Aufstand der Verkäufer

Buch Aufstand der Verkäufer

Abhilfe für die notorische Unentschlossenheit potenzieller Kunden

Wiley-VCH,


Rezension

In vielen Verkaufsbüchern wird dazu aufge­fordert, den Kunden als König zu behandeln. Da will Stephan Geb­hardt-Seele nicht mitmachen, jedenfalls nicht, solange es um bloße Kaufin­ter­essen­ten geht. Denn diese sind noch keine Kunden und müssen deshalb auch nicht als solche behandelt werden. Schon gar nicht, wenn sie das Verkauf­s­in­ter­esse der Verkäufer ausnutzen, indem sie bloß In­for­ma­tio­nen sammeln wollen und sich durch Lügen dem Verkauf­sprozess entziehen. Der Witz des Buches liegt darin, die Perspektive frech umzudrehen: Statt es immer den Kunden recht zu machen, wagt der Autor den „Aufstand der Verkäufer“. Ohne Scheu stellt er sich dem Unwillen der Kaufin­ter­essen­ten entgegen und ar­gu­men­tiert aus der Verkäufer­per­spek­tive. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Ver­trieb­sleit­ern und Verkäufern.

Take-aways

  • Viele Menschen lügen, um nicht in einen Verkauf­sprozess verwickelt zu werden.
  • Nur wenn Sie als Verkäufer die Kontrolle im Verkauf­s­ge­spräch behalten, werden Sie Erfolg haben.
  • Steigen Sie mit leichter Un­ter­hal­tung in das Verkauf­s­ge­spräch ein. Damit sig­nal­isieren Sie, dass Sie ungefährlich sind.
  • Das wichtigste Mittel im Verkauf­s­ge­spräch ist, Fragen zu stellen: Small-Talk-Fra­gen, Qual­i­fika­tions­fra­gen und Ab­schlussfra­gen.
  • Un­ter­brechen Sie Monologe Ihres Gegenübers, indem Sie eine Frage ankündigen.
  • Wenn Sie selbst Fragen gestellt bekommen, achten Sie auf diese Faustregel: Im gesamten Gespräch sollte der Kaufin­ter­essent zwei Drittel und Sie ein Drittel sprechen.
  • Beziehen Sie das Gegenüber ein. Sagen Sie am Telefon z. B. nicht, dass Sie verbunden werden möchten; fragen Sie, ob es möglich ist, verbunden zu werden.
  • Achten Sie genau darauf, ob Ihr Interessent Kaufentschei­dun­gen treffen kann oder ob er Sie nur aushorchen will. So vermeiden Sie viel Arbeit.
  • Fragen Sie konkret, welches Budget zur Verfügung steht und wann der Kauf geplant ist.
  • In der wer­be­frus­tri­erten Gesellschaft hilft Antiwerbung: Seien Sie leise und zurückhaltend. Dann schrecken Sie nicht ab.
 

Zusammenfassung

In­ter­essen­ten lügen

Kunden sind die, die schon gekauft haben. Diejenigen aber, die Sie noch zum Erstkauf bringen müssen, sind die In­ter­essen­ten – und um sie geht es hier. Viele In­ter­essen­ten lügen. Warum? Sie möchten nicht in ein Verkauf­s­ge­spräch verwickelt werden. Sie sagen, etwa wenn sie in einen Schuhladen kommen, dass sie nichts Bestimmtes suchen, sich „nur mal umschauen“ möchten. Das ist eine Lüge, denn diese Person hat eine konkrete Schuhgröße und oft auch eine Vorstellung von den Schuhen, die er oder sie haben möchte. Weitere Lügen sind etwa, dass die Entschei­dung zusammen mit anderen getroffen werden muss oder dass noch ein Termin abgewartet werden muss. Gründe für diese Lügen gibt es zwei:

  1. In­ter­essen­ten wissen, dass ihre Kaufentschei­dung Kon­se­quen­zen hat. Deshalb möchten sie sich davor drücken.
  2. In­ter­essen­ten wissen, dass sie möglicher­weise eine Absage geben müssen. Das ist ihnen unangenehm, und zwar umso mehr, je länger der Kaufprozess dauert und je mehr Kontakt der Interessent zum Verkäufer hat.

Der Kreuzweg des Verkäufers

In Zeiten, in denen das Angebot größer ist als die Nachfrage, müssen Sie einen aktiven Verkauf­sprozess durchführen. Der kann mühselig, ja ein wahrer Kreuzweg sein. Dieser Kreuzweg umfasst fünf Stationen:

  1. Ansprech­part­ner sind nicht zu sprechen.
  2. Ahnungslose geben vor, alles zu wissen, und wollen keine In­for­ma­tio­nen zum Produkt, sondern nur den Preis wissen.
  3. Fragesteller wollen keine Antworten. Sie fragen z. B., welche Farbe ihnen steht, wollen aber auf keinen Fall „Grün“ hören, obwohl sie das vorher nicht sagen.
  4. Nich­t­entschei­der geben vor, entscheiden zu können, doch eigentlich haben sie nicht die Befugnis, den Vertrag zu un­ter­schreiben.
  5. Entscheider wollen einfach nicht entscheiden und lassen Sie darum warten.

