Begriffserklärung von Konzern und Controlling
Unter dem Begriff des Konzerns versteht man ein herrschendes und ein oder mehrere beherrschte Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung. Rechtlich gesehen sind die Unternehmen jedoch selbstständig. Voraussetzung ist, dass eine einheitliche Geschäftspolitik verfolgt wird und dass wichtige Entscheidungen, beispielsweise die Besetzung von Gremien, vom herrschenden Unternehmen getroffen werden. Es handelt sich also um einen Verbund von Betrieben, die zu einer ökonomischen Einheit zusammengefasst sind. Dem Konzerncontrolling kommt nun die Rolle zu, die rechtlichen Grenzen der Einheiten zu überwinden und das Gebilde als ein Ganzes zu betrachten. Der Controller hat die Aufgabe, dem Management zu helfen, möglichst rational zu entscheiden.
„Das Konzerncontrolling muss die aus rechtlicher Sicht gegebenen Grenzen überwinden und den Konzern für seine Zwecke in der Form einer wirtschaftlichen Einheit betrachten.“
Während also die Führungsspitze die Entscheidungen trifft, ist der Controller eine Art Berater. Stellen Sie sich das wie ein Gespann aus Fahrer und Beifahrer vor: Der Manager sitzt am Steuer, der Controller liest die Karte und unterbreitet Vorschläge. Obgleich dem Controller nicht die Führung des Konzerns obliegt, ist seine Rolle bei der Entscheidungsfindung nicht zu unterschätzen. Ein Controller kann z. B. eine Situation so darstellen, dass das Entscheidungsverhalten in eine bestimmte Richtung beeinflusst wird. Im Wesentlichen lassen sich die Aufgaben des Controllers vier Gruppen zuordnen:
- Informationsaufgaben: Der Controller muss danach streben, Wissen über die Wirklichkeit zu beschaffen. Aufschluss gibt das Berichtswesen sowie die Kosten- und Leistungsrechnung.
- Planungs- und Kontrollaufgaben: Beim Planen geht es um das systematische Durchdenken von Zielen, Maßnahmen und Wegen.
- Koordinationsaufgaben: Der Controller muss alle Steuerungsebenen auf eine Leitlinie abstimmen. So müssen z. B. die operative und die strategische Planung Hand in Hand gehen.
- Rationalisierungsaufgaben: Der Controller verfolgt Rationalisierungsabsichten, er muss dem Manager helfen, betriebswirtschaftlich zu handeln.
Besonderheiten des Controllings im Konzern
Eine Herausforderung für das Konzerncontrolling stellt die Schaffung einer einheitlichen Informationsbasis dar. So bestehen zwischen den Einheiten häufig vielfältige Leistungsbeziehungen: Töchter beziehen Leistungen von anderen Einheiten und verrechnen diese miteinander. Controller müssen nun Transferpreise bestimmen, sodass die Verbuchung der Gewinne und Verluste, die aus den Zwischenbeziehungen entstehen, für die Steuerzahlungen optimiert wird. Die Wertschöpfung entsteht ja in den rechtlich selbstständigen Einheiten innerhalb des Konzerns. Das beherrschende Unternehmen kann nun z. B. Warenlieferungen unter den Herstellkosten verlangen, was bei der liefernden Einheit zu einem Verlust im Einzelabschluss und bei der belieferten Einheit zu einem überhöhten Gewinn führt. Hinzu kommt, dass bei vielen Konzernen die Barbestände der Einheiten in einem Unternehmen gebündelt sind; aus diesem Grund kann die Liquiditätsposition im Einzelabschluss ein falsches Bild abgeben. Aufgabe des Konzerncontrollers ist es, die Mängel der Einzelbetrachtung zu beheben und bessere Informationen für interne Zwecke und externe Gruppen (Investoren) bereitzustellen.
Erfolgskennzahlen
Eine große Bedeutung fällt den Kennzahlen zu. Sie bilden in verdichteter Form die Realität ab. Das Gute an ihnen ist, dass sie die Komplexität reduzieren und den Blick auf das Wesentliche lenken. Es gibt absolute und relative Kennzahlen. Zu den absoluten Kennzahlen gehören etwa jene, die die Größe des Konzerns als Ganzes darstellen (Umsatz, Mitarbeiter), während die relativen Kennzahlen Verhältnisse aufzeigen, beispielsweise die Entwicklung des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahr. Die relative Betrachtung hat eine höhere Aussagekraft als die absolute. Erfolgskennzahlen drücken den betriebswirtschaftlichen Erfolg einer Periode aus. Die einfachste Kennzahl ist hier der Jahresüberschuss. Eingebürgert haben sich aber Erfolgskennzahlen, die bestimmte Komponenten ausblenden. Etwa der Gewinn vor Steuern, dem Finanzergebnis und den Abschreibungen auf das materielle und immaterielle Anlagevermögen. Man spricht kurz vom EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation). Beliebt ist die Kennzahl, weil sie dabei hilft, die Ertragskraft mit Konkurrenten weltweit besser zu vergleichen. Denn je nach Land und Unternehmen unterscheiden sich Steuersätze, Abschreibungen und Zinslasten.
