Ein Fest mit Folgen
In Megara, einer Vorstadt Karthagos, findet sich ein Söldnerheer zu einem Gelage auf dem PalastÂgrundstĂĽck des ehemaligen HeerfĂĽhrers Hamilkar ein, der zurzeit nicht in Karthago ist. Die Soldaten, die aus aller Herren Länder stammen, fĂĽhlen sich von Karthago ungerecht behandelt, weil sie nach einer Niederlage nicht den verÂsprochÂenen Sold erhielten. Sie töten die Sklaven und Hamilkars Tiere, legen Feuer und zerstören seinen Besitz. Hamilkars Tochter SalammbĂ´ versucht die Männer beruhigen, doch ohne Erfolg. Der libysche Söldner Mâtho und der junge numidische HeerfĂĽhrer Narr’Havas sind sofort von ihrer Schönheit fasziniert.
List entfacht Wut: die Kriegserklärung
Die Söldner sollen ihr Lager nach Sikka verlegen und dort auf den aussteÂhenÂden Sold warten. Der Grieche Spendius, ein von den Söldnern befreiter KriegsÂgeÂfanÂgener Hamilkars, schlieĂźt sich ihnen an. Als Mâtho eines Tages im Lager Narr’Havas trifft, will er ihn töten, doch Spendius kann das verhindern. Mâtho ist sicher, dass SalammbĂ´ ihn verhext hat: Er kann nur noch an sie denken, will sie besitzen und zugleich ihr Sklave sein.
„Dann wurden die Tische mit FleisÂchspeisen beladen: Antilopen mit ihren Hörnern, Pfauen in ihrem Gefieder, ganze Hammel, in sĂĽĂźem Wein gekocht, Kamel- und BĂĽffelkeulen, Igel in FischbrĂĽhe, geröstete Heuschrecken und eingelegte Siebenschläfer.“ (S. 7)
Eines Tages trifft der Magistrat Hanno mit prachtvollem Gefolge ein und rechnet den Söldnern vor, warum Karthago nicht genug Geld hat, um sie zu bezahlen. Er tut dies in karthagisÂcher Sprache, die die meisten Söldner nicht verstehen. Spendius, der mehrere Sprachen spricht, nutzt dies aus, indem er behauptet, Hanno hätte die Soldaten beleidigt und drohe ihnen fĂĽr den Vorfall auf Hamilkars Anwesen Strafen an. Anfangs glaubt man Spendius nicht, doch dann taucht ein verwirrter Mann auf und berichtet der Menge, dass man eine Gruppe Schleuderer in Karthago hinÂgerichtet habe. Daraufhin greifen die Söldner zu den Waffen und ziehen gegen Karthago zu Felde.
Der Raub des Mantels
Vor den gut befestigten Mauern Karthagos schlägt das Heer sein Lager auf. Der Rat der Stadt versucht, die Söldner milde zu stimmen. Zögen diese weiter, könnten sie sich mit den Feinden Karthagos verbĂĽnden und so zur noch größeren Gefahr werden. Nach einiger Zeit einigt man sich, den aussteÂhenÂden Sold in voller Höhe zu zahlen. Spendius sät jedoch Zweifel und bringt die Söldner gegen die Gesandten aus Karthago auf. Während die Stimmung im Lager im Begriff ist zu kippen, schleichen sich Spendius und Mâtho in die Stadt. Spendius plant, den heiligsten Gegenstand Karthagos zu stehlen: den ZaĂŻmph, den Mantel der Göttin Tanit. Mâtho blendet seine Furcht vor den Folgen dieses unaussprechÂlichen Verbrechens aus. Er raubt den Mantel und stĂĽrmt sofort zu Hamilkars Haus, um das wertvolle Artefakt SalammbĂ´ zu zeigen. Er gesteht ihr seine Liebe und will ihr den Mantel schenken. Sie ist entsetzt und verflucht Mâtho. Dieser kann gefahrlos ins Lager zurĂĽckkehren, weil niemand es wagt, den Mantel zu berĂĽhren.
