Erfolgschance Zufall
Ist es nicht ein erhebendes Gefühl, wenn man sich einen Erfolg mit harter Arbeit verdient hat? Das Wort „Erfolg“ suggeriert, dass er die Folge einer gewissen Handlung ist. Entsprechend stolz sind wir auf Erfolgserlebnisse. Die Schuld an Niederlagen dagegen schieben wir gern auf andere oder machen widrige Umstände verantwortlich. In Wirklichkeit beruht beides – Erfolg und Misserfolg – auf einer Vielzahl von Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben. Dazu gehören etwa unser Geburtsjahr oder globale Ereignisse.
„Wer sich bewusst ist, dass Erfolge und Misserfolge nicht nur an sein eigenes Handeln gekoppelt sind, gibt dem Zufall einen angemessenen Platz.“
Die Vision der klassischen Naturwissenschaft nach Newton lautete: Je besser wir die Ursachen von Prozessen oder Entwicklungen erforschen, desto genauer können wir deren Verlauf und die daraus entstehenden Wirkungen berechnen. Dieser Berechenbarkeitswahn wird von den Erkenntnissen der modernen Quantenphysik, Thermodynamik und Chaosforschung stark infrage gestellt. Hier spielt der Zufall eine wichtige Rolle. Ähnlich verhält es sich bei sozialen Gebilden wie Gruppen, Unternehmen oder Märkten: Voraussagen sind aufgrund der hohen Komplexität dieser Systeme schwierig. Selbst kleinste Ursachen, beispielsweise ein Streit in einem Team oder ein sensationsheischender Medienbericht, können ungeahnte Reaktionen von großer Tragweite hervorrufen.
„Wenn man sich Lebensläufe verschiedener Menschen ansieht, wird deutlich, dass der Zufall bei jedem eine bestimmende Rolle gespielt hat.“
Diese Unvorhersehbarkeit muss nun aber nicht bedeuten, dass Sie den Zufall aus Ihren Plänen ausschließen. Sie können sich ihm öffnen und ihn sogar einladen. Der Zufall ist nicht grundsätzlich negativ oder ein Störfaktor, nur weil Sie ihn nicht berechnen können. Er kann Ihnen sogar von Nutzen sein. Sie müssen ihn bloß beachten und prüfen.
Schaffen Sie neue Kontakte
Indem Sie neue Kontakte knüpfen oder Netzwerken beitreten, erhöhen Sie Ihre Chance auf Anregungen, Zufälle und interessante Begegnungen. Gehen Sie aber nicht von vornherein mit zu selbstbezogenen Motiven oder zu hohen Erwartungen auf Kontaktsuche. Glückliche Zufälle kann man nicht erzwingen. Sie können Ihre Begegnungen in drei Vertraulichkeitsstufen einordnen, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben:
- Lose Kontakte: Diese können Sie mit vielen Menschen eingehen, um Anregungen und Inspirationen zu sammeln. Mit ihnen sind keine weitergehenden Erwartungen oder gar Loyalitätsansprüche verbunden.
- Festere Verbindungen: Sie teilen mit Ihren Kontakten gemeinsame Interessen, Hobbys oder Projekte.
- Verlässliche Beziehungen: Diese Kontakte halten auch in schwierigen Situationen. Sie beruhen auf gegenseitiger Wertschätzung.
„Trotz aller Trendforschungen gibt es immer wieder überraschende Entwicklungen, auf die man als Unternehmen keinen Einfluss hat.“
Die Kenntnis dieses Stufenmodells kann für Menschen hilfreich sein, die geneigt sind, zu rasch vertrauliche Kontakte zu knüpfen, nur um hinterher enttäuscht zu werden. Es kann aber auch eine Leitlinie für Menschen sein, die im Vertrauensaufbau übervorsichtig sind und sich neuen Kontakten schrittweise nähern möchten.
Erwerben Sie neue Fähigkeiten
Ihre Chancen im Leben erhöhen sich mit jeder Kompetenz, die Sie erwerben. Wichtig ist allerdings, dass diese zu ihnen passt. Es kommt nicht nur auf die Quantität Ihrer Fertigkeiten an, sondern ebenso auf deren Qualität. Auch der Erwerb neuer Kompetenzen lässt sich in drei Stufen einteilen, die ebenfalls alle Vor- und Nachteile aufweisen:
- Schnuppern: Auf dieser Stufe können Sie in vielen Bereichen Anregungen sammeln und Inspiration schöpfen.
- Können: Hier eignen Sie sich Kenntnisse und Fähigkeiten so weit an, dass Sie sie beherrschen.