Cashflow-Kennzahlen
Beliebt sind auch Cashflow-Kennzahlen: Während Zahlen wie der Jahresüberschuss durch das Ausüben von Wahlrechten beeinflusst werden, sind diese Spielräume in der Kapitalflussrechnung nicht gegeben, denn bei dieser Betrachtung geht es nur um Ein- und Auszahlungen, was einen unverfälschten Blick auf das Wesentliche ermöglicht. Der Cashflow zeigt alle liquiditätswirksamen Vorgänge einer Periode. In der Praxis ermitteln Unternehmen ihren Cashflow in der Regel ausgehend vom Jahresüberschuss. Von diesem werden einerseits die nicht zahlungswirksamen Erträge abgezogen, andererseits werden die nicht zahlungswirksamen Aufwendungen addiert. Nicht zahlungswirksam sind z. B. Abschreibungen; diese wirken sich also bei der Cashflow-Betrachtung werterhöhend aus. Nicht zahlungswirksam sind außerdem Rückstellungen. Sie sind für Verbindlichkeiten zu bilden, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bestehen.
Finanzkennzahlen
Wenn Sie die Finanzlage des Unternehmens analysieren wollen, helfen Ihnen Finanzkennzahlen. Zu den geläufigsten zählen die Eigenkapitalquote, die Fremdkapitalquote und der statische sowie dynamische Verschuldungsgrad. Bei der Eigenkapitalquote setzen Sie das Eigenkapital in ein Verhältnis zum Gesamtkapital. Ebenso kommen Sie zur Fremdkapitalquote, nämlich indem Sie die Verschuldung des Unternehmens mit dem Gesamtkapital in Beziehung setzen. Der statische Verschuldungsgrad setzt die Verschuldung in ein Verhältnis zum Eigenkapital; diese Kennziffer dient als Indikator für eine mögliche Überschuldung. Nachteil des statischen Verschuldungsgrads ist, dass Sie dabei lediglich auf die Historie des Unternehmens zurückgreifen. Der dynamische Verschuldungsgrad behebt diesen Mangel: Er setzt die Effektivverschuldung mit dem operativen Cashflow in Beziehung. Diese Kennzahl zeigt, wie lange es dauert, bis das Unternehmen seine Schulden aus dem operativen Cashflow abgetragen hat. Je niedriger der Grad der Verschuldung, desto unabhängiger ist das Unternehmen von seinen Gläubigern.
Wertorientierte Kennzahlen
Seit den 1980er Jahren ist der Begriff des Shareholder-Value immer wichtiger geworden. Hierbei geht es darum, sich von den traditionellen Kennzahlen abzuwenden, weil bei ihnen keine Verbindung zum Kapitalmarkt besteht und die Eigentümer des Unternehmens, sprich die Aktionäre, nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Aus diesem Grund entstanden wertorientierte Kennzahlen wie WACC (Weighted Average Cost of Capital) oder CfRoI (Cashflow Return on Investment). Diese stellen darauf ab, dass ein Unternehmen nur diejenigen Projekte verfolgt, die den Nettokapitalwert erhöhen. Dem einzelnen Investor soll ein Vermögenszuwachs in Bezug auf seine Beteiligung entstehen. Diese neue Orientierung stellt in der Unternehmenspraxis den Eigenkapitalgeber (Aktionär) in den Mittelpunkt.
Planung und Kontrolle im Konzern
Ausgangspunkt der Planung ist ein nicht zufriedenstellender Zustand. Folglich versuchen Sie, einen gegenwärtigen Zustand mit einem erwarteten zukünftigen Zustand zu ersetzen. Ziele helfen Ihnen dabei. Zu den Planungsaktivitäten gehört die Erstellung eines Budgets, was nichts anderes als ein in Geldwerten ausgedrückter Plan ist. Alle Teilpläne, vom Absatz über die Beschaffung bis hin zu Fertigung, Marketing und Personal, müssen Sie in einem Master-Budget zusammenführen. Planung ist eine wichtige Aufgabe im Konzern; aus dieser Tätigkeit ergeben sich viele Vorteile: So denken Sie über zukünftig erzielbare Erfolge nach, und eine starke Zukunftsorientierung setzt sich im Bewusstsein der Mitarbeiter durch. Alle Aktivitäten im Unternehmen müssen gemäß Plan koordiniert werden. In einem Konzernverbund mit vielen Tochtergesellschaften entsteht dadurch natürlich ein erheblicher Aufwand. Darum haben Konzerne in der Regel mehr Controllerstellen als Einzelfirmen. Ein weiterer Vorteil der Planung ist, dass die Kommunikation gefördert wird, da einzelne Konzernteile sich häufiger aufeinander abstimmen müssen. Dadurch können Sie Probleme wie etwa Lieferengpässe früher erkennen und beheben. Jeder Mitarbeiter erhält eine Zielvorgabe bezüglich dem Beitrag, der von ihm erwartet wird. Positive Abweichungen können in einen Bonus münden, negative in Sanktionen.
