Asien für Profis

Buch Asien für Profis

Strategien für den globalen Mittelstand

Hanser,


Rezension

Tim Cole und Gunter Denk verkünden eine frohe Botschaft: Dem globalen Mittelstand gehört die Zukunft – ins­beson­dere, wenn er in Asien Geschäfte macht. Trotzdem sollte der wach­s­tumshun­grige KMU-Manager, der das liest, nicht gleich wild drau­flo­s­ex­portieren, sondern auch die Gefahren und Hindernisse kennen, die auf dem Weg zum asiatischen Traum lauern. Cole und Denk dämpfen falsche Erwartungen mit ein­dringlichen Warnungen, zeigen aber vor allem die Chancen auf, die sich in Ländern wie China, Malaysia oder Kambodscha bieten. Die sind längst nicht mehr einfach billige Out­sourc­ing-Part­ner, sondern kon­sumhun­grige Absatzmärkte – auch und ganz besonders für deutsche Produkte. Ein in­ter­es­san­ter Per­spek­tiven­wech­sel, auch wenn einige Tipps zu Ver­hal­tensweisen im Ausland eigentlich so selbstverständlich sind, dass sie keiner Erwähnung mehr bedürften. BooksInShort empfiehlt das Buch allen mittelständischen Un­ternehmern, die mit Asien liebäugeln und sich über die dortige wirtschaftliche Situation informieren möchten.

Take-aways

  • Die Zukunft gehört dem globalen Mittelstand.
  • Die boomenden Länder Asiens sind die einzigen Konsummärkte mit guten Wach­s­tum­saus­sichten.
  • Produkte aus dem Westen kommen bei den asiatischen Kunden gut an: „Made in Germany“ hat dort geradezu Kultstatus.
  • Für Geschäfte in Asien benötigt man Zugang zu ein­flussre­ichen Kon­tak­t­net­zw­erken.
  • Selbst kom­mu­nis­tis­che Regierungen öffnen sich der Mark­twirtschaft.
  • 2020 wird China allein ein Viertel des weltweiten Konsums bestreiten.
  • Die wirtschaftlichen und politischen Gemein­samkeiten der Riesen­staaten China, Indien und Indonesien prägen den neuen Begriff „Chindonesia“.
  • In Thailand leben bereits rund 60 000 Deutsche.
  • Malaysia ist ein idealer Busi­ness­part­ner für den Mittelstand und für Einsteiger ins Asiengeschäft.
  • 240 Millionen Verbraucher, wirtschaftliche Re­form­prozesse und politische Stabilität machen auch Indonesien zu einem boomenden Markt.
 

Zusammenfassung

Ein neuer, vielver­sprechen­der Markt

Bis vor Kurzem war Asien für deutsche Unternehmen nur in zweierlei Hinsicht interessant: zum Einkauf von Billigwaren oder zur Auslagerung der Produktion. Das anhaltende Wirtschaftswach­s­tum in vielen Regionen des Kontinents hat aber für steigenden Wohlstand gesorgt, der wiederum neue Märkte her­vor­brachte – und einen Heißhunger auf westliche Luxu­s­pro­dukte. „Made in Germany“ ist in Asien immer noch ein Begriff. Nach­holbe­darf haben aber nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Industrie. Bei der Herstellung neuer Produkte, deren Handhabung und Vertrieb sind Anpassungen an die Bedürfnisse vor Ort, egal ob technischer oder kultureller Art, entschei­dend.

Einen Fuß in die Tür bekommen

Um Zugang zu asiatischen Unternehmen zu bekommen, sollten Sie nicht nur mit Fin­ger­spitzengefühl und Grund­ken­nt­nis­sen der jeweiligen Kultur und Mentalität aus­ges­tat­tet sein. Sie müssen überhaupt erst einmal die Gelegenheit bekommen, in den Kon­tak­t­net­zw­erken Beachtung zu finden. Diese Art der Vet­tern­wirtschaft nennt sich in China „Guanxi“. Das „Know-who“ ist vielerorts wichtiger als das „Know-how“. Wer als Europäer großspurig erklärt, wie alles zu laufen hat, der mag zwar auf Interesse stoßen, aber er animiert damit vielleicht eher zum Abkupfern von Produkten als zu der erhofften Zusam­me­nar­beit. Ein mittelständisches deutsches Unternehmen ist in Asien eher Außenseiter als Platzhirsch.