- Virtuosität: Diese können Sie nur auf wenigen Gebieten erlangen. Die Kraft der Begeisterung hilft Ihnen, Hindernisse zu bewältigen.
„Wer Neuem gegenüber aufgeschlossen ist, kann zufällige Ereignisse für sich nutzen.“
Fassen Sie nicht nur Kompetenzbereiche ins Auge, die unmittelbar mit Ihrem Beruf zu tun haben. Auch aus Ihren persönlichen Interessen und Hobbys können Chancen erwachsen. So könnte beispielsweise ein Psychotherapeut, der zudem eine Musik- oder Gesangsausbildung hat, sich auf das Coaching von Künstlern, etwa in Bezug auf Vorstellungs- oder Vorspieltermine, spezialisieren.
Ihr Unbewusstes als Ideengenerator
Zündende Ideen kommen selten aus dem Nichts, auch wenn es sich manchmal so anfühlen mag. Gewöhnlich haben Sie sich bereits lange mit einer Thematik auseinandergesetzt und Ihr Unbewusstes hat in einer ruhigen Minute auf die entsprechenden Informationen zurückgegriffen. Wenn wir gerade in Schwierigkeiten stecken, tun wir uns allerdings schwer, kreativ zu sein und mit unserem Unbewussten konstruktiv zusammenzuarbeiten. Wir geraten dann leicht in eine so genannte Problemtrance. Wie wäre es daher, Ideen auf Vorrat zu produzieren? Selbst wenn sich der eine oder andere Einfall praktisch nicht umsetzen lässt, gibt er Ihnen doch zumindest eine neue Wahrnehmungsperspektive.
„Das richtige Verhältnis von Zu-Tun und Zu-Fall zu finden, ist notwendig, um die Ziele zu erreichen.“
Von den drei aufgezeigten Wegen, Chancen zu erzeugen, lassen sich zwei koppeln, nämlich die Begegnung mit neuen Menschen und das Generieren von Ideen: Tauschen Sie mit anderen Menschen Ideen aus. Hüten Sie sich aber vor Miesmachern, die von vornherein alles negativ bewerten und unzählige Einwände haben.
Chancen erkennen
Sichten Sie Ihre Chancen, bewerten Sie sie und wählen Sie die besten aus. Um die richtige Entscheidung zu treffen, ist es nötig, dass Sie keine der Chancen übersehen. Deshalb lohnt es sich, den gewohnten Wahrnehmungsfokus zu erweitern, indem Sie Ihre Situation mit Abstand betrachten. Bewerten Sie anschließend die Vor- und Nachteile der jeweiligen Alternativen. Ein Rest an Ungewissheit wird bleiben, da Situationen in der Regel so komplex sind, dass Sie nicht alle möglichen Auswirkungen berücksichtigen können. Um möglichst frei entscheiden können, sollten Sie sich etwaiger psychischer Erfolgsblockaden oder innerer Saboteure bewusst werden, die sich Ihrem Vorhaben entgegenstellen könnten:
- Selbstvorwurf: Man sieht bei Schwierigkeiten die Schuld bei sich.
- Fremdvorwurf: Man sieht sich als Opfer von Umständen oder anderen Menschen.
- Erwartung an andere: Man ist zu passiv und glaubt, selbst keinen Einfluss auf eine Situation zu haben.
- Loyalitätsfalle: Man schränkt sich ein und verwirft neue Möglichkeiten, weil man glaubt, dass andere nicht auf einen verzichten können.
- Altersregression: Durch sie reagiert man in schwierigen Situationen wie ein kleines Kind und hat Mühe, auf seine Fähigkeiten zurückzugreifen.
„Wer verschiedene Chancen ergreift und ausprobiert, hat höhere Erfolgsaussichten als jemand, der sich auf eine Idee fokussiert.“
Haben Sie den Mut, Ideen, die nicht realisierbar sind oder nicht zu Ihnen passen, loszulassen.
Bewertungshilfen
Die meisten Entscheidungen werden aus dem Bauch heraus, mithilfe der Intuition, gefällt. Damit aber die Intuition, die auf unseren gesammelten Erfahrungen beruht, kompetent und treffsicher ist, sollten Sie ihr Futter geben, sprich: möglichst viele Informationen über den zu entscheidenden Sachverhalt. Zudem ist es sinnvoll, zwischen Kopf und Bauch hin und her zu pendeln, damit bei Entscheidungen sowohl Fakten und rationale Überlegungen als auch emotionale Empfindungen und Bilder berücksichtigt werden. Wenn es also z. B. darum geht, ein Hautpflegeprodukt zu kreieren, ist es ratsam, sich das Wissen in Bezug auf Chemie, Herstellungsverfahren und Konsumentenbedürfnisse anzueignen und dann intuitiv fortzufahren. Bewerten Sie Ihre Intuitionen und Gedankengänge nicht zu früh, um sie nicht voreilig abzuwürgen. Achten Sie darauf, welche Körpersignale sich bei Ihren Überlegungen einstellen, und versuchen Sie, ihre Sprache zu verstehen. Überdenken Sie möglichst viele Auswirkungen Ihrer Entscheidung, z. B. auf Ihren Kontaktkreis, auf Ihre Familie, auf den Aufenthaltsort usw.
