Asiens Energiehunger

Buch Asiens Energiehunger

Rohstoffe am Limit

FinanzBuch,


Rezension

Unternehmen versuchen weltweit, die Kontrolle über wertvolle natürliche Ressourcen zu erlangen. Dieser harte Wettbewerb wird zunehmend politisch geführt. Regierungen tun alles, damit die Konzerne ihrer Länder Erfolg haben. Es ist der Beginn eines Kalten Krieges um Öl und Energie, gepaart mit einem kom­plizierten Geflecht aus Intrigen und Ängsten, so die Analyse von Karl Pilny und Gerard Reid. Doch Bangemachen gilt nicht: Die beiden Experten sammeln positive Beispiele aus der Geschichte, in denen der Kampf um knappe Ressourcen den Erfind­ungs­geist der Menschen beflügelte. Neu- und Weit­er­en­twick­lun­gen in Sachen En­ergiequellen bieten nicht nur einen Ausweg aus der Misere, in ihnen steckt auch großes wirtschaftliches Potenzial. BooksInShort empfiehlt dieses leicht verständlich geschriebene Buch deshalb nicht nur Wirtschaftsvertretern und Politikern, sondern allen, die sich ein Bild von Gegenwart und Zukunft der En­ergieerzeu­gung machen wollen.

Take-aways

  • Energie ist der Schlüssel zum Fortschritt: Fehlt sie, stagniert die Wirtschaft.
  • China ist nach den USA derzeit der zweitgrößte Ölver­braucher der Welt.
  • Japans Macht ist in den letzten 50 Jahren verblasst, Chinas Einfluss dafür gestiegen.
  • Die Ölsand­vorkom­men in Kanada und Venezuela könnten dazu beitragen, den immensen Ölbedarf langfristig zu decken.
  • Unter Umwelt­gesicht­spunk­ten ist So­laren­ergie die sauberste Energie.
  • Rund 15 % des weltweiten En­ergiebe­darfs werden mithilfe von Atom­kraftwerken erzeugt.
  • Damit ein En­ergiekrieg verhindert wird, ist es nötig, die fossilen Brennstoffe durch saubere En­ergiequellen zu ersetzen.
  • Zu den wichtigsten al­ter­na­tiven En­ergiequellen gehören: Wasser, Windkraft, Geothermie, Kernfusion und Biomasse.
  • Knappe Ressourcen haben in der Geschichte immer wieder den men­schlichen Erfind­ungsre­ich­tum befeuert.
  • Die Forschung darf sich nicht nur auf die Erzeugung von Energie konzen­tri­eren, sondern muss auch Strom sparende Tech­nolo­gien entwickeln.
 

Zusammenfassung

Schw­er­punk­tver­lagerung nach Asien

Energie ist der Schlüssel zum Fortschritt, die Bere­it­stel­lung in immer größeren Mengen aber ein Problem. Länder, die mehr produzieren als andere, konsumieren auch mehr. Noch sind die Amerikaner unterm Strich die en­ergiehun­grig­ste Nation, doch China ist für ein Drittel der Steigerung der weltweiten En­ergien­ach­frage ve­r­ant­wortlich. Heute exportiert China an einem Tag mehr als noch im gesamten Jahr 1978. Nach den USA ist das Land der zweitgrößte Ölver­braucher der Welt. Asien wird am stärksten von sauberer Energie profitieren und auch deren Entwicklung vo­rantreiben. Bei der So­lar­mod­ul­pro­duk­tion haben China und Indien den früheren Spitzen­stan­dort Deutschland in vielen Bereichen längst eingeholt. Dies gilt nicht nur für die Quantität, sondern auch die Qualität. In den nächsten 20 Jahren wird der Bedarf an So­lartech­nolo­gie vermutlich um 20 % pro Jahr steigen.

„Energie ist der Schlüssel zum Fortschritt.“

Die G-8-Staaten luden im Juli 2009 auch die auf­streben­den Industrieländer Indien, China, Brasilien, Mexiko und Südafrika zu ihrem Gipfel ein. Wo manch ein Beobachter also 13 Teilnehmer zählte, stellten andere fest, dass ohne die USA und China kaum eine Entschei­dung getroffen werden konnte und es sich eigentlich um einen „G-2-Gipfel“ handelte: Tonangebend war „Chimerica“, wie es der Har­vard-His­toriker Niall Ferguson auf den Punkt brachte. Doch es werden auch andere Zweckbündnisse zwischen Staaten geschmiedet, wofür ebenfalls neue Wortschöpfungen entstanden: allen voran „Chindonesia“. Dahinter verbirgt sich ein Wirtschaft­sraum, der mit rund 3 Milliarden Menschen fast die Hälfte der Weltbevölkerung umfasst, mit China, Indien und Indonesien als Haup­tak­teuren.

