Technologische Serviceinnovationen
Die Selbstbedienung, die dem Kunden durch das Internet ermöglicht wird, muss überlegt und differenziert gestaltet sein. Sie spart zwar Kosten für Service und Mitarbeiter, jedoch können die Umsätze stagnieren, weil die Kaufmotivation sowie die Kundenberatung und -beziehung zu kurz kommen. So fiel etwa einem Tourismusunternehmen auf, dass sich Interessenten ausgiebig auf der Homepage informierten, dann aber den Bestellvorgang häufig abbrachen. Es stellte sich heraus, dass die potenziellen Kunden zu viele ungeklärte Fragen hatten. Als Lösung wurde ein Chat kreiert, der den Kunden per Pop-up angeboten wurde, wenn sie längere Zeit auf den Seiten surften. Viele Kunden nahmen dieses Angebot dankbar an und stellten ihre Fragen. In der Folge erhöhte sich die Buchungsrate markant.
„Die Einführung neuer Funktionalitäten oder neuer technikgestützter Prozesse hilft nicht nur, die Kundenbindung im Service zu erhöhen, sondern auch den Vertrieb anzukurbeln.“
Einige Unternehmen binden Wikis in ihre Webshops ein. Wikis sind Textsysteme, durch die sich Kunden über Produkte oder Probleme informieren können. Zudem können alle den Inhalt mitgestalten, verändern oder ergänzen. Wikis erhöhen die Besucherfrequenz und das Suchmaschinen-Ranking. Auch Applikationen für Smartphones, die dem Kunden digitale Erlebnisse und Kaufanreize bieten, liegen im Trend.
„Viele der neuen Web-2.0-Technologien bieten Raum für Serviceinnovationen, die sich rechnen.“
Verbinden Sie den Ausbau dieser Kommunikationsangebote mit der Beobachtung des Nutzerverhaltens: Wie bewegen sich die Kunden auf der Website? Welche Produkte klicken sie an und wie reagieren sie auf Blickfangelemente und Banner? Welche soziodemografischen Merkmale herrschen bei den Interessenten vor? So banal es klingt, technische Neuerungen müssen vom Kunden angenommen werden. Zu komplexe Systeme, wie etwa ein Videochat, schrecken eher ab. Der Nutzer möchte das Gefühl haben, das Ruder in der Hand zu behalten. Verlieren Sie Ihre Ziele nicht aus den Augen: Es geht um die Lösung von Kundenproblemen, die Einbindung der Interessenten in das Unternehmen und die Erhöhung der Verkäufe. Dafür sind technische Innovationen ein ideales Mittel, aber kein Selbstzweck.
Social Communitys, Twitter und Videos im Service
Blogs, Communitys und das Social Web verändern die Kundenkommunikation vieler Unternehmen nachhaltig. Öffnen Sie sich dem Web 2.0 bewusst und bieten Sie Kommunikation an. Sonst berichten Ihre Kunden möglicherweise anderswo über Sie, und das kann in Einzelfällen weite Kreise ziehen, etwa wenn die etablierten Medien ein Thema aufgreifen. Immer mehr Unternehmen sind auf Facebook präsent und nutzen Twitter, sie rekrutieren darüber Anhänger und erhöhen damit ihre Umsätze. Vor allem wenn die Kundschaft ohnehin eine Affinität zu Social Media aufweist, sind solche Angebote zwingend. Die neuen Plattformen reduzieren in der Regel den herkömmlichen Kundenkontakt via Telefon und E-Mail. Stattdessen tauschen sich Kunden und Interessenten in Foren aus, wenn sie Fragen oder Probleme haben. Die Nutzer entwickeln dadurch auch eine Nähe zum Unternehmen und wechseln weniger häufig zur Konkurrenz. Durch die vielen Klicks und die ständige Erweiterung des Inhalts gewinnt Ihr Unternehmen an digitaler Wertigkeit. Da es sich bei einer Internetcommunity um eine komplexe Angelegenheit handelt, können Sie mit einem Pilotprojekt in einem bestimmten Produkt- oder Problembereich starten, um erste Erfahrungen zu sammeln.
„Selfservice ist einer der großen Trends im Kundenservice.“
Auch der mobile Videoservice ist für Kunden sehr nützlich. Bieten Sie beispielsweise Videos an, die dem Kunden die Anwendung oder Reparatur eines bestimmten Produktmodells zeigen. Dadurch erhalten Sie auch Rückmeldungen zum Bedarf Ihrer Kunden.