„Die Intuition gibt uns sehr eindeutige Signale, es heißt entweder ‚Stop!‘ oder ‚Go!‘.“
Holen Sie sich die Einschätzungen anderer Menschen ein. Fragen Sie dazu die unterschiedlichsten Menschentypen – keinesfalls nur diejenigen, mit denen Sie gut harmonieren. Hinterfragen Sie aber deren Antworten auch kritisch: Prüfen Sie sie auf ihre Sachlichkeit hin und überlegen Sie sich, ob Ängste oder andere Gefühle die Antwort beeinflusst haben. Sie können eine Idee auch zuerst im kleinen Kreis ausprobieren.
„Verhaltensmuster werden im Gehirn mit jeder Wiederholung stabiler. Neue Wege haben es deshalb immer schwerer, sich zu etablieren.“
Machen Sie Ihr Selbstwertgefühl nicht davon abhängig, ob sich Ihre Chancen verwirklichen lassen. Kalkulieren Sie von vornherein die Möglichkeit des Scheiterns mit ein sowie die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Umsetzung anders entwickelt als vorgesehen. Wenn Ihre Idee schiefläuft, sollten Sie sie leicht ad acta legen können.
„Wer ‚ausprobiert‘, hat einen spielerischen Umgang mit der Möglichkeit des Scheiterns gefunden.“
Spielen Sie keinesfalls den Hansdampf in allen Gassen: Reduzieren Sie die Chancen, die sich Ihnen aufgetan haben, auf ein machbares Minimum. Ansonsten laufen Sie Gefahr, sich zu überanstrengen. Dieses Risiko besteht vor allem dann, wenn sich die Überlastung schleichend vollzieht, sodass Sie sich an die Mehranforderungen gewöhnen und diese nicht mehr bewusst zur Kenntnis nehmen.
Chancen verfolgen
Wenn Sie Chancen nachgehen, die sich durch Zufälle ergeben, werden Sie automatisch mit Neuem konfrontiert, sei es mit Menschen, Orten oder Konzepten. Hier ist die Gefahr des Scheiterns natürlicherweise größer als auf gewohntem Terrain. Bewerten Sie das Scheitern aber nicht negativ, sondern als das, was es ist: den Schatten des Erfolgs. Angesichts plötzlicher Schwierigkeiten oder Niederlagen reagieren Menschen unterschiedlich. Folgende Reaktionsweisen liegen zwar in unseren Genen begründet, sind aber heutzutage alles andere als konstruktiv:
- Sie sind gelähmt und handlungsunfähig.
- Sie beschränken sich auf einen Tunnelblick und übersehen alternative Lösungen.
- Sie verfallen in Aktionismus, sodass die Konzentration auf das Wesentliche sowie die Analysebereitschaft leiden.
„Die Kunst bei Veränderungsprozessen besteht darin, die passenden Unterstützer zu finden und die Energie, die sie einem geben, zu nutzen.“
Besser und erfolgversprechender ist es, sich seinen Empfindungen, etwa Ängsten, Wut, Trauer oder Ärger, zu stellen. Akzeptieren Sie diese Gefühle und nehmen Sie das Scheitern als eine notwendige Etappe auf Ihrem Weg an. Neue Wege müssen Sie mit Beharrlichkeit, einer positiven Grundenergie und Motivation beschreiten. Sonst kommen Sie aus den alten Gleisen nicht heraus. Diese sind für Sie natürlich vertrauter und stabiler, deshalb ist es wichtig, dass Sie sich das Neue nach und nach zur Gewohnheit machen. Inspirierende innere Bilder und Visionen unterstützen Sie dabei. Beteiligen Sie Ihren engsten Kontaktkreis an Ihren Veränderungen, denn Sie brauchen für Ihre Vorhaben ebenso die Akzeptanz von außen. Knüpfen Sie auch neue Kontakte, die Sie unterstützen. Sie sehen: Planung und Zufall schließen sich nicht aus. Nutzen Sie beide Pole auf Ihrem Weg.