Asiens Großmächte

Japan war zu Beginn der 1950er Jahre die erste treibende Kraft der in­dus­triellen Revolution in Asien. Drei Jahrzehnte später folgten die „Tiger­staaten“ Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur. Heute dominieren neben Japan vor allem China und Indien die Wirtschafts­macht des größten aller Kontinente, wobei die Entwicklung in Japan seit zwei Jahrzehnten eher stagniert. Von den Regierungen in Tokio gingen seit gut 20 Jahren keine wichtigen Reformen mehr aus. Es herrscht überwiegend Nullwach­s­tum, und der Al­ters­durch­schnitt der Japaner steigt schnell. In Asien verfügt China erstmals seit über 100 Jahren wieder über ähnlich viel Macht wie sein einstiger Erzfeind Japan und hat diesen vom Platz zwei der größten Wirtschaftsmächte (nach den USA) verdrängt. Zwar hat der bilaterale Handel durchaus neue Impulse bekommen, eine kulturelle und politische Annäherung der beiden Länder blieb jedoch weitgehend aus. Seit Maos Tod im Jahr 1976 hat sich das Pro-Kopf-Einkom­men der Chinesen ver­dreizehn­facht. China ist mit­tler­weile die größte Ex­port­na­tion. Das Land produziert beispiel­sweise mehr als die Hälfte aller Elektrogeräte weltweit. Außerdem ist China seit 2009 der weltgrößte Automarkt.

„Der Aufstieg Chinas und Indiens sollte begrüßt und nicht gefürchtet werden.“

Seit seiner Unabhängigkeit Mitte des vorigen Jahrhun­derts ist Indien zu einem der am stärksten in­dus­tri­al­isierten Staaten der Erde herangewach­sen. Nach einer Durst­strecke in den 1990er Jahren gelang es der aktuellen Regierung, den Aufschwung fortzuführen, was u. a. zur Her­aus­bil­dung einer bedeutenden Com­put­erindus­trie führte. Dennoch sind eine ausufernde Bürokratie und Korruption sowie der enorme Bevölkerungsanstieg bis heute schw­er­wiegende Probleme in der größten Demokratie der Welt. Zum ersten Mal in der Geschichte sind mit Japan, China und Indien drei Länder Asiens wirtschaftlich etwa gleich stark und von globaler Bedeutung.

Der En­ergiehunger und seine Folgen für die Umwelt

Die In­ter­na­tionale En­ergieagen­tur (IEA) schätzt, dass nicht nur China, sondern die ganze Welt ihren En­ergiehunger in den nächsten 20 Jahren verdoppeln wird. Da heutzutage 40 % des globalen En­ergiebe­darfs durch Erdöl gedeckt werden, kommt diesem Rohstoff besondere Bedeutung zu. Zwar werden seit 1960 kon­tinuier­lich weniger neue Ölfelder erschlossen, aber neu entdeckte Ölsand­vorkom­men in Kanada und Venezuela schüren die Hoffnung auf weitere Ressourcen. Die Gewinnung des Öls aus dem Erdreich ist aber dreimal so teuer wie bei kon­ven­tionellen Quellen. Nur die hohen Ölpreise recht­fer­ti­gen die Methode wirtschaftlich. Die IEA sieht das En­ergiesys­tem der Welt am Scheideweg: Die Verbrennung von Biomasse und fossilen Energieträgern führt zu starker Luftver­schmutzung und zur Beschle­u­ni­gung des Kli­mawan­dels. Seit 1750 hat die Konzen­tra­tion von Kohlen­dioxid in der Erdatmosphäre um ein Drittel zugenommen, was den natürlich vorhandenen Treib­haus­ef­fekt immens verstärkt.

