Was Frauen wollen

Buch Was Frauen wollen

Warum sie kaufen, was sie kaufen

Campus,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Sie machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus und treffen einen noch größeren Teil aller Kaufentschei­dun­gen: Frauen. Seltsam, dass Pro­duk­ten­twick­ler, Ser­vicean­bi­eter und Mar­ket­ingspezial­is­ten nicht besser auf weibliche Bedürfnisse eingehen, findet der amerikanis­che „Kon­sumenten­papst“ Paco Underhill. Vier Faktoren bestimmen seiner Meinung nach den Erfolg, den man als Verkäufer bei Frauen hat: Sauberkeit, Kontrolle, Sicherheit und Rück­sicht­nahme. Achtung allerdings: Wer Tipps für das tägliche Geschäft mit wählerischen Kundinnen erwartet, die eins zu eins umsetzbar sind, greift hier zum falschen Buch. Von einem sachlichen Busi­ness­rat­ge­ber ist Underhills Bestseller nämlich weit entfernt. Er hat vielmehr das große Ganze im Blick, den gesellschaftlichen und damit auch den wirtschaftlichen Wandel, den die weibliche Kundschaft vorantreibt. Manche seiner Umwege hätte sich der New York Times-Autor sparen können, etwa das Kapitel über das Verhältnis von Frauen zu ihrer Körper­be­haarung oder die Ausführungen zu seinen Reisen quer durch die USA. Doch selbst diese Passagen haben immerhin Un­ter­hal­tungswert, findet BooksInShort und empfiehlt das Buch Wer­be­treiben­den und Geschäftsinhabern, die sich in das Wesen der Shopperin amerikanis­cher Prägung hineinlesen möchten.

Take-aways

  • Frauen wünschen sich vier Dinge: Sauberkeit, Kontrolle, Sicherheit und Rück­sicht­nahme.
  • Berufstätige Frauen sind knapp an Zeit. Alles, was den Haushalt effizienter macht, ist für sie interessant.
  • Sie brauchen Räum­lichkeiten, in denen sie arbeiten können und gle­ichzeitig die Familie im Blick haben.
  • Frauen sind vermehrt handw­erk­lich tätig. Dabei geht es ihnen aber nicht nur um Funk­tion­alität, sondern immer auch um Ästhetik.
  • Frauen legen Wert auf Kleinigkeiten, besonders wenn es um Hygiene geht. Hotels, Restaurants oder Kleiderläden sollten darauf achten.
  • Die Un­ter­hal­tungse­lek­tron­ikbranche beginnt den Frauentrend zu reg­istri­eren; man trifft vermehrt auf weibliches Verkauf­sper­sonal.
  • Erstaunlich, aber wahr: Frauen zocken gern. Kasinos richten sich darauf ein.
  • Um Frauen den Zeitdruck zu nehmen, werden Kaufhäuser kleiner, ebenso ihre Angebote.
  • Zukunft haben Fachgeschäfte, die sich auf eine Zielgruppe spezial­isieren, z. B. auf kaufkräftige Frauen über 50 mit Kleidergröße 44 und höher.
  • Run­du­mange­bote im Kosmetik- und Well­ness­bere­ich boomen.
 

Zusammenfassung

Was Frauen wichtig ist

Frauen sind gar nicht so kompliziert. Vier Dinge sind es, auf die sie besonderen Wert legen: Sauberkeit, Kontrolle, Sicherheit und Rück­sicht­nahme. Das sollten die Manager, die für Hotels, Einkauf­szen­tren und Boutiquen ve­r­ant­wortlich sind, beherzigen – Frauen würden dort bestimmt mehr Geld ausgeben, wenn auf man auf ihre Wünsche eingehen würde. Aber es geht nicht nur um Konsumgüterartikel. Auch wer z. B. ein Haus verkaufen will, muss sich nach den Frauen richten. Denn sie sind es, die das Leben ihrer Familien or­gan­isieren. Sie wollen eine Küche, von der aus sie die spielenden Kinder im Blick haben, oder zwei Badezimmer – eins für Eltern und eins für die Kinder –, die durch eine Tür miteinander verbunden sind.

„Was mir auffällt, ist die zunehmende Dominanz von Frauen in der Gesellschaft und im Berufsleben – und zwar weltweit.“

Als Küche wünschen sich Frauen eine offene Schaltzen­trale in schickem Design, mit Geräten, die technisch up to date sind. Iro­nis­cher­weise verbringen Frauen in den immer perfekter aus­ges­tat­teten Küchen immer weniger Zeit. Gerade wenn sie berufstätig sind, ist ihr Zeitbudget sehr knapp. Das Kochen soll schnell, einfach und zufrieden­stel­lend ablaufen, deshalb wollen sie kompakte Elektrogeräte wie absenkbare Mikrowellen und Ein­bau-Espres­so­maschi­nen, Zwiebel- und To­maten­schnei­der, Rührei- und Trockenob­st­bere­iter.

