Emotion Selling

Buch Emotion Selling

Messbar mehr verkaufen durch neue Erkenntnisse der Neurokommunikation

Gabler,


Rezension

In Zeiten aus­tauschbarer Produkte macht das gute Gefühl im Gehirn des Kunden den Unterschied. In der Kom­mu­nika­tion mit dem Kunden spielt jedes einzelne Wort eine Rolle – und kann den Ausschlag geben. Je positiver die Wortwahl, je stärker der Kunde involviert wird, desto wahrschein­licher ein Verkauf­ser­folg. Locker und leicht verständlich präsentieren die Berater Elke Schwarz und Gerhard Bittner (ein ehemaliger Ver­hal­tens­forscher) neuere Erken­nt­nisse aus Medizin und Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften. Bereits bekannte Aspekte er­fol­gre­icher Verkaufsführung werden in ein nachvol­lziehbares und prax­is­taugliches Modell integriert. Verkauf­s­novizen werden hier wesentliche Grundlagen finden, Profis das eine oder andere Aha-Er­leb­nis haben, durch das sie ihre bisherigen Taktiken verbessern können. Ein profunder Ratgeber, meint BooksInShort – für alle, die vermehrt auf den Bauch und nicht auf den Kopf ihrer Kunden zielen wollen.

Take-aways

  • Je mehr positive Gefühle Kunden beim Kontakt mit dem Produkt oder Unternehmen haben, desto höher ist die Kaufwahrschein­lichkeit.
  • Emotion Selling bedeutet, alle Berührungspunkte zwischen Kunde und Marke zu emo­tion­al­isieren.
  • Kundengespräche sind oft von Neg­a­tiv­for­mulierun­gen und Prob­lemdiskus­sio­nen geprägt.
  • Negative Ausdrücke lösen unbewusste körperliche Stress­reak­tio­nen aus, positive For­mulierun­gen dagegen Glücksgefühle.
  • Auf Schlechtes reagiert der Mensch etwa dreimal intensiver als auf Gutes.
  • Der Kunde zieht nach jedem Kontakt unwillkürlich eine Gefühlsbilanz.
  • Je mehr der Kunde das Gefühl hat, wertvoll und frei zu sein, desto positiver fällt die Bilanz aus.
  • Verkäufer-Monologe bewirken beim Kunden ein Ohn­machts­gefühl.
  • Offene Fragen und aktives Zuhören stellen die Kundenbedürfnisse ins Zentrum.
  • Ergehen Sie sich nicht in ellenlangen Ausführungen; bringen Sie Nutzenar­gu­mente vor.
 

Zusammenfassung

Emotional verkaufen

Kunden wollen nie nur ein Produkt oder eine Leistung kaufen, sondern immer auch die damit verbundenen Emotionen. Je positiver die sind, je mehr gute Gefühle wie Liebe, Lei­den­schaft, Spaß oder Freiheit der Kunde spürt, desto höher ist die Kaufwahrschein­lichkeit. Emotion Selling bedeutet, alle Berührungspunkte des Kunden mit dem Unternehmen – von der Pro­duk­ten­twick­lung bis hin zum Marketing und Vertrieb – so zu gestalten, dass sie bei ihm ein maximal positives Gefühl auslösen. Im Mittelpunkt steht dabei eine überzeugende Kom­mu­nika­tion­sstrate­gie, die auf einen positiven, lösung­sori­en­tierten und mo­tivieren­den Dialog mit dem Kunden aus­gerichtet ist. Das ist einfacher gesagt als getan, weil positive Äußerungen nicht immer unseren erlernten Kom­mu­nika­tion­s­mustern entsprechen. Wir sind es gewohnt, negative Aspekte ausführlich zu diskutieren, während wir dagegen positive wenig betonen. Wir halten de­tail­lierte Kritik für konstruktiv und hilfreich und glauben, dass ausführliche Prob­lemge­spräche der Königsweg zu er­fol­gre­ichen Beziehungen sind.