„Die auf­streben­den Länder Asiens sind die einzigen Konsummärkte mit nach­halti­gen Wach­s­tum­saus­sichten.“

Eine große Hilfe bei der Etablierung Ihres Un­ternehmens sind Berater vor Ort, die mit den wichtigen Kon­tak­t­net­zw­erken ebenso vertraut sind wie mit den jeweiligen Sprachen, Gebräuchen und Behörden. Außerdem sollte ein guter Berater nicht nur den Marktüberblick in einem Land haben, sondern ganz Asien kennen, um den optimalen Standort zu finden. Auch Verbände wie die German Asia-Pa­cific Business Association können bei der Planung Ihres Asien­auftritts hilfreich sein. Außerdem sind fast alle asiatischen Länder mit Büros zur Wirtschaftsförderung in Mit­teleu­ropa vertreten.

Kon­ti­nen­talverbindung per Internet

Als gute Alternative zu teuren und zeitaufwändigen Geschäftsreisen hat sich die Telekom­mu­nika­tion und speziell die Nutzung von Videokon­feren­zsys­te­men erwiesen. Sie macht zwar nicht jeden Aus­land­saufen­thalt überflüssig, liefert aber wertvolle Eindrücke von der Körpersprache und Mimik des Gesprächspartners, was besonders für Asiaten wichtig ist. Als reine In­for­ma­tion­squelle ist das Internet trotz seiner Möglichkeiten nur bedingt geeignet, da die Barrieren von Sprache und Schrift fundierte Recherchen über Vorgänge in Asien erschweren. Ein weiteres Argument mehr für gute Berater und Mitarbeiter vor Ort. Statistisch gesehen sitzt jeder zweite In­ter­net­nutzer der Welt im asi­atisch-paz­i­fis­chen Raum. Trotzdem: Selbst größere Unternehmen sind nicht oder nur bescheiden mit eigenen Webseiten im Internet vertreten. Auch Google als Such­mas­chine ist längst nicht so weit verbreitet wie in Europa oder Nordamerika. Facebook dagegen ist in Asien sehr erfolgreich.

Das chinesische Wunder

Eine Studie der Asian Development Bank (ADB) besagt, dass China im Jahr 2020 gut ein Viertel des weltweiten Konsums bestreiten wird. Die Volk­sre­pub­lik China hat mit­tler­weile Japan von Platz zwei der größten Wirtschaft­sna­tio­nen verdrängt und könnte in absehbarer Zeit sogar die USA überholen. Die Kluft zwischen Arm und Reich, fehlende soziale Ab­sicherun­gen und die Gängelung durch den Überwachungsstaat bergen aber auch Gefahren für das wirtschaftliche Wachstum. Man sollte also nicht allen Wirtschaft­sprog­nosen vertrauen. Das Steuer­sys­tem der Volk­sre­pub­lik China ist kompliziert. Außerdem sind manche Geschäftsfelder für ausländische Investoren gesperrt. Dazu kommt: In China sind Politiker oft auch Wirtschaftsvertreter. Bei einer Zusam­me­nar­beit mit Ausländern kommen deshalb nicht nur wirtschaftliche Interessen zum Tragen, was starke Nerven von westlichen Fir­men­vertretern erfordert. Ein Schwach­punkt des chi­ne­sis­chen Marktes ist immer noch die In­fra­struk­tur. Da die Regierung in Peking dies erkannt hat, wurden und werden Hunderte Milliarden US-Dollar in den Straßen-, Schiffs-, Schienen- und Flugverkehr investiert.

Wachstumsführer Indien

Indien wächst, sowohl was die Wirtschaft als auch was die Bevölkerung betrifft. Mehr als eine Milliarde Menschen werden mit zunehmendem Wohlstand auch zu Ver­brauch­ern, die westliche Produkte begehren. Die größte Demokratie der Welt bietet recht stabile politische Verhältnisse und gilt geostrate­gisch als Sprungbrett, da Indien auf halber Strecke zwischen Europa und Südostasien liegt. Weniger attraktiv für Investoren sind Indiens marode In­fra­struk­tur und die mangelhafte En­ergiev­er­sorgung mit häufigen Stromausfällen. Für die Regierung haben Verbesserun­gen in diesem Bereich höchste Priorität; von 2012 bis 2017 soll eine Billion Dollar investiert werden.

„In­vesti­tio­nen in Asien sichern Arbeitsplätze in Deutschland! Diese Erkenntnis muss sich endlich auch in den Parteizen­tralen und Ministerbüros durchsetzen.“

Potenzielle Arbeitskräfte gibt es in Indien reichlich, oft mit guter Bildung und fast immer mit guten En­glis­chken­nt­nis­sen. Allerdings stehen Tra­di­tions­be­wusst­sein und Hi­er­ar­chiedenken der Entwicklung von Eigenini­tia­tive oft im Wege. Die Loyalität indischer Ar­beit­nehmer gilt weniger einer Firma als den einzelnen Personen, die dort arbeiten. Die indische Wirtschaft lebt u. a. von Ser­vi­cein­dus­trien. Für ausländische Investoren gibt es in Indien Son­der­wirtschaft­szo­nen, ähnlich wie in China. Chancen bieten sich ins­beson­dere bei der Lieferung von Ausrüstung und Technik für die Tex­tilin­dus­trie oder Phar­maun­ternehmen. Einige Branchen sind für Ausländer tabu, für andere benötigt man Son­der­genehmi­gun­gen. Ein Vorteil gegenüber China: Plagiate findet man in Indien selten.

