Was ist Business-Coaching?
Viele Berater werten ihr Angebot heute mit dem magischen Wort „Coaching“ auf. Coaching ist aber genau genommen keine Expertenberatung und gibt weder konkrete Tipps noch Lösungskonzepte. Vielmehr appelliert es an die Ressourcen und Strategien des Klienten und verhilft ihm zu neuen Blickwinkeln und Erkenntnissen. Business-Coaching muss zum einen vom Personal Coaching abgegrenzt werden, wo es eher um biografische und private Anliegen geht, zum anderen von der Psychotherapie, die vornehmlich krankhafte Störungen behandelt. Trotzdem sollte man als Coach die Grenzen durchlässig halten, um das eine oder andere Werkzeug aus den Nachbardisziplinen anwenden zu können. Im Business-Coaching sind die Anliegen und Ziele berufsbezogen. Meist finanziert das Unternehmen die Interventionen, d. h. der Coach muss die Bedürfnisse des Klienten und die des Unternehmens berücksichtigen.
Die Gestaltung des Coachings
Als Coach aktivieren Sie das Potenzial Ihres Klienten. Im Personal Coaching sucht sich der Klient den Coach selbst aus. Im Business-Coaching wird dieser in der Regel von der Personalentwicklung des Unternehmens zur Verfügung gestellt. Es ist in jedem Fall wichtig, dass alle Beteiligten in einem persönlichen Gespräch ihre Vorstellungen abklären. Neben der Besprechung der Ausgangslage und der Schärfung des Ziels sollte erörtert werden, was der Klient bereits unternommen hat, um eventuellen Schwierigkeiten zu begegnen. Schon beim ersten Kontakt sollte der Coach dem Klienten durch gezielte Fragen eine mentale Struktur anbieten, die ihm hilft, seine oft chaotischen Gedanken und Gefühle zu ordnen und seine Perspektive zu erweitern. Manche Klienten sind beispielsweise vornehmlich auf Zahlen oder Daten fixiert, andere auf bestimmte Gefühle. Die Fragen des Coachs dienen nicht nur der Informationsgewinnung, sondern stellen bereits Interventionen dar, indem sie etwa das Bewusstsein auf bisher unreflektierte Aspekte lenken. Von Anfang an sollte der Coach den Klienten zu folgenden Einstellungen hinführen:
- Der Klient soll weg von der Opferrolle und für sein Denken, seine Gefühle, seine Glaubenssätze und seine Handlungen Verantwortung übernehmen.
- Dem Klienten sollen Projektionen und Übertragungen bewusst werden. Er soll erkennen, dass Eigenschaften und Handlungen anderer Menschen, die er als negativ wahrnimmt, in seiner eigenen Persönlichkeit liegen oder aus vergangenen Situationen hervorgehen.
- Der Klient soll seine Wahrnehmung hinterfragen. Die meisten Menschen nehmen selektiv wahr und unterscheiden nicht genau zwischen Fakten und Interpretationen.
- Der Klient soll irrationale Selbstvorwürfe und veraltete Glaubensätze relativieren.
Zielfindung und Umsetzung
Der Definition des Ziels – das sich im Lauf des Coachings auch verändern kann – folgt die Aufstellung von Zwischenzielen. Damit diese erreicht werden, sollte der Coach in seiner Methodenwahl flexibel sein und wissen, dass das wichtigste Werkzeug im persönlichen Gespräch liegt. Das Coaching findet aber nicht nur während der Sitzungen statt. Geben Sie Ihrem Klienten Übungen als Hausaufgaben mit, in denen er etwa auf besondere Vorkommnisse achten oder sich in bestimmten Situationen anders als bisher verhalten soll. Damit wird gleichzeitig eine Brücke zum realen Alltag des Klienten gebaut. Von Zeit zu Zeit müssen Sie überprüfen, ob Sie und Ihr Klient noch am selben Strang ziehen und ob sich die Vorstellungen nicht auseinanderentwickeln.
Was hilft beim Coaching?