Behalten Sie die Kontrolle

In­ter­essen­ten tun zwei Dinge, um die Kontrolle über ein Gespräch zu erlangen: Sie stellen Sachfragen, über deren Beant­wor­tung Sie als Verkäufer vergessen, das Gespräch zu leiten. Und sie liefern Ausreden, mit der Sie in die Irre geführt werden. Als Verkäufer werden Sie nur zum Abschluss kommen, wenn Sie – und nicht der Interessent – die Kontrolle behalten.

„In­ter­essen­ten im Verkauf­sprozess lügen auch dann, wenn sie eigentlich kaufen wollen. Sie erzählen dem Verkäufer eine brettharte Unwahrheit – lächelnd und ohne die geringsten Gewis­sens­bisse.“

Inspektor Columbo, der in der gle­ich­nami­gen Krimiserie mit seiner speziellen Taktik jeden Fall löste, kann Ihr Vorbild sein. Stellen Sie wie er gezielt Fragen. Un­ter­brechen Sie den Monolog Ihres Gegenübers ruhig mit dem Satz: „Ich habe da mal eine Frage ...“ Warten Sie, bis Ihr Gesprächspartner reagiert, und stellen Sie dann Ihre Frage. Machen Sie genau so weiter, bis Sie alle In­for­ma­tio­nen haben, die Sie brauchen. Selbst wenn der Interessent seinerseits eine Frage stellt, müssen Sie diese nicht beantworten. Wenn er z. B. nach weiteren In­for­ma­tio­nen fragt, bemerken Sie einfach, dass Sie seine Frage beantworten können, und stellen Sie dann gleich Ihre nächste Frage, ohne weiter auf jene des In­ter­essen­ten einzugehen. Sie müssen nicht immer logisch oder fol­gerichtig kom­mu­nizieren. Konzen­tri­eren Sie sich darauf, das Gespräch in der Hand zu behalten. Doch vergessen Sie dabei eine alte Faustregel für Verkauf­s­ge­spräche nicht: Reden Sie nur ein Drittel der Zeit und lassen Sie dem In­ter­essen­ten zwei Drittel.

Fragen, fragen, fragen

Als Verkäufer müssen Sie Fragen stellen. Welche das sind, ist zweitrangig. Es gibt drei Kategorien von Fragen:

  1. Kaf­feefra­gen: Sie sind wie eine Einladung zum Kaffee – bei dieser geht es nicht um den Kaffee selbst, sondern darum, sich zu treffen. Diese Fragen dienen einem guten Grundgefühl. Sie sig­nal­isieren, dass das Gespräch nicht gefährlich ist. Wenn Sie am Telefon der Assistentin z. B. direkt sagen, dass Sie mit dem Chef verbunden werden möchten, sinkt oft die Ko­op­er­a­tions­bere­itschaft. Besser ist es, zu fragen, ob sie Sie mit dem Chef verbinden kann. „Bin ich hier richtig?“ ist eine universell einsetzbare Kaffeefrage.
  2. Qual­i­fika­tions­fra­gen: Finden Sie heraus, wie qual­i­fiziert Ihr Gegenüber für den Ver­tragsab­schluss ist und ob es sich für Sie lohnt, viel Zeit in ein Angebot zu investieren. Fragen Sie, ob es schon eine konkrete Absicht zur Beauf­tra­gung gibt oder ob man sich erst einmal nur informieren möchte. Erkundigen Sie sich nach dem konkreten Budget und danach, welchen Weg das Angebot bis zur Ver­trag­sun­terze­ich­nung nimmt. Unter Umständen werden Sie gleich her­aus­finden, dass Sie sich die Mühe sparen können. Diese Art von Fragen hilft Ihnen aber auch, den In­ter­essen­ten in der Spur zu halten. Fragen Sie z. B., warum er bei Ihnen kaufen will. Dann wissen Sie, welche Argumente Sie einsetzen müssen, um den In­ter­essen­ten „heißzumachen“. Verstehen Sie diese Fragen aber bitte nicht als Floskeln, sondern passen Sie sie an die Gegeben­heiten an. Und vergessen Sie nicht, dass Sie solche Fragen nur stellen, um Ihre Ab­schlussfra­gen vorzu­bere­iten.
  3. Ab­schlussfra­gen: Ab­schlussfra­gen zielen auf die Zeit nach Verkauf­s­ab­schluss. Ein Autoverkäufer kann seinen Kunden beispiel­sweise fragen, wohin er mit dem neuen Auto in den Urlaub fahren will. Der Interessent wird sich den Urlaub mit dem Auto vorstellen, und Ihr Abschluss rückt näher. Je mehr Ab­schlussfra­gen Sie stellen, desto weniger Angst hat Ihr Interessent vor der Entschei­dung. Sie als Verkäufer in­ter­essiert nicht wirklich der Inhalt der Antwort. Ihnen ist auch egal, welche Farbe das neue Auto haben soll. Aber die Beant­wor­tung der Frage setzt voraus, dass sich Ihr Gegenüber schon vorgestellt hat, dass es genau dieses Auto ist. Qual­i­fika­tions- und Ab­schlussfra­gen sind nicht immer leicht zu un­ter­schei­den. Achten Sie deshalb genau darauf, welche Art von Frage Sie stellen. Wenn Sie beispiel­sweise eine Wer­bekam­pagne verkaufen wollen und fragen, wann diese beginnen soll, ist das eine Qual­i­fika­tions­frage. Wenn Sie aber fragen, wann die durch die Kampagne gewonnenen Neukunden ins Geschäft kommen sollen, ist das eine Ab­schlussfrage, denn sie macht dem In­ter­essen­ten klar, dass er die Kampagne so schnell wie möglich kaufen muss. Die beiden Fragearten müssen Sie nicht unbedingt nacheinan­der stellen. Stellen Sie Ab­schlussfra­gen ruhig auch früher im Gespräch, denn bevor Sie den In­ter­essen­ten um den endgültigen Zuschlag und seine Un­ter­schrift bitten, sollten Sie sicher sein, dass er auch wirklich will.

