Weltkrieg der Währungen

Buch Weltkrieg der Währungen

Wie Euro, Gold und Yuan um das Erbe des Dollar kämpfen

FinanzBuch,


Rezension

Um den Dollar steht es schlecht. Die Amerikaner sitzen auf einem Berg von Schulden, die die US-Ökonomie in Fesseln halten. Von vielen Seiten wird Druck auf die bisherige Leitwährung der Welt ausgeübt: Da ist der neue Ex­portwelt­meis­ter China, der US-Dollars hortet. Da sind die Euroländer, die sich, wie es scheint, für Fi­nanz­sol­i­darität und gegen Inflation entschieden haben. Und da ist das Gold, das in Zeiten steigender Gelden­twer­tung zum Renner wird. Welches Zahlungsmit­tel wird den Dollar beerben? Daniel D. Eckert erzählt mit scharfer Zunge die Geschichte des Dollar und die seiner poten­ziellen Nachfolger. Und er verrät den seiner Meinung nach wahrschein­lich­sten Kandidaten für den Platz an der Spitze der Weltwährungen. (Tipp: Er fängt mit Y an.) Sein lebhafter Stil und die treffende Metaphorik machen wett, dass jegliche Il­lus­tra­tio­nen fehlen. BooksInShort empfiehlt das Buch Währung­sex­perten und allen, die es werden wollen.

Take-aways

  • Wir stehen am Beginn eines Zeitalters der Währungskriege.
  • Dass der Dollar überhaupt noch etwas wert ist, ist China zu verdanken.
  • Während die USA vor einem gewaltigen Schulden­berg stehen, hat China die größten Dol­lar­reser­ven der Welt.
  • Einiges spricht dafür, dass die USA ihre Schulden mithilfe von Inflation tilgen werden.
  • Die chinesische Regierung hält den Yuan künstlich niedrig, um die Ex­portin­dus­trie zu stützen.
  • Die europäische Währungsunion steht auf wackligen Beinen, da sich die Mit­gliedsstaaten un­ter­schiedlich entwickeln.
  • Der Euro könnte aufgrund des Euro-Ret­tungss­chirms deutlich an Wert verlieren.
  • Gold wird immer beliebter, doch die Rückkehr zum Gold­stan­dard ist un­wahrschein­lich.
  • Der chinesische Yuan könnte den Dollar als Leitwährung beerben.
  • Investieren Sie in Rohstoffe, Schwellenländer, Sachwerte und den Yuan.
 

Zusammenfassung

Die Geburt des Dollar

Für die Deutschen, deren Ersparnisse im 20. Jahrhundert gleich zweimal – nach dem Ersten wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg – der Gelden­twer­tung zum Opfer fielen, ist die Inflation das Schreck­ge­spenst schlechthin. Die Amerikaner fürchten sich dagegen viel mehr vor der Deflation, den sinkenden Preisen, die sie an die Große Depression der 30er Jahre gemahnen. Es spricht daher einiges dafür, dass die USA die Notenpresse anwerfen, ihre Schulden mit neuem Papiergeld tilgen und die Inflation zulassen werden.

„Amerikas Sucht nach Kredit macht den Dollar von Jahr zu Jahr kränker, schwächer, hinfälliger.“

Die Geschichte des amerikanis­chen Geldes ist keineswegs von Preis­sta­bilität geprägt: Die ursprüngliche Währung der USA, der „Continental“, war nach der Fi­nanzierung des Unabhängigkeit­skrieges im 18. Jahrhundert nicht mehr das Papier wert, auf das er gedruckt war. So gebrauchten die USA vorübergehend einfach den spanischen Sil­ber­dol­lar. Dass sich bis zum Ende des 19. Jahrhun­derts Gold gegenüber Silber als in­ter­na­tionales Währungsmet­all durchsetzte, verdankt die Welt einem Rechen­fehler des Physikers Isaac Newton. Im Jahr 1717 sollte dieser das Um­rech­nungsverhältnis zwischen den beiden Edel­met­allen bestimmen. Dabei überbe­w­ertete er allerdings das Gold, sodass die Menschen mit Goldmünzen bezahlten, Silbermünzen aber als Wertanlage behielten. Gold beherrschte fortan den Zahlungsverkehr – zuerst in Europa, dann auch in den USA. Das Jahr 1879 markiert die Geburt des Golddollar.

