Ethik ist geschäftsrelevant
Was vor wenigen Jahrzehnten noch kaum ein Thema war, ist heute für Firmen nahezu Pflicht: ein ehrliches, offenes Engagement in der Gesellschaft. Wer im Wettbewerb erfolgreich sein möchte, kommt nicht mehr darum herum, seine soziale Verantwortung glaubhaft wahrzunehmen und zu kommunizieren. Moderne Informationstechnologien wie das Internet sorgen zunehmend für Transparenz. Kein Unternehmen kann sich mehr leere Worte und ausbleibende Taten erlauben. Allerdings lässt sich die Öffentlichkeit auch nicht mit blindem Aktionismus vom sozialen Engagement eines Unternehmens überzeugen. Gefragt ist eine klare Strategie, die eine Brücke schlägt zwischen Gewinn und Moral und die die Kommunikation des ethischen Engagements als wesentlichen Geschäftsbestandteil versteht.
„Unternehmen überschreiten immer wieder die Grenzen ihrer Freiheit, die mit der Übernahme von Verantwortung immanent verbunden sind.“
Stand bislang in wirtschaftlichen Fragen das Konzept des Homo oeconomicus – des nur auf den eigenen Nutzen fokussierten Menschen – im Vordergrund, sehen sich Unternehmen zunehmend einem Wertewandel ausgesetzt. Firmen mit einer reinen Gewinnorientierung werden in der Öffentlichkeit inzwischen kritisch betrachtet. So stehen, wenn es z. B. um die Produktion von Konsumgütern geht, verstärkt Themen wie Umweltverschmutzung, Ressourcenknappheit, Gesundheit oder Ausbeutung von Entwicklungsländern im Zentrum. Unternehmen werden nicht mehr als von der Gesellschaft isolierte Einheiten betrachtet, sondern als Bestandteil eines weltweiten Netzes, in dem jeder dafür verantwortlich ist, die Allgemeinheit vor Schaden zu bewahren.
„Heute, wo sich Unternehmen durch die virtuelle Vernetzung des Internets einer völlig neuen Transparenz gegenüber sehen, müssen die Worte des Vorstands genauer abgewägt werden.“
Noch neuer ist die Erkenntnis, dass das Verfolgen ethischer Werte auch in wirtschaftlicher Hinsicht unerlässlich ist. Die Einsicht, dass eine Firma damit Kosten sparen und nachhaltiger Gewinne erwirtschaften kann, setzt sich immer mehr durch. Nachhaltigkeit ist hierbei das Schlagwort. Es hat seinen Ausdruck in dem Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR), der sozialen Verantwortung von Firmen, gefunden.
Verantwortlichkeit kommunizieren
Um von CSR tatsächlich zu profitieren, muss man sie effektiv kommunizieren. Natürlich ist das Publikmachen geschäftlicher Stärken und Vorzüge seit jeher ein wesentlicher Bestandteil wirtschaftlicher Aktivität. Klassische Werbung und Öffentlichkeitsarbeit wird jedoch künftig nicht mehr ausreichen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen, denn die unternehmerische Verantwortung umfasst mit den rechtlichen, ethischen sowie sozialen Ansprüchen der Gesellschaft weit mehr als wirtschaftliche Aufgaben. Wie ein Unternehmen damit umgeht, ist erfolgsrelevant.
„Bisher mussten sich Unternehmen kaum mit der Evolution des Wertesystems beschäftigen, da sich der Mensch vorwiegend als ‚Homo oeconomicus‘ verhielt, d. h. in erster Linie von materialistischen Zielen motiviert war.“
Das wesentliche Ziel der Unternehmenskommunikation wird es daher sein, den vermeintlichen Konflikt zwischen Gewinn und Moral zu entkräften und die spezielle Rolle eines Unternehmens im jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld hervorzuheben. Dabei ist es von Bedeutung, auf die kulturell unterschiedlichen ethischen Werte, Normen und Regeln einzugehen. Weit über die reine Absatzunterstützung hinaus ist es die Aufgabe der Kommunikation, eine Reputation der Verantwortlichkeit aufzubauen. Schönfärberei oder Floskeln haben darin keinen Platz. Vielmehr geht es um Transparenz und eine soziale Verantwortung, die sämtliche unternehmerischen Entscheidungen prägt. Dieses strategische Verständnis ist umso wichtiger, als die Öffentlichkeit dem gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen oft skeptisch gegenübersteht und der Wirtschaft Unehrlichkeit unterstellt.
