SalammbĂ´

Buch SalammbĂ´

Paris, 1863
Diese Ausgabe: Reclam,


Worum es geht

Verstörende Bilder von Krieg und Liebe

Ein brutales Söldnerheer greift die Stadt Karthago an, doch der kluge Feldherr Hamilkar kann sie dank seiner Weisheit und Erfahrung halten. Damit rettet er seine schöne Tochter vor dem schreck­lichen Schicksal, dem grausamen Söldner Mâtho in die Hände zu fallen. Stattdessen heiratet sie den strahlenden Helden Narr’Havas. So könnte die Handlung von Salammbô sein – wäre der Roman nicht von Gustave Flaubert geschrieben worden. Wir müssen auf solche Klischees verzichten. Der Autor bietet uns weder eine Wertung an, noch offenbaren sich die Beweggründe der Figuren: Das Schicksal Karthagos und seiner Angreifer folgt keiner Dramaturgie, sondern schlägt un­ver­mit­telt zu. In verstörenden Bildern präsentiert Flaubert einen Ausschnitt aus der Geschichte einer un­terge­gan­genen Zivil­i­sa­tion mit fremden Bräuchen und Riten. Überbor­den­der Luxus und unfassbare Grausamkeit prägen die Welt der Fürsten­tochter Salammbô, die in diesem stilistisch aus­ge­feil­ten Roman mehr roter Faden als Hauptfigur ist. Es ist nicht das bekannteste (und nach Meinung vieler Kritiker auch nicht das gelungenste) Werk Flauberts, aber es zählt wohl zu denen, die den tiefsten Blick in die Abgründe seiner Fantasie und seines künst­lerischen Genies erlauben.

Take-aways

  • SalammbĂ´ zählte zu Flauberts Lebzeiten zu seinen er­fol­gre­ich­sten Werken.
  • Inhalt: Eine Söldnerarmee im Dienst Karthagos wendet sich gegen die Stadt, da ihr der Sold nicht ausbezahlt wird. Der Aufstand kann erst Jahre später niedergeschla­gen werden. Zwischen den Fronten gehen die FĂĽrsten­tochter SalammbĂ´ und der Söldner Mâtho eine unmögliche Liebe ein. Am Ende sterben beide.
  • Die Handlung des Romans beruht auf einer wahren Begebenheit, dem Söldnerkrieg von Karthago.
  • Während die Figur SalammbĂ´ erfunden ist, gab es ihren Vater Hamilkar und ihren Bruder Hannibal wirklich.
  • Flaubert arbeitete fĂĽnf Jahre an dem Roman und besuchte Nordafrika, um sich inspirieren zu lassen.
  • Er wollte SalammbĂ´ nicht als his­torischen Roman verstanden wissen: Stil und formale Gestaltung der Geschichte waren ihm wichtiger als historische Korrektheit.
  • In der Tradition des Realismus verzichtete Flaubert auf eine Wertung der dargestell­ten, zum Teil sehr grausamen Ereignisse.
  • Flaubert setzte mit SalammbĂ´ Trends in Malerei, Literatur und Mode.
  • Vor allem wegen der drastischen Schlacht­szenen gab es zahlreiche negative Kritiken und offene Angriffe gegen das Buch.
  • Zitat: „Zwischen offenen Eingeweiden, ver­spritztem Hirn und Lachen von Blut bildeten halb verkohlte Leichen schwarze Flecken; und ab und zu ragten Arme und Beine halb aus einem LeichenhĂĽgel hervor wie Pfähle in einem verbrannten Weinberg.“
 

Zusammenfassung

Ein Fest mit Folgen

In Megara, einer Vorstadt Karthagos, findet sich ein Söldnerheer zu einem Gelage auf dem Palast­grundstück des ehemaligen Heerführers Hamilkar ein, der zurzeit nicht in Karthago ist. Die Soldaten, die aus aller Herren Länder stammen, fühlen sich von Karthago ungerecht behandelt, weil sie nach einer Niederlage nicht den ver­sproch­enen Sold erhielten. Sie töten die Sklaven und Hamilkars Tiere, legen Feuer und zerstören seinen Besitz. Hamilkars Tochter Salammbô versucht die Männer beruhigen, doch ohne Erfolg. Der libysche Söldner Mâtho und der junge numidische Heerführer Narr’Havas sind sofort von ihrer Schönheit fasziniert.