Der Dollar als Weltwährung

Repa­ra­tionszahlun­gen, De­visen­mark­t­tur­bu­len­zen und die kriegs­be­d­ingten Schulden lasteten nach dem Ersten Weltkrieg auf den ver­schieden­sten Währungen, darunter auch auf der damaligen Weltwährung, dem Britischen Pfund. Profitieren konnten die USA und ihre Währung, der Dollar. Die Amerikaner wurden zum Gläubiger Europas, sie ermöglichten mit ihrem Kapital sozusagen erst den Boom der 1920er Jahre. Obwohl die folgende Überhitzung der Finanzmärkte im Oktober 1929 zum berühmten Crash an der Börse und sodann zur Großen Depression führte, etablierte sich der Dollar schließlich als Leitwährung der Welt. Der Zweite Weltkrieg ebnete den Weg dafür.

„Amerikanis­che Dollars ließen die Goldenen Zwanziger Jahre in Europa erst glänzen.“

Im Juli 1944 berieten sich die Delegierten von 44 Nationen im amerikanis­chen Bretton Woods. Das Ziel: die Stabilität des weltweiten Fi­nanzsys­tems wieder­herzustellen. Nach der Konferenz war nicht mehr wesentlich, ob die anderen Währungen mit Gold hinterlegt waren. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass der Gold­stan­dard – also die Möglichkeit, Devisen jederzeit in einem fest­gelegten Verhältnis bei der Zentralbank gegen Gold tauschen zu können – nicht das Maß aller Dinge sein konnte. Von nun an war entschei­dend, in welcher Relation die Zahlungsmit­tel zum Dollar notierten. Europa beschäftigte sich in den 50er Jahren mit dem Wieder­auf­bau, Amerika mit seinem Aufstieg zum „größten Kon­sumtem­pel der Geschichte“.

Der Niedergang

Der Viet­namkrieg Mitte der 60er Jahre, der von den USA mittels Notenpresse finanziert wurde, kratzte am Image der US-Noten­bank Fed und an dem des Dollar. Gle­ichzeitig holte Europas Wirtschaft gegenüber der amerikanis­chen auf, und der Währungsan­griff der Franzosen schwächte den Dollar: Präsident Charles de Gaulle wies die Banque de France an, sich Frankreichs Dol­lar­forderun­gen in Gold auszahlen zu lassen, was dank des Bret­ton-Woods-Abkom­mens möglich war. Gold wurde im freien Handel immer teurer. Im Sommer 1971 sah sich US-Präsident Richard Nixon schließlich zur offiziellen Mitteilung gezwungen, der Dollar sei vorerst nicht mehr in Gold ein­tauschbar. Der Dollar war nun Papiergeld, das quasi beliebig oft gedruckt werden konnte. Die USA gaben ihr Geld fortan verstärkt für Sozial­pro­gramme aus und versuchten, die darbende Wirtschaft zu stützen. In­fla­tion­sraten im zweis­tel­li­gen Bereich bei hoher Ar­beit­slosigkeit und fehlendem Wachstum waren die Folge. Die Rettung des Dollar kam Anfang der 1980er Jahre in Gestalt des US-Noten­bank-Chefs Paul Volcker. Er hievte den Leitzins auf ungeheure 20 %. Zwar läutete das eine Rezession ein, doch bewahrte Volcker damit den Dollar vor dem Abrutschen in den Weichwährungssta­tus.

„Da die Option Sparen und Kon­so­li­dieren weder bei den US-Bürgern noch bei der Wash­ing­toner Regierung auf große Zuneigung stößt, steuert Amerika auf eine schle­ichende Entwertung des Dollar zu.“

Die 80er Jahre waren das Jahrzehnt des Schnorrens. Die USA im­portierten mehr, als sie ex­portierten, das Leben auf Kredit wurde salonfähig. Die Dollars, die dadurch ins Ausland flossen, wollten möglichst renditeträchtig angelegt werden. Sie fanden ihren Weg in Aktien, Immobilien, Kunst oder in die Schwellenländer, aber auch zurück in die USA. Das führte schließlich zum Crash an der Wall Street 1987, zur Asienkrise 1997 und zum Platzen der Im­mo­bilien­blase 2007. Der US-Noten­bank-Chef von 1987 bis 2006 war Alan Greenspan. Während seiner Amtszeit ver­sechs­fachte sich der Kurs des Dow-Jones-In­dex. Nach den Ter­ro­ran­schlägen vom 11. September 2001 senkte Greenspan den Leitzins auf 1,0 % – vordergründig eine Maßnahme zum Schutz der amerikanis­chen Wirtschaft. Man konnte es jedoch auch als Maßnahme gegen den schle­ichen­den Rückgang des amerikanis­chen Wohlstands verstehen.

