Die Jagd nach dem Neuen
In vielen Unternehmen gilt Innovation als wichtiger Erfolgsfaktor. Wenn der Markt gesättigt ist, soll eine bahnbrechende Entwicklung dem Unternehmen neuen Schub geben. Entsprechend setzen die Firmen auf die Kreativität ihrer Mitarbeiter. Aber Kreativität allein genügt nicht: Gute Ideen gibt es viele, doch für den Erfolg kommt es auf die praktische Umsetzung an – und genau hier lauern die Schwierigkeiten. Neues ist nicht einfach gut, nur weil es neu ist. Erfolgreich ist eine Innovation erst dann, wenn genügend Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen. Innovationsmanagement heißt, die Chancen einer Neuentwicklung schon im Vorfeld gründlich auszuloten und den Markteintritt bis ins Detail zu planen. Ehe Sie ein neues Produkt auf den Markt werfen, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, warum Sie genau diese Innovation wollen und was sie dem Unternehmen bringen soll.
Wege zur Innovation
Neue Ideen müssen nicht zwangsläufig neue Produkte sein. Innovation kann an vielen Stellen ansetzen. So können Sie etwa zu Ihren Produkten zusätzliche Dienstleistungen anbieten und umgekehrt. Oder verändern Sie Ihre Geschäftsfelder, Ihre Preispolitik, Ihre Kommunikation oder den Vertrieb. Möglichkeiten für Neuerungen bieten sich überall. Und: Innovation heißt nicht nur, etwas Neues zu schaffen, sondern kann auch bedeuten, etwas Altes aufzugeben. Überprüfen Sie regelmäßig, auf welche Produkte, Leistungen oder Kundengruppen Sie möglicherweise verzichten könnten und was sich dadurch für Ihr Unternehmen ändern würde. So konzentrieren Sie Ihre Tätigkeit auf das Wesentliche und schaffen Raum für Neues. Hilfreich ist hier die Fragestellung, worauf Sie am ehesten verzichten könnten, wenn der Umsatz dramatisch einbrechen würde. Damit lässt sich Überflüssiges relativ schnell identifizieren. Seien Sie jedoch vorsichtig: Geben Sie Bewährtes nicht leichtfertig auf und denken Sie daran, dass ein solcher Schritt u. U. für Ihr Image und Ihr Betriebsklima sehr schädlich sein kann.
Im Mittelpunkt: Der Kunde
Zufriedene Kunden sind das wichtigste Kriterium, auch bei der Einführung einer Innovation. Kundenzufriedenheit entsteht durch Qualität. Allerdings kann maximale Qualität nur selten das Ziel sein, denn damit sind natürlich auch Kosten verbunden. Wichtig ist es, ausreichende Qualität zu liefern, und zwar genau dort, wo der Kunde sie erwartet. Überlegen Sie sich, nach welchen Kriterien Ihre Kunden die Kaufentscheidung treffen und was ihnen wichtig ist. Wie stehen Sie in diesem Punkt im Vergleich zur Konkurrenz da? Aus den Antworten auf diese Fragen können Sie ableiten, in welchen Bereichen Sie Ihre Qualität halten bzw. noch verbessern müssen und was weniger wichtig ist.
„Innovationsmanagement bedeutet, Neues zum Markterfolg zu führen.“
Ihrem Unternehmen muss immer klar sein, für welchen Nutzen genau der Kunde bezahlt. Ein Kunde, der sich eine Bohrmaschine kauft, zahlt nicht für die Maschine als solche. Er zahlt eigentlich dafür, dass er mithilfe der Bohrmaschine etwas befestigen kann. Entsprechend zählen zur Konkurrenz des Herstellers nicht nur andere Produzenten von Bohrmaschinen, sondern alle Unternehmen, die Produkte zur Befestigung anbieten – selbst wenn es sich um Klebstoff handelt. Die Substitution – die Ablösung eines Produkts durch ein anderes – ist für den Hersteller die gefährlichste Konkurrenz: Sie wird oft viel zu spät erkannt.
Den Rahmen setzen
Den Rahmen für Innovationen geben so genannte Innovationsleitplanken vor. Sie legen in einer frühen Phase des Innovationsprozesses fest, wo das Unternehmen gerade steht, was es in Zukunft erreichen will und was nicht. Formulieren Sie Ihre Leitplanken möglichst konkret und vermeiden Sie leere Managementphrasen. Selbstverständlich darf auch über diese Leitplanken hinaus gedacht werden; aber Vorschläge, die gegen sie verstoßen, sollten besonders gut begründet sein. Beteiligen Sie alle Verantwortlichen an der Ausarbeitung der Leitplanken und halten Sie das Besprochene schriftlich fest. So stellen Sie sicher, dass auch bei der Umsetzung alle hinter der Sache stehen und dass Ihnen niemand in den Rücken fällt. Im nächsten Schritt nehmen Sie den Markt unter die Lupe: Wie sieht er aktuell aus? Was erwarten Sie für die Zukunft? Wo sind Ihre Mitbewerber positioniert? Mit welchen Veränderungen müssen Sie rechnen? Welche Möglichkeiten für Innovationen lassen sich daraus ableiten? Indem Sie diese Fragen beantworten, erhalten Sie Hinweise darauf, an welchen Punkten Ihre Innovationen ansetzen müssen.