List entfacht Wut: die Kriegserklärung

Die Söldner sollen ihr Lager nach Sikka verlegen und dort auf den ausste­hen­den Sold warten. Der Grieche Spendius, ein von den Söldnern befreiter Kriegs­ge­fan­gener Hamilkars, schließt sich ihnen an. Als Mâtho eines Tages im Lager Narr’Havas trifft, will er ihn töten, doch Spendius kann das verhindern. Mâtho ist sicher, dass Salammbô ihn verhext hat: Er kann nur noch an sie denken, will sie besitzen und zugleich ihr Sklave sein.

„Dann wurden die Tische mit Fleis­chspeisen beladen: Antilopen mit ihren Hörnern, Pfauen in ihrem Gefieder, ganze Hammel, in sĂĽĂźem Wein gekocht, Kamel- und BĂĽffelkeulen, Igel in FischbrĂĽhe, geröstete Heuschrecken und eingelegte Siebenschläfer.“ (S. 7)

Eines Tages trifft der Magistrat Hanno mit prachtvollem Gefolge ein und rechnet den Söldnern vor, warum Karthago nicht genug Geld hat, um sie zu bezahlen. Er tut dies in karthagis­cher Sprache, die die meisten Söldner nicht verstehen. Spendius, der mehrere Sprachen spricht, nutzt dies aus, indem er behauptet, Hanno hätte die Soldaten beleidigt und drohe ihnen für den Vorfall auf Hamilkars Anwesen Strafen an. Anfangs glaubt man Spendius nicht, doch dann taucht ein verwirrter Mann auf und berichtet der Menge, dass man eine Gruppe Schleuderer in Karthago hin­gerichtet habe. Daraufhin greifen die Söldner zu den Waffen und ziehen gegen Karthago zu Felde.

Der Raub des Mantels

Vor den gut befestigten Mauern Karthagos schlägt das Heer sein Lager auf. Der Rat der Stadt versucht, die Söldner milde zu stimmen. Zögen diese weiter, könnten sie sich mit den Feinden Karthagos verbünden und so zur noch größeren Gefahr werden. Nach einiger Zeit einigt man sich, den ausste­hen­den Sold in voller Höhe zu zahlen. Spendius sät jedoch Zweifel und bringt die Söldner gegen die Gesandten aus Karthago auf. Während die Stimmung im Lager im Begriff ist zu kippen, schleichen sich Spendius und Mâtho in die Stadt. Spendius plant, den heiligsten Gegenstand Karthagos zu stehlen: den Zaïmph, den Mantel der Göttin Tanit. Mâtho blendet seine Furcht vor den Folgen dieses unaussprech­lichen Verbrechens aus. Er raubt den Mantel und stürmt sofort zu Hamilkars Haus, um das wertvolle Artefakt Salammbô zu zeigen. Er gesteht ihr seine Liebe und will ihr den Mantel schenken. Sie ist entsetzt und verflucht Mâtho. Dieser kann gefahrlos ins Lager zurückkehren, weil niemand es wagt, den Mantel zu berühren.

Die erste Schlacht

Mâtho will Karthago stürzen, um Salammbô zu bekommen. Narr’Havas kommt zu ihm und bietet ihm ein Bündnis an: Er will mit Elefanten, frischen Truppen und Lebens­mit­teln aus seinem Reich zurückkehren und den Kampf unterstützen. Später schließen sich die umliegenden Dörfer und Staaten den Söldnern an, weil Karthago sie seit Langem unterjocht. Die Städte Utika und Hippo Zarytus, über deren Häfen Karthago versorgt wird, wollen jedoch neutral bleiben. Die Heerführer der Söldner beschließen, diese beiden Städte zu belagern, um Karthago von seinen Ver­sorgungswe­gen abzuschnei­den. Ein Teil des Heers zieht unter Mâthos Führung nach Hippo Zarytus, ein anderer mit Spendius nach Utika, ein dritter Teil bleibt vor Karthago. Währenddessen herrscht in der Stadt zunächst Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Das Kommando wird schließlich an Hanno übergeben, der die Truppen drei Monate lang vorbereitet und dann nach Utika zieht. Er kann die Söldner dank seiner Kriegse­le­fan­ten zunächst besiegen, doch Spendius sammelt seine verstreuten Truppen und startet einen er­fol­gre­ichen Gege­nan­griff. Geschlagen kehrt Hanno nach Karthago zurück.

