Volatile Zeiten
Ständig werden Entdeckungen und Erfindungen gemacht. Die Veränderungen in Wirtschaft, Technik und Gesellschaft laufen immer schneller ab. Erhöhte Volatilität ist ein Merkmal unserer Zeit. Zu beobachten war es z. B. während der Finanzkrise 2007/2008, als die Aktienkurse von Schwergewichten wie der Deutschen Bank um mehr als 80 % einbrachen – vorher unvorstellbar. In der Automobilindustrie führt die Innovationsgeschwindigkeit zu verkürzten Produktzyklen; statt zehn Jahren dauert es nun nur noch fünf, bis ein neues Modell lanciert wird. In der Elektronik, speziell in der Konsumelektronik, folgen die Neuerungen noch rasanter aufeinander. Bestes Beispiel ist der Wandel vom Röhrenfernseher zum Plasma-, LCD- oder LED-Gerät. Auf die Art und Weise, wie wir arbeiten, wie Unternehmen gemanagt werden, haben diese industriellen Umbrüche erstaunlicherweise kaum Einfluss gehabt. Noch immer wenden wir alte Führungsmodelle an.
Das Prinzip des robusten Managements
Management besteht zu einem guten Teil aus Organisieren, Informieren und Beauftragen. Diese technischen Abläufe müssen in einem volatilen Umfeld so stark wie möglich beschleunigt werden. Ähnliches gilt für das Kontrollieren, Konfliktlösen und die Mitarbeiterentwicklung. Entscheiden Sie schnell. Weil die Informationsgrundlage nie perfekt ist, sollten Ihre Mitarbeiter Basisaufgaben gut einüben, sodass diese im Handumdrehen erledigt werden können. Mitarbeiter sind eher bereit, flexibel zu reagieren, wenn Sie:
- Verständnis für Veränderungen wecken, indem Sie fair, offen und zeitnah informieren,
- Visionen und Ziele diskutieren und nachvollziehbare Pläne vorlegen,
- mit einer positiven Grundeinstellung (zum Unternehmen und zu den Mitarbeitern) vorangehen.
Stellhebel des Managements
Management ist nichts Neues. Von den „Managern des Altertums“, z. B. den Pyramidenbauern, kann man sich einiges abschauen:
- Leidenschaft: Die Manager des Altertums sahen in ihrer Tätigkeit einen übergeordneten Sinn und verfolgten ihre Ziele mit Engagement.
- Erfahrung: Die Pyramidenbauer etwa hatten jahrelange Erfahrung mit großen Projekten. Sie waren daher in der Lage, bei Bedarf neue Ideen zu entwickeln.
- Effizienz: Knappe Ressourcen setzten die Bauherren äußerst effizient ein.
- Vertrauen: Ohne vertrauensvolle Beziehungen sowohl zu den Mächtigen als auch zu ihren Beschäftigten hätten die ägyptischen Bauleiter keine Pyramiden erstellen können. Soft Skills, Kommunikations-, Problem- und Konfliktlösungsfähigkeiten sind Grundvoraussetzungen für ein gutes Management.
Häufige Managementprobleme
Die heute gängigsten Managementmodelle entstanden in Zeiten des stabilen Wirtschaftswachstums. In weniger sicheren Zeiten ist hingegen schnelles Denken, Entscheiden und Handeln nötig. Aufwändige Workshops z. B. bringen nicht die erforderlichen raschen Lösungen. Und auch wenn das Tempo allerorten anzieht, brauchen Führungskräfte nach wie vor viel Zeit, um ihre Mitarbeiter zu betreuen und weiterzuentwickeln. Eine Studie ergab, dass 97 % der Manager nicht genügend Zeit für ihre Mitarbeiter haben. Das liegt nicht zuletzt an einem falschen Selbstverständnis. Vielen Führungskräften fällt es schwer zu delegieren. Sie scheuen sich, Entscheidungen zu treffen. Oder sie können nicht mit Konflikten umgehen und geben den Mitarbeitern darum zu wenig Feedback.