„Allein die Tatsache, dass ein Unternehmen Gewinne erwirtschaftet, ist für viele Menschen schon moralisch verwerflich.“
Glaubwürdigkeit und Vertrauen erreicht ein Unternehmen nur, wenn es sich ernsthaft und dauerhaft für gesellschaftliche Themen engagiert. Dies erfordert ein genaues Zuhören und ein Verständnis der menschlichen Bedürfnisse, es erfordert den umfassenden Dialog mit allen Bezugsgruppen des Unternehmens – den so genannten Stakeholdern – und die Einbeziehung aller betroffenen Menschen in das eigene soziale Engagement. Bei Fehlverhalten bedeutet es, Fehler offen zuzugeben, die Ursachen gründlich zu untersuchen sowie auf allen Unternehmensebenen die nötigen Konsequenzen zu ziehen.
CSR als Kommunikationsstrategie
Die erfolgreiche Präsentation des gesellschaftlichen Engagements eines Unternehmens hängt nicht nur von einem klaren Bekenntnis der Führung zu sozialer Verantwortung ab, sondern auch von der bewussten Gestaltung der Maßnahmen. Dazu bietet sich das folgende Kommunikationskonzept an:
- Verankern Sie die soziale Verantwortung und die entsprechende Kommunikation in Ihrer Firmenkultur.
- Führen Sie einen ständigen Dialog mit den Stakeholdern über mögliche soziale Projekte und gesellschaftliche Anforderungen. Nachhaltige CSR wird gemeinsam mit dem Firmenumfeld entwickelt.
- Mittels Issue-Management und Stakeholder-Analyse ermitteln Sie die für die Firma relevanten Themen und Ansprechpartner.
- In einer darauffolgenden Situationsanalyse beschreiben Sie die gesamte Ausgangslage für CSR in Ihrer Firma; berücksichtigen Sie hier die Marktgegebenheiten und Ihre Konkurrenz.
- Legen Sie Ziele fest. Bleiben Sie dabei realistisch, d. h. beachten Sie, was für Ihr Unternehmen möglich ist. Benennen Sie Ihre Zielgruppen und halten Sie Ihre Vorstellungen davon fest, wie die Öffentlichkeit die Firma wahrnehmen soll.
- Formulieren Sie die zentrale Botschaft des Kommunikationskonzeptes: Fassen Sie Ihre Absicht in klaren, aber durchaus auch emotionalen Worten zusammen.
- Achten Sie darauf, dass die Kommunikation der sozialen Verantwortung Bestandteil Ihrer gesamten Öffentlichkeitsarbeit ist.
- Planen Sie erst jetzt konkrete Maßnahmen und Projekte anhand des verfügbaren Budgets und der zeitlichen Kapazitäten.
- Vergessen Sie nicht, eine kontinuierliche Erfolgskontrolle einzuführen, mit der das Kommunikationskonzept jederzeit verbessert werden kann.
„Viele Unternehmen gehen dazu über, ethische Prinzipien und Regeln, d. h. Antworten auf die Frage, was richtig oder falsch ist, als gemeinsame Handlungsnormen festzulegen.“
Die konsequente Anwendung von CSR als Kommunikationsstrategie fördert nicht nur das Image eines Unternehmens. Sie unterstützt auch den Wert einer Marke und die positive Einstellung gegenüber den Produkten – über die Leistungsqualität hinaus.
Wirkungsvolle Mittel der CSR-Kommunikation
Ein unverzichtbares Mittel zur öffentlichen Darstellung sozialer Verantwortung sind aussagekräftige Leitbilder. Sie sind der Rahmen für die Handlungen einer Firma. Authentisch sind sie dann, wenn sie von der gesamten Belegschaft gelebt werden. Das setzt voraus, dass die Mitarbeiter aktiv an der Entwicklung der Leitbilder beteiligt sind. Mithilfe von Firmenmagazinen, Intranet, persönlichen Gesprächen, Coachings, Konferenzen, Trainings oder Entwicklungsprogrammen können Sie diesen Austausch fördern.
