Interessenten lügen
Kunden sind die, die schon gekauft haben. Diejenigen aber, die Sie noch zum Erstkauf bringen müssen, sind die Interessenten – und um sie geht es hier. Viele Interessenten lügen. Warum? Sie möchten nicht in ein Verkaufsgespräch verwickelt werden. Sie sagen, etwa wenn sie in einen Schuhladen kommen, dass sie nichts Bestimmtes suchen, sich „nur mal umschauen“ möchten. Das ist eine Lüge, denn diese Person hat eine konkrete Schuhgröße und oft auch eine Vorstellung von den Schuhen, die er oder sie haben möchte. Weitere Lügen sind etwa, dass die Entscheidung zusammen mit anderen getroffen werden muss oder dass noch ein Termin abgewartet werden muss. Gründe für diese Lügen gibt es zwei:
- Interessenten wissen, dass ihre Kaufentscheidung Konsequenzen hat. Deshalb möchten sie sich davor drücken.
- Interessenten wissen, dass sie möglicherweise eine Absage geben müssen. Das ist ihnen unangenehm, und zwar umso mehr, je länger der Kaufprozess dauert und je mehr Kontakt der Interessent zum Verkäufer hat.
Der Kreuzweg des Verkäufers
In Zeiten, in denen das Angebot größer ist als die Nachfrage, müssen Sie einen aktiven Verkaufsprozess durchführen. Der kann mühselig, ja ein wahrer Kreuzweg sein. Dieser Kreuzweg umfasst fünf Stationen:
- Ansprechpartner sind nicht zu sprechen.
- Ahnungslose geben vor, alles zu wissen, und wollen keine Informationen zum Produkt, sondern nur den Preis wissen.
- Fragesteller wollen keine Antworten. Sie fragen z. B., welche Farbe ihnen steht, wollen aber auf keinen Fall „Grün“ hören, obwohl sie das vorher nicht sagen.
- Nichtentscheider geben vor, entscheiden zu können, doch eigentlich haben sie nicht die Befugnis, den Vertrag zu unterschreiben.
- Entscheider wollen einfach nicht entscheiden und lassen Sie darum warten.
Behalten Sie die Kontrolle
Interessenten tun zwei Dinge, um die Kontrolle über ein Gespräch zu erlangen: Sie stellen Sachfragen, über deren Beantwortung Sie als Verkäufer vergessen, das Gespräch zu leiten. Und sie liefern Ausreden, mit der Sie in die Irre geführt werden. Als Verkäufer werden Sie nur zum Abschluss kommen, wenn Sie – und nicht der Interessent – die Kontrolle behalten.
„Interessenten im Verkaufsprozess lügen auch dann, wenn sie eigentlich kaufen wollen. Sie erzählen dem Verkäufer eine brettharte Unwahrheit – lächelnd und ohne die geringsten Gewissensbisse.“
Inspektor Columbo, der in der gleichnamigen Krimiserie mit seiner speziellen Taktik jeden Fall löste, kann Ihr Vorbild sein. Stellen Sie wie er gezielt Fragen. Unterbrechen Sie den Monolog Ihres Gegenübers ruhig mit dem Satz: „Ich habe da mal eine Frage ...“ Warten Sie, bis Ihr Gesprächspartner reagiert, und stellen Sie dann Ihre Frage. Machen Sie genau so weiter, bis Sie alle Informationen haben, die Sie brauchen. Selbst wenn der Interessent seinerseits eine Frage stellt, müssen Sie diese nicht beantworten. Wenn er z. B. nach weiteren Informationen fragt, bemerken Sie einfach, dass Sie seine Frage beantworten können, und stellen Sie dann gleich Ihre nächste Frage, ohne weiter auf jene des Interessenten einzugehen. Sie müssen nicht immer logisch oder folgerichtig kommunizieren. Konzentrieren Sie sich darauf, das Gespräch in der Hand zu behalten. Doch vergessen Sie dabei eine alte Faustregel für Verkaufsgespräche nicht: Reden Sie nur ein Drittel der Zeit und lassen Sie dem Interessenten zwei Drittel.
Fragen, fragen, fragen
Als Verkäufer müssen Sie Fragen stellen. Welche das sind, ist zweitrangig. Es gibt drei Kategorien von Fragen:
- Kaffeefragen: Sie sind wie eine Einladung zum Kaffee – bei dieser geht es nicht um den Kaffee selbst, sondern darum, sich zu treffen. Diese Fragen dienen einem guten Grundgefühl. Sie signalisieren, dass das Gespräch nicht gefährlich ist. Wenn Sie am Telefon der Assistentin z. B. direkt sagen, dass Sie mit dem Chef verbunden werden möchten, sinkt oft die Kooperationsbereitschaft. Besser ist es, zu fragen, ob sie Sie mit dem Chef verbinden kann. „Bin ich hier richtig?“ ist eine universell einsetzbare Kaffeefrage.