Jedes Wort zählt

Wenn wir mit jemandem sprechen, löst jedes einzelne Wort hochkom­plexe Prozesse aus: Man kann anhand spezieller Tests zeigen, dass negativ geladene Begriffe eine messbare Stress­reak­tion erzeugen, positive Worte dagegen Glücksgefühle. Die Mag­ne­tres­o­nanz­to­mo­grafie zeigt, wie ver­schiedene Wörter un­ter­schiedliche Zentren im Gehirn aktivieren. Manche dieser Reaktionen bleiben unter der Wahrnehmungss­chwelle – der Betroffene ist sich nicht darüber bewusst, wie er reagiert –, andere äußern sich of­fen­sichtlich in der Körpersprache. Das Hirn hat zu jedem Begriff unzählige Erin­nerun­gen, As­sozi­a­tio­nen und Verknüpfungen gespeichert, die mit einer unglaublichen Geschwindigkeit aktiviert werden; man spricht hier vom „Neuro-Google“. Hört der Kunde beispiel­sweise: „Sie werden mit diesem Produkt kein Problem haben“, reagiert er stark auf das Wort „Problem“, während er die eigentlich positive Grun­daus­sage des Satzes kaum wahrnimmt. Dazu kommt: Jeder Mensch reagiert etwa dreimal intensiver auf Negatives als auf Positives. Negative Signale brauchen eine erheblich geringere Reizstärke als positive, um überhaupt bis zum Gehirn durchzukom­men. Insgesamt kann man sagen, dass sich der Mensch gemäß der 90/10-Regel verhält: Hat ein Gespräch einen Neg­a­ti­van­teil von 10 %, reagiert der Mensch darauf mit 90 % seiner Aufmerk­samkeit. Schließlich bleibt Negatives auch besonders gut im Gedächtnis haften, selbst kurze Neg­a­tive­mo­tio­nen werden langfristig gespeichert. Der Grund dafür sind urzeitliche Instinkte, die uns vor Gefahren schützen sollen und uns deshalb für Negatives sen­si­bil­isieren.

Emo­tion­swerte

Jedes Wort hat einen in­di­vidu­ellen Emo­tion­swert, den man durch Befragungen ermitteln kann. Er liegt zwischen den Max­i­mal­w­erten –100 (beispiel­sweise „grauenhaft“) und +100 (beispiel­sweise „Liebe“). Neutrale Wörter wie „der, die, das“ haben einen Emo­tion­swert von null. Darauf aufbauend, kann man auch für jedes Gespräch einen Emo­tion­swert berechnen. Die For­mulierung „kein Risiko“ hat einen negativen Punktwert, „Sicherheit“ dagegen einen positiven. Außerdem kann man die Emo­tions­dichte (den „Emo­tion­ss­core“) eines Satzes berechnen. Das ist der gewichtete Durch­schnittswert pro Wort, wobei negative Wörter mit dem Faktor 3 mul­ti­pliziert werden. Der bekannte Slogan: „Wir hassen teuer“, erhält beispiel­sweise insgesamt einen Wert von –460: „Wir“ (+20) plus „hassen“ (–100 * 3) plus teuer (–60 * 3). Ein so negativer Wert garantiert zwar hohe Aufmerk­samkeit, aber er trägt nicht zur Kun­den­bindung bei. Auch das beliebte gemeinsame Meckern verbindet in Wirk­lichkeit nur kurzfristig. Grundsätzlich gilt: Positive Emotionen verbinden, negative Emotionen trennen. Eine Beziehung, die auf negativen Emotionen aufbaut, wird deshalb langfristig immer schlechter.

Lösungen statt Probleme

Leider sind nach wie vor die meisten Verkauf­s­ge­spräche Prob­lemge­spräche – mit allen negativen Kon­se­quen­zen für die Emo­tion­swelt des Kunden. Effektiver wären Lösungsvorschläge. Verzichten Sie deshalb auf ausführliche Prob­le­m­analy­sen, entwickeln Sie stattdessen im Kopf eine Lösung und kom­mu­nizieren Sie nur diese: 20 % Problem- gegenüber 80 % Lösungskom­mu­nika­tion sind schon ein sehr guter Wert, Profis schaffen sogar 10 zu 90 %. Sie fragen, lassen den Kunden ausreden und hören aktiv zu. Diese Wertschätzung macht den Kunden glücklich und liefert in Zeiten aus­tauschbarer Produkte das entschei­dende Quäntchen Emotion, das einen Kauf auslösen kann.

