Führung in dynamischem Umfeld

Buch Führung in dynamischem Umfeld

Ansätze für ein Robustes Management

Kohlhammer,


Rezension

„In Zeiten des Umbruchs“ – man mag es nicht mehr hören. Nur, gerade die Wirtschaftswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten tatsächlich rasant gewandelt. Können Führungskräfte da noch auf altbewährte Prinzipien zurückgreifen? Die Berater Lothar Aldinger und Rainer Kämpf meinen: Nein. Wer von stabilen Rah­menbe­din­gun­gen ausgeht und stets nach der optimalen Lösung sucht, ist auf verlorenem Posten. Gefragt sind Schnel­ligkeit und Flexibilität, nur so wird das Management „robust“, immun gegen un­berechen­bare Marktveränderungen. So logisch das alles klingt: Neu sind die Maximen, die Aldinger und Kämpf vorschlagen, keineswegs. Sie greifen auf ein Sam­mel­surium bekannter Konzepte zurück (von der Maslow’schen Bedürfnispyra­mide bis zur SWOT-Analyse), um diese dann leicht zu mod­i­fizieren oder zu ergänzen. Ker­naus­sagen wie jene, dass Führungskräfte zunächst einmal selbst hochgradig motiviert sein müssen, um Mitarbeiter motivieren zu können, sind zweifellos richtig, aber nicht gerade verblüffend. Wirklich gut funk­tion­iert das Buch aber als Sammlung von Denk- und Hand­lungsmeth­o­den für den Man­age­men­tall­tag. Wer einen Überblick über erprobte Führungsmod­elle sucht und diese konkret anwenden möchte, dem kann BooksInShort das Buch empfehlen.

Take-aways

  • Die Führungsmethodik vieler Unternehmen hält mit dem in­dus­triellen Wandel nicht Schritt.
  • Management heißt: Mitarbeiter or­gan­isieren, informieren und beauftragen.
  • Die vier Elemente des Erfolgs sind Lei­den­schaft, Erfahrung, Effizienz, Vertrauen.
  • Wecken Sie Verständnis für Veränderungen durch faire In­for­ma­tionsflüsse.
  • Etablieren Sie eine Er­fol­gskul­tur mittels To-do-Lis­ten und Er­fol­gstagebüchern.
  • 97 % der Manager haben nicht genügend Zeit für ihre Mitarbeiter. Sie delegieren zu wenig oder scheuen Konflikte.
  • Auf­trags­for­mu­lare helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Auf­tragskon­trolle wiederum zeigt dem Mitarbeiter, dass seine Arbeit wichtig ist.
  • Bei klassischen Strate­gie­in­stru­menten wie der Stake­holder- oder der SWOT-Analyse liegt der Fokus zu sehr auf dem Ist-Zustand.
  • Gute Resultate zeitigt das EFQM-Modell: Unternehmen, die nach dem Modell als gut bewertet werden, sind ihre Konkur­renten überlegen.
  • Treffen Sie bei Projekten eine rigorose Vorauswahl und definieren Sie von vornherein die Kompetenzen der Beteiligten.
 

Zusammenfassung

Volatile Zeiten

Ständig werden Ent­deck­un­gen und Erfindungen gemacht. Die Veränderungen in Wirtschaft, Technik und Gesellschaft laufen immer schneller ab. Erhöhte Volatilität ist ein Merkmal unserer Zeit. Zu beobachten war es z. B. während der Finanzkrise 2007/2008, als die Aktienkurse von Schw­ergewichten wie der Deutschen Bank um mehr als 80 % einbrachen – vorher un­vorstell­bar. In der Au­to­mo­bilin­dus­trie führt die In­no­va­tion­s­geschwindigkeit zu verkürzten Pro­duk­tzyklen; statt zehn Jahren dauert es nun nur noch fünf, bis ein neues Modell lanciert wird. In der Elektronik, speziell in der Kon­sumelek­tronik, folgen die Neuerungen noch rasanter aufeinander. Bestes Beispiel ist der Wandel vom Röhren­fernse­her zum Plasma-, LCD- oder LED-Gerät. Auf die Art und Weise, wie wir arbeiten, wie Unternehmen gemanagt werden, haben diese in­dus­triellen Umbrüche er­staunlicher­weise kaum Einfluss gehabt. Noch immer wenden wir alte Führungsmod­elle an.

