Energiemanagement in Kommunen
Kommunales Energiemanagement (EM) konzentriert sich auf die kommunaleigenen Gebäude und Einrichtungen und besteht aus zwei Komponenten: Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs und Maßnahmen zur sparsamen und umweltschonenden Erzeugung oder Umwandlung von Energie. Es umfasst organisatorische Aufgaben wie Verbrauchsüberwachung und Kostenkontrolle, Fortbildung und Wissensvermittlung sowie Anlagenüberwachung und -optimierung. Zum EM zählen außerdem Investitionen in Energieanlagen und Gebäude und das Energiecontracting, also die Vergabe von Fremdleistungen zur Energiekostensenkung an Dritte.
„Kommunen besitzen gegenüber privaten Unternehmen und der Bürgerschaft eine Vorbildfunktion, der sie durch die Einführung von Energiemanagement gerecht werden können.“
Die 161 untersuchten Kommunen umfassen alle deutschen Städte mit 50 000–250 000 Einwohnern. Städte wie Kassel, Stuttgart oder Freiburg haben bereits nach den Ölpreisschocks der 70er Jahre mit kommunalem Energiemanagement begonnen, auch wenn diese Bezeichnung damals noch nicht verwendet wurde. Richtig los ging es in den 90er Jahren, als die schlechte Finanzlage immer mehr Kommunen zum Sparen zwang. In den 2000er Jahren kam der Klimaschutz als wichtige Triebfeder hinzu. Inzwischen sind die deutschen Kommunen mit ihrem Energiemanagement führend in Europa. Sie haben aber die damit verbundenen Potenziale noch längst nicht ausgeschöpft. Ein Drittel der untersuchten Städte betreibt seit vielen Jahren kommunales Energiemanagement. Zwei Drittel haben erst vor Kurzem oder noch gar nicht damit begonnen. Hier liegen erhebliche Potenziale.
Energieaufwand und Einsparpotenziale
Eine Kommune gibt im Schnitt 30 € pro Einwohner und Jahr für Energie aus. Bei Großstädten ist der Betrag höher als bei Kleinstädten oder ländlichen Gemeinden. Beim Sparpotenzial durch EM reichen die Schätzungen von einstelligen Prozentwerten bis zu etwa 45 % (realisiert in Saarbrücken), je nachdem ob sich eine Kommune auf organisatorische Maßnahmen beschränkt oder auch Geld für Investitionen in die Hand nimmt. In der kommunalen Praxis hatten Investitionen im Energiebereich ein Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen 1:2 und 1:7.
„Die Zentralisierung von Kompetenzen ist der Ausgangspunkt für die Einführung von Energiemanagement.“
Dazu ein Rechenbeispiel: Wenn eine 100 000-Einwohner-Kommune den Durchschnittsbetrag von 30 € pro Kopf mit EM um 30 % senkt, erwirtschaftet sie etwa 1 Million Euro pro Jahr. Je größer die Kommune, desto mehr lohnt sich die Einrichtung einer Organisationseinheit für EM. Die erste geschaffene Stelle sollte mit einem Ingenieur besetzt werden, weitere (halbe oder ganze) Stellen zunächst mit Verwaltungskräften und Technikern, bevor in größeren Organisationseinheiten weitere Ingenieure erforderlich werden.
Organisation des Energiemanagements
Für kommunales EM gibt es drei mögliche Organisationsformen:
- Energiebeauftragter: Das ist ein Ansprechpartner mit Know-how und ggf. Kontrollbefugnissen über den Energieverbrauch der Ämter. Oft hat er aber keine oder nur geringe finanzielle Mittel.
- Abteilung für Energiemanagement: Hier werden energiebezogene Kompetenzen zentral gebündelt, d. h. anderen Ämtern weggenommen – andernfalls wird das Sparpotenzial des EM nicht ausgeschöpft. Vorteile: eigenes Budget und umfassendes Know-how. Nachteile: Reibungsverluste und Kompetenzgerangel mit anderen Ämtern.
- Energieagentur: Dabei handelt es sich um eine privatrechtlich verfasste und damit aus der Verwaltung herausgelöste Organisationseinheit. Vorteilhaft ist das u. U. für kleinere Gemeinden, die ein eigenes EM nicht wirtschaftlich betreiben können und auf interkommunale Zusammenarbeit setzen. Ein Nachteil ist der Kontrollverlust.
