Wer zu spät kommt ...
... den bestraft die Konkurrenz, weil sie schon da war und für Schlafmützen nichts mehr vom hart umkämpften Kuchen übrig gelassen hat. Schlimmstenfalls werden Sie von der Konkurrenz sogar noch mitgefressen. Sie bekommen eine Gänsehaut? Dann ziehen Sie sich mal warm an, denn solche Horrorszenarien können Sie im Informationszeitalter laufend beobachten. Und es trifft nicht nur von Haus aus lahme Firmen, sondern auch solche mit zunächst beachtlichem Erfolg. Warum können diese plötzlich nicht mehr mithalten? Weil sie informations- und entscheidungstechnisch einen mangelhaften IQ haben. Damit, das wissen Sie, kommt man ja schon in der Schule nicht sehr weit. Dann entscheiden Sie ab morgen eben doppelt so schnell? Können Sie machen, aber wenn dabei die Qualität Ihrer Entscheidungen auf der Strecke bleibt, hätten Sie sich das Schnelldenken sparen können. Was also tun mit der Fülle an Informationen, die Sie täglich überrollen wie eine Lawine? Wenn Ihr Unternehmen mit Organisations-IQ gesegnet ist, werden Sie den Kopf immer oben behalten, denn Sie haben die entscheidenden Dinge begriffen.
Spitzen Sie die Ohren
Externe Informationen über Kundendynamik, neue Technologien und Was-macht-die-Konkurrenz müssen immer exakt dort ankommen, wo sie gerade gebraucht werden. Dort muss man sie dann allerdings auch kapieren. Externe Informationen sind nicht das Salz in der Suppe, sie sind das Salz und die Suppe! Wenn Sie nicht höllisch aufpassen, werden Sie die wahren Wünsche Ihrer Kunden und die geheimen Schachzüge Ihrer Konkurrenten nie erfahren. Also: Fragen, Reden, Zuhören. Und machen Sie ein bisschen flott, Informationen sind heute nur mehr sehr kurzlebig. Wem hören Sie dann zuerst zu, dem Kunden oder dem Nicht-Kunden? Beiden. Und wenn Sie unter den intelligenten Unternehmen das intelligenteste sein möchten, dann hören Sie auch Ihren Nicht-mehr-Kunden zu. Leute, die sich mit dem bei Ihnen gekauften Staubsauger den ganzen Teppich aufgefädelt haben, sind wahrscheinlich dermassen wütend, dass sie Ihnen sehr ausführlich klarmachen werden, was falsch lief und wie es anders sein sollte. Lassen Sie diese Kunden um Himmels willen ausreden, bessere Informationen können Sie gar nicht bekommen. Das Überleben Ihres Unternehmens hängt daran.
„Eine Organisation mit hohem IQ zu schaffen ist immer eine grosse Herausforderung, ob Sie nun der CEO eines Grossunternehmens oder der Marketingleiter einer kleinen Produktlinie sind.“
Und was die Konkurrenz betrifft: Schauen Sie ins Internet, beschäftigen Sie einen Analytiker, sammeln Sie alle Daten über Ihre Konkurrenten und stellen Sie diese dann jedem in Ihrem Unternehmen zur Verfügung. Vergessen Sie über Kunden und Konkurrenten aber die neueste Technologie nicht, in alten Krempel brauchen Sie nicht zu investieren. Mit Technologiebewusstsein können Sie Produkte entwickeln, von denen Ihre Kunden heute noch gar nicht wissen, dass sie sie morgen unbedingt haben möchten.
Hier hat keiner keine Ahnung
Was macht einer Ihrer Mitarbeiter, wenn er zufällig entdeckt, wie man den Vorgang X in der halben Zeit erledigt? Er versteckt sein Wissen im hintersten Winkel seines Schreibtisches, grinst, tut sehr geheimnisvoll – und schweigt. Und was macht das Topmanagement mit seinem Wissen über das Unternehmensziel, das auf der Verkürzung des Vorganges X basiert? Geheim halten? Sie sehen schon, dabei kann nicht viel herauskommen. Ein hoher Organisations-IQ setzt eine grosse Offenheit voraus. Jeder, der etwas wissen muss, erfährt es auch. Vertikal, horizontal und am besten sofort.
„Nicht alle Managementpraktiken mit niedrigem IQ haben dieselben negativen Auswirkungen auf die Performance Ihrer Organisation.“
Was geht in Ihrem Unternehmen vor sich und warum? Welches sind die Herausforderungen? In einem Unternehmen mit hohem IQ können alle Mitarbeiter darauf eine Antwort geben. Lassen Sie Ihre Leute in funktionsübergreifenden Projekten als Team zusammenarbeiten, holen Sie Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen an einen Tisch und lassen Sie Ihre Mannschaft ordentlich rotieren. Wenn ein Problem gelöst wurde, dann stellen Sie dieses Wissen dem gesamten Unternehmen zur Verfügung - für künftige Problemlösungen.