Das Prinzip des robusten Managements

Management besteht zu einem guten Teil aus Or­gan­isieren, Informieren und Beauftragen. Diese technischen Abläufe müssen in einem volatilen Umfeld so stark wie möglich beschle­u­nigt werden. Ähnliches gilt für das Kon­trol­lieren, Konfliktlösen und die Mi­tar­beit­er­en­twick­lung. Entscheiden Sie schnell. Weil die In­for­ma­tion­s­grund­lage nie perfekt ist, sollten Ihre Mitarbeiter Ba­sisauf­gaben gut einüben, sodass diese im Han­dum­drehen erledigt werden können. Mitarbeiter sind eher bereit, flexibel zu reagieren, wenn Sie:

  • Verständnis für Veränderungen wecken, indem Sie fair, offen und zeitnah informieren,
  • Visionen und Ziele diskutieren und nachvol­lziehbare Pläne vorlegen,
  • mit einer positiven Grun­de­in­stel­lung (zum Unternehmen und zu den Mi­tar­beit­ern) vorangehen.

Stellhebel des Managements

Management ist nichts Neues. Von den „Managern des Altertums“, z. B. den Pyra­mi­den­bauern, kann man sich einiges abschauen:

  1. Lei­den­schaft: Die Manager des Altertums sahen in ihrer Tätigkeit einen überge­ord­neten Sinn und verfolgten ihre Ziele mit Engagement.
  2. Erfahrung: Die Pyra­mi­den­bauer etwa hatten jahrelange Erfahrung mit großen Projekten. Sie waren daher in der Lage, bei Bedarf neue Ideen zu entwickeln.
  3. Effizienz: Knappe Ressourcen setzten die Bauherren äußerst effizient ein.
  4. Vertrauen: Ohne ver­trauensvolle Beziehungen sowohl zu den Mächtigen als auch zu ihren Beschäftigten hätten die ägyptischen Bauleiter keine Pyramiden erstellen können. Soft Skills, Kom­mu­nika­tions-, Problem- und Konfliktlösungsfähigkeiten sind Grund­vo­raus­set­zun­gen für ein gutes Management.

Häufige Man­age­ment­prob­leme

Die heute gängigsten Man­age­ment­mod­elle entstanden in Zeiten des stabilen Wirtschaftswach­s­tums. In weniger sicheren Zeiten ist hingegen schnelles Denken, Entscheiden und Handeln nötig. Aufwändige Workshops z. B. bringen nicht die er­forder­lichen raschen Lösungen. Und auch wenn das Tempo allerorten anzieht, brauchen Führungskräfte nach wie vor viel Zeit, um ihre Mitarbeiter zu betreuen und weit­erzuen­twick­eln. Eine Studie ergab, dass 97 % der Manager nicht genügend Zeit für ihre Mitarbeiter haben. Das liegt nicht zuletzt an einem falschen Selbstverständnis. Vielen Führungskräften fällt es schwer zu delegieren. Sie scheuen sich, Entschei­dun­gen zu treffen. Oder sie können nicht mit Konflikten umgehen und geben den Mi­tar­beit­ern darum zu wenig Feedback.

Motivation

Robustes Management erfordert Selb­st­mo­ti­va­tion. Gute Manager haben das Bedürfnis, Grenzen zu überwinden, etwas Neues zu schaffen. Versuchen Sie, eine positive Grun­de­in­stel­lung an den Tag zu legen. Setzen Sie sich anspruchsvolle, aber erreichbare Ziele. Jedes zügig erreichte Ziel ist ein Er­fol­gser­leb­nis und trägt zur weiteren Motivation bei. To-do-Lis­ten und ein Er­fol­gstage­buch können helfen, eine Pos­i­tivkul­tur zu etablieren. Auch freundlich gestaltete Arbeitsplätze tragen dazu bei. Stan­dar­d­isierte Auf­trags­for­mu­lare sind eine große Hilfe, um Missverständnisse zu vermeiden. Ebenso sollten sich Führungskräfte für die Auf­tragskon­trolle Zeit nehmen. Das sig­nal­isiert dem Mitarbeiter, dass seine Arbeit wichtig ist.

