Machen Sie Schluss mit Kurzfristlösungen!
Kennen Sie diese Situation? Ihre Rolle als Führungskraft wird bestimmt von Managementprogrammen und Kennzahlen. Wenn irgendwo ein Problem auftaucht, machen Sie oder Ihre Vorgesetzten eine Schublade auf, und schon haben Sie ein probates Mittel, das kurzfristig Besserung bringt. Wohlgemerkt kurzfristig! Doch wer immer nur Symptome kuriert, der wird niemals die Krankheit besiegen. So auch im Unternehmen: Kennzahlen und Rezeptlösungen helfen Ihnen mit der Zeit immer weniger, wenn Sie nicht das Unternehmen als Ganzes verstehen und begreifen, wo Ihre Defizite liegen und welche Stellhebel Sie umzulegen haben, wenn es irgendwo brennt. Unternehmen sind keine isolierten Objekte, sondern hochkomplexe soziokulturelle und ökonomische Systeme, die innerhalb einer sich permanent verändernden Umwelt verankert sind.
Drei Wochen, die sich lohnen: Das Werkzeug Unternehmensdiagnose
Die Unternehmensdiagnose ist ein Tool, dass es Ihnen und Ihren Mitarbeitern leichter macht, das Ganze zu sehen, Interdependenzen und Verknüpfungen aufzuspüren, kurz: Ihr Unternehmen besser kennen zu lernen. Dabei benötigt die Unternehmensdiagnose nur etwa drei Wochen: Innerhalb dieser Zeit wird mit Hilfe von Interviews, Workshops, Check-ups und Analysen ein Informationspool mit Wissen über das Unternehmen aufgebaut. Das Ziel der Übung: Sie und Ihre Mitarbeiter können sich wortwörtlich (z. B. in Form von Ablaufdiagrammen) ein Bild von den Prozessen, Stärken und der Leistungsfähigkeit machen. So ist es einfacher, diejenigen Gefahren zu identifizieren, die Sie bedrohen. Im Mittelpunkt der Unternehmensdiagnose steht der Unternehmenszweck. Voraussetzung für die Existenzfähigkeit eines Unternehmens ist nicht, Geld zu machen oder Produkte herzustellen, sondern einen Nutzen zu stiften. Doch neben dem Zweck müssen auch andere Perspektiven bei der Diagnose berücksichtigt werden. Nur so lassen sich Einseitigkeit und Vernachlässigungen vermeiden.
Decken Sie Defizite auf!
Die Unternehmensdiagnose hat v. a. ein Ziel, nämlich aufzudecken, was bei Ihnen im Argen liegt. Eines dieser Defizite ist die Verschwendung: z. B. dann, wenn Arbeiten doppelt ausgeführt werden, weil es keine richtigen Kommunikationsformen gibt. Bei einer falschen Fehlerkultur bricht z. B. sehr schnell das "Selbsthilfesyndrom" aus: Da die Mitarbeiter nicht für Fehler gerügt werden wollen, versuchen sie diese - mehr schlecht als recht - selbst auszubügeln. Die Folge: Ein Teufelskreis mit den Stationen Zeitverlust, unerledigte Arbeit, Zeitknappheit, mangelhafte Arbeit wird in Gang gesetzt. Schlimmer noch: Fehler sind Signale für tief liegende Probleme, z. B. schlecht aufeinander abgestimmte Prozessabläufe. Eine offene und konstruktive Fehlerkultur würde nicht nur die Verschwendung der Arbeitszeit stoppen, sondern ebenfalls auf grundsätzliche Probleme aufmerksam machen. Ein offener Umgang mit Indikatoren für Defizite erhöht die Chancen, solche Mängel auszumerzen. Beispiele für Defizitindikatoren sind: hohe Mitarbeiterfluktuation, Budgetüberschreitungen, Unfreundlichkeit, niedriger Servicegrad, zweckentfernte Tätigkeiten, hohe Fehlerquoten und negatives Kundenfeedback.
Der gesunde Menschenverstand
Manche "Common Sense"-Maximen sind seltsamerweise nur in wenigen Unternehmen verbreitet. Obwohl sie doch frei zugänglich und millionenfach bewährt sind, wird lieber auf modische Managementkonzepte ausgewichen, bis sich dann plötzlich herausstellt, das der Nutzen doch sehr begrenzt ist. Neben den "selbstverständlichen" Merksätzen gibt es auch allgemein anerkannte Handlungsprinzipien, die Sie beachten sollten. Eine Auswahl:
- Mit steigendem Aufwand wird der dabei erzielbare Zusatznutzen immer kleiner: Überlegen Sie genau, wann sich der Aufwand für Sie noch lohnt (Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen).