Nicht verzetteln
Was wollen Sie denn eigentlich: den Lebenszyklus Ihrer Produkte noch mal um die Hälfte verkürzen und gleichzeitig die Produkteinführungen verdreifachen? Wer soll zuerst zusammenbrechen: Sie, Ihre Mitarbeiter oder das gesamte Unternehmen? Wo bleibt Ihr organisationaler Fokus? Reduzieren Sie die Produktlinien und dann die Produkte. Machen Sie sich klar, wo Ihre Kernkompetenz liegt. Nehmen Sie ein paar „Hitprodukte“, die Stars sozusagen, und auf die konzentrieren Sie sich. Die marginalen Produkte schmeissen Sie raus. Und suchen Sie sich Partner mit komplementären Fähigkeiten.
Zwei rechts, zwei links – Networking
Knüpfen Sie Verbindungen, stricken Sie ein Netzwerk. Wo liegen Ihre grössten Stärken? Den ganzen Rest lagern Sie aus. Dazu brauchen Sie ein Netz von Lieferanten und Partnern, in dem jeder nur das betreibt, was er am besten kann. Werden Sie Partner anderer Unternehmen und kämpfen Sie sich nicht stur im Alleingang durch, das führt ja nicht nach oben, sondern in den Wald. Wichtig ist auch, dass Ihre Partner etwas von Informationsbewusstsein, effektiver Entscheidungsarchitektur und organisationalem Fokus gehört haben. Erfolg werden Sie auch in einem Netzwerk nur dann haben, wenn Ihre Partner ebenfalls zu den Unternehmen mit hohem Organisations-IQ zählen. Dumme sind ein Klotz am Bein.
Es kribbelt in den Fingern?
Sie möchten jetzt endlich loslegen, weil Sie das mit dem IQ als grosse Chance für die Zukunft sehen? Richtig so, dann entscheiden Sie sich mal, ob Sie sich externe Partner in Ihr Haus holen, damit diese Ihren Organisations-IQ auf Trab bringen, oder ob Sie das alles alleine auf die Reihe kriegen. Die nächsten Schritte müssen Sie sich sehr genau überlegen, machen Sie sich einen Plan. Sie müssen Ihre Mannschaft überzeugen. Das wird nicht leicht, denn es gibt überall Bremser, die lieber alles so lassen, wie es ist. Sie sind wahrscheinlich gar nicht in der Lage, gleich das gesamte Unternehmen umzukrempeln. Das macht aber nichts, fangen Sie mit Ihrer Abteilung an. Selbst wenn nur ein einziges Projektteam seinen Organisations-IQ verbessert, haben Sie schon etwas gewonnen. Ausserdem wird das Beispiel Schule machen. Sollen die anderen ruhig ein bisschen neidisch werden! Und wenn die ihren IQ dann ebenfalls erhöhen möchten, bieten Sie ihnen High-IQ-Management in vier Schritten an:
1. Leisten Sie Überzeugungsarbeit
Warum brauchen Sie mehr IQ in Ihrer Firma? Immerhin ist es ja mit einer Menge Arbeit verbunden, bis solche grundlegenden Veränderungen in allen Köpfen verankert sind. Aber wenn Sie es nicht tun, werden Sie das dritte Jahrtausend oder dieses Jahrzehnt nicht erfolgreich bestehen. Machen Sie das zum Inhalt Ihrer Botschaft, damit die restliche Belegschaft versteht, weshalb ein hoher IQ so wichtig ist.
- Erzählen Sie dramatische Stories von gescheiterten Projekten, verlorenen Kunden, gesunkenen Aktien, verspieltem Image, Misserfolg auf der ganzen Linie, und alles wegen zu wenig IQ. Erschrecken Sie Ihre Mitarbeiter.
- Und dann erzählen Sie ihnen von einem Unternehmen, das – in einer ähnlichen Ausgangslage wie Sie – seinen IQ erhöht hat und jetzt top dasteht, von allen bewundert, schwarze Zahlen, glückliche Manager, zufriedene Mitarbeiter.
- Unternehmen mit hohem IQ haben entscheidend mehr Wachstum und Rentabilität als die mit niedrigem IQ. Sagen Sie das Ihrer Crew, schreiben Sie es an eine grosse Tafel. Zeigen Sie, welche Gewinnspannen für Unternehmen mit hohem IQ möglich sind. Machen Sie ordentlich Wind, nehmen Sie Zahlen von High-Tech-Unternehmen, weisen Sie aber gleich darauf hin, dass die Auswirkungen des Informationszeitalters vor keiner Branche Halt machen.