Beispiele aus der Planungspraxis
Der Troubadix-Konzern erstellt im September ein Budget für das Folgejahr. Der Planungsprozess wird von einer Controllerin geleitet, die per Brief alle Abteilungen informiert. Mit dem Vertrieb bespricht sie zunächst die geplanten Absatzzahlen. Die Vertriebsmitarbeiter rechnen damit, 5000 Instrumente in Deutschland und Frankreich verkaufen zu können. Mit der Produktion diskutiert die Controllerin anschließend, ob diese Stückzahl zu stemmen ist. Es stellt sich heraus, dass eine Produktionsmaschine veraltet ist, was eine Ersatzinvestition notwendig macht. Schließlich stimmt die Controllerin die Personal- und Beschaffungsplanung mit den Abteilungen ab.
„Da es inzwischen weltweit Standard ist, dass Unternehmen ihre Transferpreise dokumentieren müssen, ist dies eine umfangreiche Aufgabe für internationale Unternehmen.“
Mit der Planung können auch Nachteile verbunden sein. Mitarbeiter in den Unternehmenseinheiten versuchen ab und zu, die Latte möglichst niedrig zu legen, um den eigenen Arbeitsaufwand gering zu halten. Es sind Fälle bekannt, in denen Beschäftigte absichtlich zulasten der eigenen Firma handelten. Ein Mitarbeiter eines Herstellers von Baumaschinen lieferte Maschinen in die Niederlande aus, obwohl diese nur halb fertig waren, damit er den Umsatz in einem bestimmten Quartal verbuchen konnte. Im Vordergrund stand der eigene Bonus; die hohen Folgekosten für die Firma spielten für den Mitarbeiter keine Rolle. Wie lässt sich die Wirkung eines Bonus optimieren? Nehmen Sie als Beispiel einen Autoverkäufer, der gemäß Plan 100 Autos verkaufen soll. Ab einem Zielerreichungsgrad von 80 % beginnen seine Prämienzahlungen: Eine Prämie von 100 € je Auto ist ab dem 81. Fahrzeug vorgesehen; nach dem 120. Auto endet die Prämie. Dieses Anreizsystem ist nicht ideal, weil bei einem Verkauf von weniger als 80 Autos keine Bestrafung erfolgt. Insofern kann es dem Verkäufer egal sein, ob er 30 oder 60 Autos absetzt. Läuft das Geschäft gut, sinkt die Motivation ab dem 120. Auto, weil keine Sondervergütung mehr fließt. Aus diesem Grund ist eine lineare Vergütung vom ersten bis zum letzten Stück empfehlenswert.
Internationales Konzerncontrolling
Wenn mindestens ein Konzernteil seinen Sitz im Ausland hat, ist internationales Controlling notwendig. Dadurch erhöht sich natürlich die Komplexität. Unterschiedliche Kulturen, Rechtssysteme, Geschäftspraktiken, Märkte, Währungen, Inflationsraten und Sprachen sind zu berücksichtigen. In Deutschland hat der Controller klassischerweise Betriebswirtschaft studiert, während in Großbritannien Controllerstellen häufig mit Absolventen anderer Fachrichtungen besetzt werden. Im angelsächsischen Raum steht darum „training on the job“ im Vordergrund, in Deutschland dagegen eher ein akademischer Ansatz. Ferner unterscheiden sich die deutschen Rechnungslegungsstandards stark von den angelsächsischen. Hierzulande ist die Rechnungslegung von der Rolle des Fremdkapitalgebers geprägt, was auf den starken Mittelstand zurückzuführen ist, der häufig von Banken finanziert wird. In Großbritannien und den USA basiert die Rechnungslegung dagegen eher auf der Rolle der Eigenkapitalgeber, weil dort der Kapitalmarkt stärker ausgeprägt ist und die Rechnungslegung dem Investor als Informationsbasis dienen soll.