- Zeit ist die einzige Ressource, die Sie nicht reproduzieren können: Wenn Sie schnell sind, haben Sie keine Zeit für Verschwendung (Gesetz von der Geschwindigkeit des Handelns).
- Rechnen Sie mit dem Unbekannten: In einem Unternehmen gibt es immer Bereiche, deren Verhalten Sie nicht errechnen und nicht planen können. (Unbestimmbarkeitsanalogon der Kybernetik für soziale Systeme).
Vier Determinanten des Erfolges
Für den Erfolg Ihres Unternehmens gibt es genau vier Gestaltungsfelder, die unmittelbaren Einfluss auf die Unternehmensentwicklung haben:
- Vision - Zweck - Strategie: Es ist notwendig, klar zu definieren, was der Unternehmenszweck ist. Das bedeutet auch, dass man sich nur darauf konzentrieren sollte. Alles andere ist Zeit- und Ressourcenverschwendung.
- Strukturen: Es ist schwer, einen unbeweglichen Riesen zu steuern. Darum sollten Sie Ihr Unternehmen in viele kleine, autonom handlungsfähige Einheiten aufteilen. Ein Flottenverband unter Ihrem Kommando ist schlagkräftig und agil. Gruppenarbeit und flache Hierarchien sind Meilensteine auf diesem Weg.
- Prozesse: Prozesse sind das zentrale Gestaltungsobjekt eines Unternehmens: Wenn Sie Prozesse verbessern wollen, dann nur den ganzen Prozess. Wenn Sie nur an einzelnen Elementen "herumschrauben", gerät der Gesamtprozess aus dem Takt.
- Unternehmenskultur: Systeme wie Unternehmen sind dann lernfähig, wenn Sie den Übergang von der Kontrolle zur Vision schaffen: Wenn Ihre Mitarbeiter in einer offenen, teamorientierten und wahrheitsliebenden Unternehmenskultur "aufwachsen", identifizieren sie sich mit den Zielen und werden zu nutzbringenden Partnern.
Das Ziel: Der wünschenswerte Zustand
Ein wichtiger Schritt, der zur Veränderung führt, ist die Definition des wünschenswerten Zustandes, d. h. des Zustandes, den das Unternehmen erreichen soll. Nachdem eine Unternehmensdiagnose durchgeführt wurde, wird schnell klar, welche Defizite vorhanden sind. Der diagnostizierte Ist-Zustand sollte mit dem gewünschten Zustand verglichen werden, daraus leitet sich der Veränderungsbedarf ab. Die Unternehmensdiagnose wird mit einem "Transition-Plan" abgeschlossen, der als Wegweiser der Optimierung fungiert. Idealerweise hat das Unternehmen nach der Veränderung folgende Eigenschaften:
- Bei der Unternehmensleitung und bei den Mitarbeitern herrscht Klarheit darüber, welche Prozesse welchen Beitrag im Unternehmen erfüllen.
- Der Unternehmenszweck ist keine nebulöse Worthülse, sondern klar und deutlich definiert. Alle Mitarbeiter wissen das.
- Die Strategie des Unternehmens wird von allen Mitarbeitern anerkannt und unterstützt. Der Grund: Die wesentlichen Teile wurden in offener Form mit allen Beteiligten festgelegt.
- Es ist ganz selbstverständlich, dass allgemeine Grundwerte erfüllt werden müssen und dass dafür bestimmte Grundfähigkeiten notwendig sind. Jeder ist damit einverstanden, diese zu erwerben und zu verbessern.
- Alle Mitarbeiter hinterfragen täglich ihre Tätigkeiten und sind am kontinuierlichen Verbesserungsprozess beteiligt. Es hat sich die Überzeugung unternehmensweit durchgesetzt, dass die Überlebensfähigkeit des Unternehmens täglich sichergestellt werden muss.
