Innovationen im Service

Buch Innovationen im Service

Wie Sie Trends erkennen und im Unternehmen wirtschaftlich umsetzen

Gabler,


Rezension

Die technischen Er­run­gen­schaften der letzten Jahre sind inzwischen in viele Un­ternehmens­bere­iche eingezogen, nur die Tür zum Kun­denser­vice bleibt ihnen häufig noch ver­schlossen, beklagen die Autoren dieses Buches. Während die Bedeutung der Innovation in der Produktion außer Frage steht, wird ihr im Kun­den­di­enst nur wenig Beachtung geschenkt. Die Autoren berichten von vorderster Front und sehr praxisnah darüber, wie sich neue Tech­nolo­gien und Methoden im Bereich des Kun­denser­vice einsetzen lassen. Sie konzen­tri­eren sich auf einige klar erkennbare Trends, die sie mit Beispielen ve­r­an­schaulichen. Zugleich warnen sie vor den Gefahren in diesem sensiblen Bereich, vor allem davor, über das Ziel hin­auszuschießen. Alle Maßnahmen müssen fein auf den Kunden abgestimmt sein und er muss konstruktiv und intelligent in das Unternehmen eingebunden werden. Die Autoren schreiben trotz der zahlreichen Anglizismen verständlich und nachvol­lziehbar. BooksInShort empfiehlt dieses innovative Buch Führungskräften, Mar­keting­ex­perten und Beratern.

Take-aways

  • Die Integration des Kunden in das Unternehmen ist heute wet­tbe­werb­sentschei­dend.
  • Die Kunden werden immer mächtiger. Sie können sich blitzschnell im Internet austauschen.
  • Nutzen Sie das interaktive Web 2.0 als Ver­trieb­sweg und als Be­ratungsplat­tform.
  • Die Selb­st­be­di­enung des Kunden im Internet spart Kosten, sofern seine Fragen geklärt sind.
  • Das Selbst- und das Fremdbild des Un­ternehmens müssen übere­in­stim­men, damit es zu positiven Web-2.0-Aktivitäten kommt.
  • Führen Sie das Kun­den­wis­sen zusammen, um Ihre Dienste darauf abzustimmen.
  • Es lohnt sich, den Kun­denser­vice mit dem Verkauf zu koppeln.
  • Behandeln Sie Ihre Kunden nicht alle gleich. Analysieren Sie ihren Wert fürs Unternehmen sowie ihren Typ.
  • Stimmen Sie die un­ter­schiedlichen Un­ternehmen­sprozesse mithilfe einer Kenn­zahlen­soft­ware aufeinander ab.
  • Beim Offshoring des Kun­denser­vice leidet oft die Qualität. Homeshoring (Heimarbeit) ist eine gute Alternative.
 

Zusammenfassung

Tech­nol­o­gis­che Ser­vi­cein­no­va­tio­nen

Die Selb­st­be­di­enung, die dem Kunden durch das Internet ermöglicht wird, muss überlegt und dif­feren­ziert gestaltet sein. Sie spart zwar Kosten für Service und Mitarbeiter, jedoch können die Umsätze stagnieren, weil die Kauf­mo­ti­va­tion sowie die Kun­den­ber­atung und -beziehung zu kurz kommen. So fiel etwa einem Touris­musun­ternehmen auf, dass sich In­ter­essen­ten ausgiebig auf der Homepage in­formierten, dann aber den Bestel­lvor­gang häufig abbrachen. Es stellte sich heraus, dass die poten­ziellen Kunden zu viele ungeklärte Fragen hatten. Als Lösung wurde ein Chat kreiert, der den Kunden per Pop-up angeboten wurde, wenn sie längere Zeit auf den Seiten surften. Viele Kunden nahmen dieses Angebot dankbar an und stellten ihre Fragen. In der Folge erhöhte sich die Buchungsrate markant.

„Die Einführung neuer Funk­tion­alitäten oder neuer technikgestützter Prozesse hilft nicht nur, die Kun­den­bindung im Service zu erhöhen, sondern auch den Vertrieb anzukurbeln.“

Einige Unternehmen binden Wikis in ihre Webshops ein. Wikis sind Textsysteme, durch die sich Kunden über Produkte oder Probleme informieren können. Zudem können alle den Inhalt mit­gestal­ten, verändern oder ergänzen. Wikis erhöhen die Be­sucher­fre­quenz und das Such­maschi­nen-Rank­ing. Auch Ap­p­lika­tio­nen für Smartphones, die dem Kunden digitale Erlebnisse und Kaufanreize bieten, liegen im Trend.