- Qualifikationsfragen: Finden Sie heraus, wie qualifiziert Ihr Gegenüber für den Vertragsabschluss ist und ob es sich für Sie lohnt, viel Zeit in ein Angebot zu investieren. Fragen Sie, ob es schon eine konkrete Absicht zur Beauftragung gibt oder ob man sich erst einmal nur informieren möchte. Erkundigen Sie sich nach dem konkreten Budget und danach, welchen Weg das Angebot bis zur Vertragsunterzeichnung nimmt. Unter Umständen werden Sie gleich herausfinden, dass Sie sich die Mühe sparen können. Diese Art von Fragen hilft Ihnen aber auch, den Interessenten in der Spur zu halten. Fragen Sie z. B., warum er bei Ihnen kaufen will. Dann wissen Sie, welche Argumente Sie einsetzen müssen, um den Interessenten „heißzumachen“. Verstehen Sie diese Fragen aber bitte nicht als Floskeln, sondern passen Sie sie an die Gegebenheiten an. Und vergessen Sie nicht, dass Sie solche Fragen nur stellen, um Ihre Abschlussfragen vorzubereiten.
- Abschlussfragen: Abschlussfragen zielen auf die Zeit nach Verkaufsabschluss. Ein Autoverkäufer kann seinen Kunden beispielsweise fragen, wohin er mit dem neuen Auto in den Urlaub fahren will. Der Interessent wird sich den Urlaub mit dem Auto vorstellen, und Ihr Abschluss rückt näher. Je mehr Abschlussfragen Sie stellen, desto weniger Angst hat Ihr Interessent vor der Entscheidung. Sie als Verkäufer interessiert nicht wirklich der Inhalt der Antwort. Ihnen ist auch egal, welche Farbe das neue Auto haben soll. Aber die Beantwortung der Frage setzt voraus, dass sich Ihr Gegenüber schon vorgestellt hat, dass es genau dieses Auto ist. Qualifikations- und Abschlussfragen sind nicht immer leicht zu unterscheiden. Achten Sie deshalb genau darauf, welche Art von Frage Sie stellen. Wenn Sie beispielsweise eine Werbekampagne verkaufen wollen und fragen, wann diese beginnen soll, ist das eine Qualifikationsfrage. Wenn Sie aber fragen, wann die durch die Kampagne gewonnenen Neukunden ins Geschäft kommen sollen, ist das eine Abschlussfrage, denn sie macht dem Interessenten klar, dass er die Kampagne so schnell wie möglich kaufen muss. Die beiden Fragearten müssen Sie nicht unbedingt nacheinander stellen. Stellen Sie Abschlussfragen ruhig auch früher im Gespräch, denn bevor Sie den Interessenten um den endgültigen Zuschlag und seine Unterschrift bitten, sollten Sie sicher sein, dass er auch wirklich will.
Den Preisschock verringern
Wenn Interessenten unbedingt den Preis wissen wollen, sollten Sie zurückhaltend sein. Nennen Sie den Preis zu früh, ist der Interessent vielleicht weg, womöglich für immer. Stellen Sie sich vor, jemand sieht in einer Einkaufsstraße im Schaufenster ein Kleid und kann sich richtig dafür begeistern. Der Blick auf das Preisschild aber verstört die Person, sie wendet sich ab und geht. Das Gleiche gilt für Ihre Angebote. Führen Sie den Interessenten Schritt für Schritt an den Preis heran. Wenn der Interessent schon ein bisschen heiß auf Ihr Angebot ist, klopfen Sie die Preiskategorie ab. Ist er mit dem Preis vertraut und hat er schon Ähnliches gekauft? Besteht eine Idee vom Budget? Nennen Sie dann eine Hausnummer und signalisieren Sie zugleich ein Hintertürchen, eine Möglichkeit, das Angebot zu verändern. So können z. B. Eigenschaften eines Autos variiert werden. Vermeiden Sie aber, sofort die günstigere Preiskategorie zu nennen. Gehen Sie vom Thema Geld weg. Fragen Sie nach der Leistung, die erwünscht wird. So finden Sie auch heraus, ob Anspruch und finanzielle Möglichkeiten des Interessenten zusammenpassen. Dann nähern Sie sich wieder ganz vorsichtig der Geldfrage. Sie pendeln also schon von einem frühen Zeitpunkt an immer wieder zwischen den Themen Geld und Leistung hin und her.