Hamilkars Rückkehr lässt Karthago hoffen

Eines Morgens wird in Karthago Hamilkars Schiff gesichtet: In der Stadt keimt neue Hoffnung auf. Der erfahrene Heerführer könnte die Wende im Krieg bringen. Am Abend trifft sich Hamilkar mit dem Rat der Stadt. Dieser bietet Hamilkar den Oberbefehl über die Truppen an, doch er lehnt den Posten zunächst ab: Er ist sicher, dass die Stadt fallen wird und dass der Rat die Schuld daran trägt. Hamilkar hört zum ersten Mal von dem Gerücht, Salammbô habe sich dem Barbaren Mâtho hingegeben. Man habe gesehen, wie er am Morgen nach dem Mantelraub ihre Gemächer verlassen habe. Hamilkar will das zunächst nicht glauben, ist dann aber aufgrund eines Missverständnisses zunehmend von Salammbôs Schuld überzeugt. Zu Hause erkennt er schnell das ganze Ausmaß der Zerstörung, die die Barbaren verursacht haben. Er übernimmt nun doch den Oberbefehl.

„Der Mond hatte sie so bleich gemacht, und etwas Göttliches umhĂĽllte sie wie ein leiser Duft.“ (ĂĽber SalammbĂ´, S. 16)

Hamilkar schafft neue Steuern und steckt Unsummen in seine Vertei­di­gungspläne. Er hebt Truppen aus, struk­turi­ert die Legion um, wirbt Söldner an und lässt die Wälle erneuern. Als Mâtho von Hamilkars Rückkehr erfährt, richtet er seinen Hass gegen seinen ehemaligen Anführer und fiebert der Schlacht entgegen. Unter der Führung von Spendius erwarten die Truppen der Barbaren die Karthager an der Makarbrücke, doch Hamilkar lässt sie schmoren. Als er schließlich den Marschbe­fehl gibt, schlägt er keine der üblichen Routen ein, sondern schickt seine Truppen durch den Fluss, durch den er dank eines genialen Einfalls einen Weg gefunden hat. Mit aus­ge­feil­ter Taktik besiegt Hamilkar Spendius. Als Mâtho mit seinen Truppen eintrifft, findet er Berge von Leichen und einen niedergeschla­ge­nen Spendius vor.

„Aber ich will sie haben, ich muss sie haben! Ich sterbe daran! Bei dem Gedanken, sie mit meinen Armen umschlieĂźen zu können, packt mich unbändige Freude. Und doch hasse ich sie, Spendius! Ich möchte sie schlagen! Was soll ich tun?“ (Mâtho ĂĽber SalammbĂ´, S. 37)

Den nächsten Angriff gegen Hamilkar soll Mâtho anführen. Als dessen Heer bereit ist, sind Hamilkar und seine Männer ver­schwun­den. Seine Truppen sind denen Mâthos unterlegen, weswegen er den Rückzug angetreten hat. Auf un­vorherse­hbaren Routen zieht er durchs Land, sodass die Söldner ihn nicht stellen können. Schließlich treffen die Heere doch aufeinander. Hamilkar verschanzt sich hinter einem Wall und wartet ab. Seine Vorräte werden schnell knapp, und aus Karthago kommt keine Hilfe. Dort gibt man Hamilkar die Schuld für die Situation, weil er die Söldner nicht geschlagen hat, als er die Chance dazu hatte.

