Philosophie des Führens mit Zielvereinbarungen
Heute sind Unternehmen stärker denn je auf selbstständige und verantwortungsbewusste Mitarbeiter angewiesen. Die partnerschaftliche Einbindung der Mitarbeiter in die Zielfindungsprozesse des Unternehmens soll aus weisungsgebundenen „Mit-Arbeitern“ mündige „Mit-Unternehmer“ machen. Das Konzept des Führens mit Zielvereinbarungen, eine Weiterentwicklung des „Management by Objectives“ (Führen durch Zielvorgabe), gilt als wirksames Instrument, die Herausforderungen einer demokratisierten Arbeitswelt zu meistern. Es beeinflusst die gesamte Führungskultur des Unternehmens.
Zielfindung als Managementfunktion
Zwingende Voraussetzung für zielbewusstes Entscheiden und zielgerichtetes Handeln ist eine klare Zielvorstellung. Unterscheiden Sie Wünsche von Zielen: Wünsche können realistisch sein, müssen aber nicht. Hüten Sie sich also davor, Wünsche unkritisch zu Handlungszielen zu erklären. Arbeiten Sie stattdessen mit den folgenden Elementen:
- Visionen sind komplexe, relativ unscharfe Vorstellungen einer anzustrebenden Zukunft. Weil sie unserem Bedürfnis nach Zukunftsperspektiven entgegenkommen, können sie ein hohes Maß an Kreativität und Umsetzungsenergie freisetzen. Ihr Ursprung liegt mehr in der Gefühls- als in der Gedankenwelt. Es lohnt sich darum, Mitarbeiter nicht nur auf gemeinsame Handlungsziele, sondern auch auf eine Vision einzuschwören.
- Leitbilder geben Orientierung. Sie definieren einen allgemeingültigen Handlungsrahmen und werden als Wertvorstellungen aus der Vision abgeleitet.
- Ziele beschreiben konkrete Endergebnisse. Formulieren Sie sie positiv und messbar. Bei komplexen und langwierigen Vorhaben unterteilen Sie den Weg in einzelne Etappen und legen Sie Teilziele fest. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, ein Maximal- und ein Minimalziel festzulegen.
Bedingungen erfolgswirksamer Zielsetzung
Zielsetzungen sind nur dann wirksam, wenn sich der Mitarbeiter für die Realisierung ins Zeug legt. Dabei kommt es auf zwei Faktoren an: Qualifikation und Motivation müssen stimmen. Ein Leistungsziel wird dann vom Mitarbeiter akzeptiert, wenn es die folgenden Kriterien erfüllt: Es muss eindeutig formuliert sein und darf möglichst keinen Interpretationsspielraum lassen. Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit muss deutlich werden. Der direkte Nutzen für den Mitarbeiter bei Erreichen des Ziels sollte klar erkennbar sein. Die Erreichbarkeit des Ziels muss mit den Ressourcen, den Befugnissen und der Qualifikation des Mitarbeiters korrespondieren. Vermeiden Sie sowohl Unter- als auch Überforderung. Der Energie- und Zeitaufwand, den ein Mitarbeiter für die Erreichung eines Ziels aufwenden muss, sollte zum erzielbaren Nutzen passen. Nicht zuletzt muss dem Mitarbeiter das Ziel als solches bekannt sein. Darauf ist besonders zu achten, wenn es um Mitarbeiter mit geringerer Qualifikation geht oder wenn das Ziel nicht in den unmittelbaren Kernbereich der Regelaufgaben fällt.
Motivation des Mitarbeiters
Achten Sie darauf, Ihre Wünsche als Vorgesetzter mit den Unternehmenszielen und den personenspezifischen Bedürfnissen des Mitarbeiters in Einklang zu bringen. Die Mitarbeiterbedürfnisse finden Sie am besten im Gespräch heraus. Erläutern Sie die Ziele so, dass der Mitarbeiter auch die Chance zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse sieht. Das wirkt motivierend.