2. Machen Sie Ihren Standpunkt klar
Wie sieht das IQ-Profil Ihres Unternehmens im Augenblick aus? Holen Sie sich Ihre wichtigsten Manager aus unterschiedlichen Funktionsbereichen und stellen Sie ihnen ein paar gezielte Fragen zu den Prinzipien des High-IQ-Management:
- Die externen Informationen müssen schnell und effektiv wahrgenommen werden. Wissen Sie, wer Ihre wegweisenden Kunden sind? Berücksichtigen Sie die Produktideen Ihrer Endverbraucher? Kennen Sie die finanzielle Performance Ihrer Konkurrenz? Sind Sie über die neueste Technologie auf dem Laufenden?
- Derjenige Mitarbeiter mit der besten Information trifft auch die Entscheidung. Müssen Manager der unteren Ebenen erst lange fragen? Wie lange dauert es, bis ein Mitarbeiter auf seine Frage eine Antwort erhält? Fühlen sich alle Mitarbeiter für das, was sie tun, auch verantwortlich? Wird auch mal jemand aufgrund seiner Leistungen befördert?
- Wissen steht jedem zum richtigen Zeitpunkt in der erforderlichen Menge zur Verfügung. Kennt und versteht jeder Ihrer Mitarbeiter die Unternehmensziele? Veranstalten Sie auch mal funktionsübergreifende Meetings, in denen jeder über alle wichtigen Themen mitreden kann? Sind alle Mitarbeiter über die laufenden Probleme des Kundenservice informiert? Nutzen Ihre Mitarbeiter das Intranet? Wird offen auch über Fehler diskutiert, sodass jeder daraus lernen kann?
- Sie tanzen nicht auf allen Hochzeiten, sondern wissen, wo Ihre Stärken liegen. Sind Sie sich über die Kernkompetenzen einig? Auf wie viele Hauptaktivitäten beschränkt sich jeder Mitarbeiter? Trennen Sie sich auch ab und zu von marginalen Produkten? Konzentrieren Sie sich auf Ihre „Markthits“?
- Die Zusammenarbeit mit externen Partnern klappt. Kennen Sie die Kernkompetenzen Ihrer Netzwerkpartner? Wie viel Energie verwenden Sie auf Ihre Kerngeschäftsprozesse? Funktioniert die IT-Infrastruktur zwischen Ihnen und Ihren Partnern?
3. Gehen Sie das Wichtigste zuerst an
Sie brauchen nicht gleich alle Managementpraktiken neu zu definieren. Lassen Sie die weniger wichtigen zunächst noch weg. Nach welchen Kriterien suchen Sie aus? Bemühen Sie sich zuerst um die Bereiche, mit denen Sie das meiste Geld machen können. Wenn Sie noch immer zwei Jahre brauchen, bis Sie endlich ein neues Produkt auf den Markt bringen, dann sanieren Sie bitte schnellstens Ihre Entscheidungsarchitektur. Einer muss schon die Verantwortung für die Veränderungen tragen. Und das Ganze muss als Bestandteil des Managements verstanden werden, nicht als Hobby eines Einzelnen oder als vorübergehende Phase. Es gibt im Informationszeitalter nun mal nichts Wichtigeres, als Wissen und Informationen zu managen.
4. Kontrolle ist besser!
Nehmen Sie das letzte Quartal unter die Lupe: Was hat sich geändert, was wurde besser? Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie vielerlei Verschiedenes veranstalten und das ganze Unternehmen nervös machen, und dann kommt am Ende nichts dabei heraus, bloss weil Sie es nicht kontrollieren und das ganze Engagement wieder einschläft. Seien Sie kritisch. Finden Sie irgendwo noch ein Symptom für niedrigen IQ? Wie lange dauern Entscheidungen? Wie schnell bekommt man einen Termin im obersten Management? Jetzt sollte das alles schon einigermassen flott vonstatten gehen, sonst ist Ihr Organisations-IQ immer noch auf niedrigem Niveau. Ein weiteres Quartal können Sie vielleicht noch abwarten. Dann haben Sie entweder finanziell erfreuliche Ergebnisse auf dem Tisch – oder es ist höchste Zeit für Sie zu handeln!
Dr. Haim Mendelson ist ein Experte in Sachen Business-to-Business und E-Commerce-Implementation. Auf diesen Feldern berät er weltweit führende High-Tech-Firmen und Finanzunternehmen. An der Stanford Business School in Kalifornien ist Mendelson Professor für Electronic Business und Management. Den Mitbegründer und CEO der kalifornischen Management-Beratungsfirma Synesis Dr. Johannes Ziegler holen Unternehmen dann, wenn sie ihren Organisations-IQ analysieren und optimieren möchten. Hier Unterstützung zu geben ist heute die Aufgabe von Ziegler, der zuvor bei McKinsey & Company als Berater tätig war und an der Forschung des Stanford-Computer-Industrie-Projekts beteiligt war.