Salammbô und Mâtho finden sich

Salammbô hat keinen Appetit und ist rastlos. Der Tanit-Priester und Pri­vatlehrer Salammbôs, Schahabarim, redet ihr ein, sie allein könne Hamilkar und Karthago retten: Sie solle zu Mâtho gehen und den Mantel zurückverlangen. Sie macht sich nicht bewusst, welchen Preis sie dafür vo­raus­sichtlich zahlen muss, und willigt ein. Auf ihrem Weg zu Mâthos Lager sieht sie das vom Krieg zerstörte Land. In ihren Augen trägt Mâtho allein die Schuld daran. Im Lager der Barbaren führt Mâtho sie zu seinem Zelt. Sie fordert den Mantel, doch er hört nicht zu. Hingerissen kann er sich kaum auf etwas anderes als ihre Nähe konzen­tri­eren. Sie vergleicht ihn mit dem Gott Moloch, er hält sie für die Göttin Tanit. Salammbôs Widerstand schwindet – angesichts seiner verzweifel­ten Lei­den­schaft gibt sie schließlich nach und lässt sich von ihm auf sein Lager drängen. Eine Gelegenheit, Mâtho zu töten, lässt sie ver­stre­ichen. Als er wegen eines Feuers fort muss, nimmt Salammbô den Zaïmph und geht.

„Die Schakale werden in euren Palästen hausen, der Pflug wird eure Gräber umwĂĽhlen. Man wird nichts mehr hören als den Schrei der Adler ĂĽber den Haufen von TrĂĽmmern. Du wirst fallen, Karthago!“ (Hamilkar zum Rat, S. 127)

Narr’Havas’ Truppen ergeben sich Hamilkar. Der Numidier hat von Anfang an so wenig wie möglich ins Kampfgeschehen einge­grif­fen, um jederzeit das Lager wechseln zu können. Hamilkar sind die zusätzlichen Soldaten hochwillkom­men. Salammbô trifft im karthagis­chen Lager ein und sorgt mit dem wiederbeschafften Mantel für neue Hoffnung. Hamilkar ahnt, was sie dafür tun musste, verbirgt aber sein Entsetzen. Er bietet Narr’Havas für dessen Treue die Hand Salammbôs, die sich aber nicht für ihn erwärmen kann. Sie kann den lei­den­schaftlichen Mâtho nicht vergessen. Ungeachtet dessen soll die Vermählung so schnell wie möglich stattfinden.

„Mit ihren StoĂźzähnen schlitzten sie ihnen den Bauch auf und schleud­erten sie in die Luft; und Eingeweide hingen an den Elfen­bein­hauern wie Tauwerk an einem Mast.“ (ĂĽber die Kriegse­le­fan­ten, S. 168)

Hamilkars Truppen, durch jene von Narr’Havas gestärkt, schlagen die Söldner und tragen einen überragenden Sieg davon. Die Söldner sind müde und fühlen sich gedemütigt. Hamilkar bietet allen, die überlaufen wollen, einen Platz in seinem Heer. Er will denen, die ihre Waffen niederlegen, freien Abzug gewähren. Dann jedoch trifft bei den Söldnern eine Nachricht aus Tunis ein: Die Stadt will sich ihnen anschließen. Auch Hippo Zarytus und weitere Städte und Stämme schlagen sich auf ihre Seite. Als Zeichen an Hamilkar enthaupten die Söldner einen Gefangenen und werfen seinen Kopf ins Lager der Karthager. Alle Hoffnung auf Frieden erlischt. Hamilkar nimmt seine Angebote zurück und schickt nach Karthago, um Unterstützung anzufordern, die ihm nach seinem Sieg gern gewährt wird.

Belagerung Karthagos ohne Sieger

Hamilkar ordnet einen Rückzug nach Karthago an, um sich neu aufstellen zu können. Die Söldner folgen ihm und richten sich auf eine erneute Belagerung ein. Die Stadt gilt als sicher und kann weder eingenommen noch aus­ge­hungert werden. Spendius hat jedoch einen wunden Punkt gefunden: Eines Nachts klettert er auf den Aquädukt und schlägt ein Loch hinein. Ohne das überlebenswichtige Wasser scheint Karthago verloren.