Die erste Schlacht
Mâtho will Karthago stĂĽrzen, um SalammbĂ´ zu bekommen. Narr’Havas kommt zu ihm und bietet ihm ein BĂĽndnis an: Er will mit Elefanten, frischen Truppen und LebensÂmitÂteln aus seinem Reich zurĂĽckkehren und den Kampf unterstĂĽtzen. Später schlieĂźen sich die umliegenden Dörfer und Staaten den Söldnern an, weil Karthago sie seit Langem unterjocht. Die Städte Utika und Hippo Zarytus, ĂĽber deren Häfen Karthago versorgt wird, wollen jedoch neutral bleiben. Die HeerfĂĽhrer der Söldner beschlieĂźen, diese beiden Städte zu belagern, um Karthago von seinen VerÂsorgungsweÂgen abzuschneiÂden. Ein Teil des Heers zieht unter Mâthos FĂĽhrung nach Hippo Zarytus, ein anderer mit Spendius nach Utika, ein dritter Teil bleibt vor Karthago. Währenddessen herrscht in der Stadt zunächst Uneinigkeit ĂĽber das weitere Vorgehen. Das Kommando wird schlieĂźlich an Hanno ĂĽbergeben, der die Truppen drei Monate lang vorbereitet und dann nach Utika zieht. Er kann die Söldner dank seiner KriegseÂleÂfanÂten zunächst besiegen, doch Spendius sammelt seine verstreuten Truppen und startet einen erÂfolÂgreÂichen GegeÂnanÂgriff. Geschlagen kehrt Hanno nach Karthago zurĂĽck.
Hamilkars Rückkehr lässt Karthago hoffen
Eines Morgens wird in Karthago Hamilkars Schiff gesichtet: In der Stadt keimt neue Hoffnung auf. Der erfahrene Heerführer könnte die Wende im Krieg bringen. Am Abend trifft sich Hamilkar mit dem Rat der Stadt. Dieser bietet Hamilkar den Oberbefehl über die Truppen an, doch er lehnt den Posten zunächst ab: Er ist sicher, dass die Stadt fallen wird und dass der Rat die Schuld daran trägt. Hamilkar hört zum ersten Mal von dem Gerücht, Salammbô habe sich dem Barbaren Mâtho hingegeben. Man habe gesehen, wie er am Morgen nach dem Mantelraub ihre Gemächer verlassen habe. Hamilkar will das zunächst nicht glauben, ist dann aber aufgrund eines Missverständnisses zunehmend von Salammbôs Schuld überzeugt. Zu Hause erkennt er schnell das ganze Ausmaß der Zerstörung, die die Barbaren verursacht haben. Er übernimmt nun doch den Oberbefehl.
„Der Mond hatte sie so bleich gemacht, und etwas Göttliches umhüllte sie wie ein leiser Duft.“ (über Salammbô, S. 16)
Hamilkar schafft neue Steuern und steckt Unsummen in seine VerteiÂdiÂgungspläne. Er hebt Truppen aus, strukÂturiÂert die Legion um, wirbt Söldner an und lässt die Wälle erneuern. Als Mâtho von Hamilkars RĂĽckkehr erfährt, richtet er seinen Hass gegen seinen ehemaligen AnfĂĽhrer und fiebert der Schlacht entgegen. Unter der FĂĽhrung von Spendius erwarten die Truppen der Barbaren die Karthager an der MakarbrĂĽcke, doch Hamilkar lässt sie schmoren. Als er schlieĂźlich den MarschbeÂfehl gibt, schlägt er keine der ĂĽblichen Routen ein, sondern schickt seine Truppen durch den Fluss, durch den er dank eines genialen Einfalls einen Weg gefunden hat. Mit ausÂgeÂfeilÂter Taktik besiegt Hamilkar Spendius. Als Mâtho mit seinen Truppen eintrifft, findet er Berge von Leichen und einen niedergeschlaÂgeÂnen Spendius vor.