„Viele der neuen Web-2.0-Tech­nolo­gien bieten Raum für Ser­vi­cein­no­va­tio­nen, die sich rechnen.“

Verbinden Sie den Ausbau dieser Kom­mu­nika­tion­sange­bote mit der Beobachtung des Nutzerver­hal­tens: Wie bewegen sich die Kunden auf der Website? Welche Produkte klicken sie an und wie reagieren sie auf Blick­fan­gele­mente und Banner? Welche soziode­mografis­chen Merkmale herrschen bei den In­ter­essen­ten vor? So banal es klingt, technische Neuerungen müssen vom Kunden angenommen werden. Zu komplexe Systeme, wie etwa ein Videochat, schrecken eher ab. Der Nutzer möchte das Gefühl haben, das Ruder in der Hand zu behalten. Verlieren Sie Ihre Ziele nicht aus den Augen: Es geht um die Lösung von Kun­den­prob­le­men, die Einbindung der In­ter­essen­ten in das Unternehmen und die Erhöhung der Verkäufe. Dafür sind technische In­no­va­tio­nen ein ideales Mittel, aber kein Selbstzweck.

Social Communitys, Twitter und Videos im Service

Blogs, Communitys und das Social Web verändern die Kun­denkom­mu­nika­tion vieler Unternehmen nachhaltig. Öffnen Sie sich dem Web 2.0 bewusst und bieten Sie Kom­mu­nika­tion an. Sonst berichten Ihre Kunden möglicher­weise anderswo über Sie, und das kann in Einzelfällen weite Kreise ziehen, etwa wenn die etablierten Medien ein Thema aufgreifen. Immer mehr Unternehmen sind auf Facebook präsent und nutzen Twitter, sie rekrutieren darüber Anhänger und erhöhen damit ihre Umsätze. Vor allem wenn die Kundschaft ohnehin eine Affinität zu Social Media aufweist, sind solche Angebote zwingend. Die neuen Plattformen reduzieren in der Regel den herkömmlichen Kun­denkon­takt via Telefon und E-Mail. Stattdessen tauschen sich Kunden und In­ter­essen­ten in Foren aus, wenn sie Fragen oder Probleme haben. Die Nutzer entwickeln dadurch auch eine Nähe zum Unternehmen und wechseln weniger häufig zur Konkurrenz. Durch die vielen Klicks und die ständige Erweiterung des Inhalts gewinnt Ihr Unternehmen an digitaler Wertigkeit. Da es sich bei einer In­ter­net­com­mu­nity um eine komplexe An­gele­gen­heit handelt, können Sie mit einem Pi­lot­pro­jekt in einem bestimmten Produkt- oder Prob­lem­bere­ich starten, um erste Erfahrungen zu sammeln.

„Selfservice ist einer der großen Trends im Kun­denser­vice.“

Auch der mobile Videoser­vice ist für Kunden sehr nützlich. Bieten Sie beispiel­sweise Videos an, die dem Kunden die Anwendung oder Reparatur eines bestimmten Pro­duk­t­mod­ells zeigen. Dadurch erhalten Sie auch Rückmeldungen zum Bedarf Ihrer Kunden.

Wichtig ist, dass das Selbst- und das Fremdbild des Un­ternehmens zusam­men­passen, sonst laufen Sie Gefahr, dass Ihre Kunden massenhaft Kritik veröffentlichen. Lassen Sie es zu, dass die Community sich möglichst authentisch entwickelt. Die Nutzer merken schnell, wenn das Unternehmen Beiträge manipuliert oder die Community zur bloßen Wer­be­funk­tion degradiert. Am Anfang aller Maßnahmen steht die Zielsetzung: Sie müssen genau definieren, was Sie auf welchen Ebenen erreichen wollen, und Ve­r­ant­wortlichkeiten festlegen – wie in anderen Un­ternehmens­bere­ichen auch. Unterschätzen Sie niemals die Effizienz der neuen Kom­mu­nika­tion­skanäle.

Kun­den­in­te­gra­tion

Die modernen Kom­mu­nika­tion­stech­nolo­gien eröffnen ganz neue Möglichkeiten, die Kunden ans Unternehmen zu binden. Und diese erwarten das zunehmend auch. Manche erhoffen sich, Einfluss auf das Sortiment und die In­no­va­tio­nen nehmen zu können. Unternehmen können in der Tat vom Wissen und den Ideen der Kunden profitieren. Es gilt, diese In­for­ma­tio­nen sys­tem­a­tisch zu erschließen. Zunächst geht es darum, das Kun­den­wis­sen, das im Unternehmen meist verstreut ist, zu bündeln. Durch die Auswertung von In­ter­net­beiträgen gewinnen Sie weitere In­for­ma­tio­nen. Darüber hinaus können Sie Kunden durch Befragungen und Ideen­wet­tbe­werbe dazu bringen, ihre Meinungen, Vorschläge und Beschwerden mitzuteilen. Stellen Sie das gewonnene Kun­den­wis­sen dem ganzen Unternehmen zur Verfügung. Ein Fit­nessstu­dio führte beispiel­sweise auf Kundenideen hin ein „Fast Fit­ness­cen­ter“ ein – in Anlehnung an Fast-Food-Ket­ten.