„Eine Zusammenführung von Energie- und Gebäudemanagement in einer Verwaltungseinheit stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, Kosten insgesamt zu senken und die Liegenschaften in ihrer Ganzheit effizienter zu bewirtschaften. Dadurch fallen auch mögliche Reibungsverluste zwischen Energie- und Gebäudemanagement weg.“
Das EM ist in seinen Wirkungen beschränkt, wenn technisches Know-how oder finanzielle Mittel für Investitionen fehlen, wenn die Akteure schlecht zusammenwirken oder wenn auf Einrichtungen, die von kommunalen Töchtern bewirtschaftet werden, nicht zugegriffen werden kann.
Überschneidungen mit dem Gebäudemanagement
Viele Kommunen bewirtschaften die kommunalen Liegenschaften nach dem Mieter-Vermieter-Modell und haben in den letzten Jahren die Organisationseinheit „Gebäudemanagement“ eingerichtet. Das Budget der Mieter wird durch interne Leistungsverrechnung mit den Gebäudekosten belastet. Können die Mieter ihre Gebäudekosten beeinflussen, entsteht ein Anreiz zum Sparen. Nicht nur deshalb gibt es bei Gebäude- und Energiemanagement erhebliche Schnittmengen. Vieles spricht dafür, die beiden Bereiche zusammenzuführen. Werden in die Leistungsverrechnungen auch die Energiekosten einbezogen, haben die Mieter einen Anreiz zum Energiesparen.
Erneuerbare Energien in Kommunen
Das Potenzial der Wasserkraft gilt in Deutschland als so gut wie ausgeschöpft. Windkraftanlagen wiederum gehören in der Regel nicht den Kommunen. Für diese sind daher vor allem Solarenergie (prognostiziertes Wachstum 2006–2012: gut 110 %), Biomasse (knapp 150 %) und Geothermie (etwa 5000 %) interessant. Kommunen haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, erneuerbare Energien (EE) zu fördern: Sie können selbst EE nutzen, indem sie Strom produzieren und in das Stromnetz einspeisen oder indem sie ihre Gebäude und Einrichtungen mit Strom und Wärme aus EE versorgen. Oder sie können die Nutzung von EE durch Dritte, sprich: Bürger und Unternehmen, fördern, indem sie über Förderprogramme finanzielle Anreize bieten oder indem sie rechtliche Instrumente nutzen (kommunale Satzungen, Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich kommunaler Wärmenetze usw.).
„In Freiburg wird der Ausstoß einer Tonne CO2 mit 50 € bewertet und bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt.“
Die Kompetenzen für EE sind – anders als beim EM – in den Kommunen meist nicht zentralisiert, sondern auf mehrere Dienststellen verteilt. Dazu zählen Gebäudemanagement, Liegenschaftsamt, Hochbauamt, Stadtplanungsamt, Umweltamt und Stadtwerke. Sinnvoll wäre es allerdings, die Kompetenzen für EM und EE in einer gemeinsamen Organisationseinheit zu bündeln.
Erfolgsfaktoren für die Einführung von EM und EE
Für eine erfolgreiche Einführung von EM und EE ist die Akzeptanz der Akteure sehr wichtig. Die Betroffenen in den Kommunen werden zu Promotoren, wenn sie sich davon Vorteile versprechen, wenn also der Nutzen höher ist als die Nachteile:
- Die Politik lässt sich von EM besonders gut überzeugen, wenn damit Einsparpotenziale im Haushalt verbunden sind und finanzielle Mittel für andere Zwecke frei werden.
- Als positiv wird eine günstige Öffentlichkeitswirkung angesehen, wobei dies für EE eher gilt als für EM: Für Ersteres interessiert sich die Öffentlichkeit und in der Folge auch die Politik. Mit Letzterem, das wesentlich der internen Optimierung dient, sind dagegen im Wettbewerb um die Wählergunst kaum Punkte zu machen.
- Erwartet ein Amt durch EM oder EE ein größeres Budget oder mehr Mitarbeiter, Einfluss oder Ansehen, wird es sich dafür einsetzen. Umgekehrt wird es sich sperren, wenn es Budgetanteile oder Einfluss verliert – etwa weil die Kompetenzen für Energiefragen einer zentralen Dienststelle für EM und EE übertragen werden.
- Vorteilhaft für EM und EE ist es, wenn eine Kommune bereits eine Budgetierung eingeführt hat und die Ämter eingesparte Energiekosten zumindest teilweise behalten dürfen. Wo das nicht der Fall ist, ist das Interesse an Verbrauchseinschränkungen gering.
- Mit EM kann man den örtlichen Mittelstand stärken, zumindest wenn nicht nur organisatorische, sondern auch investive Maßnahmen durchgeführt werden. Das freut die Politik und wird von der Presse üblicherweise wohlwollend begleitet.