„Eine grenzenlose Lei­den­schaft bemächtigte sich seines ganzen Wesens und riss ihn zu ihr hin. Er hätte sie umschlingen, sie in sich saugen, sie trinken mögen. Seine Brust keuchte, die Zähne schlugen ihm aufeinander.“ (ĂĽber Mâtho und SalammbĂ´, S. 211)

Die Barbaren verfügen über zahlreiche Kriegsgeräte, die sie nun gegen die Stadt einsetzen. Hamilkar ersinnt jedoch für jeden Vorstoß eine wirksame Vertei­di­gungsstrate­gie und kann die Stadt so halten. Bald wird klar: Die Söldner brauchen einen Erdwall bis zur Höhe der Mauern, um die Maschinen wirksam einsetzen zu können. Die Arbeiten beginnen, werden jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen. In der Stadt gehen unterdessen Lebens­mit­tel und Wasservorräte zur Neige. Als der Wall fertig ist, beginnt der Sturm auf die Stadt. Die Karthager fordern mit immer größerem Nachdruck ein Men­schenopfer, um den Gott Moloch zu besänftigen. Die Kinder der führenden Familien sollen geopfert werden – auch Hamilkars Sohn Hannibal. Kurz bevor der Junge abgeholt wird, lässt Hamilkar einen Sklaven­jun­gen herrichten, der anstelle seines Sohnes geopfert wird. Mit viel Spektakel beginnt die Opferz­er­e­monie, bei der vor der großen Statue des Gottes Moloch ver­schiedene wertvolle Gaben und schließlich die Kinder auf einem Scheit­er­haufen verbrannt werden. Das Volk steigert sich in einen religiösen Taumel, den die Söldner mit Entsetzen vom Wall aus beobachten.

Karthager bringen die Entschei­dung

Die Götter scheinen das Opfer anzunehmen: Ein Gewitter zieht auf und es beginnt zu regnen. Hamilkar ĂĽbergibt das Kommando ĂĽber die Stadt an Hanno und zieht mit seinen Truppen aus, um Lebens­mit­tel zu beschaffen und die Söldner von der Stadt fortzu­locken. Zusammen mit Narr’Havas’ Heer setzt er den Söldnern immer wieder zu – fĂĽnf Monate lang verändert sich kaum etwas an dieser Situation. Dann lockt Hamilkar einen GroĂźteil des Bar­baren­heers an einem Gebirgspass in eine Falle. Er fĂĽhrt sie in einen Kessel, der ver­schlossen wird. Nach wenigen Tagen ist die Hälfte des Heeres tot: Die Männer sind verhungert, verdurstet oder haben nur durch Kan­ni­bal­is­mus ĂĽberlebt. Spendius kapituliert und wird später gekreuzigt. Hamilkars Soldaten töten einen Teil der Söldner und lassen die anderen zurĂĽck. AnschlieĂźend umkreisen sich die Heere ĂĽber drei Monate hinweg und reiben sich in kleinen Geplänkeln auf. Letztlich wĂĽnschen sich alle nur noch eine groĂźe Schlacht, die die Entschei­dung bringt. Mâtho schickt Hamilkar einen Boten mit diesem Vorschlag. Hamilkar ist ein­ver­standen. Mâtho hat noch gut 7000 zusammengewĂĽrfelte Männer, die Hamilkars Truppen von 14 000 gegenĂĽberstehen. Dieser weiĂź jedoch, dass sein Gegner nicht zu unterschätzen ist. Der Kampf ist lange ausgewogen, mit taktischen Vorteilen sogar fĂĽr Mâtho, doch schlieĂźlich bringen die Bewohner Karthagos die Wende: Alte, Kinder, Frauen und Zivilisten kommen aus der Stadt, um ihre Soldaten anzufeuern und ihnen beizustehen. Die Söldner werden besiegt. Mâtho steht als letzter Söldner und wird von Narr’Havas mit einem Netz eingefangen.

Die Hochzeit und die Hinrichtung

Karthago feiert den Sieg. Die Hinrichtung von Mâtho soll am gleichen Tag wie die Hochzeit von Salammbô und Narr’Havas stattfinden. Damit die ganze Stadt Rache nehmen kann am Anführer der Söldner und dem Dieb des Zaïmphs, soll dieser durch die Stadt laufen, während es allen Bürgern erlaubt ist, ihn zu verletzen. Einzige Auflage: Er darf nicht mit Hil­f­s­mit­teln, nur mit bloßen Händen attackiert werden. Die Karthager belassen es nicht dabei – Mâtho wird auf seinem Weg durch die Massen förmlich zerfetzt. Mit letzter Kraft schafft er es zu dem Platz, wo sich Salammbô und ihr frisch angetrauter Gemahl feiern lassen; dort bricht er zusammen. Salammbô muss sich endlich eingestehen, dass sie Mâtho alles andere als hasst und seinen Tod unter keinen Umständen will. Sie begreift, dass er all das nur für sie erlitten hat. Ein Priester reißt dem toten Soldaten Mâtho das Herz heraus. Salammbô sinkt kurz danach in sich zusammen und stirbt.