Erfahrung macht kreativ

Unternehmen stellen bevorzugt Mitarbeiter mit Erfahrung ein. Erfahrung bedeutet, dass die Person in der Lage ist, bildhaft und er­leb­nisori­en­tiert zu denken. Das Hirn arbeitet unbewusst und deshalb schneller. So wird intuitives Handeln möglich. Erfahrung kann um­fan­gre­iche Recherc­hear­beiten überflüssig machen, was wiederum den Stress reduziert. So gehen Sie vor, um die Erfahrung Ihrer Mitarbeiter zu nutzen und ihre In­no­va­tion­skom­pe­tenz zu fördern:

  • Regelkom­mu­nika­tion als Ad-hoc-Ideen­liefer­ant: Tägliche Gesprächsrunden dienen der Information der Mitarbeiter über aktuelle Themen und Probleme.
  • Allgemeine Gesprächsrunden: Neben den täglichen, regelmäßigen Meetings kann die Kom­mu­nika­tion zusätzlich mit informellen Treffen wie einem gemeinsamen Mittagessen oder einer Kaffeerunde ergänzt werden.
  • Erfahrungen als sys­tem­a­tis­cher Ansatz: Lassen Sie Ihre erfahrenen Mitarbeiter Checklisten oder Fehler­bau­m­analy­sen erstellen, an denen sich unerfahrene Mitarbeiter bei der Fehlersuche orientieren können.
  • Erfahrungen ver­schiedener Per­so­n­en­grup­pen: Gerade bei in­ter­diszi­plinären Projekten prallen oft un­ter­schiedliche Denkweisen aufeinander. Ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter, erst Ihre eigene Sichtweise zu schildern und sich dann in die Position des Kon­tra­hen­ten zu versetzen. Das trägt zum gegen­seit­i­gen Verständnis bei.
  • Kreativitätstechniken: Kreativitätstechniken wie Brain­storm­ing, Mindmapping, Rol­len­spiele oder die Pro­voka­tion­stech­nik können helfen, aus den eigenen Denkstruk­turen auszubrechen. Bei Letzterer z. B. werden fiktive Al­ter­na­tivszenar­ien entworfen. Dann fragt man: Was würden wir tun, wenn das so wäre?

Strate­giear­beit

Ein Bremsklotz bei der strate­gis­chen Arbeit ist oftmals das Management selbst. Strate­gis­che Überlegungen bleiben zugunsten von operativen Problemen liegen oder werden an jüngere, engagierte Mitarbeiter delegiert. Der Nachwuchs setzt dann die neuesten Methoden durchaus ein. Was fehlt, ist jedoch die Erfahrung, der Weitblick, sodass die neuen Konzepte meist ohne Wirkung bleiben. Strategie muss also Sache der Geschäftsleitung sein. Bevor Sie mit der Strate­gieen­twick­lung loslegen, sollten Sie sich einige Fragen stellen: Welche Er­fol­gs­fak­toren möchten Sie ausbauen? Wollen Sie die Wet­tbe­werb­svorteile stärken, die Schwächen der Konkur­renten ausnutzen, neue Märkte aufrollen oder neue Produkte lancieren? Liegt der Schwerpunkt der Un­ternehmensen­twick­lung auf der Kun­de­nori­en­tierung oder auf Prozessen und Kosten? Laut Fredmund Malik hängt der Erfolg eines Un­ternehmens zu 75 % von der Wet­tbe­werb­spo­si­tion (In­no­va­tion­srate, relativer Marktanteil), der Kapital- und Kosten­struk­tur sowie vom Mark­twach­s­tum ab. Darauf sollten Sie also Ihr Augenmerk legen. Auf andere Faktoren entfallen nur 25 %.