Die vier „Könige“

Wer verkaufen will, muss das Gehirn des Kunden erreichen, und zwar auf positive Weise. Trotz aller in­di­vidu­ellen Un­ter­schiede kann man dabei vier Emo­tion­stypen iden­ti­fizieren, die unser Denken bestimmen, die vier „Könige“:

  • König 1: das Gefühl von Ohnmacht und Fremdbes­tim­mung,
  • König 2: das Gefühl von Min­der­w­er­tigkeit, Geringschätzung und Abwertung,
  • König 3: das „Mastergefühl“, das Gefühl von Freiheit und Selb­st­bes­tim­mung,
    und
  • König 4: das Wertgefühl, also das Gefühl, einen hohen Status zu haben, wertvoll und wichtig zu sein.
„Menschen sind überwiegend Neg­a­tivwe­sen und Neg­a­tivkom­mu­nika­toren.“

Im Dialog liefern sich diese Könige ein Null­sum­men­spiel: Das Mastergefühl des einen Gesprächspartners entspricht dem Ohn­machts­gefühl des anderen, das Wertgefühl des einen dem Min­der­w­er­tigkeits­gefühl des anderen. Der Verkäufer muss also zunächst auf sein gutes Gefühl verzichten, damit der Kunde positive Emotionen spüren kann. Erst für den Emo­tion-Sell­ing-Profi sieht die Sache anders aus: Der Verkäufer verliert sein schlechtes Gefühl, weil er merkt, wie er durch Zurückhaltung den Kunden steuert. Aus dem Null­sum­men­spiel ist eine Win-win-Sit­u­a­tion geworden.

„Jedes negative Wort, jedes negative Argument führt zu einer Abbuchung auf dem Sym­pa­thiekonto des anderen.“

Während des gesamten Verkauf­s­ge­sprächs zieht der Kunde innerlich Bilanz. Nur wenn das Ergebnis positiv ausfällt, lohnt sich die Geschäfts­beziehung für ihn, nur dann wird er kaufen. Bewusst oder unbewusst macht er eine Kosten-Nutzen-Rech­nung auf folgenden Konten:

  • As­sozi­a­tion­skonto: Waren die As­sozi­a­tio­nen (Neuro-Google) insgesamt positiv oder negativ?
  • Nutzenkonto: Welche Vorteile habe ich, inwieweit ist der kom­mu­nizierte Nutzen für mich persönlich relevant?
  • Ohn­macht­skonto (König 1): Wie oft wurde ich dominiert, habe ich mich ohnmächtig gefühlt?
  • Ab­w­er­tungskonto (König 2): Wie oft wurde ich abgewertet, nicht gefragt, respektlos behandelt?
  • Mastergefühl-Konto (König 3): Wie stark konnte ich das Gespräch steuern? Wie intensiv wurde ich nach meinen Wünschen gefragt?
  • Wertgefühlkonto (König 4): Wie viel Respekt, Akzeptanz und Wertschätzung habe ich erfahren? Wie viel Anerkennung habe ich bekommen?

Gute Verkauf­s­ge­spräche führen

Ein wichtiger Faktor er­fol­gre­icher Verkauf­s­ge­spräche ist die Körpersprache. Weil unsere körperlichen Reaktionen weitgehend unbewusst sind, kann man sie nicht aktiv steuern. Kunden merken sofort, wenn der Verkäufer nicht mehr authentisch ist. Man kann allerdings an seiner Einstellung zum Kunden arbeiten – ist die positiv, stellt sich die überzeugende Körpersprache ganz von allein ein.

„Menschen kalkulieren im Kopf ständig, ob sich der Kontakt mit dem anderen lohnt.“

Wie hoch das Ab­schluss-Poten­zial von Verkauf­s­ge­sprächen ist, lässt sich leicht mithilfe des sogenannten Selling At­trac­tive­ness Index (SAI) messen, und zwar anhand der folgenden sechs Dimensionen:

