Warum Sinnstiftung so wichtig ist
In der heutigen Zeit nehmen die geistige Gesundheit und das Engagement der Menschen ab, gleichzeitig wird die Arbeit komplexer, es kommt zu immer mehr Isolation und Feindseligkeit innerhalb der Gesellschaft. Menschen brauchen daher einen Sinn in ihrem Leben. Sie finden ihn häufig in der Natur, in Kirchen oder in der Familie. Aber auch im beruflichen Umfeld sollten sie Sinn erfahren: Dann bemühen sich Menschen mehr, sind kreativer, produktiver und der Firma gegenüber loyaler. Das ist übrigens nicht nur in einem Wirtschaftsabschwung von entscheidender Bedeutung, sondern auch in Boomphasen, denn dann kann sich eine Person aussuchen, wo sie arbeiten will. Glückliche Beschäftigte sorgen außerdem dafür, dass auch die Kunden zufriedener sind – Sinnstiftung am Arbeitsplatz bringt dem Arbeitgeber also auch finanzielle Vorteile. Es ist demnach eine Aufgabe der Führungskräfte, die Mitarbeiter bei der Sinnfindung zu unterstützen und eine Kultur der Ganzheitlichkeit zu schaffen. Als Führungskraft tun Sie dies mithilfe der folgenden sieben Prinzipien:
Erstes Prinzip: Identität
Die Disziplin der positiven Psychologie kann dazu beitragen, Menschen glücklicher zu machen. Dafür muss ein Mensch jedoch zunächst herausfinden, wer er ist und was er kann, was er mag und was er meidet, über welche Charaktereigenschaften und Talente er verfügt. Im Arbeitsumfeld bedeutet das, dass Sie Ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, die eigenen Stärken mit den Unternehmenskompetenzen und den Erwartungen der Kunden in Übereinstimmung zu bringen. In einem ersten Schritt lassen sich die persönlichen Stärken der Mitarbeiter durch formale Persönlichkeitstests oder durch direkte Beobachtung bei der Aufgabenbewältigung herausfinden. Gibt es in Ihrem Team Menschen, deren Meinung besonders hohes Gewicht hat? Ziehen sich manche zurück, während andere ihre Ideen gern öffentlich diskutieren? Führen Sie offizielle Beurteilungsgespräche mit Ihren Leuten, aber auch informelle Unterhaltungen.
„Führungskräfte sind Sinnstifter: Sie geben die Richtung vor, der andere folgen.“
Definieren Sie als Nächstes die Unternehmenskompetenzen, die erfolgsentscheidend sind. Bei bestimmten Firmen wird das die Fähigkeit zur Innovation sein, bei anderen das Wissen um effiziente Produktion. Die Kompetenzen manifestieren sich in der Unternehmensidentität. Diese nehmen Sie wahr, wenn Sie sich zwei vergleichbare Unternehmen ansehen und Unterschiede in der Struktur, der Marke oder der Kultur feststellen.
„Eine Ihrer Führungsaufgaben besteht darin, dass Sie Ihren Mitarbeitern dabei helfen zu erkennen, ob und wie sie ins Unternehmen passen.“
Bringen Sie anschließend die persönlichen Stärken der Mitarbeiter mit den Unternehmenskompetenzen zusammen, indem Sie bei der Personalauswahl auf die Passung achten, Schulungen durchführen und Verhalten vergüten, das auf diese Verschmelzung abzielt. Lernen Sie Ihre Kunden so gut kennen, dass Sie wissen, was diese vom Unternehmen und den Mitarbeitern erwarten. Wofür soll das Unternehmen bei den Kunden bekannt sein? Fragen Sie Ihre Mitarbeiter nach deren Meinung und überlegen Sie: Stimmen Wunschbild und Realität überein? Eignen sich die Unternehmens- und Mitarbeiterstärken dazu, dieses Bild zu unterstützen?
Zweites Prinzip: Zweck und Motivation
Menschen brauchen einen Zweck ihres Tuns, ein Ziel, auf das sie ihre Anstrengungen lenken können. In der Regel konzentriert sich ein Mensch auf eine dieser vier Zielkategorien:
- Innensicht bzw. Erkenntnis: Ein Mensch, der nach Selbsterkenntnis strebt, ist nachdenklich und kreativ, im schlechteren Fall eigenbrötlerisch oder depressiv. Einen geeigneten Arbeitsplatz findet er z. B. in der Forschung oder in kulturellen Einrichtungen.
- Leistung: Leistungsorientierte Personen möchten siegen und messbare Erfolge liefern. Ihr Fokus liegt auf wirtschaftlicher Gewinnerzielung, Sport oder Technologie.
- Bindung: Beziehungen aller Art geben den Bindungsmenschen Lebenssinn. Sie achten darauf, wie ihr Verhalten bei anderen ankommt. Im Negativen sind sie auf Klatsch und Tratsch aus oder unterhalten viele oberflächliche Verbindungen. Beziehungsorientierte Personen eignen sich besonders für Stellen in der Personalabteilung oder in Vereinigungen.