Die Greater Mekong Subregion und Thailand

Der Mekong ist einer der längsten Flüsse der Welt und verbindet einige Staaten Südostasiens, die sich zum En­twick­lung­spro­jekt Greater Mekong Subregion (GMS) zusam­mengeschlossen haben: Kambodscha, Laos, Myanmar, Vietnam, Chinas Südprovinz Yunnan und Thailand.

„Es bedarf einer langen Zusam­me­nar­beit und großen Vertrauens, um in Asien Lieferungen gegen offene Rechnungen zu erhalten.“

Ausländische Unternehmer finden sich in Thailand meist sehr schnell zurecht. Das Land wäre heute vermutlich die wirtschaftliche Führungsmacht Südostasiens, wenn es nicht 2006 einen Staatsstre­ich gegeben hätte. Der Aufschwung Thailands wurde dadurch zwar gebremst, hielt insgesamt aber an. Auch das Mark­tvol­u­men des Königreichs vergrößert sich, obwohl es wegen der deutlich geringeren Bevölkerungszahl weder mit China noch mit Indien mithalten kann. Die wirtschaftliche Integration in der GMS und im Verband Südostasi­atis­cher Nationen (ASEAN) ist vorteilhaft für den Handel. Thailand kann nicht als Bil­liglohn­land bezeichnet werden, dafür sind die Arbeitskräfte im Vergleich mit anderen asiatischen Ländern besser ausgebildet.

„Ohne Verstehen von Markt, Menschen und Bedürfnissen ist jede Investition am Ende ein Lot­ter­iespiel.“

Die geset­zlichen Rah­menbe­din­gun­gen sind wirtschafts­fre­undlich. Wichtigste Behörde für ausländische Investoren ist das Board of Investment. In einem Vergleich der Weltbank zum Thema Mark­tzu­gangs- und Geschäftsmöglichkeiten von 2009 belegte Thailand Platz 12, Deutschland hingegen nur Platz 25. In Thailand leben bereits mehr als 60 000 Deutsche. Es gibt genügend deutsch- und en­glis­chsprachige Schulen. Die medi­zinis­che Versorgung ist so gut, dass es einen eigentlichen Medi­z­in­touris­mus Richtung Thailand gibt.

Vietnam und Kambodscha

Die deutsche Regierung will zukünftig verstärkt Bun­desmit­tel zum Ausbau der wirtschaftlichen Zusam­me­nar­beit mit Vietnam freigeben. 90 Millionen Vietnamesen bieten einen in­ter­es­san­ten In­lands­markt. Die junge Elite der Kom­mu­nis­tis­chen Partei ist ausreichend mark­twirtschaftlich orientiert und das Land bietet politische Stabilität. Den günstigen Ar­beit­skosten und dem kurzen Weg zum Nachbarland China stehen eine schlechte In­fra­struk­tur, kom­plizierte Ver­wal­tungswege und Korruption gegenüber. Vietnam ist nur für Unternehmen empfehlenswert, die bereits Erfahrung im Asiengeschäft haben. Besonders attraktiv ist das Land für die Zulieferindus­trie. Dem Mittelstand kommt entgegen, dass auch kleinere In­vesti­tio­nen gerne gesehen werden.

„In Thailand lässt sich eine Company Limited, die rechtlich in etwa einer deutschen GmbH entspricht, innerhalb von drei Werktagen reg­istri­eren.“

Kambodscha gilt als eines der kap­i­tal­is­tis­chsten Länder der Welt. Ein Jahresvisum und eine Ar­beits­genehmi­gung für Ausländer stellen hier zwar kein Problem dar. Ab­schreck­end wirken dagegen vor allem die Korruption sowie „offizielle“ und „nichtof­fizielle“ Steuern und Zölle. Alles ist in Kambodscha Ver­hand­lungssache. Die In­fra­struk­tur hat sich seit dem Pol-Pot-Regime nicht wesentlich verbessert, so gibt es bis heute keinen einzigen Tief­see­hafen in Kambodscha. Trotzdem gilt das kleine Land als der nächste Tigerstaat. Neu entdeckte Erdöl- und Erdgasvorkom­men im Golf von Thailand machen zusätzlich Hoffnung. Niedrige Löhne und ausreichend Arbeitskräfte bieten sich vor allem für die Le­ichtin­dus­trie und für Zulieferer an. Die Zugehörigkeit zur ASEAN, zur GMS und der WTO-Beitritt verschaffen Kambodscha weitere Vorteile.

