Personalbarometer Einkauf
Der Einkauf wird sehr oft unterschätzt. In vielen Betrieben machen die Materialkosten 50–70 Prozent des Umsatzes aus – Einkäufer haben darum Schlüsselpositionen inne. Die Unternehmen tun gut daran, ihre Einkäufer systematisch zu qualifizieren, deren Kompetenzen zu bewerten und wenn nötig neue Talente zu rekrutieren.
„Für den Unternehmenserfolg ist Talentmanagement von höchster Bedeutung.“
Worauf es bei der Personalentwicklung im Bereich Einkauf wirklich ankommt, zeigt die Studie „Personalbarometer Einkauf 2010“. Im Rahmen dieser Studie wurden über 500 Geschäftsführer und Führungskräfte im Einkauf befragt. 61 Prozent der Befragten kamen aus kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als 2000 Mitarbeitern. Alle wichtigen Branchen, unter anderem Industriegüter, Nahrungsmittel, Automobile und Transport, Handel, Telekommunikation und Energie, waren vertreten. Die Unternehmen wurden auf der Basis ihrer Jahresüberschüsse von 2009 und einer Selbsteinschätzung in erfolgreiche, durchschnittlich erfolgreiche und weniger erfolgreiche Betriebe unterteilt. Das Ziel dabei war, herauszufinden, welche Faktoren für die Gewinnerunternehmen besonders wichtig sind.
Talentmanagement und Kompetenzprofil für den Einkauf
Um die richtigen Mitarbeiter in den Einkauf zu holen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sie bestmöglich zu fördern, müssen Unternehmen zunächst festlegen, welche Kompetenzen der moderne Einkäufer haben muss, um in seiner Position erfolgreich zu sein. Jedes Anforderungsprofil besteht aus drei Elementen:
- Können (Selbstmanagement, Problemlösefähigkeit, kommunikative Kompetenz, Führungs- und Methodenkompetenz),
- Wissen (Fachkenntnisse, Erfahrungen, Qualifikationen) und
- Wollen (Motivation, Belastbarkeit, Werte, Einstellungen).
„Einkäufer werden zunehmend zu Kommunikatoren zwischen den Kundenwünschen und den Möglichkeiten, die eine vernetzte, globale Beschaffungswelt bietet.“
Im Unterschied zu den Kompetenzen versteht man unter dem Potenzial eines Menschen die in ihm schlummernde Befähigung, eine höhere Position auszufüllen und mit neuen Anforderungen umgehen zu können. Strategisches Personalmanagement muss dieses Potenzial erfassen, wenn es darum geht, die passenden Mitarbeiter für Stellen zu finden, deren Inhalte sich zukünftig ändern. Zu den wichtigsten Potenzialfaktoren im Einkauf gehören gemäß der Studie „Personalbarometer Einkauf 2010“ Lernbereitschaft, Leistungsmotivation, unternehmerisches Denken und Konfliktfähigkeit. Vor allem die ersten beiden Eigenschaften entscheiden darüber, ob ein Mitarbeiter an seinen Zielen dranbleibt und ehrgeizig seine Aufgaben erfüllt.
Kompetenzbilanz und Mitarbeiterbeurteilung
In der Einschätzung von Einkäuferkompetenzen zeigt die Personalstudie bei erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen einen deutlichen Unterschied. Die erfolgreichen Unternehmen schneiden vor allem in den Bereichen Risikomanagement, Beschaffungscontrolling, Global Sourcing und Versorgungsmanagement deutlich besser ab.
„Weiterbildung hat eine große Hebelwirkung auf die Gesamtwirtschaft.“
Wenn ein Unternehmen bestimmte strategische Kompetenzen für die Einkaufsabteilung ermittelt hat, wenn es also Einkäufer benötigt, die sofort oder zukünftig bestimmte Aufgaben erfüllen sollen, muss zunächst der Status quo bestimmt werden. Konkret: Welche Kompetenzen sind beim vorhandenen Einkaufspersonal vorhanden und inwiefern decken sich diese mit den Anforderungen der Zukunft. Bestehen Defizite, müssen entsprechende Maßnahmen für die Personalentwicklung abgeleitet werden.
