Schwerpunktverlagerung nach Asien
Energie ist der Schlüssel zum Fortschritt, die Bereitstellung in immer größeren Mengen aber ein Problem. Länder, die mehr produzieren als andere, konsumieren auch mehr. Noch sind die Amerikaner unterm Strich die energiehungrigste Nation, doch China ist für ein Drittel der Steigerung der weltweiten Energienachfrage verantwortlich. Heute exportiert China an einem Tag mehr als noch im gesamten Jahr 1978. Nach den USA ist das Land der zweitgrößte Ölverbraucher der Welt. Asien wird am stärksten von sauberer Energie profitieren und auch deren Entwicklung vorantreiben. Bei der Solarmodulproduktion haben China und Indien den früheren Spitzenstandort Deutschland in vielen Bereichen längst eingeholt. Dies gilt nicht nur für die Quantität, sondern auch die Qualität. In den nächsten 20 Jahren wird der Bedarf an Solartechnologie vermutlich um 20 % pro Jahr steigen.
„Energie ist der Schlüssel zum Fortschritt.“
Die G-8-Staaten luden im Juli 2009 auch die aufstrebenden Industrieländer Indien, China, Brasilien, Mexiko und Südafrika zu ihrem Gipfel ein. Wo manch ein Beobachter also 13 Teilnehmer zählte, stellten andere fest, dass ohne die USA und China kaum eine Entscheidung getroffen werden konnte und es sich eigentlich um einen „G-2-Gipfel“ handelte: Tonangebend war „Chimerica“, wie es der Harvard-Historiker Niall Ferguson auf den Punkt brachte. Doch es werden auch andere Zweckbündnisse zwischen Staaten geschmiedet, wofür ebenfalls neue Wortschöpfungen entstanden: allen voran „Chindonesia“. Dahinter verbirgt sich ein Wirtschaftsraum, der mit rund 3 Milliarden Menschen fast die Hälfte der Weltbevölkerung umfasst, mit China, Indien und Indonesien als Hauptakteuren.
Asiens Großmächte
Japan war zu Beginn der 1950er Jahre die erste treibende Kraft der industriellen Revolution in Asien. Drei Jahrzehnte später folgten die „Tigerstaaten“ Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur. Heute dominieren neben Japan vor allem China und Indien die Wirtschaftsmacht des größten aller Kontinente, wobei die Entwicklung in Japan seit zwei Jahrzehnten eher stagniert. Von den Regierungen in Tokio gingen seit gut 20 Jahren keine wichtigen Reformen mehr aus. Es herrscht überwiegend Nullwachstum, und der Altersdurchschnitt der Japaner steigt schnell. In Asien verfügt China erstmals seit über 100 Jahren wieder über ähnlich viel Macht wie sein einstiger Erzfeind Japan und hat diesen vom Platz zwei der größten Wirtschaftsmächte (nach den USA) verdrängt. Zwar hat der bilaterale Handel durchaus neue Impulse bekommen, eine kulturelle und politische Annäherung der beiden Länder blieb jedoch weitgehend aus. Seit Maos Tod im Jahr 1976 hat sich das Pro-Kopf-Einkommen der Chinesen verdreizehnfacht. China ist mittlerweile die größte Exportnation. Das Land produziert beispielsweise mehr als die Hälfte aller Elektrogeräte weltweit. Außerdem ist China seit 2009 der weltgrößte Automarkt.
„Der Aufstieg Chinas und Indiens sollte begrüßt und nicht gefürchtet werden.“
Seit seiner Unabhängigkeit Mitte des vorigen Jahrhunderts ist Indien zu einem der am stärksten industrialisierten Staaten der Erde herangewachsen. Nach einer Durststrecke in den 1990er Jahren gelang es der aktuellen Regierung, den Aufschwung fortzuführen, was u. a. zur Herausbildung einer bedeutenden Computerindustrie führte. Dennoch sind eine ausufernde Bürokratie und Korruption sowie der enorme Bevölkerungsanstieg bis heute schwerwiegende Probleme in der größten Demokratie der Welt. Zum ersten Mal in der Geschichte sind mit Japan, China und Indien drei Länder Asiens wirtschaftlich etwa gleich stark und von globaler Bedeutung.