Laos und Malaysia

Laos kam gut durch die globalen Fi­nanzkrisen der letzten Jahre. Die kom­mu­nis­tis­che Regierung verfolgt konsequent das Ziel der wirtschaftlichen Öffnung und bietet politische Stabilität. Das hohe Wirtschaftswach­s­tum, niedrige Löhne und eine gute En­ergiev­er­sorgung zählen zu den Pluspunkten des Landes am Mekong. Laos’ kleiner Binnenmarkt, wenig qual­i­fiziertes Personal, un­zure­ichende In­fra­struk­tur und Korruption schrecken Investoren dagegen ab. Ohne die ein­flussre­ichen Fam­i­lien­clans läuft in Laos nichts, es wird über so gut wie alles verhandelt. Die wichtigste Branche in Laos ist die Tex­tilin­dus­trie; die meisten ihrer Erzeugnisse gehen nach Thailand. Geschäftliche Chancen bieten die Weit­er­ver­ar­beitung der vielen Rohstoffe des Landes und die Land­wirtschaft.

„Neben den Un­ter­schieden gibt es jedoch auch jede Menge Gemein­samkeiten, gerade im thailändisch-deutschen Verhältnis, gewachsen aus gegen­seit­igem Respekt und Vertrauen.“

Malaysia eignet sich gut für Einsteiger im Asiengeschäft. Sie profitieren von guten wirtschaftlichen Rah­menbe­din­gun­gen, geostrate­gis­chen Vorteilen, wenig Korruption und von der weiten Verbreitung der englischen Sprache. Das Land bietet eine gute Leben­squalität und ist deshalb für Ausländer attraktiv. Eine Präsenz in Malaysia erfordert jedoch große Sensibilität im Umgang mit anderen Kulturen, Religionen und Hierarchien. Ausländischen Geschäftspartnern stehen mehrere gute An­lauf­stellen zur Verfügung, darunter die Malaysian Investment Development Authority (MIDA). Deutschland gehört bei Maschinen, Werkzeugen, Elektronik und Medi­z­in­tech­nik zu den wichtigsten Lieferanten Malaysias.

Indonesien und die Philippinen

Indonesien ist das Schw­ergewicht der ASEAN-Frei­han­del­szone. Die 240 Millionen Verbraucher des In­sel­staates bilden einen riesigen Markt, der obendrein dank wirtschaftlicher Re­form­prozesse und politischer Stabilität boomt. Korruption, Bürokratie sowie eine verbesserungs­bedürftige In­fra­struk­tur trüben den guten Eindruck. Die jüngste Weltwirtschaft­skrise bestand Indonesien dank mutiger Entschei­dun­gen, die das Vertrauen seitens der in­ter­na­tionalen Wirtschaftsvertreter nachhaltig gestärkt haben. Die Ratin­ga­gen­tur Moody’s hob 2009 die Kred­ite­in­stu­fung Indonesiens von „stabil“ auf „positiv“ an. Gute Er­fol­gschan­cen bieten in Indonesien der Maschinen- und Anlagenbau, die Textil-, Pharma- und Chemiein­dus­trie. Die wirtschaftlichen und politischen Verbindun­gen zu Indien und China führten zur Schöpfung des Kunstwortes „Chindonesia“. Allen drei Staaten gemeinsam sind große Binnenmärkte mit Wirtschaftswach­s­tum und wirtschafts­fre­undlicher Politik.

„Die in Deutschland hitzig geführte Diskussion über die Einführung von Mindestlöhnen ist in Indonesien ein alter Hut.“

Der Inselstaat der Philippinen fällt in Südostasien aus dem Rahmen, da er sich mit seiner christlichen Kultur und starken spanischen und amerikanis­chen Einflüssen von den Nachbarländern deutlich un­ter­schei­det. Es gibt viele junge und gut aus­ge­bildete, Englisch sprechende Arbeitskräfte. Die Bedingungen für Outsourcing, Ser­viceleis­tun­gen, Elek­trotech­nik und handw­erk­liche Produkte sind gut. Schwierigkeiten können sich aus der Macht von Fam­i­lien­clans, gew­erkschaftlichem Einfluss und Korruption ergeben.

Über die Autoren

Tim Cole ist In­ter­net­pub­lizist, Wirtschafts­fach­mann und Mitbegründer der An­a­lysten­gruppe Kippinger Cole. Er ist Buchautor und Vor­tragsred­ner sowie in Deutschland als Moderator der Sendung eTalk auf n-tv ein Begriff. Gunter Denk ist der Gründer von Sanet (Strategic Alliance Network), einem Netzwerk von Mittelständlern mit Asiener­fahrung.