Ähnlich wie in der Therapie liegt die Wirksamkeit eines Coachings in der Beziehung zwischen Coach und Klient begründet. Nicht nur Projektionen und Übertragungen wirken sich abträglich auf den Coaching-Erfolg aus, sondern auch Kollusionen, d. h. Situationen, in denen Coach und Klient unbewusst und einvernehmlich Wege suchen, um sich den eigenen Schattenseiten und bestimmten heiklen Themen nicht stellen zu müssen. Zielen Sie als Coach nicht auf kurzfristige Effekte, mit denen Sie den Klienten beeindrucken oder gar manipulieren wollen. Backen Sie lieber kleine Brötchen und haben Sie längerfristige Ziele vor Augen. Eine fundierte psychologische Ausbildung sowie neutrale Supervisionen helfen Ihnen, selbstkritisch und reflexiv vorzugehen.
Lösungsorientierte Interventionen
Am häufigsten kommen beim Coaching die lösungsorientierten Interventionen zur Anwendung. Sie sind aus der systemischen und humanistischen Psychologie abgeleitet. Bei ihnen geht man davon aus, dass das Problem in einen größeren Gesamtzusammenhang eingebettet ist, dass das Erkennen eines Problems bereits der erste Schritt zur Lösung darstellt und dass der Mensch Ressourcen und Potenziale in sich trägt, die ihm erlauben, seine Situation durch Gedanken, Gefühle und Handlungen zu beeinflussen. Das lösungsorientierte Coaching besteht aus folgenden Phasen:
- Synchronisation: Klient und Coach stimmen sich aufeinander ab und gewinnen Vertrauen zueinander.
- Lösungsvision: Nachdem der Klient sein Problem angeschaut hat, entwickelt er Lösungen.
- Lösungsverschreibung: Die Zielvisionen werden nach und nach in die Praxis integriert.
- Lösungsevaluation: Sowohl im Alltag als auch während des Coachings wird überprüft, inwieweit die Lösungsvorstellungen realisiert werden.
Werkzeuge
Folgende Werkzeuge unterstützen Sie bei Ihren Interventionen:
- Bitten Sie den Klienten, im Alltag auf kleinere Veränderungen zu achten, die bereits auf das Ziel hinweisen.
- Loben Sie den Klienten, wenn er etwas Neues erkannt oder bewerkstelligt hat, was ihm womöglich selbst gar nicht bewusst geworden ist.
- Vertiefen Sie Überlegungen des Klienten, indem Sie bestimmte Satzteile seiner Äußerungen fragend wiederholen.
- Wenn Sie sich während der Sitzung Notizen machen, lohnt es sich, Schlüsselsätze des Klienten wörtlich festzuhalten. Der Klient fühlt sich wertgeschätzt, wenn Sie von Zeit zu Zeit seine Aussagen zusammenfassen.
- Lassen Sie den Klienten eine Situation aus dem Blickwinkel eines anderen Beteiligten sehen.
- Fragen Sie den Klienten, wie man sein Problem kreiert. Durch diese zunächst irritierende Frage erkennt der Klient, welchen aktiven Anteil er daran hat.
- Richten Sie die Aufmerksamkeit des Klienten immer wieder bewusst vom Problem weg und hin zur Lösung.
- Fragen Sie den Klienten, wie er sich fühlen würde, wenn das Problem gelöst wäre.
- Lassen Sie den Klienten andere Aspekte seiner Angelegenheit betrachten.
- Würdigen und reflektieren Sie die bisherigen Bewältigungsstrategien Ihres Klienten.
- Inspirieren Sie den Klienten, seine Handlungsstrategien auszutauschen, falls sie nicht zum gewünschten Ziel führen.
- Mittels einer imaginierten oder im Raum verankerten Skala kann der Klient nicht nur festlegen, an welchem Ort zwischen Problem und Ziel er sich befindet, sondern sich auch überlegen, was z. B. geschehen müsste, damit er ein Stück weiter nach vorne rückt.
- Lassen Sie den Klienten gemäß der so genannten paradoxen Intention überlegen, durch welche Maßnahmen und Faktoren sich sein Problem verschlimmern ließe.
Kognitiv-emotionale Interventionen
Die kognitiv-emotionalen Interventionen haben ihre Wurzeln in der Verhaltenstherapie, die sich im Lauf ihrer Entwicklung auch den Gedanken und Gefühlen geöffnet hat. Folgende Maßnahmen gehören dazu:
- Hinterfragen Sie die „Ich bin“-Aussagen Ihres Klienten. Fragen Sie z. B., für welche Bereiche seine Aussage zutrifft und für welche nicht, was er mit seiner Haltung erreichen möchte und wer in seiner Familie auch so war oder ist.
