedergang
Der Vietnamkrieg Mitte der 60er Jahre, der von den USA mittels Notenpresse finanziert wurde, kratzte am Image der US-Notenbank Fed und an dem des Dollar. Gleichzeitig holte Europas Wirtschaft gegenüber der amerikanischen auf, und der Währungsangriff der Franzosen schwächte den Dollar: Präsident Charles de Gaulle wies die Banque de France an, sich Frankreichs Dollarforderungen in Gold auszahlen zu lassen, was dank des Bretton-Woods-Abkommens möglich war. Gold wurde im freien Handel immer teurer. Im Sommer 1971 sah sich US-Präsident Richard Nixon schließlich zur offiziellen Mitteilung gezwungen, der Dollar sei vorerst nicht mehr in Gold eintauschbar. Der Dollar war nun Papiergeld, das quasi beliebig oft gedruckt werden konnte. Die USA gaben ihr Geld fortan verstärkt für Sozialprogramme aus und versuchten, die darbende Wirtschaft zu stützen. Inflationsraten im zweistelligen Bereich bei hoher Arbeitslosigkeit und fehlendem Wachstum waren die Folge. Die Rettung des Dollar kam Anfang der 1980er Jahre in Gestalt des US-Notenbank-Chefs Paul Volcker. Er hievte den Leitzins auf ungeheure 20 %. Zwar läutete das eine Rezession ein, doch bewahrte Volcker damit den Dollar vor dem Abrutschen in den Weichwährungsstatus.
„Da die Option Sparen und Konsolidieren weder bei den US-Bürgern noch bei der Washingtoner Regierung auf große Zuneigung stößt, steuert Amerika auf eine schleichende Entwertung des Dollar zu.“
Die 80er Jahre waren das Jahrzehnt des Schnorrens. Die USA importierten mehr, als sie exportierten, das Leben auf Kredit wurde salonfähig. Die Dollars, die dadurch ins Ausland flossen, wollten möglichst renditeträchtig angelegt werden. Sie fanden ihren Weg in Aktien, Immobilien, Kunst oder in die Schwellenländer, aber auch zurück in die USA. Das führte schließlich zum Crash an der Wall Street 1987, zur Asienkrise 1997 und zum Platzen der Immobilienblase 2007. Der US-Notenbank-Chef von 1987 bis 2006 war Alan Greenspan. Während seiner Amtszeit versechsfachte sich der Kurs des Dow-Jones-Index. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 senkte Greenspan den Leitzins auf 1,0 % – vordergründig eine Maßnahme zum Schutz der amerikanischen Wirtschaft. Man konnte es jedoch auch als Maßnahme gegen den schleichenden Rückgang des amerikanischen Wohlstands verstehen.
„Erkennbar spielt Peking auf Zeit. Das Ziel dieses ebenso raffinierten wie opportunistischen Spiels bleibt die aggressive Ausfuhrsubventionierung über den Wechselkurs.“
Heute sehen sich die USA einem riesigen Schuldenberg gegenüber. Er ist so groß, dass jeder US-Bürger ein Jahr umsonst arbeiten müsste, damit die Staatsschulden getilgt wären. Doch Sparen kommt für die Amerikaner offenbar nicht infrage. Eher werden die USA der Inflation den Boden bereiten, um damit den Wert ihrer Schulden zu senken.
Der Yuan
In China ist die Landeswährung Yuan Chefsache. Die Regierung selbst steuert den Wechselkurs und legt ihn niedriger fest, als er durch Angebot und Nachfrage zustande käme. Chinesische Produkte sind für Ausländer dadurch erschwinglich; der Export wird stimuliert. Dies ist aus zweierlei Gründen gefährlich für den Dollar: Um den Kurs des Yuan niedrig zu halten, druckt Peking Geld und kauft damit Dollars. Gleichzeitig decken sich die Konsumenten in den USA mit billigen Produkten aus China ein und zahlen mit Dollars – und zwar so vielen, dass das Reich der Mitte mittlerweile das Land mit dem größten Dollarbestand der Welt ist. Die Erlöse aus dem Export legt China wiederum in amerikanische Schuldtitel an, wodurch das Land zum Gläubiger Nummer eins der USA geworden ist.
„Mit dem Übergang der EU zur Schuldenunion sind die Sonnenscheinjahre vorbei.“
Hatte sich Amerika nach den Weltkriegen als Finanzier der Siegermächte etabliert, investieren nun die Chinesen in die USA. Der Wert des Dollar ist daher zu einem nicht unerheblichen Teil vom Wohlwollen aus Fernost abhängig. Würde Peking auf einmal beschließen, seine US-Anleihen zu verkaufen, könnte das den Tod des Dollar bedeuten. Ein solches Szenario ist aber wenig wahrscheinlich, da damit auch die chinesische Wirtschaft abstürzen würde. Denkbar ist aber, dass China auf eine Politik der kleinen Schritte setzt und dass der Yuan langsam, aber sicher den Dollar als Leitwährung ablöst. Die chinesischen Aktienmärkte spielen bereits in der vordersten Reihe mit. Allerdings müsste Peking auch den Devisenhandel liberalisieren – die Pläne dafür sind schon gemacht.