Der Blick auf die Innovation
Wenn bei der Auseinandersetzung mit der Zukunft des Unternehmens neue Ideen auftauchen, halten Sie sie unbedingt schriftlich fest; möglichst konkret, aber nicht zu detailliert. Bewerten Sie anschließend Ihre Ideen: Wo liegen die Vorzüge, wo die Risiken? Dass Sie selbst von Ihrer neuen Idee überzeugt sind, ist nur zu verständlich. Betrachten Sie Ihr Produkt dennoch kritisch und aus verschiedenen Perspektiven. Zentral ist wieder die Frage nach dem Markt: Auf welchem Markt muss sich das Produkt bewähren? Hat es überhaupt eine Chance? Dann folgt die Frage nach dem Kundennutzen: Was bringt das neue Produkt dem Kunden? Wie groß ist die Chance, dass es gekauft wird? Der dritte Punkt betrifft das Unternehmen selbst: Hat es überhaupt die Ressourcen, um das neue Produkt zu entwickeln und auf den Markt zu bringen? Halten Sie wichtigsten Kriterien schriftlich fest und treffen Sie danach Ihre Entscheidung. Dazu gehört auch der Blick auf die langfristige Entwicklung der Innovation: Welche Marktposition streben Sie an? Ist sie realistisch? Ist das Produkt weiter innovationsfähig, d. h. kann es sich entwickeln? Wird es langfristig profitabel sein? Operative Finanzgrößen sollten zumindest für den Anfang eher eine untergeordnete Rolle spielen – bis ein neues Produkt Geld bringt, dauert es in der Regel einige Zeit. Aber: Kann Ihr Unternehmen so lange warten?
Konzentrieren und kommunizieren
Erfolgreich innovieren heißt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Forcieren Sie nur wenige Innovationen, dafür aber die besten und diese mit ganzer Kraft. Wenn Sie viele Eisen im Feuer haben, wirkt das vielleicht beeindruckend, aber die Gefahr ist groß, dass Sie sich verzetteln und am Ende nichts erreichen. Eine Innovation zieht immer auch Veränderungen nach sich, in die andere Menschen involviert sind: Führungskräfte, Mitarbeiter, Kunden, Konkurrenten. Diese Innovationsstakeholder dürfen Sie nicht außer Acht lassen. Fragen Sie sich: Welche unterschiedlichen Gruppen gibt es? Inwiefern sind sie von den Prozessen betroffen? Welche Interessen haben sie? Was können Sie tun, um diese Gruppen möglichst frühzeitig in Ihrem Sinn zu steuern? Es ist wichtig, dass Sie die Innovation kommunizieren. Aber verwechseln Sie gute Kommunikation nicht mit Informationsüberflutung. Wenn eine Innovation gut vorbereitet und ausgearbeitet wird, ist das Wesentliche schnell kommuniziert. Wenn Sie dagegen Tonnen von Informationsmaterial und eine Besprechung nach der anderen brauchen, ist mit einiger Sicherheit etwas schiefgegangen. Legen Sie vorab fest, wer welche Informationen erhält – nicht jeder muss alles kommuniziert bekommen.
Die Mitarbeiter
Jede echte Innovation bringt Veränderungen in der Organisationsstruktur mit sich und stellt neue Anforderungen an die Mitarbeiter. Deshalb ist die Organisations- und Personalentwicklung ein wichtiger Teil des Innovationsmanagements. Im Zentrum aber steht immer die Innovation selbst. Erst wenn Sie genau wissen, wie Ihre Innovation aussehen soll, können Sie daran gehen, die Organisation entsprechend zu verändern. Fragen Sie sich, was geschehen muss, damit die Innovation am Markt erfolgreich sein kann. Wie muss Ihr Unternehmen aussehen? Was müssen Ihre Mitarbeiter können? Richten Sie alle Maßnahmen konsequent auf den angestrebten Erfolg der Innovation aus. Sorgen Sie dafür, dass vor allem die guten Mitarbeiter in das Innovationsprojekt eingebunden sind. Das wirkt im Unternehmen sehr positiv auf das Image des Projektes. Wirklich erfolgreich kann Ihre Innovation nur sein, wenn alle Beteiligten davon überzeugt sind und mitziehen. Deshalb ist es wichtig, sie in die Prozesse einzubinden. Am Anfang ist die Begeisterung oft groß, aber wenn Ergebnisse nicht sofort sichtbar sind, lässt sie bald nach. Sorgen Sie deshalb dafür, dass Maßnahmen rasch umgesetzt und alle Erfolge gleich kommuniziert werden. Es muss klar sein, dass sich das Unternehmen auf einem guten Weg befindet und dass sich die Anstrengung lohnt.
