Licensing als Handel mit Rechten
Wer kennt sie nicht, die mit der Lieblingsfigur aus Film und Fernsehen bedruckten Schreibwaren, T-Shirts oder Bettbezüge? Die Entertainment-Industrie stellt die meisten dieser Produkte weder selbst her, noch vertreibt sie sie. Stattdessen vermarktet sie die Rechte dafür an Dritte. So ist diese Industrie zu einem Vorreiter für einen Trend geworden. Seien es Marken, fiktive oder reale Personen, Veranstaltungen, Kunstwerke oder Spielzeug – viele Themen werden mittlerweile für Licensing aufgebaut oder verwendet. Wichtig ist, dass sie für den Endverbraucher eine gewisse Relevanz besitzen. Licensing ist keine eigenständige Unternehmensstrategie, sondern wird im Rahmen der allgemeinen Marketingstrategie eingesetzt.
„Es geht beim Licensing allgemein gesprochen um die Verwendung von Lizenzthemen im Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen, um diese durch die Nutzung von z. B. bekannten Marken, Prominenten oder Figuren von der Konkurrenz abzuheben und dadurch für den Endverbraucher attraktiver zu machen.“
Beim Handel mit Rechten ist Folgendes zu beachten: Lizenzthemen sind rechtlich geschützt. Dafür kommen in Deutschland am häufigsten das Urheberrecht und das Markenrecht zur Anwendung; je nach Natur des Themas können aber auch andere Gesetze die Grundlage bilden. Urhebern gehört das (unveräußerliche) Urheberrecht sowie die (veräußerlichen) Nutzungs- und Verwertungsrechte an ihren persönlichen geistigen Schöpfungen. Die Verwertungs- und Nutzungsrechte am Thema können sie mittels Lizenzvertrag übertragen, z. B. an Lizenzagenturen, die dann diese Rechte vermarkten. Auf dieser Grundlage kreieren schließlich die Lizenznehmer ihre Lizenzprodukte.
Win-win für Lizenzgeber und -nehmer
Ein Lizenzgeber sieht verschiedene Vorteile im Licensing: Er kann damit ein Thema neu positionieren, dessen Popularität ausweiten oder die eigenen Produktlinien erweitern, ohne sich in Tätigkeitsfelder begeben zu müssen, die nicht sein Kerngeschäft sind. So überträgt er einen Teil seines unternehmerischen Risikos auf einen erfahrenen Lizenznehmer. Der Lizenznehmer hat eine grundsätzlich ähnliche Motivation: Er möchte seine Produkte mit einem emotional positiv besetzten Thema aufwerten, sie diversifizieren, Wettbewerbsvorteile kreieren oder Kosten für den Auf- und Ausbau einer eigenen Marke sparen. Letztendlich zielen Lizenzgeber und Lizenznehmer auf finanziellen Erfolg.
Konflikte und Risiken lauern im Detail
Dem Synergiepotenzial zum Trotz gilt: Fallen Strategien und Handlungspläne der Lizenzgeber und -nehmer auseinander, drohen Konflikte. Das ist z. B. der Fall, wenn der Lizenzgeber eine schnelle Marktübersättigung fürchtet, aber der Lizenznehmer an einer raschen Marktdurchdringung interessiert ist. Oder wenn einer von beiden nicht in der Lage oder willens ist, seinen Teil der Vereinbarungen einzuhalten. Nicht nur Einnahmen fallen dann aus, auch das Image des Themas kann Schaden nehmen. Konfliktpotenziale und Risiken können Sie als Lizenzgeber abschwächen, indem Sie Ihren Part sorgfältig planen und ausführen.
Kosten-Nutzen-Erwägungen
Prüfen Sie, ob sich der Aufwand für Sie lohnt:
- Trägt das Instrument Licensing zu Ihren Zielen und zu Ihrer Marketingstrategie bei, fügt es sich gut in Ihren Instrumentenmix ein?
- Mit welchen Einnahmen können Sie wann rechnen, welche Kosten entstehen?
- Geht die Zeitdauer für die einzelnen Schritte mit Ihren sonstigen Plänen konform?