Die beste En­ergiequelle ist die Sonne

Als Ur­sprungsquelle aller nützlichen Energien gilt die Sonne. Ihre Strahlen, die die Erde ständig erreichen, können theoretisch den men­schlichen En­ergiebe­darf mehr als 10 000 Mal decken. Der Prozess der Fo­to­syn­these, für den die Sonnenen­ergie die Vo­raus­set­zung ist, hat die endlichen Ressourcen fossiler Brennstoffe miter­schaf­fen. Kohle-, Öl- und Erdgasvorräte werden in absehbarer Zeit verbraucht sein, die Sonne aber bleibt uns erhalten. Die Umwandlung von Sonnenen­ergie in Elektrizität ist zwar nicht besonders effizient, aber trotzdem attraktiv, denn die geringere En­ergieaus­beute lässt sich angesichts der großen Menge an Sonnenen­ergie, die uns zur Verfügung steht, leicht tolerieren. Mit Sonnenen­ergie kann man auch leicht Wärme erzeugen, doch diese ist nur in un­mit­tel­barer Nähe der En­ergiegewin­nung nützlich. Elektrizität hingegen lässt sich auch zu weiter entfernten Ein­sat­zorten leiten.

Ressourcenknap­pheit befördert technische In­no­va­tio­nen

Bei alldem darf man die wichtigste En­ergiequelle für den Menschen nicht außer Acht lassen: Nahrung. Die be­deu­tend­ste „En­ergierev­o­lu­tion“ stellte der Beginn der Land­wirtschaft vor etwa 10 000 Jahren dar. Mit ihrer Hilfe entstand eine recht zuverlässige Grund­ver­sorgung, die zu einer Bevölkerung­sex­plo­sion führte. Dann erfand man die ersten Maschinen, die mit Wind- und Wasserkraft betrieben wurden, z. B. Mühlen und Pumpen, was die Leis­tungskraft und Leben­squalität vieler Menschen zusätzlich erhöhte. Der Bedarf an Holz war enorm. Man nutzte es nicht nur zum Bauen, sondern vor allem auch als Brennstoff. Als Großbritannien bereits Ende des 17. Jahrhun­derts fast alle seine Wälder abgeholzt hatte, erkannten die Menschen zum ersten Mal die Endlichkeit natürlicher Ressourcen. Aus dieser Not heraus verwendeten die Briten ein anderes Bren­n­ma­te­r­ial: Kohle. Diese war in der Krise deutlich billiger als Holz, jedoch schwieriger zu fördern. Aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus wurden neue technischen Methoden der Kohlegewin­nung entwickelt, die schließlich auch anderweitig genutzt wurden und so zur in­dus­triellen Revolution führten. Die Dampf­mas­chine wurde eigentlich erfunden, um Wasser aus Kohleminen abzupumpen.

En­ergierev­o­lu­tio­nen

Der Erfinder Thomas Edison und sein Kontrahent Nikola Tesla ermöglichten Ende des 19. Jahrhun­derts die breite praktische und kom­merzielle Nutzung der Elektrizität, was zur nächsten his­torischen En­ergierev­o­lu­tion führte. Der Aufbau eines fast weltweiten Stromnetzes gilt als eine der größten Er­run­gen­schaften des 20. Jahrhun­derts. Dennoch wurde die Ölindustrie zum größten In­dus­triezweig – bis heute. Der Zweite Weltkrieg verhalf der Menschheit auf fatale Weise zu einer weiteren En­ergierev­o­lu­tion: Das Atom­zeital­ter brach an. Etwa 15 % des heute pro­duzierten Stroms stammen aus Atom­kraftwerken. Zahlreiche Unglücksfälle führten jedoch dazu, dass das Vertrauen in diese Form der En­ergiegewin­nung verloren ging. Einige Staaten ziehen sich deshalb aus diesem Bereich zurück. Das Problem des in der Zwis­chen­zeit ange­fal­l­enen ver­strahlten Mülls und seiner Entsorgung bleibt aber auch den Aussteigern erhalten. Die Ölkrisen von 1973, 1980 und 1990 zogen aufgrund sinkender Ölvorräte Preiserhöhungen nach sich. Das Reko­rd­niveau der letzten Jahre geht dagegen auf die starke Nachfrage zurück, vor allem aus China und Indien. Daran änderte auch die Wirtschaft­skrise von 2008 nichts, in deren Folge die Ölnachfrage Europas und der USA zurückging. Asien dürstete es weiter nach dem schwarzen Gold. Zudem erlebten Kohle und Erdgas eine Renaissance.