Wichtig ist, dass das Selbst- und das Fremdbild des Unternehmens zusammenpassen, sonst laufen Sie Gefahr, dass Ihre Kunden massenhaft Kritik veröffentlichen. Lassen Sie es zu, dass die Community sich möglichst authentisch entwickelt. Die Nutzer merken schnell, wenn das Unternehmen Beiträge manipuliert oder die Community zur bloßen Werbefunktion degradiert. Am Anfang aller Maßnahmen steht die Zielsetzung: Sie müssen genau definieren, was Sie auf welchen Ebenen erreichen wollen, und Verantwortlichkeiten festlegen – wie in anderen Unternehmensbereichen auch. Unterschätzen Sie niemals die Effizienz der neuen Kommunikationskanäle.
Kundenintegration
Die modernen Kommunikationstechnologien eröffnen ganz neue Möglichkeiten, die Kunden ans Unternehmen zu binden. Und diese erwarten das zunehmend auch. Manche erhoffen sich, Einfluss auf das Sortiment und die Innovationen nehmen zu können. Unternehmen können in der Tat vom Wissen und den Ideen der Kunden profitieren. Es gilt, diese Informationen systematisch zu erschließen. Zunächst geht es darum, das Kundenwissen, das im Unternehmen meist verstreut ist, zu bündeln. Durch die Auswertung von Internetbeiträgen gewinnen Sie weitere Informationen. Darüber hinaus können Sie Kunden durch Befragungen und Ideenwettbewerbe dazu bringen, ihre Meinungen, Vorschläge und Beschwerden mitzuteilen. Stellen Sie das gewonnene Kundenwissen dem ganzen Unternehmen zur Verfügung. Ein Fitnessstudio führte beispielsweise auf Kundenideen hin ein „Fast Fitnesscenter“ ein – in Anlehnung an Fast-Food-Ketten.
„Entscheidend ist, dass die technische Innovation auch die Kundenerwartung trifft.“
Der Kunde wird insofern mächtiger, als er sich via Internet blitzschnell über Produkte, Alternativen, Preise und Bewertungen informieren kann. Das legt die Individualisierung von Produkten und die Einbindung des Kunden nahe, was wiederum dessen Identifikation mit dem Unternehmen fördert. Das fängt schon damit an, dass Sie ihm beispielsweise die Möglichkeit bieten, die Antworten auf häufig gestellte Fragen zu bewerten, und ihn bei einer negativen Bewertung um eine Begründung bitten. Durch die Vergabe von Rängen, Bonuspunkten oder Gutscheinen können Sie die Teilnahme der Benutzer Ihrer Internetcommunity anerkennen und sie zu weiteren Aktionen animieren. Reagieren Sie möglichst rasch auf berechtigte Kritik, sodass sich unter den Nutzern kein Frust breitmacht.
Kundendienst und Verkauf – ein Widerspruch?
Wie wäre es, wenn der Kundenservice nicht mehr nur Probleme lösen würde, sondern der Kundschaft auch Produkte anböte? Das ist weniger störend als angenommen, vorausgesetzt allerdings, dass sowohl die Gelegenheit als auch das Produkt passen. Sinnvoll ist es, wenn dem Kundendienst die Stammdaten und die Historie der Käufer zugänglich gemacht werden. Bevor Sie allerdings ein Verkaufsgespräch auf der Basis der Daten beginnen, klären Sie das Anliegen des Kunden restlos.
„Nur wer seine Kunden kennt, kann im Service die Ressourcen effizient und effektiv einsetzen.“
Infrage kommen die Verkaufsmethoden Cross-Selling oder Up-Selling. Bei Cross-Selling wird ein zusätzliches Produkt verkauft. Ruft ein Kunde beispielsweise wegen seines Druckers an, so können Sie ihm einen WLAN-Anschluss oder eine Garantieverlängerung anbieten. Up-Selling bedeutet, dass ein Produkt durch ein aktuelles Modell ersetzt wird, im erwähnten Fall z. B. durch ein neues Druckermodell.
„Innovationen im Bereich der Prozesse und Instrumentarien können kostengünstige Treiber für den Unternehmenserfolg sein.“
Wenn Sie diese Neuerung im Kundendienst einführen, sollten Sie die Mitarbeiter von Vertriebsmitarbeitern schulen lassen. Belohnen Sie erste Verkaufserfolge und tauschen Sie Best-Practice-Beispiele aus.