Motivation
Robustes Management erfordert Selbstmotivation. Gute Manager haben das Bedürfnis, Grenzen zu überwinden, etwas Neues zu schaffen. Versuchen Sie, eine positive Grundeinstellung an den Tag zu legen. Setzen Sie sich anspruchsvolle, aber erreichbare Ziele. Jedes zügig erreichte Ziel ist ein Erfolgserlebnis und trägt zur weiteren Motivation bei. To-do-Listen und ein Erfolgstagebuch können helfen, eine Positivkultur zu etablieren. Auch freundlich gestaltete Arbeitsplätze tragen dazu bei. Standardisierte Auftragsformulare sind eine große Hilfe, um Missverständnisse zu vermeiden. Ebenso sollten sich Führungskräfte für die Auftragskontrolle Zeit nehmen. Das signalisiert dem Mitarbeiter, dass seine Arbeit wichtig ist.
Erfahrung macht kreativ
Unternehmen stellen bevorzugt Mitarbeiter mit Erfahrung ein. Erfahrung bedeutet, dass die Person in der Lage ist, bildhaft und erlebnisorientiert zu denken. Das Hirn arbeitet unbewusst und deshalb schneller. So wird intuitives Handeln möglich. Erfahrung kann umfangreiche Recherchearbeiten überflüssig machen, was wiederum den Stress reduziert. So gehen Sie vor, um die Erfahrung Ihrer Mitarbeiter zu nutzen und ihre Innovationskompetenz zu fördern:
- Regelkommunikation als Ad-hoc-Ideenlieferant: Tägliche Gesprächsrunden dienen der Information der Mitarbeiter über aktuelle Themen und Probleme.
- Allgemeine Gesprächsrunden: Neben den täglichen, regelmäßigen Meetings kann die Kommunikation zusätzlich mit informellen Treffen wie einem gemeinsamen Mittagessen oder einer Kaffeerunde ergänzt werden.
- Erfahrungen als systematischer Ansatz: Lassen Sie Ihre erfahrenen Mitarbeiter Checklisten oder Fehlerbaumanalysen erstellen, an denen sich unerfahrene Mitarbeiter bei der Fehlersuche orientieren können.
- Erfahrungen verschiedener Personengruppen: Gerade bei interdisziplinären Projekten prallen oft unterschiedliche Denkweisen aufeinander. Ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter, erst Ihre eigene Sichtweise zu schildern und sich dann in die Position des Kontrahenten zu versetzen. Das trägt zum gegenseitigen Verständnis bei.
- Kreativitätstechniken: Kreativitätstechniken wie Brainstorming, Mindmapping, Rollenspiele oder die Provokationstechnik können helfen, aus den eigenen Denkstrukturen auszubrechen. Bei Letzterer z. B. werden fiktive Alternativszenarien entworfen. Dann fragt man: Was würden wir tun, wenn das so wäre?
Strategiearbeit
Ein Bremsklotz bei der strategischen Arbeit ist oftmals das Management selbst. Strategische Überlegungen bleiben zugunsten von operativen Problemen liegen oder werden an jüngere, engagierte Mitarbeiter delegiert. Der Nachwuchs setzt dann die neuesten Methoden durchaus ein. Was fehlt, ist jedoch die Erfahrung, der Weitblick, sodass die neuen Konzepte meist ohne Wirkung bleiben. Strategie muss also Sache der Geschäftsleitung sein. Bevor Sie mit der Strategieentwicklung loslegen, sollten Sie sich einige Fragen stellen: Welche Erfolgsfaktoren möchten Sie ausbauen? Wollen Sie die Wettbewerbsvorteile stärken, die Schwächen der Konkurrenten ausnutzen, neue Märkte aufrollen oder neue Produkte lancieren? Liegt der Schwerpunkt der Unternehmensentwicklung auf der Kundenorientierung oder auf Prozessen und Kosten? Laut Fredmund Malik hängt der Erfolg eines Unternehmens zu 75 % von der Wettbewerbsposition (Innovationsrate, relativer Marktanteil), der Kapital- und Kostenstruktur sowie vom Marktwachstum ab. Darauf sollten Sie also Ihr Augenmerk legen. Auf andere Faktoren entfallen nur 25 %.