„Aber ich will sie haben, ich muss sie haben! Ich sterbe daran! Bei dem Gedanken, sie mit meinen Armen umschließen zu können, packt mich unbändige Freude. Und doch hasse ich sie, Spendius! Ich möchte sie schlagen! Was soll ich tun?“ (Mâtho über Salammbô, S. 37)
Den nächsten Angriff gegen Hamilkar soll Mâtho anfĂĽhren. Als dessen Heer bereit ist, sind Hamilkar und seine Männer verÂschwunÂden. Seine Truppen sind denen Mâthos unterlegen, weswegen er den RĂĽckzug angetreten hat. Auf unÂvorherseÂhbaren Routen zieht er durchs Land, sodass die Söldner ihn nicht stellen können. SchlieĂźlich treffen die Heere doch aufeinander. Hamilkar verschanzt sich hinter einem Wall und wartet ab. Seine Vorräte werden schnell knapp, und aus Karthago kommt keine Hilfe. Dort gibt man Hamilkar die Schuld fĂĽr die Situation, weil er die Söldner nicht geschlagen hat, als er die Chance dazu hatte.
Salammbô und Mâtho finden sich
SalammbĂ´ hat keinen Appetit und ist rastlos. Der Tanit-Priester und PriÂvatlehrer SalammbĂ´s, Schahabarim, redet ihr ein, sie allein könne Hamilkar und Karthago retten: Sie solle zu Mâtho gehen und den Mantel zurĂĽckverlangen. Sie macht sich nicht bewusst, welchen Preis sie dafĂĽr voÂrausÂsichtlich zahlen muss, und willigt ein. Auf ihrem Weg zu Mâthos Lager sieht sie das vom Krieg zerstörte Land. In ihren Augen trägt Mâtho allein die Schuld daran. Im Lager der Barbaren fĂĽhrt Mâtho sie zu seinem Zelt. Sie fordert den Mantel, doch er hört nicht zu. Hingerissen kann er sich kaum auf etwas anderes als ihre Nähe konzenÂtriÂeren. Sie vergleicht ihn mit dem Gott Moloch, er hält sie fĂĽr die Göttin Tanit. SalammbĂ´s Widerstand schwindet – angesichts seiner verzweifelÂten LeiÂdenÂschaft gibt sie schlieĂźlich nach und lässt sich von ihm auf sein Lager drängen. Eine Gelegenheit, Mâtho zu töten, lässt sie verÂstreÂichen. Als er wegen eines Feuers fort muss, nimmt SalammbĂ´ den ZaĂŻmph und geht.
„Die Schakale werden in euren Palästen hausen, der Pflug wird eure Gräber umwühlen. Man wird nichts mehr hören als den Schrei der Adler über den Haufen von Trümmern. Du wirst fallen, Karthago!“ (Hamilkar zum Rat, S. 127)
Narr’Havas’ Truppen ergeben sich Hamilkar. Der Numidier hat von Anfang an so wenig wie möglich ins Kampfgeschehen eingeÂgrifÂfen, um jederzeit das Lager wechseln zu können. Hamilkar sind die zusätzlichen Soldaten hochwillkomÂmen. SalammbĂ´ trifft im karthagisÂchen Lager ein und sorgt mit dem wiederbeschafften Mantel fĂĽr neue Hoffnung. Hamilkar ahnt, was sie dafĂĽr tun musste, verbirgt aber sein Entsetzen. Er bietet Narr’Havas fĂĽr dessen Treue die Hand SalammbĂ´s, die sich aber nicht fĂĽr ihn erwärmen kann. Sie kann den leiÂdenÂschaftlichen Mâtho nicht vergessen. Ungeachtet dessen soll die Vermählung so schnell wie möglich stattfinden.
„Mit ihren StoĂźzähnen schlitzten sie ihnen den Bauch auf und schleudÂerten sie in die Luft; und Eingeweide hingen an den ElfenÂbeinÂhauern wie Tauwerk an einem Mast.“ (ĂĽber die KriegseÂleÂfanÂten, S. 168)
Hamilkars Truppen, durch jene von Narr’Havas gestärkt, schlagen die Söldner und tragen einen überragenden Sieg davon. Die Söldner sind müde und fühlen sich gedemütigt. Hamilkar bietet allen, die überlaufen wollen, einen Platz in seinem Heer. Er will denen, die ihre Waffen niederlegen, freien Abzug gewähren. Dann jedoch trifft bei den Söldnern eine Nachricht aus Tunis ein: Die Stadt will sich ihnen anschließen. Auch Hippo Zarytus und weitere Städte und Stämme schlagen sich auf ihre Seite. Als Zeichen an Hamilkar enthaupten die Söldner einen Gefangenen und werfen seinen Kopf ins Lager der Karthager. Alle Hoffnung auf Frieden erlischt. Hamilkar nimmt seine Angebote zurück und schickt nach Karthago, um Unterstützung anzufordern, die ihm nach seinem Sieg gern gewährt wird.