Den Kundenwert berücksichtigen
In der Regel behandeln die Servicemitarbeiter alle Kunden mehr oder weniger gleich. Da aber nur eine geringe Zahl der Kunden den Hauptumsatz eines Unternehmens generiert, stellt diese Vorgehensweise für die meisten Kunden zu viel, für die sehr wertvollen dagegen zu wenig Aufwand dar. Viele Unternehmen teilen ihre Kunden bereits in A-, B-, oder C-Kunden ein, nutzen diese Klassifizierung aber nicht im Service. Neue Techniken erlauben es, wertvolle Kunden an gut ausgebildete und kompetente Mitarbeiter zu vermitteln, während die anderen in die Warteschleife gelenkt werden. Um den Kunden zu identifizieren, sind Sie u. U. auf die Hilfe Ihrer Telefongesellschaft angewiesen, die auch unterdrückte Rufnummern erkennen kann. Die Rufnummer wird dann zwar nicht angezeigt, aber der Anruf wird trotzdem aufgrund der Nummernerkennung an den zuständigen Kundenberater weitergeleitet.
„Zweifellos ist Homeshoring inzwischen zu einer spannenden alternativen Organisationsform herangereift – insbesondere für den Servicebereich, wenn andere Kostensenkungsprogramme ihr Ziel verfehlt haben.“
Noch sinnvoller ist es, den Kunden nicht nur nach seinem Wert für das Unternehmen zu klassifizieren, sondern auch nach seinem Typ. Ein Reisebüro könnte z. B. folgende Kategorien einführen: Früh- oder Spätbucher, Single-, Abenteuer-, Pauschal- oder Familienurlauber, Nah- oder Fernreisender. Die für die Typisierung notwendigen Daten und Profile gewinnen Sie aus den bisherigen Kontakten und Käufen Ihres Kunden. Die Identifizierung des Kundentyps erlaubt es, ihn an jeweils entsprechend geschulte Mitarbeiter weiterzuleiten, sodass er typengerecht angesprochen wird und sich ernst genommen fühlt. Dadurch werden auch die Cross- und Up-Selling-Umsätze erhöht. Voraussetzung für ein solches Konzept ist aber, dass Sie mindestens 10 000 Kunden haben und dass diese sich tatsächlich aus unterschiedlichen Typen zusammensetzen. Fangen Sie in der Praxis mit zwei Kundentypen an und erhöhen Sie auf maximal sechs. Übersteigen Sie diese Anzahl, amortisiert sich der Aufwand nicht.
Optimal steuern: integriertes Performance-Management
Immer wieder kommt es vor, dass der Kundendienst von einem hohen Interessentenaufkommen überrascht wird, weil er über bestimmte Werbeaktionen nicht informiert wurde. Stimmen Sie deshalb Ihre zahlreichen Unternehmensaktivitäten aufeinander ab. Bringen Sie alle Unternehmensbereiche in eine Balance. Überprüfen Sie zunächst die Art der verwendeten Kennzahlen und passen Sie diese der aktuellen Unternehmensentwicklung an. Konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Indikatoren. Berücksichtigen Sie nicht nur finanzielle Aspekte, sondern auch die Zufriedenheit Ihrer Kunden und Mitarbeiter. Nutzen Sie ein Dashboard, ein Softwareprogramm, das auf einem Kennzahlencockpit eine Reihe von Indikatoren visualisiert und die wechselseitige Abhängigkeit von Prozessen sowie Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzeigt. Dadurch gewinnen Sie Transparenz und können, wenn nötig, Gegenmaßnahmen einleiten. Das Softwareprogramm erkennt auch krisenhafte Muster und alarmiert den Entscheider.
Homeshoring statt Offshoring
Um Kosten zu sparen, lagern Unternehmen den telefonischen Kundendienst oft in Niedriglohn- oder strukturschwache Länder aus. Trotz intensiven Trainings der neuen Mitarbeiter lässt die Qualität des Service häufig zu wünschen übrig. Eine Alternative, mit der Sie ebenfalls Kosten sparen können, ohne auf gut qualifizierte Mitarbeiter verzichten zu müssen, besteht im Homeshoring, also dem Kundendienst in Heimarbeit. Diese Art der Organisation bietet weitere Vorteile: Der Arbeitseinsatz lässt sich besser den Schwankungen innerhalb des Kundenaufkommens anpassen. So können sowohl Schichten geteilt als auch Mikroschichten eingelegt werden, also Schichten, die weniger als zwei Stunden dauern. Die übrige Zeit kann der Mitarbeiter privat sinnvoll nutzen. Die Belegschaft begrüßt im Allgemeinen diese Arbeitsorganisation, sie ist produktiver, die Fehlzeiten und die Fluktuation nehmen ab. Darüber hinaus gewinnt das Unternehmen neue Mitarbeitergruppen, die gern von zu Hause aus arbeiten. Auch körperlich eingeschränkte Mitarbeiter lassen sich so leichter rekrutieren. Zudem gewinnen Sie kompetente Mitarbeiter unabhängig von ihrem Aufenthaltsort. Die Kostensenkungen liegen auf der Hand: Sie sparen an Infrastruktur, Räumlichkeiten, Fahrtkosten und unproduktiven Leerzeiten.