„Unternehmen sollten konsequent Employer Branding in Bezug auf Einkaufstalente betreiben.“
Ein Instrument der Bestandsaufnahme ist der Einkäufer-Potenzial-Index-Check (EPI-Check). Im Rahmen dieses Tests durchleuchten Sie Mitarbeiter mithilfe von Interviews, Verhandlungsgesprächen, Mitarbeitergesprächen, Fallstudien und Feedbacksitzungen hinsichtlich ihrer Kompetenzen und ihres Potenzials. Sämtliche Bausteine des Checks orientieren sich an konkreten und unternehmensrelevanten Beispielen. Im Rahmen des Bausteins „Fallstudie“ muss der Einkäufer beispielsweise ein fiktives Unternehmen bewerten und wird von den Prüfern hinsichtlich seiner Fach- und Sozialkompetenz, seiner Motive und Problemlösefähigkeiten beurteilt. Danach ordnen Sie sämtliche Mitarbeiter in eine Matrix ein, die sie hinsichtlich ihrer Performance und ihres Potenzials bewertet. Aus den ermittelten Defiziten lassen sich anschließend Qualifizierungsmaßnahmen ableiten.
Weiterbildung im Einkauf
Weiterbildung trennt die Spreu vom Weizen. Das zeigt die Studie „Personalbarometer Einkauf 2010“ deutlich. Alle besonders erfolgreichen Unternehmen setzten auf die Qualifizierung ihres Personals. Wenn eine Kompetenzbilanz im Unternehmen existiert, werden die Defizite der Mitarbeiter meist ebenfalls offensichtlich. Der nächste Schritt ist die systematische Qualifizierung. Fünf Qualitätsmerkmale sollte jede Fortbildung für den Einkauf erfüllen:
- Strategieorientierung: Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen wird auf strategische Planung und langfristige Marktveränderungen nicht hinreichend Rücksicht genommen. Deshalb sollten Sie bei Qualifizierungsmaßnahmen immer auch die mittelfristigen Ziele für den Einkauf und die resultierenden Anforderungen an Personal und Prozesse bedenken.
- Bedarfsorientierung: Trainings von der Stange, die nach dem Gießkannenprinzip für die ganze Abteilung anberaumt werden, verfehlen immer wieder ihr Ziel. Zu vielfältig sind die Ansprüche und zu unterschiedlich ist der Entwicklungsbedarf der Einkäufer.
- Praxisorientierung: Die Weiterbildung sollte die Einkäufer nicht aus dem Tagesgeschäft reißen, sondern sie, im Gegenteil, bei der täglichen Arbeit unterstützen. Beispielsweise können Sie über strategische Simulationen eine aktuelle Krisensituation erörtern und Handlungsalternativen durchspielen.
- Umsetzungsorientierung: Alle Maßnahmen des Personalmanagements müssen aufeinander abgestimmt und mit den Qualifizierungsmaßnahmen in Einklang gebracht werden. Isolierte Maßnahmen sind out, ein klarer Fokus auf die Umsetzung ist in.
- Transferorientierung: Gelerntes muss umgesetzt werden, damit sich Fortbildung für das Unternehmen lohnt. Die Ermittlung des Return on Investment steht bei der Qualifizierung allerdings auf wackligen Füßen, denn viele Maßnahmen wirken nur indirekt und können nicht über Kennzahlen erfasst werden. Die Lernarchitektur spielt deshalb eine besonders große Rolle: Nur wenn Einkäufer bei ihrer Fortbildung anhand realer Geschäftsvorfälle geschult werden und in Transferworkshops, Mitarbeitergesprächen und Coachings Lösungen finden, gelingt die Umsetzung des Gelernten im Einkäuferalltag.
