Customer Relationship Management in Banken

Buch Customer Relationship Management in Banken

Frankfurt School,


Rezension

In dem Buch stellen Experten aus Banken, Be­ratung­sun­ternehmen und Wis­senschaft ihre Gedanken zum Thema Customer Re­la­tion­ship Management (CRM) vor. Die Palette reicht dabei von Grundsätzlichem und Methoden des CRM über technische und or­gan­isatorische Fragen bis zu Um­set­zungs­beispie­len in Kred­itin­sti­tuten. Das facetten­re­iche Thema wird von den Autoren, die aufgrund ihrer un­ter­schiedlichen Tätigkeiten ver­schiedene CRM-Aspekte behandeln, umfassend dargestellt. Auch konkrete An­wen­dungs­beispiele werden aufgezeigt. So wird der Einsatz von CRM als Instrument des Churn-Man­age­ments, also um die Kündi­gungsrate gering zu halten, vorgestellt und diskutiert. Ein anderes An­wen­dungs­beispiel ist die Ermittlung der Kun­den­prof­itabilität und die Ableitung von Kampagnen zur Neukun­dengewin­nung. BooksInShort empfiehlt dieses Buch allen, die in der Fi­nanz­di­en­stleis­tungs­branche tätig sind und die Aufgabe haben, Massnahmen zur Mark­ter­hal­tung bzw. zur Mark­ter­weiterung zu entwickeln. Auch für CRM-Ex­perten ausserhalb des Banken­we­sens, die die Erfahrung anderer kennen lernen möchten, bietet das Buch viele ziel­gerichtete In­for­ma­tio­nen.

Take-aways

  • Das Bankenwesen erlebt zurzeit den grössten Umbruch in seiner Geschichte.
  • Der Markt für Fi­nanz­di­en­stleis­tun­gen ist geprägt von Glob­al­isierung, kürzeren Pro­duk­tleben­szeiten und höheren Kundenansprüchen.
  • Das Internet hat zur Mark­t­trans­parenz beigetragen und neue Ver­trieb­swege eröffnet.
  • Customer Re­la­tion­ship Management (CRM), also die totale Ausrichtung auf den Kunden, ist ein sehr er­fol­gver­sprechen­der Weg.
  • CRM bedeutet, möglichst viele In­for­ma­tio­nen über den Kunden zu erhalten und diese sinnvoll zu in­ter­pretieren, um beispiel­sweise entsprechende Mar­ket­ing-Mass­nah­men zu entwickeln.
  • Das Problem bei Banken, die ein CRM-System einführen wollen, ist weniger ein Zuwenig als ein Zuviel an Daten.
  • Neben technischen Fragen, wie der nach der Kom­pat­i­bilität der vorhandenen Daten, gilt es zu klären, welchen Stellenwert CRM im Unternehmen hat.
  • CRM ist weder ein technisches noch ein Mar­ket­ing-Tool. Vielmehr sollte CRM von jedem Mitarbeiter einer Bank „gelebt“ werden.
  • CRM ist als Frühwarnsystem zu gebrauchen, um kündi­gungs­bere­ite Kunden zurück­zugewin­nen.
  • CRM ist als eine Un­ternehmensstrate­gie zu betrachten.
 

Zusammenfassung

Der Kunde im Mittelpunkt des Interesses

Customer Re­la­tion­ship Management ist zum her­aus­ra­gen­den Schlagwort geworden, wenn es um zeitgemässe Un­ternehmensstrate­gie geht. Denn der Wert der Kun­den­beziehung ist zum eigentlichen Motor wirtschaftlicher Interessen geworden. Für Kred­itin­sti­tute gilt dies besonders. Denn Kun­den­beziehun­gen werden immer lockerer. Heutzutage hat ein Kunde durch­schnit­tlich über 15 Verträge bei sieben ver­schiede­nen Kred­itin­sti­tuten. Die verstärkte Wech­sel­willigkeit des Kunden hat drei Gründe:

  1. Die neuen tech­nol­o­gis­chen Möglichkeiten, allen voran das Internet.
  2. Der sich verschärfende Wettbewerb.
  3. Das steigende Selb­st­be­wusst­sein der Kunden.
„Was zählt, sind nicht Kun­denkon­takte, sondern Kun­den­beziehun­gen.“