Mehr Vielfalt im Bad, Home-Office und Fitnessraum

Es waren Frauen, die sich statt der ehemals beschei­de­nen Nasszelle ein geräumiges Spa wünschten, dessen Komfort die Wertschätzung der eigenen Person un­ter­stre­icht. Zum Bein­erasieren oder Fußnägelschnei­den hat etwa die moderne Spa-Wanne einen seitlichen Aufsatz. Frauen nutzen ein Bad ganz anders als Männer, vor allem bleiben sie viel länger darin, denn Make-up, Haar- und Körperpflege brauchen eben Zeit. Frauen legen auch Wert auf Vor­rat­shal­tung im Bad, also muss es dort Schränke mit Schubladen und Wandregale geben – für Toi­let­ten­pa­pier, Kosmetik, Haarschmuck, Arzneimit­tel und vieles mehr.

„Während Männer mit ganz anderen Dingen beschäftigt waren, haben sich Frauen zu einer enormen sozialen, kulturellen und ökonomischen Macht entwickelt.“

Auch das Home-Office unserer Tage ist den Erwartungen der Frauen angepasst. Sie holen sich über PC oder Laptop die Arbeitswelt nach Hause und umgeben sich nicht länger mit Ak­tenord­nern in Schwarz oder Weiß. Heutige Büroabteilun­gen müssen mehr Vielfalt bieten. Die Utensilien sollten nicht nur zweckmäßig sein, sondern auch dekorativ. Im Home-Office versammelt sich oft die gesamte Familie, jeder an seinem Laptop, und die Frau kann problemlos die Hausauf­gaben der Kinder überwachen, ihre Arbeit erledigen, die aktuellen Nachrichten anschauen oder im Internet surfen.

„Die Küche ist der Ort, den Frauen aufsuchen, wenn sie Zeit zum Kochen haben (mit Betonung auf ‚wenn‘).“

Sport bietet den passenden Ausgleich. Entweder joggt die junge Mutter samt Baby im Kinderwagen durch den Park oder sie will ein innerhäusliches Sportstudio, damit sie auch dann für ihre Familie präsent ist, wenn sie sich mit Laufband, Ergometer, Dehn- und Yoga-Übungen fit hält. Frauen geht es dabei nicht nur um die sportliche Leistung, sondern auch um Erholung und Entspannung, weshalb sie ihren Fitnessraum mit Duftkerzen, Musik und einem Bildschirm für Train­ings-DVDs einrichten. In einem solchen Raum ist die Frau unabhängig; sie spart Zeit, Mit­glieds­gebühren sowie den Schweißgeruch und die Blicke anderer.

Selbst ist die Frau

Manche Leute haben Di­en­st­per­sonal, die meisten müssen sich aber um ihr Haus alleine kümmern. Macht nichts, Frauen können heute ohnehin fast alles selbst, denn in den 70er und 80er Jahren haben Mädchen begonnen, ihr handw­erk­liches Geschick zu üben, um nicht länger auf einen Mann oder Handwerker angewiesen zu sein. Deshalb gibt es heute zahlreiche äußerst patente Heimw­erk­erin­nen. In etlichen US-amerikanis­chen Fernsehsendun­gen und auf zahllosen In­ter­net­seiten wird Frauen zudem vorgemacht, was sie in Haus, Garten und Küche alles leisten können. Erwarten Sie aber nicht, dass Frauen sich aufs Reparieren beschränken – ihr Heim ist ein Kunstobjekt, das es zu verschönern gilt.

Kleinigkeiten zählen

Frauen möchten beim Einchecken im Hotel nicht, dass man laut ihren Namen nennt oder ihre Zim­mer­num­mer durch die Lobby posaunt. Immer mehr Hotels achten genau darauf und überreichen den Zimmerschlüssel oder die digitale Karte ganz diskret. Klar, denn die Zielgruppe Frau wird auch für die Hotellerie immer in­ter­es­san­ter. Sowohl beim Service als auch bei den Räum­lichkeiten kommen größere Hotels den Wünschen allein reisender Frauen entgegen. Allerdings fehlen zumeist die bevorzugten weiblichen Pagen noch, die den Rol­lenkof­fer – auch eine Erfindung für Frauen – ins Zimmer bringen. Dort bildet sich der weibliche Gast schnell ein Urteil über Möblierung, Einbauten, Ausstattung und ganz besonders die Sauberkeit und möchte zudem die Raumtem­per­atur jederzeit selbst einstellen können.