Zum Text

Aufbau und Stil

In 15 Kapiteln entfaltet Gustave Flaubert die Geschichte vom Krieg zwischen Karthago und seinen ehemaligen Söldnern und von der unmöglichen Liebe zwischen der Fürsten­tochter Salammbô und dem Heerführer Mâtho. Zum großen Teil verläuft die Handlung streng chro­nol­o­gisch: Es gibt nur wenige Rückblicke auf die Zeit vor dem Krieg, die Hintergründe werden nur angerissen. Überhaupt verzichtet der re­al­is­tis­che Romancier auf erläuternde Einschübe: Das Geschehen wird unmittelbar und in allen brutalen Details gezeigt. Das gilt vor allem für die drastischen Schlacht­szenen, in denen es nie strahlende Helden, sondern nur blutige und zerfetzte Leichen, ermüdete Soldaten und verzweifelte Kriegsh­er­ren zu sehen gibt. Indem Flaubert nicht wertet, sondern sachlich beschreibt, zeigt er den ganzen Schrecken und die Sinnlosigkeit des Krieges; worin man freilich indirekt eine Wertung sehen kann. Die An­der­sar­tigkeit und die Exotik des alten Karthago – ein antiker Melting Pot zwischen Afrika und Europa – präsentiert Flaubert in kalei­doskopis­chen Beschrei­bun­gen, die den Leser zwischen Faszination und Abscheu schwanken lassen.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • SalammbĂ´ ist ein Roman des bĂĽrgerlichen Realismus: Dieser Realismus darf nicht mit dem Wunsch, Tatsachen wiederzugeben, verwechselt werden, sondern er ist ein kĂĽnst­lerisches Mittel, mit dem lediglich der Eindruck von Wirk­lichkeit erzeugt werden soll, im Gegensatz zu anderen Kunstformen, die darauf abzielen, ein Ideal darzustellen.
  • Flaubert wechselt zwischen den Per­spek­tiven Mâthos, SalammbĂ´s und Hamilkars, ohne ihre GefĂĽhle und BeweggrĂĽnde zu offenbaren. Diese muss der Leser meist selbst aus der nĂĽchternen Darstellung ihrer Handlungen kon­stru­ieren.
  • SalammbĂ´ greift eine historisch belegte Episode in der Geschichte der antiken Stadt Karthago auf: Nach dem Ersten Punischen Krieg, in dem Karthago Rom unterlag, musste Karthago sein gewaltiges Söldnerheer de­mo­bil­isieren, was zu einem Aufstand und zum sogenannten Söldnerkrieg fĂĽhrte, der von 241 bis 237 v. Chr. dauerte und Karthago zwis­chen­zeitlich an den Rand des Untergangs brachte.
  • Karthago ist eine fremde, un­terge­gan­gene Welt, die Flaubert als Fan einer neuen Wis­senschaft – der Archäologie – entdeckte. In dieser exotischen Welt konnte Flaubert seine Lei­den­schaft fĂĽr die Sprache mit seinem Anspruch, einen nĂĽchternen, sachlichen Blick auf die Wirk­lichkeit zu bieten, vereinen. Ihm zufolge besteht eine „notwendige Beziehung zwischen dem richtigen und dem musikalis­chen Wort“. Die Handlung selbst wird dabei fast zur Nebensache.
  • Immer wieder stehen im Roman die religiösen Bräuche und Riten Karthagos im Fokus. Die Gle­ich­set­zung der Haupt­fig­uren mit den Göttern Moloch und Tanit und der al­le­gorische Zusam­men­hang zwischen dem heiligen Mantel und SalammbĂ´s Sexualität durchziehen den gesamten Roman.
  • Die Mischung aus dekadenter FĂĽlle, Luxus und grausamem Morden in den Schlachten erzeugt beim Leser Distanz und nimmt wichtige Elemente der Dekaden­zlit­er­atur und des Symbolismus vorweg.