Strategische Werkzeuge
Für die konkrete Strategiearbeit steht Ihnen eine Reihe bekannter Werkzeuge zur Verfügung, etwas die Stakeholder-Analyse, die SWOT-Analyse oder der USP-Ansatz („unique selling proposition“). Der Nachteil dieser Methoden ist, dass sie den Blick zu sehr auf die aktuelle Lage ausrichten. Die strategische Neuausrichtung des Unternehmens bleibt dann von der Vergangenheit geprägt; echte Innovationen haben es schwer. Umfassender sind Konzepte wie die Balanced Score Card (BSC). Hier werden die verschiedenen Perspektiven einer Strategie betrachtet und mit klassischem Controlling verknüpft. Es handelt sich um eine Art Performancemessung des Managements. Malik hat diesen BSC-Ansatz weiterentwickelt, indem er sechs Zielgrößen für den Erfolg einer Strategie definierte: Marktstellung, Innovationsleistung, Produktivität, Attraktivität für gute Leute, Liquidität, Gewinnerfordernis. Oberste Maxime bei Malik ist es, den Kundennutzen und die Produktivität zu maximieren.
„Die gesellschaftlichen, demografischen und kulturellen Entwicklungen werden dazu führen, dass externe Probleme und Konflikte vermehrt in die Betriebe hineingetragen werden.“
Ein weiteres Modell ist die ISO 9004. Sie soll Firmen bei der Positionierung und Selbstbewertung helfen. Im Mittelpunkt stehen Führung, Strategie, Managementsystem, Ressourcen und Prozesse. Weil sich aus einer ISO-Prüfung aber kaum konkrete Maßnahmen ableiten lassen, ist es sinnvoll, sie durch das EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management) zu ergänzen. Dieser Ansatz fördert die ganzheitliche Sicht auf das Unternehmen. Grundidee ist, dass gute operative Ergebnisse nur möglich sind, wenn die richtigen Methoden zum Einsatz kommen.
Robuste Projektarbeit in volatilen Umfeld
Wer erfolgreich Projekte abschließen möchte, sollte den Aufwand möglichst gering halten. Eine strenge Vorauswahl ist entscheidend. Eine Studie hat gezeigt, dass aus 1000 Produktideen nur 50 Projekte gestartet wurden, von denen wiederum nur sechs wirtschaftlich erfolgreich waren. Unabdingbar für den Projekterfolg sind eine klare Aufgabenstellung, ausreichende Unterstützung des Topmanagements und die strikte Einhaltung von Terminen. Wichtig in einem volatilen Umfeld sind außerdem diese Faktoren:
- Beziehungsmanagement: Gute Beziehungen im Team tragen entscheidend zum Projekterfolg bei. Besonders wichtig: ein gutes Verhältnis zum Projektmanager und zu den Fachbereichen. Pflegen Sie den regelmäßigen Austausch mit Schlüsselpersonen.
- Effektive Kommunikations- und Entscheidungsprozesse: Klären Sie, wer welche Entscheidungskompetenz und welche Vetorechte hat.
- Kompetenzen der Teammitglieder: Holen Sie nicht einfach die besten Experten ins Team, sondern achten Sie auch auf die sozialen Kompetenzen Ihrer Teammitglieder. Schulen Sie sie – und vor allem den Projektleiter – vorgängig in Konfliktlösung.
- Bekannte Probleme alter Projekte zusammenstellen: Vergegenwärtigen Sie die Fehler aus vorherigen Projekten, das hilft dem Team bei der Fehlerprävention.
- Krisenmanagement: Regeln Sie im Voraus, wer in Krisenfällen ins Projekt eingreifen darf und soll. Sinnvoll kann ein Patenkonzept sein, bei dem ein Geschäftsleitungsmitglied das Projekt begleitet.
- Erfahrungsaustausch: Projektleiter sollten sich regelmäßig mit anderen Projektleitern austauschen.