Belagerung Karthagos ohne Sieger
Hamilkar ordnet einen RĂĽckzug nach Karthago an, um sich neu aufstellen zu können. Die Söldner folgen ihm und richten sich auf eine erneute Belagerung ein. Die Stadt gilt als sicher und kann weder eingenommen noch ausÂgeÂhungert werden. Spendius hat jedoch einen wunden Punkt gefunden: Eines Nachts klettert er auf den Aquädukt und schlägt ein Loch hinein. Ohne das ĂĽberlebenswichtige Wasser scheint Karthago verloren.
„Eine grenzenlose LeiÂdenÂschaft bemächtigte sich seines ganzen Wesens und riss ihn zu ihr hin. Er hätte sie umschlingen, sie in sich saugen, sie trinken mögen. Seine Brust keuchte, die Zähne schlugen ihm aufeinander.“ (ĂĽber Mâtho und SalammbĂ´, S. 211)
Die Barbaren verfĂĽgen ĂĽber zahlreiche Kriegsgeräte, die sie nun gegen die Stadt einsetzen. Hamilkar ersinnt jedoch fĂĽr jeden VorstoĂź eine wirksame VerteiÂdiÂgungsstrateÂgie und kann die Stadt so halten. Bald wird klar: Die Söldner brauchen einen Erdwall bis zur Höhe der Mauern, um die Maschinen wirksam einsetzen zu können. Die Arbeiten beginnen, werden jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen. In der Stadt gehen unterdessen LebensÂmitÂtel und Wasservorräte zur Neige. Als der Wall fertig ist, beginnt der Sturm auf die Stadt. Die Karthager fordern mit immer größerem Nachdruck ein MenÂschenopfer, um den Gott Moloch zu besänftigen. Die Kinder der fĂĽhrenden Familien sollen geopfert werden – auch Hamilkars Sohn Hannibal. Kurz bevor der Junge abgeholt wird, lässt Hamilkar einen SklavenÂjunÂgen herrichten, der anstelle seines Sohnes geopfert wird. Mit viel Spektakel beginnt die OpferzÂerÂeÂmonie, bei der vor der groĂźen Statue des Gottes Moloch verÂschiedene wertvolle Gaben und schlieĂźlich die Kinder auf einem ScheitÂerÂhaufen verbrannt werden. Das Volk steigert sich in einen religiösen Taumel, den die Söldner mit Entsetzen vom Wall aus beobachten.
Karthager bringen die EntscheiÂdung
Die Götter scheinen das Opfer anzunehmen: Ein Gewitter zieht auf und es beginnt zu regnen. Hamilkar ĂĽbergibt das Kommando ĂĽber die Stadt an Hanno und zieht mit seinen Truppen aus, um LebensÂmitÂtel zu beschaffen und die Söldner von der Stadt fortzuÂlocken. Zusammen mit Narr’Havas’ Heer setzt er den Söldnern immer wieder zu – fĂĽnf Monate lang verändert sich kaum etwas an dieser Situation. Dann lockt Hamilkar einen GroĂźteil des BarÂbarenÂheers an einem Gebirgspass in eine Falle. Er fĂĽhrt sie in einen Kessel, der verÂschlossen wird. Nach wenigen Tagen ist die Hälfte des Heeres tot: Die Männer sind verhungert, verdurstet oder haben nur durch KanÂniÂbalÂisÂmus ĂĽberlebt. Spendius kapituliert und wird später gekreuzigt. Hamilkars Soldaten töten einen Teil der Söldner und lassen die anderen zurĂĽck. AnschlieĂźend umkreisen sich die Heere ĂĽber drei Monate hinweg und reiben sich in kleinen Geplänkeln auf. Letztlich wĂĽnschen sich alle nur noch eine groĂźe Schlacht, die die EntscheiÂdung bringt. Mâtho schickt Hamilkar einen Boten mit diesem Vorschlag. Hamilkar ist einÂverÂstanden. Mâtho hat noch gut 7000 zusammengewĂĽrfelte Männer, die Hamilkars Truppen von 14 000 gegenĂĽberstehen. Dieser weiĂź jedoch, dass sein Gegner nicht zu unterschätzen ist. Der Kampf ist lange ausgewogen, mit taktischen Vorteilen sogar fĂĽr Mâtho, doch schlieĂźlich bringen die Bewohner Karthagos die Wende: Alte, Kinder, Frauen und Zivilisten kommen aus der Stadt, um ihre Soldaten anzufeuern und ihnen beizustehen. Die Söldner werden besiegt. Mâtho steht als letzter Söldner und wird von Narr’Havas mit einem Netz eingefangen.