Daraus ergibt sich für Banken die Aufgabe, einerseits die In­di­vid­u­alität des Kunden ausreichend zu berücksichtigen und an­der­er­seits die Kun­den­ber­atung zu ra­tio­nal­isieren. Kun­denseg­men­tierung mit simplen Methoden, wie Einteilung nach Umsatz, oder die Messung der Kun­den­zufrieden­heit reichen hier nicht mehr aus. Der CRM-Ansatz verlangt totale Ausrichtung des gesamten Un­ternehmens auf den Kunden. Ziele sind die Stärkung der Kun­den­bindung und die Erhöhung der Prof­itabilität. Um dies zu erreichen, müssen möglichst viele In­for­ma­tio­nen über den Kunden eingeholt und aufbereitet werden. Mit Hilfe dieser In­for­ma­tio­nen werden die Instrumente Cross- und Up-Selling gewinnbrin­gend eingesetzt.

Aufbau eines CRM-Systems

Die Ausrichtung auf den Kunden ist nichts Neues. Doch durch die tech­nol­o­gis­che Entwicklung haben sich in den letzten Jahren neue Möglichkeiten ergeben. Nachdem die Soft­warein­dus­trie seit einigen Jahren Systeme auf den Markt bringt, die die Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen unterstützen, gibt es den Begriff Customer Re­la­tion­ship Management (CRM). Der Aufbau eines CRM-Systems gilt als schwierig. Grund dafür ist, dass das Zusam­men­tra­gen der In­for­ma­tio­nen, deren Auswertung und die daraus re­sul­tieren­den Massnahmen komplexe Aufgaben sind. Dabei werden drei Arten von CRM un­ter­schieden: Beim operativen CRM geht es um Mar­ket­ing-Mass­nah­men, beim an­a­lytis­chen CRM um Auswertung der In­for­ma­tio­nen und beim kol­lab­o­ra­tiven CRM um die Interaktion zwischen Kunden und Bank. Das rei­bungslose Zusam­men­spiel dieser drei Prozesse führt zu einem kompletten und er­fol­gre­ichen CRM. Entsprechende Programme gibt es reichlich. Haupt­prob­lem ist aber, die bestehenden Daten einzubinden, sowie die Or­gan­i­sa­tion des CRM-Pro­jek­tes. Auf Ver­trieb­s­seite ist zu beachten, dass eine Vielfalt von Ver­trieb­skanälen nebeneinan­der besteht.

Her­aus­ra­gen­des Ziel

Oberstes Ziel von CRM ist es, die Kun­den­prof­itabilität im Verlauf seines „Leben­szyk­lus“ zu optimieren. Dabei gilt als Faustregel, dass 80 % des Umsatzes mit 20 % der Kunden gemacht werden. Diese speziellen Klienten her­auszu­fil­tern und durch entsprechende Vertriebs-, Marketing- und Ser­vice-Mass­nah­men zu binden, ist deshalb das Haup­tau­gen­merk des Un­ternehmens.

CRM-Praxis in Deutschland

Der Markt für CRM in Deutschland ist noch nicht sehr entwickelt. Eine Ende 1999 durchgeführte Studie ergab, dass lediglich ein Drittel der befragten Unternehmen ein CRM-System einsetzt oder plant. Haupt­ablehnungs­grund ist dabei der nicht erkennbare Nutzen. Ref­eren­zpro­jekte sind nicht sehr zahlreich. Kein Wunder: Nur 8 % der Unternehmen messen den Erfolg ihrer CRM-Ak­tio­nen. Ein weiter Grund für das Scheitern von CRM-Pro­jek­ten liegt in der fehlenden Abstimmung zwischen den einzelnen Geschäfts­bere­ichen. Eine wesentliche Her­aus­forderung beim CRM ist daher die richtige Einstellung der Mitarbeiter im Unternehmen. Diese müssen umfassend informiert und geschult werden. Denn die Im­ple­men­tierung von CRM hat Auswirkun­gen auf das gesamte Unternehmen.

„Digging for Gold“

Banken haben in der Regel keinen Mangel an Daten. Ziel der Date­nauf­bere­itung mittels CRM bei Kred­itin­sti­tuten ist es daher, das Wesentliche vom Un­wesentlichen zu trennen: „Digging for Gold“ also. Aus den gewonnenen Daten wird ein in­tel­li­gentes Kam­pag­nen­man­age­ment, die Per­son­al­isierung von Angeboten für Vertrieb und Marketing sowie Ideen für den Kun­denser­vice abgeleitet.