Alternative En­ergiequellen

Die Ölkrisen und die besonders hohe Abhängigkeit Deutsch­lands von Öl- und Gasimporten sorgten in der größten Wirtschafts­macht Europas dafür, dass neue Formen der En­ergiegewin­nung entstanden. Deutschland spielt deshalb eine führende Rolle in den Bereichen So­laren­ergie, Windkraft, Biogas und Net­z­man­age­ment. Dass das Schwinden der fossilen Brennstoffe nicht zwingend zu einer weltweiten und lang anhaltenden En­ergiekrise führen muss, beweist die Förderung al­ter­na­tiver En­ergiequellen. Hierzu gehören:

  • Wasserkraft: Weltweit erzeugen 45 000 Staudämme 20 % aller benötigten Elektrizität. Wasserkraft ist eine wirtschaftliche Form der En­ergiegewin­nung. Obendrein belastet sie kaum das Weltklima. Trotz dieses Vorteils gelten Stauseen als ökologisch bedenklich und erzeugen neue Probleme, wenn das aufgestaute Wasser an anderer Stelle fehlt.
  • Meerwasser: Auch das Wasser der Ozeane kann zur En­ergiegewin­nung genutzt werden, etwa mit Wellen- und Gezeit­enkraftwerken. Bei einer anderen Methode, der Ocean Thermal Energy Conversion (OTEC), wird die Tem­per­atur­dif­ferenz zwischen warmen und kalten Wasser­schichten genutzt. Kommerziell brauchbare Anlagen existieren zwar noch nicht, aber die Entwicklung geht voran.
  • Windkraft und Geothermie: Im Gegensatz zur Meer­wasser­nutzung sind Wind­kraftan­la­gen und ge­ot­her­mis­che Wärmepumpen wirtschaftlich wet­tbe­werbsfähig und in vielen Ländern weit verbreitet.
  • Kernfusion: Dass Nuk­learen­ergie nicht zwangsläufig große Risiken bergen muss, beweist das Konzept der Kernfusion. Dafür ist Wasserstoff die Grundlage, nicht ra­dioak­tives Material. Bis heute konnte jedoch kein überzeu­gen­der Fu­sion­sreak­tor gebaut werden – trotz jahrelanger Forschung, vor allem in der EU. Es wird jedoch weiter daran gearbeitet.
  • Strom aus Biomasse: Die En­ergieerzeu­gung durch die Verbrennung von Holz und Pflanzen­resten erlebte in den letzten 30 Jahren in den Industrieländern ein Comeback. Es wird vor allem Strom damit erzeugt, seltener Heizenergie oder Gas. Der Trend zum spezial­isierten Anbau geeigneter Pflanzen ist allerdings umstritten, ins­beson­dere wenn es um Biokraft­stoffe geht. In Brasilien fahren bereits 50 % aller Autos mit Ethanol aus Zuckerrohr. Die Forschung gilt aber nicht nur bekannten Nutzpflanzen, sondern auch bislang eher ignorierten Arten wie dem ölhaltigen Ja­t­ropha-Baum.

Der Weg in eine sparsame En­ergiezukunft

Wie lässt sich der En­ergiehunger der In­dus­trien­atio­nen begrenzen? Vor allem durch Strom sparende Tech­nolo­gien. Die digitale Entwicklung vollzieht sich rasant. Obwohl Computer, Handys, Kameras usw. immer leistungsfähiger werden, wurde ihr En­ergie­ver­brauch gedrosselt. Diesem Beispiel sollten die En­ergiev­er­sorger wie auch die Au­to­mo­bilin­dus­trie folgen. Dass Audi als erster Hersteller LED-Schein­wer­fer verbaut und Toyota vom Hy­brid­mod­ell Prius bereits mehr als 1 Million Exemplare produziert hat, ist erst der Anfang. Die Chinesen sind sich des Dilemmas, dass der Wunsch nach mehr Autos auch mehr Umwelt­be­las­tung bedeutet, durchaus bewusst. Es gibt schon vielver­sprechende Pi­lot­pro­jekte für Hybrid-, Elektro- und Brennstof­fzel­len­fahrzeuge.

„Der Hauptgrund, warum Europäer weniger Energie verbrauchen als Amerikaner, ist, dass sie mehr dafür bezahlen müssen und dadurch motiviert sind, die Energie klug zu nutzen.“

Unterm Strich erweist sich vor allem die Sonnenen­ergie als ideale Lösung für das weltweite Problem der En­ergiev­er­sorgung. So­laren­ergie lässt sich sowohl fo­to­voltaisch als auch thermisch gewinnen. Und das Beste: Die Sonne ist kostenlos, sauber und unbegrenzt verfügbar.

Über die Autoren

Karl Pilny ist als Wirtschaft­san­walt im Berliner Büro der in­ter­na­tional wirkenden An­walt­skan­zlei Salans tätig und außerdem Geschäftsführer der Un­ternehmens­ber­atung Asia 21 in Zürich. Er hat bereits das Buch Tanz der Riesen verfasst. Gerard Reid gilt als einer der weltweit führenden Experten im Bereich der erneuer­baren Energien.