Die Hochzeit und die Hinrichtung
Karthago feiert den Sieg. Die Hinrichtung von Mâtho soll am gleichen Tag wie die Hochzeit von SalammbĂ´ und Narr’Havas stattfinden. Damit die ganze Stadt Rache nehmen kann am AnfĂĽhrer der Söldner und dem Dieb des ZaĂŻmphs, soll dieser durch die Stadt laufen, während es allen BĂĽrgern erlaubt ist, ihn zu verletzen. Einzige Auflage: Er darf nicht mit HilÂfÂsÂmitÂteln, nur mit bloĂźen Händen attackiert werden. Die Karthager belassen es nicht dabei – Mâtho wird auf seinem Weg durch die Massen förmlich zerfetzt. Mit letzter Kraft schafft er es zu dem Platz, wo sich SalammbĂ´ und ihr frisch angetrauter Gemahl feiern lassen; dort bricht er zusammen. SalammbĂ´ muss sich endlich eingestehen, dass sie Mâtho alles andere als hasst und seinen Tod unter keinen Umständen will. Sie begreift, dass er all das nur fĂĽr sie erlitten hat. Ein Priester reiĂźt dem toten Soldaten Mâtho das Herz heraus. SalammbĂ´ sinkt kurz danach in sich zusammen und stirbt.
Zum Text
Aufbau und Stil
In 15 Kapiteln entfaltet Gustave Flaubert die Geschichte vom Krieg zwischen Karthago und seinen ehemaligen Söldnern und von der unmöglichen Liebe zwischen der FĂĽrstenÂtochter SalammbĂ´ und dem HeerfĂĽhrer Mâtho. Zum groĂźen Teil verläuft die Handlung streng chroÂnolÂoÂgisch: Es gibt nur wenige RĂĽckblicke auf die Zeit vor dem Krieg, die HintergrĂĽnde werden nur angerissen. Ăśberhaupt verzichtet der reÂalÂisÂtisÂche Romancier auf erläuternde EinschĂĽbe: Das Geschehen wird unmittelbar und in allen brutalen Details gezeigt. Das gilt vor allem fĂĽr die drastischen SchlachtÂszenen, in denen es nie strahlende Helden, sondern nur blutige und zerfetzte Leichen, ermĂĽdete Soldaten und verzweifelte KriegshÂerÂren zu sehen gibt. Indem Flaubert nicht wertet, sondern sachlich beschreibt, zeigt er den ganzen Schrecken und die Sinnlosigkeit des Krieges; worin man freilich indirekt eine Wertung sehen kann. Die AnÂderÂsarÂtigkeit und die Exotik des alten Karthago – ein antiker Melting Pot zwischen Afrika und Europa – präsentiert Flaubert in kaleiÂdoskopisÂchen BeschreiÂbunÂgen, die den Leser zwischen Faszination und Abscheu schwanken lassen.
InÂterÂpreÂtaÂtionÂsansätze
- SalammbĂ´ ist ein Roman des bĂĽrgerlichen Realismus: Dieser Realismus darf nicht mit dem Wunsch, Tatsachen wiederzugeben, verwechselt werden, sondern er ist ein kĂĽnstÂlerisches Mittel, mit dem lediglich der Eindruck von WirkÂlichkeit erzeugt werden soll, im Gegensatz zu anderen Kunstformen, die darauf abzielen, ein Ideal darzustellen.