Woher kommen die Daten?

Die für das CRM relevanten Daten sind bei Banken an ver­schiede­nen Orten zu finden. Diese Fundstellen sind über die Jahre ein­gerichtet und entwickelt worden. Wichtiger Daten­liefer­ant ist beispiel­sweise ein Call-Center. Aufgabe des CRM ist es, diese In­for­ma­tio­nen zusam­men­zu­tra­gen, sofern dies aus technischer Sicht möglich ist. Nur Daten mit derselben Semantik (=Bedeutung) können sinnvoll in eine Datei übertragen werden. Um die Qualität der Daten sicherzustellen, müssen diese vorher geprüft werden. Hier helfen auch Ko­r­rek­tur­pro­gramme. Wobei immer die Frage gestellt werden muss, ob in jedem Fall eine Übernahme der Daten sinnvoll ist.

Anspruchs­denken beim Kunden

Die Erwartungen, die ein Kunde an seine Bank stellt, sind in den letzten Jahren grösser geworden. Er möchte den Kom­mu­nika­tion­skanal, auf dem er mit seinem Kred­itin­sti­tut in Kontakt tritt, selbst wählen und auch bei Bedarf wechseln. Daher kommt dem Mul­ti­chan­nel-Mar­ket­ing eine immer wichtigere Bedeutung zu. Hier gilt es, die ver­schiede­nen Absatz- und Kom­mu­nika­tion­skanäle und die daraus gewonnenen Daten zu ko­or­dinieren.

CRM und Marketing

Ziel des an­a­lytis­chen CRM ist es, ein möglichst individuell auf den Kunden aus­gerichtetes Marketing (Mikro­mar­ket­ing) zu schaffen. Daraus ergeben sich folgende Auf­gaben­stel­lun­gen:

  • Analyse und Prognose des Verhaltens der bestehenden und poten­ziellen Kunden,
  • Seg­men­tierung der Kunden,
  • Analyse der Kun­den­prof­itabilität,
  • Entwicklung von Mar­ket­ingstrate­gien und -aktivitäten,
  • Analyse des Erfolgs der Mar­ketingak­tivitäten.
„Im un­ternehmerischen Sinne ist CRM häufig nicht als Strategie erkannt und umgesetzt. The­men­bere­iche, deren be­trieb­swirtschaftlicher Nutzen einfacher her­vorzuheben und leichter nachzuweisen ist, werden höher priorisiert umgesetzt und erhalten im Vergleich höhere Budgets.“

Mikro­mar­ket­ing, häufig auch Data­base-Mar­ket­ing genannt, hat das Ziel, den richtigen Kunden zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Argumenten und über das richtige Medium anzus­prechen. Vo­raus­set­zung für ein er­fol­gre­iches Mikro­mar­ket­ing ist eine vorherige Mikroseg­men­tierung. Die dafür er­forder­lichen Daten lassen sich in Grunddaten (z. B. Name und Adresse), Poten­zial­daten (wahrschein­licher Bedarf des Kunden), Ak­tions­daten (Einsatz der Mar­ketingak­tivitäten) und Reak­tions­daten (Verhalten des Kunden) un­ter­schei­den.

Daten und Data-Ware­house

Unter Data-Ware­house wird die Sammlung von aktuellen und his­torischen Daten verstanden. Die grundsätzliche Architektur eines Data-Ware­house besteht aus drei Komponenten: Datenbasis, Trans­for­ma­tion­spro­gramme und Meta­daten-Repos­i­tory. Die Datenbasis beinhaltet die kompletten Datensätze, das Trans­for­ma­tion­spro­gramm sorgt für die Zuführung neuer Daten und das Meta­daten-Repos­i­tory gibt Auskunft über die Struktur des Data-Ware­house. Hier sind z. B. auch Angaben zur For­mat­de­f­i­n­i­tion abgelegt.