„Entschei­dend ist, dass die technische Innovation auch die Kun­den­er­wartung trifft.“

Der Kunde wird insofern mächtiger, als er sich via Internet blitzschnell über Produkte, Al­ter­na­tiven, Preise und Bewertungen informieren kann. Das legt die In­di­vid­u­al­isierung von Produkten und die Einbindung des Kunden nahe, was wiederum dessen Iden­ti­fika­tion mit dem Unternehmen fördert. Das fängt schon damit an, dass Sie ihm beispiel­sweise die Möglichkeit bieten, die Antworten auf häufig gestellte Fragen zu bewerten, und ihn bei einer negativen Bewertung um eine Begründung bitten. Durch die Vergabe von Rängen, Bonus­punk­ten oder Gutscheinen können Sie die Teilnahme der Benutzer Ihrer In­ter­net­com­mu­nity anerkennen und sie zu weiteren Aktionen animieren. Reagieren Sie möglichst rasch auf berechtigte Kritik, sodass sich unter den Nutzern kein Frust breitmacht.

Kun­den­di­enst und Verkauf – ein Widerspruch?

Wie wäre es, wenn der Kun­denser­vice nicht mehr nur Probleme lösen würde, sondern der Kundschaft auch Produkte anböte? Das ist weniger störend als angenommen, vo­raus­ge­setzt allerdings, dass sowohl die Gelegenheit als auch das Produkt passen. Sinnvoll ist es, wenn dem Kun­den­di­enst die Stammdaten und die Historie der Käufer zugänglich gemacht werden. Bevor Sie allerdings ein Verkauf­s­ge­spräch auf der Basis der Daten beginnen, klären Sie das Anliegen des Kunden restlos.

„Nur wer seine Kunden kennt, kann im Service die Ressourcen effizient und effektiv einsetzen.“

Infrage kommen die Verkauf­s­meth­o­den Cross-Sell­ing oder Up-Selling. Bei Cross-Sell­ing wird ein zusätzliches Produkt verkauft. Ruft ein Kunde beispiel­sweise wegen seines Druckers an, so können Sie ihm einen WLAN-An­schluss oder eine Garantiev­erlängerung anbieten. Up-Selling bedeutet, dass ein Produkt durch ein aktuelles Modell ersetzt wird, im erwähnten Fall z. B. durch ein neues Druck­er­mod­ell.

„In­no­va­tio­nen im Bereich der Prozesse und In­stru­men­tarien können kostengünstige Treiber für den Un­ternehmenser­folg sein.“

Wenn Sie diese Neuerung im Kun­den­di­enst einführen, sollten Sie die Mitarbeiter von Ver­trieb­smi­tar­beit­ern schulen lassen. Belohnen Sie erste Verkauf­ser­folge und tauschen Sie Best-Prac­tice-Beispiele aus.

Den Kundenwert berücksichtigen

In der Regel behandeln die Ser­vicemi­tar­beiter alle Kunden mehr oder weniger gleich. Da aber nur eine geringe Zahl der Kunden den Hauptumsatz eines Un­ternehmens generiert, stellt diese Vorge­hensweise für die meisten Kunden zu viel, für die sehr wertvollen dagegen zu wenig Aufwand dar. Viele Unternehmen teilen ihre Kunden bereits in A-, B-, oder C-Kunden ein, nutzen diese Klas­si­fizierung aber nicht im Service. Neue Techniken erlauben es, wertvolle Kunden an gut aus­ge­bildete und kompetente Mitarbeiter zu vermitteln, während die anderen in die Warteschleife gelenkt werden. Um den Kunden zu iden­ti­fizieren, sind Sie u. U. auf die Hilfe Ihrer Tele­fonge­sellschaft angewiesen, die auch unterdrückte Rufnummern erkennen kann. Die Rufnummer wird dann zwar nicht angezeigt, aber der Anruf wird trotzdem aufgrund der Num­mern­erken­nung an den zuständigen Kun­den­ber­ater weit­ergeleitet.