Führen von Zielvereinbarungsgesprächen
Achten Sie bei der Durchführung von Zielvereinbarungsgesprächen darauf, den Mitarbeitern keine einseitigen Zielvorgaben zu machen. Treffen Sie vielmehr in einem freien Meinungsaustausch Absprachen darüber, was auf welchem Weg erreicht werden soll. Dabei sollten Sie auf Folgendes achten: Sprechen Sie Ihren Gesprächspartner mit Namen an und zeigen Sie Wertschätzung. Seien Sie in jedem Fall höflich, freundlich und fair und hören Sie aufmerksam zu. Passen Sie Ihre Sprache dem Kenntnisniveau Ihres Gegenübers an. Fragen ist immer besser als behaupten. Denken Sie allerdings auch daran, dass ein Zielvereinbarungsgespräch kein zwangloser Meinungsaustausch ist, sondern eine für beide Seiten verbindliche Abmachung darstellt. In einem Protokoll, am besten in Form eines standardisierten Formulars, halten Sie die Ergebnisse des Gesprächs fest.
Verantwortungsbewusste Kontrolle
Über eine systematische Zielverfolgung behalten Sie die Ziele im Auge und können nötigenfalls steuernd eingreifen. Tun Sie das allerdings mit Fingerspitzengefühl und Augenmaß. Denn sonst nehmen Sie Ihren Mitarbeitern den Mut zur Eigenverantwortung. Das Wie der Kontrolle ist das A und O des Führens mit Zielvereinbarungen. Wenn Sie die folgenden sechs Regeln beachten, wird der Mitarbeiter die Kontrolle als hilfreich und selbstverständlich erleben:
- Wählen Sie bewusst, individuell und situativ die richtige Kontrollart. Legen Sie fest, wer kontrolliert, was kontrolliert wird und wie häufig und genau es geschieht. Wägen Sie dabei die Chance auf Fehlerminimierung und Qualitätsverbesserung gegen den Aufwand und das Risiko der Demotivation ab.
- Planen Sie Kontrollen langfristig und machen Sie sie rechtzeitig bekannt. Sie geben damit Ihren Mitarbeitern die Chance zur Selbstkontrolle und Fehlerkorrektur.
- Begründen und erklären Sie die Kontrolle. Wenn das gesamte Verfahren transparent gestaltet ist, wird es vom Mitarbeiter auch als gerecht akzeptiert. Sie beugen damit dem Gefühl der persönlichen Schikane vor.
- Kontrollieren Sie nur Wichtiges und verzichten Sie auf Prinzipienreiterei. Vergegenwärtigen Sie sich, dass Sie nicht alles kontrollieren können; haben Sie Mut zur Lücke.
- Suchen Sie nicht nur nach Fehlern. Lassen Sie keine Chance aus, Ihren Mitarbeitern motivierende Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Wichtig dabei: Ehrlich bleiben!
- Schaffen Sie eine konstruktive Fehlerkultur. Positiv ist ein Klima, das es dem Mitarbeiter ermöglicht, Fehler freiwillig zuzugeben. Das hilft, mögliche Schäden zu begrenzen, und ist in jedem Fall gut für das Unternehmen. Dramatisieren Sie nicht, sondern stellen Sie den Erfahrungsgewinn in den Mittelpunkt. Halten Sie sich nicht mit der Suche nach Schuldigen auf. Konzentrieren Sie sich auf die Ursachenermittlung und Fehlerkorrektur.
„Der allmächtige, allwissende und allgegenwärtige Vorgesetzte gehört der Vergangenheit an.“
Denken Sie über Ihre eigenen Ansprüche an die Fehlerkultur nach: Wenn Sie selbst zu Perfektionismus neigen, werden Sie vermutlich auch dazu tendieren, Ihre Mitarbeiter akribisch zu kontrollieren und aus jeder Mücke einen Elefanten zu machen. Wenn Sie das tun, müssen Sie allerdings damit rechnen, in Bälde nur von unselbstständigen, unzufriedenen und wenig motivierten Teammitgliedern umgeben zu sein.
Ursachen von Zielverfehlung
Sind die Aktivitäten Ihres Mitarbeiters zur Realisierung der vereinbarten Ziele nicht zufriedenstellend, kann das grundsätzlich vier verschiedene Ursachen haben: Eignungs-, lern- oder ausstattungsbedingte Ursachen können Sie durch Umorganisation recht einfach beheben – einzig einen demotivierten Mitarbeiter aufzubauen, ist ein mühsames Geschäft mit unsicheren Erfolgsaussichten.