His­torischer Hintergrund

Frankreich im 19. Jahrhundert

Nach der Machter­grei­fung Napoleons 1799 eroberte dieser große Teile Europas. Nach der Niederlage der französischen Truppen bei Waterloo wurden auf dem Wiener Kongress 1814/15 die eroberten Gebiete zurückgegeben. Frankreich wurde wieder zur Monarchie, in der zunächst Ludwig XVIII., dann Karl X. und schließlich der „Bürgerkönig“ Louis-Philippe I. auf den Thron kam. 1848 kam es zur Revolution: Der König wurde gestürzt und die Zweite Republik ausgerufen. Deren Präsident erklärte sich 1852 jedoch wiederum zum Kaiser und nannte sich fortan Napoleon III. Das Zweite Kaiserreich begann. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger richtete Napoleon III. seine Ex­pan­sion­sziele nach Nordafrika und Indochina. Seine Macht im Inneren festigte er durch repressive Maßnahmen. Erst mit dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 musste Napoleon III. den Thron wieder verlassen, nachdem er in die Hände der Preußen gefallen war.

In diesen Zeiten innerer Unruhen und immer neuer Umstürze kam es in der französischen Kunst, vor allem in der Literatur, zu einer wahren Blüte. Stendhal und Honoré de Balzac prägten den großen re­al­is­tis­chen Gesellschaft­sro­man – zusammen mit Flaubert bildeten sie ein Dreigestirn, das bis heute prägend ist. Auf die ro­man­tis­chen Lyriker François-René de Chateaubriand und Victor Hugo folgten Mitte des 19. Jahrhun­derts Autoren wie Charles Baudelaire und Émile Zola, die die französische Dichtung in eine völlig neue Richtung führten.

Entstehung

Die Idee zu Salammbô stammte wahrschein­lich von Flauberts Schrift­stellerkol­lege Théophile Gautier, doch Flauberts Interesse an ori­en­tal­is­chen Themen bestand schon länger: Nach Napoleons Feldzug in Ägypten und der Gründung von Kolonien in Nordafrika wurden ori­en­tal­is­che Themen in Literatur und Malerei aufge­grif­fen, alles Ori­en­tal­is­che war bei französischen Kun­stschaf­fenden angesagt. Zusammen mit einem Freund war Flaubert zwischen 1849 und 1851 durch Nordafrika, den Nahen Osten und nach Griechen­land gereist. Erst 1857 begann er jedoch mit Salammbô. Fünf Jahre arbeitete er danach an dem Roman und verbesserte den Text immer wieder. Er betrieb umfassende Recherchen, las die antiken Historiker und archäologische Fach­lit­er­atur, reiste 1858 nach Tunesien und nach Algerien und sah sich die Gegend an, in der sein Roman spielen sollte. Die Geschichte vom Söld­ner­auf­s­tand las Flaubert bei dem antiken Historiker Polybios. Ursprünglich sollte der Roman „Karthago“ oder „Die Karthager“ heißen, doch später entschied Flaubert, den Verlauf der Geschichte um die für die Handlung eher nebensächliche fiktive Figur Salammbô zu kon­stru­ieren.

Wirkungs­geschichte

Salammbô erschien 1863. Schon nach wenigen Tagen waren mehrere Tausend Exemplare verkauft. Der Erfolg des Romans ließ den zuvor zurückgezogenen Flaubert auftauen: Er zeigte sich auf Gesellschaften, begann Brief­fre­und­schaften (unter anderem mit George Sand), verkehrte in ver­schiede­nen Salons und legte zunehmend Wert auf sein Äußeres. Die Damen der Gesellschaft wollten aussehen wie Salammbô und bei Bällen Kleider tragen, die an jene von Salammbô erinnerten. Charles Baudelaire erklärte: „Was Flaubert hier vollbracht hat, hätte kein anderer vermocht.“ Andere waren kritischer und warfen Flaubert die Verdrehung der his­torischen Tatsachen vor, außerdem fanden sie seinen Stil zu überbordend, seine Szenen zu grausam. Zahlreiche Karikaturen und Parodien entstanden. „Ich wollte einen Traum festhalten, indem ich auf das Altertum die Verfahren des modernen Romans anwandte“, schrieb Flaubert selbst in einem Brief. Er wollte also nie die historische Wahrheit abbilden. Das wäre auch unmöglich gewesen – bis heute ist vieles über Karthago im Dunkeln geblieben. Unter anderem herrscht noch immer keine Einigkeit darüber, ob es die beschriebe­nen Men­schenopfer tatsächlich gegeben hat.