„Zweifellos ist Homeshoring inzwischen zu einer spannenden al­ter­na­tiven Or­gan­i­sa­tions­form heran­gereift – ins­beson­dere für den Ser­vice­bere­ich, wenn andere Kostensenkung­spro­gramme ihr Ziel verfehlt haben.“

Noch sinnvoller ist es, den Kunden nicht nur nach seinem Wert für das Unternehmen zu klas­si­fizieren, sondern auch nach seinem Typ. Ein Reisebüro könnte z. B. folgende Kategorien einführen: Früh- oder Spätbucher, Single-, Abenteuer-, Pauschal- oder Fam­i­lienurlauber, Nah- oder Fer­n­reisender. Die für die Typisierung notwendigen Daten und Profile gewinnen Sie aus den bisherigen Kontakten und Käufen Ihres Kunden. Die Iden­ti­fizierung des Kundentyps erlaubt es, ihn an jeweils entsprechend geschulte Mitarbeiter weit­erzuleiten, sodass er type­n­gerecht ange­sprochen wird und sich ernst genommen fühlt. Dadurch werden auch die Cross- und Up-Sell­ing-Umsätze erhöht. Vo­raus­set­zung für ein solches Konzept ist aber, dass Sie mindestens 10 000 Kunden haben und dass diese sich tatsächlich aus un­ter­schiedlichen Typen zusam­menset­zen. Fangen Sie in der Praxis mit zwei Kundentypen an und erhöhen Sie auf maximal sechs. Übersteigen Sie diese Anzahl, amortisiert sich der Aufwand nicht.

Optimal steuern: in­te­gri­ertes Per­for­mance-Man­age­ment

Immer wieder kommt es vor, dass der Kun­den­di­enst von einem hohen In­ter­essen­te­naufkom­men überrascht wird, weil er über bestimmte Wer­beak­tio­nen nicht informiert wurde. Stimmen Sie deshalb Ihre zahlreichen Un­ternehmen­sak­tivitäten aufeinander ab. Bringen Sie alle Un­ternehmens­bere­iche in eine Balance. Überprüfen Sie zunächst die Art der verwendeten Kennzahlen und passen Sie diese der aktuellen Un­ternehmensen­twick­lung an. Konzen­tri­eren Sie sich auf die wesentlichen Indikatoren. Berücksichtigen Sie nicht nur finanzielle Aspekte, sondern auch die Zufrieden­heit Ihrer Kunden und Mitarbeiter. Nutzen Sie ein Dashboard, ein Soft­ware­pro­gramm, das auf einem Kenn­zahlen­cock­pit eine Reihe von Indikatoren vi­su­al­isiert und die wech­sel­seit­ige Abhängigkeit von Prozessen sowie Ur­sache-Wirkungs-Zusam­menhänge aufzeigt. Dadurch gewinnen Sie Transparenz und können, wenn nötig, Gegenmaßnahmen einleiten. Das Soft­ware­pro­gramm erkennt auch krisenhafte Muster und alarmiert den Entscheider.

Homeshoring statt Offshoring

Um Kosten zu sparen, lagern Unternehmen den tele­fonis­chen Kun­den­di­enst oft in Niedriglohn- oder struk­turschwache Länder aus. Trotz intensiven Trainings der neuen Mitarbeiter lässt die Qualität des Service häufig zu wünschen übrig. Eine Alternative, mit der Sie ebenfalls Kosten sparen können, ohne auf gut qual­i­fizierte Mitarbeiter verzichten zu müssen, besteht im Homeshoring, also dem Kun­den­di­enst in Heimarbeit. Diese Art der Or­gan­i­sa­tion bietet weitere Vorteile: Der Ar­beit­sein­satz lässt sich besser den Schwankun­gen innerhalb des Kun­de­naufkom­mens anpassen. So können sowohl Schichten geteilt als auch Mikroschichten eingelegt werden, also Schichten, die weniger als zwei Stunden dauern. Die übrige Zeit kann der Mitarbeiter privat sinnvoll nutzen. Die Belegschaft begrüßt im Allgemeinen diese Ar­beit­sor­gan­i­sa­tion, sie ist produktiver, die Fehlzeiten und die Fluktuation nehmen ab. Darüber hinaus gewinnt das Unternehmen neue Mi­tar­beit­er­grup­pen, die gern von zu Hause aus arbeiten. Auch körperlich eingeschränkte Mitarbeiter lassen sich so leichter rekrutieren. Zudem gewinnen Sie kompetente Mitarbeiter unabhängig von ihrem Aufen­thalt­sort. Die Kostensenkun­gen liegen auf der Hand: Sie sparen an In­fra­struk­tur, Räum­lichkeiten, Fahrtkosten und un­pro­duk­tiven Leerzeiten.

Über die Autoren

Ingo Schei­d­weiler ist Gründer der Un­ternehmens­ber­atung O’Donovan Consulting in Bad Homburg und Experte für Kun­denser­vice­mod­elle. Matias Musmacher ist Partner der O’Donovan Consulting.