- Flaubert wechselt zwischen den PerÂspekÂtiven Mâthos, SalammbĂ´s und Hamilkars, ohne ihre GefĂĽhle und BeweggrĂĽnde zu offenbaren. Diese muss der Leser meist selbst aus der nĂĽchternen Darstellung ihrer Handlungen konÂstruÂieren.
- SalammbĂ´ greift eine historisch belegte Episode in der Geschichte der antiken Stadt Karthago auf: Nach dem Ersten Punischen Krieg, in dem Karthago Rom unterlag, musste Karthago sein gewaltiges Söldnerheer deÂmoÂbilÂisieren, was zu einem Aufstand und zum sogenannten Söldnerkrieg fĂĽhrte, der von 241 bis 237 v. Chr. dauerte und Karthago zwisÂchenÂzeitlich an den Rand des Untergangs brachte.
- Karthago ist eine fremde, unÂtergeÂganÂgene Welt, die Flaubert als Fan einer neuen WisÂsenschaft – der Archäologie – entdeckte. In dieser exotischen Welt konnte Flaubert seine LeiÂdenÂschaft fĂĽr die Sprache mit seinem Anspruch, einen nĂĽchternen, sachlichen Blick auf die WirkÂlichkeit zu bieten, vereinen. Ihm zufolge besteht eine „notwendige Beziehung zwischen dem richtigen und dem musikalisÂchen Wort“. Die Handlung selbst wird dabei fast zur Nebensache.
- Immer wieder stehen im Roman die religiösen Bräuche und Riten Karthagos im Fokus. Die GleÂichÂsetÂzung der HauptÂfigÂuren mit den Göttern Moloch und Tanit und der alÂleÂgorische ZusamÂmenÂhang zwischen dem heiligen Mantel und SalammbĂ´s Sexualität durchziehen den gesamten Roman.
- Die Mischung aus dekadenter FĂĽlle, Luxus und grausamem Morden in den Schlachten erzeugt beim Leser Distanz und nimmt wichtige Elemente der DekadenÂzlitÂerÂatur und des Symbolismus vorweg.
HisÂtorischer Hintergrund
Frankreich im 19. Jahrhundert
Nach der MachterÂgreiÂfung Napoleons 1799 eroberte dieser groĂźe Teile Europas. Nach der Niederlage der französischen Truppen bei Waterloo wurden auf dem Wiener Kongress 1814/15 die eroberten Gebiete zurĂĽckgegeben. Frankreich wurde wieder zur Monarchie, in der zunächst Ludwig XVIII., dann Karl X. und schlieĂźlich der „BĂĽrgerkönig“ Louis-Philippe I. auf den Thron kam. 1848 kam es zur Revolution: Der König wurde gestĂĽrzt und die Zweite Republik ausgerufen. Deren Präsident erklärte sich 1852 jedoch wiederum zum Kaiser und nannte sich fortan Napoleon III. Das Zweite Kaiserreich begann. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger richtete Napoleon III. seine ExÂpanÂsionÂsziele nach Nordafrika und Indochina. Seine Macht im Inneren festigte er durch repressive MaĂźnahmen. Erst mit dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 musste Napoleon III. den Thron wieder verlassen, nachdem er in die Hände der PreuĂźen gefallen war.
In diesen Zeiten innerer Unruhen und immer neuer UmstĂĽrze kam es in der französischen Kunst, vor allem in der Literatur, zu einer wahren BlĂĽte. Stendhal und HonorĂ© de Balzac prägten den groĂźen reÂalÂisÂtisÂchen GesellschaftÂsroÂman – zusammen mit Flaubert bildeten sie ein Dreigestirn, das bis heute prägend ist. Auf die roÂmanÂtisÂchen Lyriker François-RenĂ© de Chateaubriand und Victor Hugo folgten Mitte des 19. JahrhunÂderts Autoren wie Charles Baudelaire und Émile Zola, die die französische Dichtung in eine völlig neue Richtung fĂĽhrten.