- Das ABC-Modell konzentriert sich auf das „Missing Link“ (B) zwischen einer Situation (A) und der Reaktion des Klienten darauf (C). Es wird erforscht, welche inneren Glaubenssätze, Bilder und Wertungen seine Reaktion hervorrufen und welche Vor- und Nachteile der Klient dadurch hat. Nachdem diese innere Landkarte bewusst gemacht wurde, kann sie auch verändert werden.
- In Meditationsübungen lassen Sie den Klienten seine Gedanken und Gefühle sowie ganze Gedankengeflechte beobachten. Dadurch lockern Sie seine Identifikation mit ihnen. Sie können ihn auch anregen, einer störenden Emotion bis zu ihrem Ursprung nachzuspüren, indem er sich diese als Gewässer vorstellt, das er stromaufwärts bis zur Quelle verfolgt. In einer anderen Übung stellt der Klient sich vor, er sei ein Stein in einem Bach. Seine Gedanken und Emotionen bewegen sich in Form von Blättern oder Strudeln auf ihn zu. Er entscheidet selbst, welche Elemente er an sich heranlässt und welche er weiterströmen lässt.
Imaginative und intuitive Interventionen
Die Hypnotherapie arbeitet im Gegensatz zur klassischen Hypnose weniger direktiv, sondern überlässt es dem Klienten, welche inneren Bilder sich einstellen. Der Coach bietet Metaphern und gleichnishafte Geschichten mit Botschaften für das Unbewusste an.
„Coaching ist zu einer Schlüsselkompetenz in Wirtschaft und Verwaltung geworden.“
In der aktiven Imagination, die auf C. G. Jung zurückgeht, lässt der Klient ein Bild zu seinem Problem entstehen, das er samt seinen Wandlungen betrachtet. Auftauchende Störbilder lässt er weiterziehen. Er kann seine Perspektive ändern, in das Bild eintauchen oder dem Dargestellten Fragen stellen.
„Jede Coaching-Sitzung sollte mit der Einladung zu einem kleinen Praxistransfer enden.“
Diese Arten von Interventionen werden oft in Trance durchgeführt. In diesem Zustand ist die Aufmerksamkeit auf bestimmte innere Vorgänge oder körperliche Empfindungen fokussiert. Die Grenze zwischen Bewusstem und Unbewusstem lockert sich. In Trance kann der Klient z. B. einen weisen Ratgeber aufsuchen, um dessen Rat einzuholen. Er kann ebenso in der Zeit zurückgleiten, um zu einem Ereignis zu gelangen, das dem heutigen ähnlich ist, und dieses zu bearbeiten.
Handlungsorientierte und systemische Interventionen
Systemischen Aufstellungen veranschaulichen die Beziehungen zwischen verschiedenen Menschen, Gruppen, Systemen, Gefühlen oder Aspekten eines Konflikts, indem diese mittels Stellvertretern aufgestellt werden. Diese Stellvertreter können echte Menschen, Spielfiguren oder Aktionskarten sein. Bert Hellinger, der die Aufstellungsarbeit populär machte, übernahm sie von der Familientherapeutin Virginia Satir, ersetzte aber die Orientierung an den Idealen der humanistischen Psychotherapie durch ein starres Ordnungssystem. Daher ist seine Variante für Coaching-Interventionen weniger geeignet. Einige Anwender sehen die Aufstellung als eigenständiges effektives Werkzeug, während andere die aus der Aufstellung hervorgehenden Erfahrungen konzentriert auswerten.
Coaching-Qualität sichern
Egal, welche Methode Sie anwenden, sichern Sie die Qualität Ihrer Arbeit, indem Sie gegen Ende der Coaching-Sitzungen mit dem Klienten und dem Unternehmen ein Gespräch über den Verlauf des Coachings und die Zielerreichung führen. Alternativ kann auch mittels Fragebogen eine Evaluation durchgeführt werden. Tauschen Sie sich regelmäßig mit Kollegen aus und bilden Sie sich weiter.