Die besten Einkaufsexperten rekrutieren
In Deutschland hat der Fachkräftemangel dazu geführt, dass im Jahr 2009 rund 60 000 Ingenieursstellen nicht besetzt werden konnten. Gut ausgebildete Fachkräfte fehlen überall, auch im Einkauf. Die Studie zeigt, dass diejenigen Unternehmen erfolgreich sind, denen es gelingt, vakante Leitungsstellen mit akademischem Nachwuchs zu besetzen. Dabei gibt es jedoch mehrere Probleme: Durch die demografische Entwicklung ist die Zahl der Bewerber rückläufig. Gleichzeitig leidet das Berufsfeld der Einkäufer unter einem schlechten Image, was die Ausbildung für junge Menschen wenig attraktiv erscheinen lässt. Diejenigen, die sich dafür entscheiden, finden derzeit in der deutschen Hochschullandschaft zu wenig adäquate Ausbildungsmöglichkeiten. Und in den Unternehmen selbst läuft auch nicht alles optimal. So sind die wichtigsten Kompetenzen der zukünftigen Einkäufer häufig recht unklar. Überdies findet selten ein systematisches internes Nachwuchsmanagement statt. Jede dieser Problemstellen gehört gründlich auf den Prüfstand. Zudem gilt es, die verschiedenen Instrumente des Personalmarketings für die Rekrutierung von Fachkräften im Einkauf zu nutzen:
- Talent-Relationship-Management: Kümmern Sie sich um die frühzeitige Sichtung und den Ausbau von Talenten im Unternehmen. Viele Vakanzen lassen sich bereits langfristig vorhersehen, z. B. wenn Mitarbeiter in Rente oder ins Ausland gehen. Manchmal verlässt ein wichtiger Einkäufer natürlich auch völlig ungeplant das Unternehmen. In beiden Fällen sollten Personalmanager vorbereitet sein und auf einen Pool an möglichen Talenten zurückgreifen können, um freie Stellen oder neu geschaffene Positionen passend zu besetzen. Um Kontakt zu potenziellen Bewerbern herzustellen, hat sich Hochschulmarketing bewährt: Über Vorträge, die Teilnahme an Bewerbermessen, Lehraufträge oder Stipendien lässt sich frühzeitig ein Band zu potenziellen neuen Mitarbeitern knüpfen. Hierfür eignen sich übrigens auch Praktikantenprogramme hervorragend – sofern die Praktikanten nicht als billige Arbeitskräfte, sondern als zukünftige Mitarbeiter betrachtet werden, zu denen der Kontakt auch nach dem Ende des Praktikums aufrechterhalten wird.
- Stellenanzeigen in Print- und Onlinemedien: In den letzten Jahren sind Inserate in Onlinemedien erheblich wichtiger geworden als herkömmliche Printanzeigen. Allerdings werden nach wie vor 20 Prozent aller Stellen in Printmedien ausgeschrieben. Stelleninserate sollten Sie in jedem Fall sorgfältig planen und professionell texten. Sie sind eine wichtige Möglichkeit des Employer Branding, also der Inszenierung des Unternehmens als möglichst attraktive Marke.
- E-Recruiting: Mit diesem Begriff sind sämtliche Methoden gemeint, über das Internet mit potenziellen Bewerbern in Kontakt zu treten. Sehr empfehlenswert istzum Beispiel ein eigenes Karriereportal auf der Unternehmenswebsite. Über Links von Stelleninseraten oder Empfehlungen auf Hochschulmessen gelangen Bewerber auf das Portal, wo sie sich dann umfassend über das Unternehmen und seine Karrierewege informieren können. Lassen Sie Mitarbeiter, Praktikanten oder Auszubildende zu Wort kommen, um potenziellen Bewerbern schon vor der Kontaktaufnahme ein Gefühl für die Unternehmenskultur zu vermitteln. Viele große Unternehmen haben auch gute Erfahrungen mit Social-Media-Plattformen wie Facebook oder MySpace gemacht. Insbesondere junge Bewerber lassen sich sehr gut über diese Web-2.0-Anwendungen ansprechen. Allerdings birgt das Mitmachweb auch die Gefahr, dass sich negative Meinungen über das Unternehmen (als Forumseinträge, Kommentare, Facebook-Posts usw.) schnell und unaufhaltsam verbreiten. Mit der neuen Macht der Nutzer können viele Unternehmen noch nicht so recht umgehen.
- Mitarbeiterempfehlungsprogramme: Der klassische Weg der Stellenbesetzung führt über persönliche Kontakte. Mitarbeiterempfehlungsprogramme funktionieren ähnlich: Mitarbeiter werden dazu aufgefordert, Bewerber für eine ausgeschriebene Stelle zu finden. Kommt es zu einer Einstellung, gibt es eine Prämie. Sind die Mitarbeiter motiviert und arbeiten gerne im Unternehmen, sind sie die besten Botschafter der Firma und haben eine Überzeugungskraft, die jede noch so ausgefeilte Personalmarketingkampagne schlägt.