„Erkennbar spielt Peking auf Zeit. Das Ziel dieses ebenso raf­finierten wie op­por­tunis­tis­chen Spiels bleibt die aggressive Aus­fuhrsub­ven­tion­ierung über den Wechselkurs.“

Heute sehen sich die USA einem riesigen Schulden­berg gegenüber. Er ist so groß, dass jeder US-Bürger ein Jahr umsonst arbeiten müsste, damit die Staatss­chulden getilgt wären. Doch Sparen kommt für die Amerikaner offenbar nicht infrage. Eher werden die USA der Inflation den Boden bereiten, um damit den Wert ihrer Schulden zu senken.

Der Yuan

In China ist die Landeswährung Yuan Chefsache. Die Regierung selbst steuert den Wechselkurs und legt ihn niedriger fest, als er durch Angebot und Nachfrage zustande käme. Chinesische Produkte sind für Ausländer dadurch er­schwinglich; der Export wird stimuliert. Dies ist aus zweierlei Gründen gefährlich für den Dollar: Um den Kurs des Yuan niedrig zu halten, druckt Peking Geld und kauft damit Dollars. Gle­ichzeitig decken sich die Konsumenten in den USA mit billigen Produkten aus China ein und zahlen mit Dollars – und zwar so vielen, dass das Reich der Mitte mit­tler­weile das Land mit dem größten Dol­larbe­stand der Welt ist. Die Erlöse aus dem Export legt China wiederum in amerikanis­che Schuldtitel an, wodurch das Land zum Gläubiger Nummer eins der USA geworden ist.

„Mit dem Übergang der EU zur Schulde­nunion sind die Son­nen­schein­jahre vorbei.“

Hatte sich Amerika nach den Weltkriegen als Finanzier der Siegermächte etabliert, investieren nun die Chinesen in die USA. Der Wert des Dollar ist daher zu einem nicht uner­he­blichen Teil vom Wohlwollen aus Fernost abhängig. Würde Peking auf einmal beschließen, seine US-Anleihen zu verkaufen, könnte das den Tod des Dollar bedeuten. Ein solches Szenario ist aber wenig wahrschein­lich, da damit auch die chinesische Wirtschaft abstürzen würde. Denkbar ist aber, dass China auf eine Politik der kleinen Schritte setzt und dass der Yuan langsam, aber sicher den Dollar als Leitwährung ablöst. Die chi­ne­sis­chen Aktienmärkte spielen bereits in der vordersten Reihe mit. Allerdings müsste Peking auch den De­visen­han­del lib­er­al­isieren – die Pläne dafür sind schon gemacht.

Die Vorgeschichte des Euro

2010 ist kein gutes Jahr für den Euro. Die Schuldenkrise Griechen­lands und die wacklige Währungsunion haben ihm zugesetzt. Das Europageld leidet an seiner eigenen Geschichte: Die do­minierende Währung Europas war im 19. Jahrhundert das Britische Pfund. Die Deutsche Mark erfreute sich als Handels- und Reservewährung geringerer Beliebtheit. Die beiden Währungsre­for­men von 1923 und 1948, die Millionen von Deutschen ihrer Ersparnisse beraubten, trug diesbezüglich auch nicht zu einer Änderung bei. Erst die 50er Jahre brachten Preis­sta­bilität und – nicht zuletzt durch die Gründung der Deutschen Bundesbank 1957 – das Vertrauen in die D-Mark, das notwendig war, damit sie als hartes Geld zur europäischen Leitwährung wurde.

„Innerhalb einer Dekade hat Gold einen er­staunlichen Weg genommen: vom obskuren Sam­melob­jekt zur allseits ernst genommenen Ersatzwährung.“

Als 1971 das System fester Wech­selkurse einstürzte, sahen sich die Europäer zur Schaffung eines „Mini-Bret­ton-Woods“ gezwungen: Sie gründeten den Europäischen Wech­selkursver­bund, der definierte Schwankungs­bre­iten der Währungen vorsah. In den Folgejahren trat jedoch ein Staat nach dem anderen aus dem Verbund aus.

„Ebenso wie Milliarden Menschen ein Interesse daran haben, dass ihr Geld die Kaufkraft behält, haben die hoch ver­schulde­ten Regierungen ein Interesse daran, dass die Währung nicht allzu stabil bleibt.“

Die als extrem wider­standsfähig geltende D-Mark machte den Franzosen Angst, denn sie gab den Deutschen mittelbar die Macht, die französische Wirtschaft zu bee­in­flussen. Die Männer­fre­und­schaft zwischen dem französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing und dem deutschen Kanzler Helmut Schmidt brachte das Europäische Währungssys­tem auf den Weg, das 1979 in Kraft trat. Nach diesem Abkommen mussten die Hartwährungsländer den Weichwährungsländern helfen. Die Währung­sein­heit nannte sich European Currency Unit, oder ECU. Als Frankreich in den 80er Jahren den Pfad des weichen Geldes verließ, etablierte sich neben Deutschland ein weiteres Land mit einer starken Hartwährung.