Flaubert ist wohl derjenige Autor des Realismus, der Nachfolger am meisten beeindruckt und beeinflusst hat. Jean-Paul Sartre und Marcel Proust sind nur zwei der Autoren, die in Flaubert einen wichtigen Einfluss sahen. Heinrich Mann nannte ihn den „Heiligen des Romans“. Sein Werk Madame Bovary war wenige Jahre zuvor erschienen und war ein großer Erfolg. Stand Salammbô diesbezüglich dem Vorgängerroman zwar kaum nach, so ist es heute doch der Roman über die untreue Ehefrau, Madame Bovary, mit dem Flaubert zuerst in Verbindung gebracht wird – Salammbô ist deutlich weniger bekannt. Flaubert selbst war schon bald nicht mehr von seinem Werk überzeugt: „Der Schmöker hätte es nötig, dass man ihn um gewisse Inversionen leichter macht“, schrieb er in einem Brief an George Sand. Der Roman wurde mehrfach für die Oper adaptiert, unter anderem von Modest Mussorgski. Außerdem entstanden Filme, Gemälde, Theaterstücke und ein Hörspiel.

Ăśber den Autor

Gustave Flaubert wird am 12. Dezember 1821 als zweiter Sohn eines Chirurgen in Rouen in der Normandie geboren. Er teilt das Schicksal vieler ungeliebter, weil ungewollter Kinder: Seine Kindheit verläuft eintönig und ist von wenig Zuneigung geprägt. Der Wohnort der Familie, ein Seitenflügel des Kranken­hauses, tut ein Übriges, um Flauberts Kindheit düster zu überschatten. Nach der Schule und einem lustlos un­ter­nomme­nen Rechtsstudium in Paris zieht Flaubert sich immer mehr vom öffentlichen Leben zurück. Der Grund für seine Abschottung ist ein rätselhaftes Ner­ven­lei­den, das ihn auch zum Abbruch des Studiums zwingt. Auf seinem Landgut in Rouen widmet er sich der Schrift­stellerei, die er fast schon asketisch zelebriert. 1846 lernt er Louise Colet kennen, die lange seine Geliebte und zur Zeit ihres Zusam­men­tr­e­f­fens bereits eine bekannte Schrift­stel­lerin ist. Zwischen 1849 und 1851 unternimmt er mit seinem Freund Maxime Du Camp eine mehrmonatige Reise nach Griechen­land, Ägypten und in den Nahen Osten. 1857 gelingt Flaubert mit Madame Bovary der große lit­er­arische Durchbruch. Ende der 50er-Jahre treibt es ihn nach Tunesien, wo er sich zu seinem Roman Salammbô (1863) inspirieren lässt. Die Romane L’Education sen­ti­men­tale (Lehrjahre des Herzens, 1870) und La Tentation de Saint Antoine (Die Versuchung des heiligen Antonius, 1874) fallen beim Publikum durch. Einzig die 1877 er­schiene­nen Meistererzählungen Trois Contes finden starke Beachtung. Die Ko­r­re­spon­denz mit der französischen Schrift­stel­lerin George Sand, dem russischen Schrift­steller Iwan Turgenjew, dem Romancier Théophile Gautier und seinem lit­er­arischen Zögling Guy de Maupassant erscheinen postum unter dem Titel Cor­re­spon­dance. Flauberts letzter Roman Bouvard et Pécuchet (Bouvard und Pécuchet) bleibt unvollendet und wird erst im Jahr 1881 veröffentlicht. Am 8. Mai 1880 stirbt Gustave Flaubert in Croisset.