Lizensierungsstrategie und Lizenzprogramm
Zentral für eine erfolgreiche Lizenzierung ist die Positionierung Ihres Themas. Idealerweise gelingt es Ihnen, Produktkategorien zu identifizieren, die dieselbe Zielgruppe ansprechen wie Ihr Thema und die dieses noch populärer werden lassen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie die Charakteristika Ihres Lizenzthemas genau analysieren und gegenüber anderen Themen abgrenzen. Bestimmen Sie ebenfalls, welche Lizenzprodukte in welcher Menge und Abfolge für Sie notwendig, welche wünschenswert und welche unerwünscht sind; außerdem welche Designelemente, Qualität und Funktionen sie aufweisen sollen sowie mittels welcher Distributionskanäle Sie Ihre Zielgruppe am besten erreichen. Zuletzt definieren Sie Marketing- und PR-Maßnahmen, mit denen Sie die Lizenzprodukte begleiten, um das Thema bei der Zielgruppe frisch und präsent zu halten. Ein gutes Maßnahmenbündel wirkt auch attraktiv auf potenzielle Lizenznehmer: Sie nehmen ihnen einen Teil der Arbeit ab und zeigen zugleich Ihr fortdauerndes Engagement. Alle Beschlüsse werden in ein Lizenzprogramm umgesetzt, das u. a. die Finanzplanung, die Zeit- und Ressourcenplanung sowie die Planung begleitender Marketingmaßnahmen umfasst.
Akquise des Lizenznehmers
Um potenzielle Lizenznehmer auf sich aufmerksam zu machen, erstellen Sie eine Präsentation mit einer Vorstellung des Lizenzthemas, Eckdaten Ihrer Lizenzierungsstrategie und Ihres Lizenzprogramms, einer Darstellung existierender Lizenznehmer und geplanten begleitenden Marketing- und PR-Maßnahmen. Damit treten Sie entweder direkt an Kandidaten heran oder werben auf Lizenzveranstaltungen. In Deutschland sind das z. B. der Tag der Lizenzen in Köln oder der Licensing Market in München; für den europäischen Raum gibt es die Brand Licensing Europe in London oder die entsprechenden Lizenzmessen in Paris und Mailand. Auch geeignet sind Branchenmessen für die infrage kommenden Produkte. Interessierte Lizenznehmer werden auf Ihre Anfragen mit einem Angebot antworten, das Angaben zu ihrer Firma und zu ihren Lizenzplänen beinhaltet. Aus dem Pool der Kandidaten wählen Sie dann den Lizenznehmer sowohl nach finanziellen Argumenten als auch nach der Passgenauigkeit zu Ihren Plänen aus. Dazu unterziehen Sie die Kandidaten einer gründlichen Evaluierung, die mindestens ihre allgemeinen Geschäftsinformationen und -strategien, die Geschäftsorganisation, Finanzdaten und Referenzen, ihre Pläne für das in Verhandlung befindliche Lizenzthema (u. a. Art und Anzahl der Produkte, angestrebte Einkaufs- und Verkaufspreise, Vertriebskanäle) sowie ihre Umsetzungsfähigkeiten beleuchtet. Die Lizenzhistorie Ihrer potenziellen Partner sollte Sie ebenfalls interessieren.
Vertragsgestaltung
Innerhalb des allgemeinen gesetzlichen Rahmens sind Sie in der Vertragsgestaltung frei. Üblich sind jedoch mindestens folgende Angaben:
- Art der Beschränkung: Sie begrenzen den Lizenznehmer in seinem Nutzungsrecht entweder nicht oder aber sachlich, örtlich und/oder zeitlich.
- Art der Exklusivität: Sie gewähren dem Lizenznehmer entweder das ausschließliche, das alleinige oder das einfache Nutzungsrecht. Ausschließlichkeit meint, dass kein anderer das Thema nutzen darf. Beim alleinigen Nutzungsrecht behalten Sie sich eine eigene, parallele Nutzung vor. Sichern Sie dem Lizenznehmer nur eine einfache Nutzung zu, so können Sie das Nutzungsrecht selbst beanspruchen und im gleichen Umfang auch an andere vergeben.
- Recht zur Bearbeitung des Lizenzthemas: Falls notwendig, müssen Sie auch dieses Recht einräumen, z. B. wenn eine 2-D-Trickfilmfigur in eine 3-D-Plüschfigur überführt werden soll.
- Art der Übertragbarkeit: Je nach Vereinbarung kann der Lizenznehmer wiederum als Lizenzgeber von Unterlizenzen auftreten.
- Zahlungsmodalitäten: Zusätzlich zu der Lizenzgebühr, die entweder je verkauftem Stück, als Anteil am Umsatz oder als Pauschale gerechnet wird, können Sie eine garantiert zu zahlende Mindestzahlung in den Vertrag aufnehmen (Garantiesumme).
- Produktion der Lizenzprodukte: Sie können die Qualität der Produkte sowie ein Prüf- und Freigabeprozedere vereinbaren. Darüber hinaus können Sie auch Produktionsrestriktionen festlegen, die sich z. B. auf Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit, Kinderarbeit, Umweltschutz oder das Verbot bestimmter Inhaltsstoffe beziehen.