  • Dimension 1: negative vs. positive Kom­mu­nika­tion. Er­fol­gre­iche Verkäufer wählen positiv besetzte Wörter. Erkennt der Verkäufer ein Problem, diskutiert er es nicht, sondern analysiert es im Kopf („Loop“), um dem Kunden dann nur die Lösungen zu präsentieren.
  • Dimension 2: Monolog vs. Dialog. Wer den Kunden einbindet, nimmt ihn für sich ein: Redezeit bewirkt ein hohes Master- und Wertgefühl. Je mehr der Kunde selbst spricht (ideal sind mindestens 50 Prozent Anteil am Gespräch), desto zufriedener sind die beiden entsprechen­den Könige im Kundenhirn. Das gilt auch und gerade, wenn der Kunde wenig Zeit hat. In diesem Fall bewirken wenige kun­den­spez­i­fis­che Nutzenar­gu­mente mehr als der Versuch, möglichst viel Information ins Gespräch zu stopfen. Holen Sie die Meinung des Kunden über offene W-Fragen ein („Was ist Ihnen besonders wichtig?“). Monologe sollten Sie selten halten: nur dann, wenn Sie damit spezifische Pro­duk­t­in­fos vermitteln können.
  • Dimension 3: prob­lemzen­tri­erte vs. lösungszen­tri­erte Kom­mu­nika­tion. Analysieren Sie nicht Probleme, sondern präsentieren Sie Lösungen. Statt: „Unser Budget ist zu gering, damit können wir die Maßnahmen nicht durchführen“, sagen Sie besser: „Wenn wir das Budget um 20 % erhöhen, können wir die Maßnahmen wie geplant durchführen.“
  • Dimension 4: egozen­tri­erte vs. kun­den­zen­tri­erte Kom­mu­nika­tion. Wer Kunden ernst nimmt, respektvoll behandelt, aktiv zuhört, höflich und freundlich ist, erreicht mehr als jemand, der den Kunden nur ausfragt, um seine eigenen Ziele besser durchzuset­zen, oder jemand, der den Kunden durch Ma­nip­u­la­tio­nen, Sug­ges­tio­nen und Un­ter­stel­lun­gen bedrängt.
  • Dimension 5: Suggestion vs. Fragen. Wer dem Kunden Dinge ungefragt unterstellt („Das wird Ihnen bestimmt gefallen“) löst Gefühle von Abwertung und Ohnmacht aus. Offene Fragen und aktives Zuhören dagegen stärken das Master- und Wertgefühl des Kunden. Fragen Sie deshalb kun­den­zen­tri­ert, d. h. benutzen Sie positiv formulierte, offene W-Fragen („Worauf legen Sie besonderen Wert?“) und vermeiden Sie egozen­tri­erte Fragen, die nur Ihnen, aber nicht dem Kunden nützen („Wie hoch ist Ihr Budget?“).
  • Dimension 6: wertschätzende Pausen. Angemessene, wertschätzende Pausen sind schwierig auszuhalten, aber wichtig. Sie geben dem Kunden Zeit zum Nachdenken. Reden ohne Punkt und Komma reduziert das Wohlbefinden des Gegenübers.

Die Phasen des Verkauf­s­ge­sprächs

Die sechs Dimensionen sind für alle Phasen eines Verkauf­s­ge­sprächs wichtig: Eröffnung, Be­darf­ser­mit­tlung, Information, Nutzenar­gu­men­ta­tion, Ein­wand­be­hand­lung und Abschluss. Vermeiden Sie in der Eröffnung Negatives (schlechtes Wetter), Positives sorgt für eine bessere Stimmung. Die Be­darf­ser­mit­tlung fällt oft zu kurz aus. Nur mit ausführlichen W-Fragen erreichen Sie, dass das weitere Gespräch nicht an den eigentlichen Bedürfnissen des Kunden vorbeigeht. Bevor Sie In­for­ma­tio­nen präsentieren, sollten Sie die Zustimmung des Kunden einholen (das erhöht sein Master- und Wertgefühl). Konzen­tri­eren Sie sich inhaltlich auf die Zielvor­gaben des Kunden. Obwohl sich Monologe in dieser Phase nicht vollständig vermeiden lassen, sollten Sie den Kunden durch Rückfragen („Wie sehen Sie das?“) immer wieder einbinden. Präsentieren Sie den Pro­duk­t­nutzen kun­den­zen­tri­ert. Ein hoher emotionaler Nutzen ist wirkungsvoller als ein reiner Sachnutzen. Sehen Sie Einwände des Kunden nicht als Nörgelei, sondern als Signal dafür, dass Klärungsbedarf besteht. Führen Sie dann den Kunden zum Abschluss – freundlich, aber verbindlich.

Über die Autoren

Gerhard Bittner gründete nach zwölf Jahren in der wis­senschaftlichen Forschung die Un­ternehmens­ber­atung Point Consulting. Elke Schwarz ist als Geschäftsführerin für Point Consulting tätig. Ihre Be­ratungss­chw­er­punkte sind die Bereiche Marketing und Vertrieb.