Die Vorgeschichte des Euro
2010 ist kein gutes Jahr für den Euro. Die Schuldenkrise Griechenlands und die wacklige Währungsunion haben ihm zugesetzt. Das Europageld leidet an seiner eigenen Geschichte: Die dominierende Währung Europas war im 19. Jahrhundert das Britische Pfund. Die Deutsche Mark erfreute sich als Handels- und Reservewährung geringerer Beliebtheit. Die beiden Währungsreformen von 1923 und 1948, die Millionen von Deutschen ihrer Ersparnisse beraubten, trug diesbezüglich auch nicht zu einer Änderung bei. Erst die 50er Jahre brachten Preisstabilität und – nicht zuletzt durch die Gründung der Deutschen Bundesbank 1957 – das Vertrauen in die D-Mark, das notwendig war, damit sie als hartes Geld zur europäischen Leitwährung wurde.
„Innerhalb einer Dekade hat Gold einen erstaunlichen Weg genommen: vom obskuren Sammelobjekt zur allseits ernst genommenen Ersatzwährung.“
Als 1971 das System fester Wechselkurse einstürzte, sahen sich die Europäer zur Schaffung eines „Mini-Bretton-Woods“ gezwungen: Sie gründeten den Europäischen Wechselkursverbund, der definierte Schwankungsbreiten der Währungen vorsah. In den Folgejahren trat jedoch ein Staat nach dem anderen aus dem Verbund aus.
„Ebenso wie Milliarden Menschen ein Interesse daran haben, dass ihr Geld die Kaufkraft behält, haben die hoch verschuldeten Regierungen ein Interesse daran, dass die Währung nicht allzu stabil bleibt.“
Die als extrem widerstandsfähig geltende D-Mark machte den Franzosen Angst, denn sie gab den Deutschen mittelbar die Macht, die französische Wirtschaft zu beeinflussen. Die Männerfreundschaft zwischen dem französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing und dem deutschen Kanzler Helmut Schmidt brachte das Europäische Währungssystem auf den Weg, das 1979 in Kraft trat. Nach diesem Abkommen mussten die Hartwährungsländer den Weichwährungsländern helfen. Die Währungseinheit nannte sich European Currency Unit, oder ECU. Als Frankreich in den 80er Jahren den Pfad des weichen Geldes verließ, etablierte sich neben Deutschland ein weiteres Land mit einer starken Hartwährung.
Geburt und Krise des Euro
Anfang der 90er Jahre besann sich Helmut Kohl darauf, wie wichtig es war, sich mit dem Erzrivalen Frankreich endlich dauerhaft auszusöhnen. Die Aufgabe der D-Mark hielt er für ein probates Mittel dafür. Nach dem Gewinn der deutschen Einheit beeilte er sich, im Dezember 1991 den Vertrag von Maastricht abzusegnen. Demnach sollte die D-Mark bald Geschichte sein. 1995 wurde die neue europäische Währung auf den Namen Euro getauft. Die Vorteile: ein größerer Binnenmarkt, transparentere Preise, erleichterte Finanzierungen und eine kräftigere Exportindustrie. Das Problem: Mit einer einheitlichen Währung war es den recht unterschiedlichen Mitgliedsstaaten nicht mehr möglich, über Wechselkurseingriffe die Wirtschaft zu beeinflussen. Deshalb wurden Konvergenzkriterien eingeführt: Richtwerte für die Verschuldung, die Inflation und die Zinsen in einem Staat. Anfangs schien alles glatt zu laufen – bis klar wurde, dass manche Staaten bei der Berechnung tricksten.
„Das Jahrhundert liegt in Chinas Händen.“
Auf die Erstnotiz des Euro als Buchgeld im Jahr 1999 folgte eine Phase der Kursverluste, worauf sich eine lange Schönwetterperiode des Euro anschloss. Heute ist jedoch klar: Eine gemeinsame Währung ist angesichts der gravierenden Unterschiede der Fiskalpolitik und der Handelsbilanzen der Euroländer nur schwer aufrechtzuerhalten. Am 9. Mai 2010 stand das Schicksal der Währungsunion auf der Kippe: An diesem Tag trafen sich die Finanzminister der Eurozone in Brüssel, um über Finanzhilfen für Griechenland zu beraten. Deutschland war anfangs dagegen, Frankreich dafür. Schließlich siegte der solidarische Gedanke, und der Rettungsschirm für Not leidende Euromärkte in Höhe von 750 Milliarden Euro war geboren. Die Risiken wurden sozialisiert, die Schulden ebenso. Die Folge: Der Euro könnte seine Stellung als Hartwährung verlieren.
Gold, das quicklebendige Währungsfossil
Gold wird immer beliebter: Außer als Sammelobjekt, Schmuckrohstoff und Wertaufbewahrungsmittel hat es sich als Investment, als Alternative zum Papiergeld und als potenzielle neue Währung etabliert. Neben den Privatanlegern warfen 2009 erstmals seit Langem auch die Notenbanken wieder ein Auge auf das Edelmetall. Dass die Welt aber wieder zurück zum Goldstandard findet, ist unwahrscheinlich. Die Menge an Gold, die zur Deckung des Papiergeldes gebraucht würde, ist einfach zu groß. Gleichzeitig würde es am politischen Widerstand scheitern, da die Notenpresse danach nicht mehr ohne Weiteres angeworfen werden könnte.
Eine neue Weltordnung der Währungen
Der Wechselkurs zwischen Yuan und Dollar wird das Währungsgefüge im 21. Jahrhundert bestimmen. Es liegt an China, ob sich die Finanzmärkte zum Kriegsschauplatz wandeln oder nicht. Lässt Peking den Yuan maßvoll und gemächlich aufwerten, ist er der wahrscheinlichste Nachfolger des Dollar als Leitwährung. Anlegern empfehlen sich Investments in Rohstoffe, neue Schwellenländer, Sachwerte – und natürlich den Yuan.