Die Innovation einführen
Vor der Einführung steht die Innovationsstrategie. Dabei geht es um eine Art Businessplan für Ihr neues Produkt. Er umfasst die Schwerpunkte Ihres Vorgehens, die Begründung für die Innovation, das Budget, die Marktpositionierung und die konkrete Umsetzung. Zum Schluss werden im Innovationsauftrag, der von allen Verantwortlichen unterzeichnet wird, die wesentlichen Punkte des Vorgehens nochmals zusammengefasst. Wird das Produkt nun tatsächlich entwickelt und auf den Markt gebracht, dann sollten Sie die Prozesse mit Innovationscontrolling begleiten. Dieses prüft, ob die Voraussetzungen für die Innovation noch vorhanden sind oder ob sie angepasst werden muss, ob die Ziele erreicht werden und ob weitere Maßnahmen nötig sind. Das Controlling ist Aufgabe der höchsten Managementebene. Betrauen Sie eine Führungskraft damit – idealerweise die Person, die auch die Ergebnisse der Innovation verantwortet. Selbstverständlich aber kann sie sich dabei von anderen unterstützen lassen. Hilfreich ist ein Innovationsbericht, der in regelmäßigen Abständen erstellt und an alle Beteiligten weitergegeben wird. Er hält die Ergebnisse des Controllings fest.
Innovation als Projekt
Eine Innovation lässt sich immer als Projekt verstehen. Große Innovationsprozesse können Sie auch in mehrere kleine Projekte unterteilen. In jedem Fall aber sind für die Beteiligten Kenntnisse im Projektmanagement notwendig. Die Innovationsziele nehmen Sie am besten in die jährlichen Zielvereinbarungen für Führungskräfte und Mitarbeiter auf. Entsprechend ist die Frage, inwieweit diese Ziele erreicht wurden, ein Teil der Personalbeurteilungen. Überprüfen Sie, was gut läuft und wo der Mitarbeiter noch Entwicklungsbedarf hat.
„Die bloße Idee nützt wenig, wenn der Umsetzungsapparat nicht funktioniert.“
Hier setzt wiederum die Personalentwicklung an. Achten Sie gerade bei Innovationsprojekten auf einen vernünftigen Umgang mit der Zeit. Wo es noch keine festen Strukturen und Abläufe gibt, verzettelt man sich leicht im Unwichtigen. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche. Verzichten Sie auf unnötige Sitzungen und begrenzen Sie die Dauer eines Treffens. Nicht die Länge der Sitzung ist wichtig, sondern die erzielten Ergebnisse. Setzen Sie alle Beschlüsse in konkrete Aktionspläne um. Achten Sie vor allem darauf, dass Sie selbst nicht unnötig Zeit verschwenden – gutes Zeitmanagement im Unternehmen beginnt immer bei den Führungskräften.
Das Risiko des Neuen
Jede Innovation birgt Risiken: Vielleicht stellt sich heraus, dass Sie die Situation falsch eingeschätzt haben und das Produkt bei den Kunden gar keinen Anklang findet. Oder es passieren zu viele Fehler, weil die Mitarbeiter die neuen Abläufe nicht beherrschen. Auch falsch kalkulierte Kosten bergen ein hohes Risiko. Allerdings ist es keine gute Idee, deswegen einfach auf Innovationen zu verzichten: Auch Nichtstun kann sehr risikoreich sein, insbesondere wenn sich der Markt verändert und die Konkurrenz eifrig in Neuentwicklungen investiert.
„Umsetzung von Innovationen bedeutet, dass das Neue Bestand hat.“
Es gilt also, die Risiken einer Innovation nicht zu vermeiden, sondern sie stattdessen so gut wie möglich zu kontrollieren. Identifizieren Sie sie auf jeden Fall noch während der Planung. Versuchen Sie abzuschätzen, wie sich diese Risiken auswirken können. Legen Sie auch hier möglichst genau schriftlich fest, worin das Problem besteht. Dann erarbeiten Sie Strategien, wie sich die Risiken umgehen oder wenigstens die Auswirkungen begrenzen lassen. Sicher werden Sie nicht für jedes Problem eine Lösung finden. Aber wenigstens sind Sie vorbereitet und werden nicht überrascht, wenn die befürchteten Schwierigkeiten tatsächlich eintreten sollten.