Data-Mining: So funk­tion­iert es

Data-Mining ist eine weitgehend au­toma­tisierte Technik, bei der Daten analysiert werden, um versteckte bzw. unbekannte Muster ans Tageslicht zu bringen. Die Techniken des Data-Mining lassen sich grundsätzlich in gerichtete und un­gerichtete Verfahren un­ter­schei­den. Bei den gerichteten Verfahren wird das Ziel vorgegeben, beim un­gerichteten soll das System selbstständig unbekannte Zusammenhänge suchen. Der Data-Min­ing-Prozess vollzieht sich in fünf Stufen: Beim „Sample“ wird zunächst eine Vorauswahl getroffen, auch um die Rechenzeit zu reduzieren. Beim Schritt „Explore“ werden erste Trends geliefert. Manchmal ist es notwendig, die Daten zu verändern, z. B. indem In­for­ma­tio­nen hinzugefügt werden. Dieser Schritt wird „Manipulate“ genannt. Es folgen die eigentliche Berechnung („Model“) und die Auswertung („Assess“).

Datenschutz beim CRM

Das Sammeln und Auswerten von kun­den­be­zo­ge­nen Daten führt zwangsläufig zu Fragen des Daten­schutzes. Hier gilt grundsätzlich, dass der Kunde mit der Daten­er­he­bung und -verwertung immer ein­ver­standen sein muss. Doch auch die Auswertung anonymer Daten kann wertvolle Ergebnisse liefern.

Ermittlung des Kundenwerts

Eine zentrale Aufgabe des CRM ist es, den Wert des Kunden zu ermitteln. Dieser bemisst sich nach seinem langfristi­gen (und damit auch zukünftigen) Ertrag. Die den Ertrag bes­tim­menden De­ter­mi­nan­ten sind zahlreich und reichen von der Dauer der Geschäfts­beziehung über die bisher ent­stande­nen Kosten bis zu der Kündi­gungswahrschein­lichkeit.

Churn-Man­age­ment und CRM

CRM kann wertvolle Erken­nt­nisse für das Churn-Man­age­ment, also das Verhindern von Kündigungen, liefern. Denn CRM kann als eine Art Frühwarnsystem genutzt werden, um mögliche Kündigungen er­tragsstarker Kunden zu vermeiden, indem rechtzeitig Kun­den­bindungs­mass­nah­men eingeleitet werden. In einer qual­i­ta­tiven Analy­sephase werden dafür zuvor die Ein­flussfak­toren für die Kun­den­loy­alität bestimmt. Die abzufra­gen­den Kriterien sind: Service- und Be­ratungsqualität, Zinsen und Gebühren, Produkt- und Di­en­stleis­tungspalette, Er­re­ich­barkeit und Beschw­erde­m­an­age­ment.

Mar­ket­ing-Mix und Churn-Man­age­ment

Der aus der Wirtschaft­slehre bekannte Mar­ket­ing-Mix, bestehend aus Produkt, Preis, Vertrieb und Kom­mu­nika­tion, kann auch auf das Churn-Man­age­ment bei Banken angewandt werden. Die Pro­duk­t­poli­tik zielt auf den speziellen Kun­den­nutzen, um sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Bei der Preis­poli­tik ergibt sich immer mehr das Problem der Transparenz am Markt. Eine Quer­sub­ven­tion­ierung lässt sich mit der Philosophie des Churn-Man­age­ments kaum in Einklang bringen. Der Vertrieb ist hingegen bei Banken das wichtigste Instrument der Kun­den­bindung. Hier müssen klare Richtlinien für den Umgang mit dem Kunden festgelegt werden. Die Kom­mu­nika­tion nimmt im Churn-Man­age­ment ebenfalls eine Schlüsselrolle ein. Diese muss daher di­al­o­gori­en­tiert und auf Feedback aus­gerichtet sein.

CRM im Unternehmen

Eine solide CRM-Strate­gie berücksichtigt nicht nur Technik und Marketing. Sie sollte auch die strate­gis­che Ausrichtung des gesamten Un­ternehmens bee­in­flussen können. Dies könnte z. B. helfen, die am Markt notwendigen Alle­in­stel­lungsmerk­male her­auszuar­beiten. Dafür muss CRM von allen betroffenen Mi­tar­beit­ern, vom Vor­standsvor­sitzen­den bis zum Call-Cen­ter-Mi­tar­beiter, „gelebt“ werden.

Über die Autoren

Insgesamt 22 Autoren konnten die Herausgeber Jürgen Moormann und Peter Rossbach, die beide an der Hochschule für Bankwirtschaft in Frankfurt am Main lehren, für das vorliegende Buch gewinnen. Die Autoren sind in den Bereichen Banken, Be­ratung­sun­ternehmen und Wis­senschaft tätig.