- Die Versorgungssicherheit steigt durch EM und EE; auch dies wird von der Kommunalpolitik positiv eingeschätzt.
- Zwiespältig beurteilen die Stadtwerke EM und EE. Einerseits haben sie ein Interesse daran, ihrem Großkunden, der Stadtverwaltung, möglichst umfangreiche Energielieferungen anzubieten, andererseits sind sie auf ein ökologisches Image bedacht, um ihre zunehmend ökosensiblen privaten Kunden zu halten. Hierbei hilft eine – öffentlichkeitswirksame – Beteiligung an EM und EE. Vor allem in kleinen und mittleren Kommunen bieten die Stadtwerke inzwischen einschlägige Serviceleistungen an und treten damit sogar als Contractingpartner für EM auf.
Aus kommunalen Erfahrungen lernen
Die in ausgewählten Städten durchgeführten Fallstudien brachten u. a. folgende Ergebnisse:
- In Bergisch Gladbach ist seit 1991 ein Energiebeauftragter beim Umweltamt angesiedelt. Seine bemerkenswerten Erfolge (die Verbrauchssenkungen überschritten teilweise 50 %) konnte er durch eine gute Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt erzielen.
- Lange Zeit wurde das EM in Friedrichshafen von einem Techniker wahrgenommen, was die Akzeptanz und Durchsetzungskraft bei anderen Dienststellen behinderte. Inzwischen ist der Stellenwert des EM deutlich gestiegen. Ausschlaggebend waren vermutlich lokale Handwerksbetriebe: Während sich im Gemeinderat traditionell nur eine Minderheit für EM starkmachte, profitierte die mittelständische Wirtschaft von den Aufträgen und sorgte mittelfristig für Akzeptanz auch in den bürgerlichen Mehrheitsfraktionen. Inzwischen ist die Stelle mit einem Ingenieur besetzt und entsprechend aufgewertet.
- Potsdam startete sein EM mit wenig eigenem Know-how und arbeitete deshalb viel mit Externen zusammen. Die Erfahrungen mit Contracting und der Teilnahme an externen Programmen waren wertvoll. Das EM ist inzwischen in das Gebäudemanagement eingegliedert, die Gebäudenutzer können die Hälfte ihrer Einsparungen behalten.
- Freiburg hat bereits 1986 im Stadtrat einstimmig ein Energieversorgungskonzept beschlossen. Die Schulen dürfen die Hälfte der Einsparungen für ihr Budget behalten, 30 % fließen ins Budget des Energiemanagements, die restlichen 20 % entlasten den Gesamthaushalt. Inzwischen ist das EM in das neu geschaffene zentrale Gebäudemanagement integriert. Hierzu liegen noch keine Erfahrungen vor. Freiburg ist sehr engagiert bei EE und hat diese eng mit EM verknüpft. Auch der kommunale Energieversorger ist sensibel für Energiethemen, was angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung nicht überrascht, und betrachtet sein Engagement für EE und Energiesparen als Kundenbindung.
- Dessau verfügt über ein Fernwärmenetz. Hier wird vor allem Wärme aus einem Mitte der 90er Jahre sanierten, mit fossiler Energie betriebenen Kraftwerk eingespeist. Das erweist sich bei der Nutzung von EE als hinderlich, obwohl Dessau in diesem Bereich ansonsten recht aktiv ist. Erst wenn die Kraftwerksinvestitionen 2015 abgeschrieben sind, könnte sich das Fernwärmenetz als Erfolgsfaktor für EE herausstellen.
- Das Engagement für EE war in Detmold in den 90er Jahren stärker als nach der Jahrtausendwende. Die Gründe waren ein Wechsel der Mehrheitsverhältnisse im Rat und mehrere personelle Wechsel an der Stadtspitze.
- Fürth hat bundesweit einen Spitzenplatz bei der Erzeugung von Solarenergie. Rechtliche Möglichkeiten etwa bei der Bauleitplanung werden nicht eingesetzt. Besonders aktiv ist der Oberbürgermeister, der durch seinen Einsatz für EE seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung und damit seine Wiederwahlchancen steigern konnte.
„Unter umwelt- und energiepolitischen Aspekten ist der Stand des Energiemanagements in vielen untersuchten Kommunen unbefriedigend.“
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kommunen ihr Energiemanagement und die Nutzung erneuerbarer Energien noch deutlich verstärken müssen, wenn die klimapolitischen Ziele des Bundes und der EU erreicht werden sollen.