Geburt und Krise des Euro

Anfang der 90er Jahre besann sich Helmut Kohl darauf, wie wichtig es war, sich mit dem Erzrivalen Frankreich endlich dauerhaft auszusöhnen. Die Aufgabe der D-Mark hielt er für ein probates Mittel dafür. Nach dem Gewinn der deutschen Einheit beeilte er sich, im Dezember 1991 den Vertrag von Maastricht abzusegnen. Demnach sollte die D-Mark bald Geschichte sein. 1995 wurde die neue europäische Währung auf den Namen Euro getauft. Die Vorteile: ein größerer Binnenmarkt, trans­par­entere Preise, er­le­ichterte Fi­nanzierun­gen und eine kräftigere Ex­portin­dus­trie. Das Problem: Mit einer ein­heitlichen Währung war es den recht un­ter­schiedlichen Mit­gliedsstaaten nicht mehr möglich, über Wech­selkur­se­in­griffe die Wirtschaft zu bee­in­flussen. Deshalb wurden Kon­ver­gen­zkri­te­rien eingeführt: Richtwerte für die Ver­schul­dung, die Inflation und die Zinsen in einem Staat. Anfangs schien alles glatt zu laufen – bis klar wurde, dass manche Staaten bei der Berechnung tricksten.

„Das Jahrhundert liegt in Chinas Händen.“

Auf die Erstnotiz des Euro als Buchgeld im Jahr 1999 folgte eine Phase der Kursver­luste, worauf sich eine lange Schönwet­ter­pe­ri­ode des Euro anschloss. Heute ist jedoch klar: Eine gemeinsame Währung ist angesichts der gravieren­den Un­ter­schiede der Fiskalpoli­tik und der Han­dels­bi­lanzen der Euroländer nur schwer aufrechtzuer­hal­ten. Am 9. Mai 2010 stand das Schicksal der Währungsunion auf der Kippe: An diesem Tag trafen sich die Fi­nanzmin­is­ter der Eurozone in Brüssel, um über Fi­nanzhil­fen für Griechen­land zu beraten. Deutschland war anfangs dagegen, Frankreich dafür. Schließlich siegte der sol­i­darische Gedanke, und der Ret­tungss­chirm für Not leidende Euromärkte in Höhe von 750 Milliarden Euro war geboren. Die Risiken wurden sozial­isiert, die Schulden ebenso. Die Folge: Der Euro könnte seine Stellung als Hartwährung verlieren.

Gold, das quick­lebendige Währungs­fos­sil

Gold wird immer beliebter: Außer als Sam­melob­jekt, Schmuck­rohstoff und Wer­tauf­be­wahrungsmit­tel hat es sich als Investment, als Alternative zum Papiergeld und als potenzielle neue Währung etabliert. Neben den Pri­vatan­legern warfen 2009 erstmals seit Langem auch die Notenbanken wieder ein Auge auf das Edelmetall. Dass die Welt aber wieder zurück zum Gold­stan­dard findet, ist un­wahrschein­lich. Die Menge an Gold, die zur Deckung des Pa­piergeldes gebraucht würde, ist einfach zu groß. Gle­ichzeitig würde es am politischen Widerstand scheitern, da die Notenpresse danach nicht mehr ohne Weiteres angeworfen werden könnte.

Eine neue Weltordnung der Währungen

Der Wechselkurs zwischen Yuan und Dollar wird das Währungsgefüge im 21. Jahrhundert bestimmen. Es liegt an China, ob sich die Finanzmärkte zum Kriegss­chau­platz wandeln oder nicht. Lässt Peking den Yuan maßvoll und gemächlich aufwerten, ist er der wahrschein­lich­ste Nachfolger des Dollar als Leitwährung. Anlegern empfehlen sich Investments in Rohstoffe, neue Schwellenländer, Sachwerte – und natürlich den Yuan.

Über den Autor

Daniel D. Eckert ist Journalist und schreibt in der Welt und der Welt am Sonntag über Währungen, Staats­fi­nanzen und Kapitalmärkte. Er studierte Sprach­wis­senschaft und Geschichte in Deutschland und den USA.