„Die Mitarbeiter brauchen die Freiheit, sich selbst zu entfalten, allerdings brauchen sie auch einen gemeinsamen Wertekodex, der Sinnhaftigkeit und Zufriedenheit vermittelt.“
An den gemeinsam entwickelten Leitbildern richten sich die Inhalte aller weiteren Kommunikationsmittel aus. In einem CSR-Bericht z. B. wird in Anlehnung an den Geschäftsbericht das gesamte soziale und ökologische Engagement einer Firma ausführlich dargelegt. Neben der genauen Beschreibung der Projekte sollte auch offen über Schwierigkeiten und die Einhaltung von Qualitätsstandards geschrieben werden. Pflegen Sie regelmäßigen Kontakt zu öffentlichen Print-, Funk- und TV-Medien und nutzen Sie das Internet: Im Gegensatz zu den herkömmlichen Medien bietet das Web einen direkten Austausch mit der Öffentlichkeit. Jüngere Generationen informieren sich heute fast ausschließlich hier. Durch die kostengünstige, interaktive und augenblickliche Kommunikation rund um die Uhr können Unternehmen transparent über ihre soziale Verantwortung berichten und sich öffentlicher Kritik sofort stellen.
„Folgt man der Existenzlogik eines Unternehmens, das als Organisation der Gewinnmaximierung verpflichtet ist, muss auch die Corporate Philanthropy im Rahmen der Gewinnverwendung unternehmerischen Prämissen genügen, d. h. die Frage nach dem Business-Case stellt sich auch hier.“
Weitere Möglichkeiten, CSR zu kommunizieren, sind das so genannte Cause-Related Marketing – hier ist der Produktkauf an ein bestimmtes Projekt gebunden –, soziale Kampagnen, das Platzieren von Aktionen in Fernsehprogrammen oder Zeitschriften, die Gründung von Initiativen sowie Mitgliedschaften in Vereinigungen wie Global Compact, wo internationale Verhaltensregeln für Firmen definiert werden. Egal, welche Wege Sie gehen: Halten Sie auch bei der Kommunikation ethische Richtlinien ein. Trennen Sie Redaktion und Werbung strikt, diskreditieren Sie niemanden und unterlassen Sie Falschaussagen jeglicher Art.
Erfolgreicher Dialog mit der Öffentlichkeit
Um CSR effektiv einzusetzen, muss sich die Unternehmensführung von der vorherrschenden Sichtweise lösen, dass nur die Eigentümer sowie Investoren und die Mitarbeiter über das gesellschaftliche Engagement der Firma entscheiden. Das Management muss mit allen Menschen und Gruppen, die die Firma beeinflussen und von ihr betroffen sind, in einen Dialog treten. Der direkte Kontakt zu den Stakeholdern kann u. a. über Hotlines, Tagungen, Verkaufsgespräche, Umfragen oder Panels ermöglicht werden.
„Corporate Volunteering nimmt hierarchieübergreifend den Mitarbeiter als Privatmensch in den Blick.“
Denken Sie nicht nur an die Konsumenten: Eine enge Zusammenarbeit sollte vor allem mit zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Non-Profit- und Nicht-Regierungs-Organisationen wie Greenpeace, Rotes Kreuz oder WWF gepflegt werden. Zudem verlangt ein erfolgreicher Dialog mit der Öffentlichkeit den engen Kontakt zu Verbänden und zur Politik. Beteiligen Sie sich etwa an Partnerschaftsprojekten zu Themen wie Ausbildung oder Kulturförderung.
Altruistisch handeln, geschäftlich profitieren
Warum verschreiben sich Unternehmer ethischen Richtlinien? Untersuchungen zeigen: Einige handeln aus der Verpflichtung gegenüber ihrer Region und ihren Mitbürgern heraus. Andere wollen eher gute Beziehungen zu ihren Stakeholdern aufbauen und guten Willen zeigen. Eine dritte Gruppe engagiert sich aus strategischen Gründen: weil sie die eigene Wettbewerbsfähigkeit fördern will. Maßnahmen wie der Einsatz gegen Korruption oder die Unterstützung von Schulen mit Computern verbinden mehrere Motive.
„Unternehmensstiftungen sind in der Lage, CSR durch integres unternehmerisches Handeln zu verdeutlichen, wenn es gelingt, den Bezug zum Unternehmen und seinem Selbstverständnis herzustellen.“
Eine wesentliche Voraussetzung für glaubwürdiges altruistisches Handeln ist das Grundverständnis des Unternehmens, sich als Weltbürger zu betrachten, der Rechte und Pflichten hat und folglich Verantwortung für seine geschäftliche Tätigkeit trägt. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements. Unternehmen können beispielsweise als Paten eines Projekts oder als Unterstützer einer Non-Profit-Organisation amtieren und dafür Mitarbeiter einsetzen. Viele Firmen gründen auch eine Stiftung, um ihre soziale Verantwortung aktiv zu gestalten. Wer nicht über die dafür nötigen finanziellen oder organisatorischen Ressourcen verfügt, kann auf Sponsoring setzen, insbesondere im Kultur- oder Bildungsbereich.