Entstehung
Die Idee zu SalammbĂ´ stammte wahrscheinÂlich von Flauberts SchriftÂstellerkolÂlege ThĂ©ophile Gautier, doch Flauberts Interesse an oriÂenÂtalÂisÂchen Themen bestand schon länger: Nach Napoleons Feldzug in Ă„gypten und der GrĂĽndung von Kolonien in Nordafrika wurden oriÂenÂtalÂisÂche Themen in Literatur und Malerei aufgeÂgrifÂfen, alles OriÂenÂtalÂisÂche war bei französischen KunÂstschafÂfenden angesagt. Zusammen mit einem Freund war Flaubert zwischen 1849 und 1851 durch Nordafrika, den Nahen Osten und nach GriechenÂland gereist. Erst 1857 begann er jedoch mit SalammbĂ´. FĂĽnf Jahre arbeitete er danach an dem Roman und verbesserte den Text immer wieder. Er betrieb umfassende Recherchen, las die antiken Historiker und archäologische FachÂlitÂerÂatur, reiste 1858 nach Tunesien und nach Algerien und sah sich die Gegend an, in der sein Roman spielen sollte. Die Geschichte vom SöldÂnerÂaufÂsÂtand las Flaubert bei dem antiken Historiker Polybios. UrsprĂĽnglich sollte der Roman „Karthago“ oder „Die Karthager“ heiĂźen, doch später entschied Flaubert, den Verlauf der Geschichte um die fĂĽr die Handlung eher nebensächliche fiktive Figur SalammbĂ´ zu konÂstruÂieren.
WirkungsÂgeschichte
SalammbĂ´ erschien 1863. Schon nach wenigen Tagen waren mehrere Tausend Exemplare verkauft. Der Erfolg des Romans lieĂź den zuvor zurĂĽckgezogenen Flaubert auftauen: Er zeigte sich auf Gesellschaften, begann BriefÂfreÂundÂschaften (unter anderem mit George Sand), verkehrte in verÂschiedeÂnen Salons und legte zunehmend Wert auf sein Ă„uĂźeres. Die Damen der Gesellschaft wollten aussehen wie SalammbĂ´ und bei Bällen Kleider tragen, die an jene von SalammbĂ´ erinnerten. Charles Baudelaire erklärte: „Was Flaubert hier vollbracht hat, hätte kein anderer vermocht.“ Andere waren kritischer und warfen Flaubert die Verdrehung der hisÂtorischen Tatsachen vor, auĂźerdem fanden sie seinen Stil zu ĂĽberbordend, seine Szenen zu grausam. Zahlreiche Karikaturen und Parodien entstanden. „Ich wollte einen Traum festhalten, indem ich auf das Altertum die Verfahren des modernen Romans anwandte“, schrieb Flaubert selbst in einem Brief. Er wollte also nie die historische Wahrheit abbilden. Das wäre auch unmöglich gewesen – bis heute ist vieles ĂĽber Karthago im Dunkeln geblieben. Unter anderem herrscht noch immer keine Einigkeit darĂĽber, ob es die beschriebeÂnen MenÂschenopfer tatsächlich gegeben hat.
Flaubert ist wohl derjenige Autor des Realismus, der Nachfolger am meisten beeindruckt und beeinflusst hat. Jean-Paul Sartre und Marcel Proust sind nur zwei der Autoren, die in Flaubert einen wichtigen Einfluss sahen. Heinrich Mann nannte ihn den „Heiligen des Romans“. Sein Werk Madame Bovary war wenige Jahre zuvor erschienen und war ein großer Erfolg. Stand Salammbô diesbezüglich dem Vorgängerroman zwar kaum nach, so ist es heute doch der Roman über die untreue Ehefrau, Madame Bovary, mit dem Flaubert zuerst in Verbindung gebracht wird – Salammbô ist deutlich weniger bekannt. Flaubert selbst war schon bald nicht mehr von seinem Werk überzeugt: „Der Schmöker hätte es nötig, dass man ihn um gewisse Inversionen leichter macht“, schrieb er in einem Brief an George Sand. Der Roman wurde mehrfach für die Oper adaptiert, unter anderem von Modest Mussorgski. Außerdem entstanden Filme, Gemälde, Theaterstücke und ein Hörspiel.