Strate­gis­che Werkzeuge

Für die konkrete Strate­giear­beit steht Ihnen eine Reihe bekannter Werkzeuge zur Verfügung, etwas die Stake­holder-Analyse, die SWOT-Analyse oder der USP-Ansatz („unique selling proposition“). Der Nachteil dieser Methoden ist, dass sie den Blick zu sehr auf die aktuelle Lage ausrichten. Die strate­gis­che Neuaus­rich­tung des Un­ternehmens bleibt dann von der Ver­gan­gen­heit geprägt; echte In­no­va­tio­nen haben es schwer. Umfassender sind Konzepte wie die Balanced Score Card (BSC). Hier werden die ver­schiede­nen Per­spek­tiven einer Strategie betrachtet und mit klassischem Controlling verknüpft. Es handelt sich um eine Art Per­for­mancemes­sung des Managements. Malik hat diesen BSC-Ansatz weit­er­en­twick­elt, indem er sechs Zielgrößen für den Erfolg einer Strategie definierte: Mark­t­stel­lung, In­no­va­tion­sleis­tung, Produktivität, Attraktivität für gute Leute, Liquidität, Gewin­ner­forder­nis. Oberste Maxime bei Malik ist es, den Kun­den­nutzen und die Produktivität zu maximieren.

„Die gesellschaftlichen, de­mografis­chen und kulturellen En­twick­lun­gen werden dazu führen, dass externe Probleme und Konflikte vermehrt in die Betriebe hineinge­tra­gen werden.“

Ein weiteres Modell ist die ISO 9004. Sie soll Firmen bei der Po­si­tion­ierung und Selb­st­be­w­er­tung helfen. Im Mittelpunkt stehen Führung, Strategie, Man­age­mentsys­tem, Ressourcen und Prozesse. Weil sich aus einer ISO-Prüfung aber kaum konkrete Maßnahmen ableiten lassen, ist es sinnvoll, sie durch das EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management) zu ergänzen. Dieser Ansatz fördert die ganzheitliche Sicht auf das Unternehmen. Grundidee ist, dass gute operative Ergebnisse nur möglich sind, wenn die richtigen Methoden zum Einsatz kommen.

Robuste Pro­jek­tar­beit in volatilen Umfeld

Wer erfolgreich Projekte abschließen möchte, sollte den Aufwand möglichst gering halten. Eine strenge Vorauswahl ist entschei­dend. Eine Studie hat gezeigt, dass aus 1000 Pro­duk­tideen nur 50 Projekte gestartet wurden, von denen wiederum nur sechs wirtschaftlich erfolgreich waren. Unabdingbar für den Pro­jek­ter­folg sind eine klare Auf­gaben­stel­lung, aus­re­ichende Unterstützung des Top­man­age­ments und die strikte Einhaltung von Terminen. Wichtig in einem volatilen Umfeld sind außerdem diese Faktoren:

  • Beziehungs­man­age­ment: Gute Beziehungen im Team tragen entschei­dend zum Pro­jek­ter­folg bei. Besonders wichtig: ein gutes Verhältnis zum Pro­jek­t­man­ager und zu den Fach­bere­ichen. Pflegen Sie den regelmäßigen Austausch mit Schlüsselper­so­nen.
  • Effektive Kom­mu­nika­tions- und Entschei­dung­sprozesse: Klären Sie, wer welche Entschei­dungskom­pe­tenz und welche Vetorechte hat.
  • Kompetenzen der Team­mit­glieder: Holen Sie nicht einfach die besten Experten ins Team, sondern achten Sie auch auf die sozialen Kompetenzen Ihrer Team­mit­glieder. Schulen Sie sie – und vor allem den Pro­jek­tleiter – vorgängig in Konfliktlösung.
  • Bekannte Probleme alter Projekte zusam­men­stellen: Vergegenwärtigen Sie die Fehler aus vorherigen Projekten, das hilft dem Team bei der Fehlerprävention.
  • Krisen­man­age­ment: Regeln Sie im Voraus, wer in Krisenfällen ins Projekt eingreifen darf und soll. Sinnvoll kann ein Patenkonzept sein, bei dem ein Geschäft­sleitungsmit­glied das Projekt begleitet.
  • Er­fahrungsaus­tausch: Pro­jek­tleiter sollten sich regelmäßig mit anderen Pro­jek­tleit­ern austauschen.

Über die Autoren

Lothar Aldinger ist als Un­ternehmens­ber­ater und Dozent tätig. Rainer Kämpf ist Professor für In­ter­na­tionale Logistik und Pro­duk­t­man­age­ment an der ESB Business School in Reutlingen.