Das Prinzip Bratenduft
Beim Verkaufen müssen Sie sich zuerst vergegenwärtigen, dass es nicht um den Braten geht, sondern um den Bratenduft. Der Grund dafür, dass Menschen für namhafte Marken mehr Geld als üblich ausgeben, ist das Prinzip Bratenduft: Nicht der Braten ist so toll, sondern sein Geruch. Oder anders gesagt: Nicht die Lösung ist entscheidend, sondern die Hoffnung auf Lösung. Aber Achtung: Wenn Sie auf Anhieb eine vollständige Lösung anbieten, werden die Interessenten sofort anfangen, nach Fehlern zu suchen. Das Angebot kann aus ihrer Sicht nicht stimmen, irgendwo muss ein Haken sein. Wenn Ihre Interessenten Unterlagen und Details verlangen, denken Sie deshalb an das Prinzip Bratenduft und geben Sie nicht mit ausufernden Präsentationen alles preis, denn dadurch verlieren Sie schnell die Aufmerksamkeit des Interessenten.
„Ein Verkaufsprozess kann nur am Leben erhalten und zum Abschluss gebracht werden, wenn der Verkäufer den Verkaufsprozess steuert und nicht der Interessent.“
Aufmerksamkeit bekommen Sie durch die „Buttons“, die Knöpfe im Kopf, darunter der wohl älteste Knopf der Welt, den man als „Sex sells“ kennt. Dieser Knopf ist nicht in Ihrem Angebot verankert, sondern im Kopf der Zielperson. Sehen Sie sich die üblichen Werbefilme an, dort werden Sie feststellen, wie die Knöpfe bedient werden und dass das Präsentierte nichts mit dem Produkt zu tun hat. Da trinken Männer mit Waschbrettbäuchen Bier und Hausfrauen leben in einer Welt ohne Stress und Hektik. Aufgrund der Informationsflut reicht es jedoch nicht mehr aus, wild Knöpfe zu drücken und nur penetrant genug zu sein. Vielmehr ist es wichtig, ganz genau darauf zu achten, dass ein Knopf der richtige ist. Eines müssen Sie sich immer vor Augen halten: Die Zielperson ist anders als der Anbieter. Völlig anders! Wer wird wohl am wenigsten bei einem Bäcker kaufen? Ganz klar, ein anderer Bäcker, denn der kann selber backen, ebenso die Frau des Bäckers, denn sie kommt gratis an die Ware, und dasselbe gilt für Hobbybäcker. Wer beim Bäcker kauft, ist höchstwahrscheinlich jemand, der mit Backen nichts am Hut hat. Stellen also auch Sie sich vor, Ihre Zielperson sei völlig anders als Sie – dann steigern Sie die Wahrscheinlichkeit, den richtigen Knopf zu treffen.
Der ultimative Universal-Button
Werbung verschafft Ihnen neue Interessenten. Nur: Die Welt ist schon voll mit Werbung, und die Menschen schalten ab. Eigentlich dürften Sie gar keine Werbung mehr machen. Doch gleichzeitig gilt: Wer nicht wirbt, der stirbt. Drehen Sie deshalb die Werbung um. Identifizieren Sie zuerst, was Werbung so unbeliebt macht. Damit erkennen Sie die Eigenschaften, die dazu führen, dass Interessenten abschalten. Wenn Sie jeweils das Gegenteil davon tun, treten die Abwehrreflexe nicht auf. Ihre Werbung könnte dann z. B. so aussehen:
- einfarbig oder schwarz-weiß statt bunt,
- leise statt laut,
- bilderarm statt voller Bilder,
- zurückhaltend statt marktschreierisch,
- minimalistisch in der Gestaltung statt durchgestaltet von oben bis unten,
- gemäßigt in den Überschriften statt mit reißerischen Schlagzeilen,
- mit langen Texten angereichert statt voller kurzer Texte,
- voll mit Informationen statt voller Geschwafel,
- in der Ausdrucksweise natürlich statt salbungsvoll,
- einfach im Schriftbild statt voller Hervorhebungen,
- mit Fragezeichen statt Ausrufezeichen,
- voller Berichte statt voller Versprechungen,
- auf den Absender statt auf den Empfänger fokussiert,
- höflich statt angeberisch,
- voller Personen statt voller Produkte.
„Wir dürfen nicht vergessen: Buttons existieren nur im Kopf einer Person, nirgendwo anders.“
Damit haben Sie die universellen Leitlinien für funktionierende Werbung. Zusammen mit Buttons, Bratenduft und Fragen werden Sie erfolgreich verkaufen.