„Auf jeden Fall ermöglicht es das Heimbüro der modernen Frau, ihrem Job nachzugehen, zugleich die Vorteile des eigenen Heims zu genießen und außerdem noch das Fam­i­lien­leben im Auge zu behalten.“

Es sind die vielen Kleinigkeiten, die für Frauen im Hotel zählen: eine Duschhaube, eine auf die Wasserhärte abgestimmte Seife oder ein gutes Shampoo, ein nach außen gebogener Duschvorhang (damit sie damit nicht in Berührung kommen) und perfektes Licht fürs Auftragen des Make-ups. Das Restaurant ist gut beraten, wenn es nicht nur monströse Fleis­ch­pakete anbietet, sondern auch kleine Portionen, Gemüse, Obst und mehr als den pflichtmäßigen Orangensaft.

„Endlich bekommt eine Frau – vom kleinen Mädchen bis zu der reifen Frau in ihren Wech­sel­jahren und darüber hinaus – vom Einzel­han­del, was ihr zusteht.“

Geschäfte der Un­ter­hal­tungse­lek­tron­ikbranche haben den Frauentrend teilweise schon erkannt und darauf reagiert, indem sie im Verkauf vermehrt Frauen beschäftigen. Im Elek­tron­ikgroßmarkt Best Buy strahlen junge Frauen von den Wer­be­plakaten, macht eine weibliche Laut­sprech­er­stimme auf das Fach­per­sonal aufmerksam, stehen die Produkte auf abgerun­de­ten statt schar­fkanti­gen Tischen, und das Verkauf­sper­sonal weist dezent darauf hin, dass es keine Provision erhält, wodurch Frauen sich nicht zum Kauf gedrängt fühlen. Gut zu wissen: Frauen kaufen Elek­tron­ikgeräte nicht wegen des ganzen Firlefanzes drum herum und innen drin, sondern weil sie mit dem Gerät zusam­me­nar­beiten und sich damit iden­ti­fizieren möchten.

„Das Selb­st­wert­gefühl einer Frau hat oft viel weniger mit dem zu tun, was sie in ihrem Leben geleistet hat, sondern viel mehr mit ihrem Aussehen und damit, welche Accessoires sie mit sich herum­schleppt.“

In vielen Geschäften findet man bereits heute zahlreiche Beispiele für frauen­fre­undliches Design: Rundungen, viel Holz, schme­ichel­haftes Licht, bequeme Stühle. Selbst Tankstellen sind heute an Frauen aus­gerichtet: hell und sauber, mit Pa­pier­tuch­spendern zum Fin­ger­ab­wis­chen nach dem Tanken.

Weibliche Schwächen

Wo werden Frauen schwach? Ein Beispiel ist er­staunlicher­weise das Glücksspiel. Es ist zwar eine männliche Erfindung, inzwischen aber verdienen die Kasinos das meiste Geld mit weiblichen Zockern, die die Spielau­to­maten füttern. Folglich haben die Kasi­nobe­sitzer ihre einarmigen Banditen den Wünschen und Vorlieben der Spielerin­nen angepasst: Der Un­ter­hal­tungswert steht im Vordergrund, es gibt bequeme Sitzgele­gen­heiten, Haken für die Handtasche und Geldkarten statt Kleingeld – das ist hy­gien­is­cher.

„Nur einige Marken haben die Bedeutung des Markts von älteren Frauen erkannt.“

Und natürlich sind Frauen um ihr Aussehen besorgt. Die Kos­metik­branche boomt und die Schönheitschirurgie ebenfalls. 80 % aller Amerikaner­in­nen hadern mit ihrer Figur, jede zweite macht gerade eine Diät. Die Tabakin­dus­trie macht sich das zunutze, indem sie lange, dünne und „leichte“ Zigaretten anbietet – extra für Frauen, die damit ihren Hunger vertreiben. Auch Wein und Bier kommen heute light daher, allerdings hat es die Bierindus­trie bislang versäumt, Frauen als Konsumenten gezielt anzus­prechen. Die Wein­her­steller haben es mit künst­lerischen Etiketten versucht, wobei es sicher besser wäre, sich an den weiblichen Kaufkri­te­rien Trauben­sorte, Anbaugebiet und Trinkanlass zu orientieren.