„In der Praxis fehlt ein Grundverständnis für das Unternehmen als Ganzes.“
Die Unternehmensdiagnose Schritt für Schritt
- Interviews - Interviews sind die Grundlage einer jeden Diagnose. Im Spannungsfeld von persönlichen Einschätzungen und harten Fakten wird die Situation des Unternehmens ermittelt. Einzelinterviews auf der ersten und zweiten Führungsebene werden bereichsweise durchgeführt, im Anschluss ist das mittlere Management abteilungsweise dran. Die Mitarbeiter auf der operativen Ebene werden in Gruppen befragt. Schliesslich sollte eine gemeinsame Befragung in gemischten Gruppen durchgeführt werden. Aber Vorsicht: Achten Sie darauf, dass sich die verschiedenen Ebenen durch Schuldzuweisungen nicht zerfleischen. Provozieren Sie die Mitarbeiter nicht zu Beschwerden über andere! Stellen Sie die Fragen so, dass die Befragten nicht einfach mit "Ja" oder "Nein" antworten können (geschlossene Fragen). Verwenden Sie wirklichkeitsnahe Szenarien, weil Sie so die besseren Antworten bekommen. Beispielsweise fragen Sie nicht: "Sehen sie das so oder so?", sondern: "Wenn Sie auf einem Kontrollgang in Ihrem Bereich einen Fehler entdecken - wie handeln Sie dann?" Die Fragen sollten sich um die drei Bereiche Zahlen und Fakten (z. B. Kundenbeziehung, Lieferfähigkeit, Servicegrad), Wertungen von Ereignissen (z. B. Personalveränderungen, Führungswechsel) und Stimmungsbilder (z. B. Führungskräfteverhalten, Einstellung zur Arbeit) drehen.
- Strategie-Reviews und Innovations-Checks - Viel zu oft werden Produkte mit Eigenschaften ausgestattet, die der Kunde gar nicht braucht oder will. Infolgedessen ist er auch nicht bereit, dafür (mehr) zu bezahlen. So gesehen, sind Innovationen, die nicht dem Unternehmenszweck dienen, reine Verschwendung von Ressourcen. Daher müssen in diesen Gesprächen Innovationen sorgsam daraufhin untersucht werden, ob sie dem Unternehmenszweck entsprechen. Das Gleiche gilt auch für die Strategie: Sie muss klar strukturiert und eindeutig kommuniziert werden.
- Wissens-Workshops - Ein Lehrsatz aus der Psychologie besagt: Das Individuum identifiziert sich letztlich nur mit sich selbst. Daher können Sie von Ihren Mitarbeitern nicht erwarten, dass Sie voll hinter Ihrem Unternehmen stehen, wenn Sie nichts dafür tun, eine von allen geteilte Kultur zu etablieren. Wissens-Workshops dienen genau diesem Zweck: Gemeinsam finden Ihre Mitarbeiter mit Ihnen heraus, wie der wünschenswerte Zustand des Unternehmens aussehen soll. Fehler und Defizite in unterschiedlichen Bereichen, die sich aus den Interviews ergeben haben, kommen auf den Tisch. Die Teilnehmer der Workshops formulieren, unterstützt durch Abfragen mittels Karten oder Haftpunkten, welche Probleme am dringendsten gelöst werden müssen. Schliesslich werden die Ressourcen und Pläne für eine Verbesserung festgelegt.
- Aufbau einer prozessorientierten Organisation - Ist Ihr Unternehmen nach Funktionen organisiert? Dann sollten Sie im Rahmen der Unternehmensdiagnose auf eine Prozessarchitektur umstellen. Prozesse sind Bündel von Aktivitäten, die einen Auslöser haben, einen eindeutigen Zweck verfolgen und ein messbares Ergebnis hervorbringen (meist die Erfüllung eines Kundenwunsches). Um jedwede Verschwendung auszumerzen, müssen Sie sich auf Prozesse konzentrieren, weil nur so ein Rückbezug auf den Unternehmenszweck möglich ist. Anders bei einer funktionalen Organisation: Der Funktionsbereich "Einkauf" wird immer nur sich selbst optimieren, der Wertschöpfungsprozess jedoch bleibt auf der Strecke. Bestimmen Sie zunächst die Erfolgsfaktoren der einzelnen Geschäftsfelder. Dann identifizieren Sie die Schlüssel-Funktionalitäten, die für die Erfüllung der Geschäftszwecke nötig sind. Jetzt können Sie eine Prozess- und Wertschöpfungskette aufstellen, die sie schliesslich noch visuell (mit Ablaufdiagrammen und Symbolen) darstellen. Bauen Sie aus den definierten Prozessen Ihre Prozessarchitektur auf.