Der Energiehunger und seine Folgen für die Umwelt
Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass nicht nur China, sondern die ganze Welt ihren Energiehunger in den nächsten 20 Jahren verdoppeln wird. Da heutzutage 40 % des globalen Energiebedarfs durch Erdöl gedeckt werden, kommt diesem Rohstoff besondere Bedeutung zu. Zwar werden seit 1960 kontinuierlich weniger neue Ölfelder erschlossen, aber neu entdeckte Ölsandvorkommen in Kanada und Venezuela schüren die Hoffnung auf weitere Ressourcen. Die Gewinnung des Öls aus dem Erdreich ist aber dreimal so teuer wie bei konventionellen Quellen. Nur die hohen Ölpreise rechtfertigen die Methode wirtschaftlich. Die IEA sieht das Energiesystem der Welt am Scheideweg: Die Verbrennung von Biomasse und fossilen Energieträgern führt zu starker Luftverschmutzung und zur Beschleunigung des Klimawandels. Seit 1750 hat die Konzentration von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre um ein Drittel zugenommen, was den natürlich vorhandenen Treibhauseffekt immens verstärkt.
Die beste Energiequelle ist die Sonne
Als Ursprungsquelle aller nützlichen Energien gilt die Sonne. Ihre Strahlen, die die Erde ständig erreichen, können theoretisch den menschlichen Energiebedarf mehr als 10 000 Mal decken. Der Prozess der Fotosynthese, für den die Sonnenenergie die Voraussetzung ist, hat die endlichen Ressourcen fossiler Brennstoffe miterschaffen. Kohle-, Öl- und Erdgasvorräte werden in absehbarer Zeit verbraucht sein, die Sonne aber bleibt uns erhalten. Die Umwandlung von Sonnenenergie in Elektrizität ist zwar nicht besonders effizient, aber trotzdem attraktiv, denn die geringere Energieausbeute lässt sich angesichts der großen Menge an Sonnenenergie, die uns zur Verfügung steht, leicht tolerieren. Mit Sonnenenergie kann man auch leicht Wärme erzeugen, doch diese ist nur in unmittelbarer Nähe der Energiegewinnung nützlich. Elektrizität hingegen lässt sich auch zu weiter entfernten Einsatzorten leiten.
Ressourcenknappheit befördert technische Innovationen
Bei alldem darf man die wichtigste Energiequelle für den Menschen nicht außer Acht lassen: Nahrung. Die bedeutendste „Energierevolution“ stellte der Beginn der Landwirtschaft vor etwa 10 000 Jahren dar. Mit ihrer Hilfe entstand eine recht zuverlässige Grundversorgung, die zu einer Bevölkerungsexplosion führte. Dann erfand man die ersten Maschinen, die mit Wind- und Wasserkraft betrieben wurden, z. B. Mühlen und Pumpen, was die Leistungskraft und Lebensqualität vieler Menschen zusätzlich erhöhte. Der Bedarf an Holz war enorm. Man nutzte es nicht nur zum Bauen, sondern vor allem auch als Brennstoff. Als Großbritannien bereits Ende des 17. Jahrhunderts fast alle seine Wälder abgeholzt hatte, erkannten die Menschen zum ersten Mal die Endlichkeit natürlicher Ressourcen. Aus dieser Not heraus verwendeten die Briten ein anderes Brennmaterial: Kohle. Diese war in der Krise deutlich billiger als Holz, jedoch schwieriger zu fördern. Aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus wurden neue technischen Methoden der Kohlegewinnung entwickelt, die schließlich auch anderweitig genutzt wurden und so zur industriellen Revolution führten. Die Dampfmaschine wurde eigentlich erfunden, um Wasser aus Kohleminen abzupumpen.
Energierevolutionen
Der Erfinder Thomas Edison und sein Kontrahent Nikola Tesla ermöglichten Ende des 19. Jahrhunderts die breite praktische und kommerzielle Nutzung der Elektrizität, was zur nächsten historischen Energierevolution führte. Der Aufbau eines fast weltweiten Stromnetzes gilt als eine der größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Dennoch wurde die Ölindustrie zum größten Industriezweig – bis heute. Der Zweite Weltkrieg verhalf der Menschheit auf fatale Weise zu einer weiteren Energierevolution: Das Atomzeitalter brach an. Etwa 15 % des heute produzierten Stroms stammen aus Atomkraftwerken. Zahlreiche Unglücksfälle führten jedoch dazu, dass das Vertrauen in diese Form der Energiegewinnung verloren ging. Einige Staaten ziehen sich deshalb aus diesem Bereich zurück. Das Problem des in der Zwischenzeit angefallenen verstrahlten Mülls und seiner Entsorgung bleibt aber auch den Aussteigern erhalten. Die Ölkrisen von 1973, 1980 und 1990 zogen aufgrund sinkender Ölvorräte Preiserhöhungen nach sich. Das Rekordniveau der letzten Jahre geht dagegen auf die starke Nachfrage zurück, vor allem aus China und Indien. Daran änderte auch die Wirtschaftskrise von 2008 nichts, in deren Folge die Ölnachfrage Europas und der USA zurückging. Asien dürstete es weiter nach dem schwarzen Gold. Zudem erlebten Kohle und Erdgas eine Renaissance.