Wo Frauen gerne kaufen

Kaufhäuser werden nicht von der Bildfläche ver­schwinden, aber sie werden kompakter. Denn heute haben Frauen nicht mehr die Zeit, sich stundenlang darin zu verirren. Gefragt sind Häuser, die eine Vorauswahl treffen, die also nicht mehr 40 LCD-Fernse­her, sondern nur noch drei anbieten. Vor allem aber erwarten sich Frauen von Einkauf­szen­tren Vergnügen, fernab vom Alltag. Bei „The Grove“ in Los Angeles hat man das kapiert: Hier wird ein urbanes und gle­ichzeitig sicheres Erlebnis geboten, man trifft Menschen aller Nationen und Schichten, kann sich auf den Rasen setzen und sogar auf einem Bauernmarkt einkaufen. Apropos: Ohne Frauen hätten wir wohl gar keine Bauernmärkte. Es waren Frauen, die gesunde Lebens­mit­tel forderten, Milch ohne Hormone und Essen ohne Chemie. Frauen sind gewöhnlich für den Einkauf zuständig und damit für das, was der Familie aufgetischt wird. Der Bio-Molk­erei­be­trieb in der Nähe von São Paulo, der so sauber arbeitet, dass man dort vergeblich nach Fliegen Ausschau hält, würde jede Frau glücklich machen. Dass die Marke 15 % teurer ist als andere, macht nichts – Frauen stehen auf Sauberkeit.

„Die Frau des 21. Jahrhun­derts mit Familie ist auf der Suche nach sicheren Möglichkeiten, dem Alltag zu entkommen.“

Die meisten Einkauf­szen­tren müssen sich noch massiv verbessern, z. B. bei den Umk­lei­dek­abi­nen: Gefragt sind Sauberkeit, schme­ichel­ndes Licht, genügend Platz auch für einen Kinderwagen und ein Ort, an dem der Mann sich ausruhen und beschäftigen kann, während er wartet.

Zukunft haben auch Fachgeschäfte, die sich auf eine Zielgruppe spezial­isieren: Die Wünsche der kaufkräftigen Frau über 50 mit Kleidergröße 44 und höher z. B. hat der Einzel­han­del bis auf wenige Ausnahmen bis heute glatt aus­ge­blendet. Dagegen hat sich die Modekette Zara ihre Kundinnen sehr genau ausgesucht, indem sie ihnen Kopien der neuesten Lauf­steg-Kreatio­nen zum Schnäppchenpreis liefert. Bereits sehr frauenori­en­tiert sind Drogeriemärkte – schließlich sind Frauen hier die Hauptkunden; deshalb versucht man, Komplettlösungen für ihre gängigen Probleme anzubieten. Wenn sie Medikamente für die Familie holen, können sie auch gleich Rasierklin­gen für Mann und Sohn und Haarspülung und Nagelfeile für die Tochter mit in die Tasche packen. Alle­in­ste­hende Frauen finden alles im Gang mit den Produkten speziell für Singles und sind durch die Schnel­lka­sse im Nu mit dem Einkauf fertig.

Schön, beliebt und gut vernetzt

Schönheit­spro­dukte sollen Träume wahr werden lassen, und Kos­metikver­anstal­tun­gen verstärken das Wir-Gefühl unter Frauen. In den Läden von Sephora steht die Kundin im Mittelpunkt: Jedes Tiegelchen hat ein Preisschild, das geschulte Personal gibt Tipps ohne auf­dringlich zu sein, teure Parfums dürfen getestet werden und Gratisproben gibt es auch. Moderne Schönheitssa­lons haben diesen Rundum-Verwöhn-Wunsch aufge­grif­fen. Sie erwarten die treue Kundin längst nicht mehr nur für eine Haarpflege, sondern haben auch Nagel­be­hand­lung, Körper­haar­ent­fer­nung oder Massage im Programm. Schönheitssalon plus Spa, das ist die Zukunft.

„Soziale Netzwerke dienen Frauen als Kum­merkas­ten und als Treffpunkt mit Gle­ich­gesin­nten, weil ihnen diese Form der Kom­mu­nika­tion Spaß macht.“

Dass Frauen nicht nur sich selbst, sondern auch Beziehungen aufwändig pflegen, beweist Facebook: Über 50 % der Nutzer sind weiblich, wobei gerade die Gruppe der über 55-Jährigen unaufhörlich wächst. Frauen geben hier viel Privates preis, tauschen sich mit Gle­ich­gesin­nten aus, lesen und kom­men­tieren Blogs und stellen auch ihr eigenes Blog ins Netz. Begriffe zu Frauen­the­men werden am zweithäufigsten in die Such­maschi­nen getippt, gleich nach Politik. Werbeleute sollten hellhörig werden, hier bahnt sich eine Revolution an.

Über den Autor

Paco Underhill gilt als Experte für Kon­sumtrends. Unternehmen wie Starbucks, McDonald’s, Adidas und Nokia zählen zu den Kunden seines Forschungs- und Be­ratung­sun­ternehmens Envirosell. Sein Buch Why We Buy ist ein Klassiker der Kon­sumenten­forschung.