„Die ,Choreografie‘ der Markteinführung der einzelnen Produkte zu einem Lizenzthema ist oft ausschlaggebend für den Erfolg eines Lizenzthemas.“
Zudem können Sie im Vertrag noch weitere Rechte und Pflichten sowie Vertragsstrafen vereinbaren. Häufig fügen Sie dem Vertrag außerdem schon den so genannten Styleguide bei. Das ist Ihr Regelwerk, mit dem Sie vor allem Ihre Designvorgaben für Lizenznehmer festhalten. Mit ihm übergeben Sie auch gebrauchsfertige Designelemente.
Verwaltung des Lizenzprogramms
Der Abschluss des Lizenzvertrags stellt zwar einen Meilenstein dar, aber noch nicht das Ende Ihrer Anstrengungen. Denn Sie wollen ja auch in den nächsten Monaten und Jahren (so lange kann es dauern, bis die ersten Lizenzgebühren eintreffen) sichergehen, dass der Lizenznehmer die getroffenen Vereinbarungen während der Produktentwicklung, der Markteinführung und des Vertriebs einhält. Diese Aufgaben fallen wiederkehrend an:
- Sie prüfen Lizenzprodukte sowie Marketing- und PR-Maßnahmen und geben sie frei.
- Sie prüfen die viertel- oder halbjährlichen Lizenzabrechnungen und überwachen die Zahlungseingänge von Garantiesumme und Lizenzgebühr.
- Sie pflegen einen Dialog mit den Lizenznehmern, um deren Belange und Anregungen zu berücksichtigen, um Neuigkeiten rund ums Lizenzthema weiterzugeben oder um gemeinsame Aktionen zu planen und durchzuführen. Regelmäßige, gemeinsame Lizenznehmertreffen haben sich als nützlich erwiesen.
Tipps für den Lizenznehmer
Als Lizenznehmer handeln Sie in Teilen spiegelbildlich zu den Schritten des Lizenzgebers, wobei für ihn der Rechtevertrieb und für Sie der Warenvertrieb im Vordergrund steht. Dreh- und Angelpunkt bildet der Vertrag. Jedoch müssen Sie auch vorher schon handeln: Kosten und Nutzen abwägen, nach einem gut zu Ihren Zielen und Strategien passenden Lizenzthema Ausschau halten und den Lizenzgeber vor Vertragsabschluss genau in Augenschein nehmen. Denn Sie werden stark von seinen Designvorgaben, den Freigaben und seinen Marketinganstrengungen abhängig sein. Zudem sollten Sie auf folgende Dinge Wert legen:
- Lückenlose Rechtskette: Der Übertragung der Nutzungsrechte an Sie können andere Verträge vorausgegangen sein. Angesichts dieser Rechtskette ist es unerlässlich, dass Sie auf den Nachweis einer korrekten und ununterbrochenen rechtlichen Absicherung achten. Denn bei Lücken geraten Sie in Gefahr, von einem Glied der Kette auf Unterlassung und Schadenersatz verklagt und strafrechtlich belangt zu werden.
- Produktion: Falls Sie die Produktion an Dritte vergeben wollen, unterziehen Sie diese vorher einer eingehenden Kontrolle, um zu prüfen, ob sie geeignet sind. Auch klären Sie vorab mit dem Lizenzgeber die Bedingungen für eine Vergabe an Dritte.
- Freigabeprozess: Freigaben sind nicht auf das finale Lizenzprodukt oder die letzte Fassung des Marketingmaterials beschränkt, sondern finden auch für jeden wichtigen Zwischenschritt statt. Das kann zeitaufwändig und je nach Änderungsbedarf auch kostenintensiv und konfliktreich sein. Für Sie ist es wichtiger als für den Lizenzgeber, dass Sie den gesamten Auswertungszeitraum der Lizenz ausschöpfen können. Achten Sie deshalb im Vertrag besonders auf zeitliche Regelungen dazu.
- Vertrieb: Zwischen dem Lizenzgeber und Ihren Handelspartnern befinden Sie sich in einer Sandwichposition. Berücksichtigen Sie das vor Vertragsabschluss, z. B. indem Sie anstatt Lizenzen für einzelne Produkte solche für Produktlinien erwerben. Ganze Sortimente sind leichter im Handel zu positionieren.
- Begleitende Marketing- und PR-Maßnahmen: Verlassen Sie sich hier nicht allein auf den Lizenzgeber; planen Sie dafür auch eigene Ressourcen ein.