Alternative Energiequellen
Die Ölkrisen und die besonders hohe Abhängigkeit Deutschlands von Öl- und Gasimporten sorgten in der größten Wirtschaftsmacht Europas dafür, dass neue Formen der Energiegewinnung entstanden. Deutschland spielt deshalb eine führende Rolle in den Bereichen Solarenergie, Windkraft, Biogas und Netzmanagement. Dass das Schwinden der fossilen Brennstoffe nicht zwingend zu einer weltweiten und lang anhaltenden Energiekrise führen muss, beweist die Förderung alternativer Energiequellen. Hierzu gehören:
- Wasserkraft: Weltweit erzeugen 45 000 Staudämme 20 % aller benötigten Elektrizität. Wasserkraft ist eine wirtschaftliche Form der Energiegewinnung. Obendrein belastet sie kaum das Weltklima. Trotz dieses Vorteils gelten Stauseen als ökologisch bedenklich und erzeugen neue Probleme, wenn das aufgestaute Wasser an anderer Stelle fehlt.
- Meerwasser: Auch das Wasser der Ozeane kann zur Energiegewinnung genutzt werden, etwa mit Wellen- und Gezeitenkraftwerken. Bei einer anderen Methode, der Ocean Thermal Energy Conversion (OTEC), wird die Temperaturdifferenz zwischen warmen und kalten Wasserschichten genutzt. Kommerziell brauchbare Anlagen existieren zwar noch nicht, aber die Entwicklung geht voran.
- Windkraft und Geothermie: Im Gegensatz zur Meerwassernutzung sind Windkraftanlagen und geothermische Wärmepumpen wirtschaftlich wettbewerbsfähig und in vielen Ländern weit verbreitet.
- Kernfusion: Dass Nuklearenergie nicht zwangsläufig große Risiken bergen muss, beweist das Konzept der Kernfusion. Dafür ist Wasserstoff die Grundlage, nicht radioaktives Material. Bis heute konnte jedoch kein überzeugender Fusionsreaktor gebaut werden – trotz jahrelanger Forschung, vor allem in der EU. Es wird jedoch weiter daran gearbeitet.
- Strom aus Biomasse: Die Energieerzeugung durch die Verbrennung von Holz und Pflanzenresten erlebte in den letzten 30 Jahren in den Industrieländern ein Comeback. Es wird vor allem Strom damit erzeugt, seltener Heizenergie oder Gas. Der Trend zum spezialisierten Anbau geeigneter Pflanzen ist allerdings umstritten, insbesondere wenn es um Biokraftstoffe geht. In Brasilien fahren bereits 50 % aller Autos mit Ethanol aus Zuckerrohr. Die Forschung gilt aber nicht nur bekannten Nutzpflanzen, sondern auch bislang eher ignorierten Arten wie dem ölhaltigen Jatropha-Baum.
Der Weg in eine sparsame Energiezukunft
Wie lässt sich der Energiehunger der Industrienationen begrenzen? Vor allem durch Strom sparende Technologien. Die digitale Entwicklung vollzieht sich rasant. Obwohl Computer, Handys, Kameras usw. immer leistungsfähiger werden, wurde ihr Energieverbrauch gedrosselt. Diesem Beispiel sollten die Energieversorger wie auch die Automobilindustrie folgen. Dass Audi als erster Hersteller LED-Scheinwerfer verbaut und Toyota vom Hybridmodell Prius bereits mehr als 1 Million Exemplare produziert hat, ist erst der Anfang. Die Chinesen sind sich des Dilemmas, dass der Wunsch nach mehr Autos auch mehr Umweltbelastung bedeutet, durchaus bewusst. Es gibt schon vielversprechende Pilotprojekte für Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge.
„Der Hauptgrund, warum Europäer weniger Energie verbrauchen als Amerikaner, ist, dass sie mehr dafür bezahlen müssen und dadurch motiviert sind, die Energie klug zu nutzen.“
Unterm Strich erweist sich vor allem die Sonnenenergie als ideale Lösung für das weltweite Problem der Energieversorgung. Solarenergie lässt sich sowohl fotovoltaisch als auch thermisch gewinnen. Und das Beste: Die Sonne ist kostenlos, sauber und unbegrenzt verfügbar.