Ergebnisoptimierung durch Kritikgespräche
Mitarbeitergespräche, die Sie wegen eines mangelhaften Arbeitsergebnisses oder Fehlverhaltens führen müssen, nennt man Kritikgespräche. Sie dienen dazu, bei Zielverfehlungen korrigierend einzugreifen. Ein Kritikgespräch mit dem Mitarbeiter ist auch dann noch sinnvoll, wenn sich herausstellt, dass keine unmittelbare Korrektur mehr möglich ist. Kritikgespräche gehören zu den schwierigsten Herausforderungen. Wer sie aber aus diesem Grund meidet, sorgt so letztlich dafür, dass Mängel zulasten des Unternehmens fortbestehen. Folgende Regeln helfen dabei, ein Kritikgespräch erfolgreich zu meistern:
- Grad des Regelverstoßes abwägen: Überlegen Sie, wie schwerwiegend der Beanstandungspunkt ist. Vermeiden Sie ein formelles Gespräch mit seinen emotionalen Risiken, wenn es reicht, den Mitarbeiter bei Gelegenheit wohlwollend zu ermahnen.
- Den richtigen Zeitpunkt wählen: Das Gespräch sollte möglichst unmittelbar an den Auslöser anknüpfen, bevor das Schuldbewusstsein des Mitarbeiters schwindet. Aber Vorsicht: Sie als Führungskraft sollten ein solches Gespräch keinesfalls im Zustand der Verärgerung führen!
- Ursachenbeseitigung hat Vorrang vor Schuldzuweisung: Da in einem Kritikgespräch stets ein mögliches Fehlverhalten des Mitarbeiters im Raum steht, sollten Sie seinen unweigerlich aufkommenden negativen Gefühlen taktvoll begegnen. Dann stehen die Chancen gut, dass eine Situation entsteht, in der Sie offen und objektiv Meinungen und Informationen austauschen können.
- Erst klären – dann bewerten: Achten Sie in der Gesprächsführung darauf, als Erstes die Sachlage vollständig und umfassend aufzuklären. Erst dann erlauben Sie sich ein Urteil. Ist es durch Missverständnisse oder Falschinformationen zu einer Fehleinschätzung gekommen, entschuldigen Sie sich.
- Vergeltungsaktionen auf jeden Fall vermeiden: Auch wenn sich die Kritik als berechtigt herausstellt: Bleiben Sie unbedingt höflich und fair und verletzen Sie den Mitarbeiter nicht. Erwecken Sie auf keinen Fall den Eindruck, sich abzureagieren oder zu revanchieren.
- Klare, nicht harte Worte wählen: Vermeiden Sie eine polemische oder kränkende Wortwahl. Erwecken Sie aber auch nicht den Eindruck, unverbindlich zu plaudern. Machen Sie Ihrem Mitarbeiter in verbindlichem Ton klar, wo er Ziele nicht erreicht, wo er gegen Regeln verstößt und was Sie von ihm erwarten.
- Beobachtungen von Vermutungen trennen: Hüten Sie sich davor, Vermutungen und Spekulationen mit Beobachtungen und Kontrollergebnissen zu vermischen.
- Tatbestände kritisieren, Persönlichkeitswerte nicht antasten: Vermeiden Sie jeden Versuch, in einem Kritikgespräch auf die Persönlichkeit Ihres Mitarbeiters einwirken zu wollen. Beschränken Sie sich darauf, seine Arbeitsleistungen und sein Arbeitsverhalten zu optimieren. Schon sachliche Kritik ruft in den meisten Fällen negative Gefühle hervor. Vorwürfe in Richtung Persönlichkeitswert können harsche Gegenreaktionen auslösen. Eine konstruktive Vereinbarung ist dann nicht mehr möglich.
- Kritikgespräche immer unter vier Augen führen: Helfen Sie Ihrem Mitarbeiter, sein Gesicht zu wahren, und stellen Sie ihn nicht bloß. Wünscht er sich allerdings die Hinzuziehung eines Dritten, etwa eines Betriebsrats, steht dem nichts im Weg.
„Ohne Fehltritte fehlen die Erfahrungsschritte zum Fortschritt.“
Ein Kritikgespräch ist gescheitert, wenn es in feindseliger Atmosphäre verlaufen ist und der Mitarbeiter den Raum mit dem Gefühl verlässt, in der Firma keine Chance mehr zu haben. Die innere Kündigung ist die Folge. Das sollten Sie unbedingt vermeiden.