- Übernahme von Verantwortung: Personen in dieser Kategorie wollen sowohl Leistung zeigen als auch Beziehungen zu Menschen aufbauen. Sie versuchen etwa als Lehrer, Journalisten oder Ärzte, sich für andere einzusetzen.
„Klarheit über die Richtung, die wir verfolgen, und die Gründe dafür sind für die Entwicklung des Gefühls von Ganzheitlichkeit und Sinn unerlässlich.“
Finden Sie heraus, welche Ziele Ihnen selbst am besten entsprechen. Beschreiben Sie dazu spontan auf einem Zettel Ihr Leben in fünf Jahren, unter der Voraussetzung, dass Sie dann der bestmögliche Mensch geworden sind. Dasselbe machen Sie für Ihr Unternehmen. Als Führungskraft müssen Sie mit allen vier Kategorien vertraut sein und wissen, was die unterschiedlichen Mitarbeitertypen motiviert. Beachten Sie aber, dass der Fokus eines Menschen mit der Zeit wechseln kann, z. B. wenn jemand eine Familie gründet. Ihr Unternehmen muss ebenfalls in allen vier Feldern tätig sein, wenngleich es natürlich das Augenmerk zeitweise stärker auf die eine oder andere Kategorie legen kann. So sollte eine Firma neben der sozialen und ökologischen Verantwortung immer auch auf die eigenen Mitarbeiter und auf die Rentabilität des Geschäfts schauen. Als Führungskraft müssen Sie daher immer Antworten auf die Frage parat haben, welche Erkenntnisse, Ziele, Leistungen und Beziehungen das Unternehmen braucht, um erfolgreich zu sein.
Drittes Prinzip: gut funktionierende Beziehungen und Teams
Komplexe Arbeitsbedingungen verlangen nach hochleistungsfähigen Teams mit einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl. Helfen Sie Ihren Mitarbeitern, Freundschaften mit Kollegen zu schließen. Gemäß einer Untersuchung sind sie dann im Schnitt sieben Mal engagierter im Job und fast doppelt so zufrieden mit ihrer Entlohnung wie andere. Als Führungskraft dürfen Sie sich zwar nicht in die Freundschaften Ihrer Mitarbeiter einmischen, Sie sollten aber das richtige Umfeld schaffen, damit diese sich besser kennen lernen können. Unterstützen Sie etwa gemeinsame Freizeitaktivitäten von Kollegen finanziell.
„Ganzheitlichkeit räumt ein, dass Misserfolg ein mächtiger Antrieb für Wachstum und neue Erfahrungen sein kann.“
In der Arbeit findet man am ehesten Freunde, weil räumliche Nähe ein sehr wichtiger Faktor für die Entstehung von Beziehungen ist. Eine Freundschaft baut man auf, indem man zunächst um die Aufmerksamkeit des Gegenübers wirbt. Lächeln Sie, grüßen Sie, machen Sie ein Kompliment oder stellen Sie eine Frage. Erzählen Sie etwas Persönliches über sich. Und reagieren Sie, wenn andere versuchen, so Kontakt aufzunehmen. Wenn Sie das nämlich nicht tun, wird es die betreffende Person wahrscheinlich nicht mehr probieren. Hören Sie aufmerksam zu und wiederholen Sie in Ihren eigenen Worten, was Ihr Gesprächspartner gesagt hat. Überfallen Sie den anderen aber nicht mit Ihren Geschichten oder Meinungen. Wichtig ist, den potenziellen Freund auch mal in Ruhe zu lassen – denn jeder ist hin und wieder gern für sich allein. Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter dazu, auch mal mit Menschen Kontakt zu suchen, die einem für gewöhnlich nicht sofort als Freunde in den Sinn kommen. Solche Personen bringen neue Sichtweisen für Probleme ein.
Viertes Prinzip: effektive Arbeitskultur
Die Organisationskultur kann dazu beitragen, der zunehmenden Isolation der Menschen entgegenzuwirken und positive Verbindungen zwischen den Mitarbeitern zu fördern. Wenn Sie zum ersten Mal ein Unternehmen betreten, spüren Sie anhand der Mitarbeiter und der Räume rasch, welche Kultur herrscht. Neue Mitarbeiter liefern Ihnen gute Informationen darüber, wie die Umgebung in Ihrer Firma auf andere wirkt. Nehmen Sie sich die folgenden zehn Leitsätze vor, um dauerhaft ein positives Arbeitsumfeld zu bewirken:
- Bleiben Sie auch im Erfolgsfall bescheiden sowie lern- und serviceorientiert.
- Bestimmen Sie Strategie, Werte und Normen explizit und für die Zielgruppen Mitarbeiter, Kunden und Investoren.
- Stellen Sie Ihr Eigeninteresse hintan, setzen Sie sich für andere ein und teilen Sie Lob.
- Sorgen Sie dafür, dass Mitarbeiter neue Ideen austauschen können – z. B. bei Versammlungen oder in entsprechenden Räumlichkeiten – und sich trauen, ihre Meinung zu sagen.
- Unterstützen Sie persönliche Bindungen, merken Sie sich Geburtstage, gratulieren Sie bei Anlässen und bringen Sie für jeden Kritikpunkt, den Sie äußern, drei positive Anmerkungen vor.
- Hüten Sie sich vor Mikromanagement, doch packen Sie mit an.
- Helfen Sie Ihren Mitarbeitern, Eigenverantwortung zu übernehmen, indem Sie klare Ziele formulieren, deren Erfüllung verfolgen und Feedback geben.
- Kommunizieren Sie intensiv über vielfältige Medien, wobei Sie die Botschaften mehrmals wiederholen sollten.
- Stellen Sie sich Konflikten.
- Gestalten Sie die Räumlichkeiten durch Farben, Licht und Symbole bewusst so, dass dadurch Ihre Werte vermittelt werden.
Fünftes Prinzip: individualisierter Beitrag
Mitarbeiter engagieren sich, wenn man ihnen reizvolle Herausforderungen bietet. Die Arbeit darf sie weder unter- noch überfordern. Legen Sie ihren Mitarbeitern dar, wie deren Handlungen zu den Ergebnissen des Unternehmens beitragen, am besten mithilfe von Wenn-dann-Formulierungen. Finden Sie heraus, welche Aufgaben Ihre Mitarbeiter auch dann erledigen würden, wenn sie nicht dafür bezahlt würden. Wer solche Arbeiten verrichtet, ist intrinsisch motiviert, die Beschäftigung gibt Energie und macht Spaß. Gestalten Sie die Arbeitsbedingungen so weit wie möglich nach den persönlichen Präferenzen der Mitarbeiter. Manche bevorzugen körperliche, andere beziehungsorientierte oder geistige Arbeit. Die einen brauchen Routine, andere Flexibilität. Verschiedene Vorlieben gibt es auch hinsichtlich Telearbeit oder Büroanwesenheit, Innen- oder Außendienst, Inlands- oder Auslandstätigkeit sowie in Bezug auf die Arbeitszeiten.
Sechstes Prinzip: Wachstum, Lernen und Widerstandskraft
Ihre Mitarbeiter müssen sich neuen Situationen anpassen. Veränderung macht aber zuweilen Angst. Helfen Sie ihnen dabei, sich zu entwickeln, dazuzulernen und widerstandsfähig zu werden. Machen Sie ihnen klar, dass Fehler normal sind, jeder macht dann und wann welche. Seien Sie offen für neue Ideen und halten Sie Ihre Mitarbeiter dazu an, zu experimentieren. Forcieren Sie eine lernorientierte Kultur, indem Sie Mitarbeiter mit neuen Kompetenzen einstellen, Schulungen abhalten und Mitarbeiterrotation im Unternehmen unterstützen.
„Freude und Begeisterung lehren uns, dass das Gute am Leben nicht Geld oder Ruhm ist, sondern in einfachen Freuden, bedeutungsvollen zwischenmenschlichen Beziehungen und der Entdeckung liegt.“
Der ehemalige US-Präsident Abraham Lincoln scheiterte bei acht Wahlen, verlor seine Mutter und seine Verlobte und hatte einen Nervenzusammenbruch, bevor er schließlich zum Staatsoberhaupt gewählt wurde. Es sind derart widerstandsfähige Menschen, die Niederlagen nutzen, um daraus zu lernen. Widerstandsfähigkeit trainieren Sie, indem Sie eine optimistische Einstellung kultivieren, moralische Werte hochhalten und danach handeln, sich Ihren Ängsten stellen, einen guten Freundeskreis pflegen, Tabuthemen ansprechen und dem Wissen Taten folgen lassen.
Siebtes Prinzip: Anstand und Glücksempfinden
Bringen Sie Anstand ins Büro sowie hie und da ein wenig Freude und Glück. Lachen Sie – auch ruhig einmal über sich selbst –, loben Sie gute Arbeit, richten Sie Firmenfeiern aus oder bringen Sie zu Besprechungen Kuchen oder Kekse mit. Oft sind es die kleinen Gesten, die den Unterschied machen und Kreativität in den Routinealltag bringen. Schreiben Sie spontan zehn Dinge auf einen Zettel, wie Sie Ihr Leben freudvoller gestalten können: beispielsweise durch ein Abendessen mit Freunden, frische Blumen, Yoga im Büro, ein Picknick oder indem Sie bunte Plastikschoner für die Aktenordner bestellen, zum Karneval kostümiert in die Firma kommen usw. Sie werden sehen, dass auf heitere Mitarbeiter begeisterte Kunden folgen.