Den Preisschock verringern

Wenn In­ter­essen­ten unbedingt den Preis wissen wollen, sollten Sie zurückhaltend sein. Nennen Sie den Preis zu früh, ist der Interessent vielleicht weg, womöglich für immer. Stellen Sie sich vor, jemand sieht in einer Einkauf­sstraße im Schaufen­ster ein Kleid und kann sich richtig dafür begeistern. Der Blick auf das Preisschild aber verstört die Person, sie wendet sich ab und geht. Das Gleiche gilt für Ihre Angebote. Führen Sie den In­ter­essen­ten Schritt für Schritt an den Preis heran. Wenn der Interessent schon ein bisschen heiß auf Ihr Angebot ist, klopfen Sie die Preiskat­e­gorie ab. Ist er mit dem Preis vertraut und hat er schon Ähnliches gekauft? Besteht eine Idee vom Budget? Nennen Sie dann eine Hausnummer und sig­nal­isieren Sie zugleich ein Hintertürchen, eine Möglichkeit, das Angebot zu verändern. So können z. B. Eigen­schaften eines Autos variiert werden. Vermeiden Sie aber, sofort die günstigere Preiskat­e­gorie zu nennen. Gehen Sie vom Thema Geld weg. Fragen Sie nach der Leistung, die erwünscht wird. So finden Sie auch heraus, ob Anspruch und finanzielle Möglichkeiten des In­ter­essen­ten zusam­men­passen. Dann nähern Sie sich wieder ganz vorsichtig der Geldfrage. Sie pendeln also schon von einem frühen Zeitpunkt an immer wieder zwischen den Themen Geld und Leistung hin und her.

Das Prinzip Bratenduft

Beim Verkaufen müssen Sie sich zuerst vergegenwärtigen, dass es nicht um den Braten geht, sondern um den Bratenduft. Der Grund dafür, dass Menschen für namhafte Marken mehr Geld als üblich ausgeben, ist das Prinzip Bratenduft: Nicht der Braten ist so toll, sondern sein Geruch. Oder anders gesagt: Nicht die Lösung ist entschei­dend, sondern die Hoffnung auf Lösung. Aber Achtung: Wenn Sie auf Anhieb eine vollständige Lösung anbieten, werden die In­ter­essen­ten sofort anfangen, nach Fehlern zu suchen. Das Angebot kann aus ihrer Sicht nicht stimmen, irgendwo muss ein Haken sein. Wenn Ihre In­ter­essen­ten Unterlagen und Details verlangen, denken Sie deshalb an das Prinzip Bratenduft und geben Sie nicht mit ausufernden Präsentationen alles preis, denn dadurch verlieren Sie schnell die Aufmerk­samkeit des In­ter­essen­ten.

„Ein Verkauf­sprozess kann nur am Leben erhalten und zum Abschluss gebracht werden, wenn der Verkäufer den Verkauf­sprozess steuert und nicht der Interessent.“

Aufmerk­samkeit bekommen Sie durch die „Buttons“, die Knöpfe im Kopf, darunter der wohl älteste Knopf der Welt, den man als „Sex sells“ kennt. Dieser Knopf ist nicht in Ihrem Angebot verankert, sondern im Kopf der Zielperson. Sehen Sie sich die üblichen Werbefilme an, dort werden Sie feststellen, wie die Knöpfe bedient werden und dass das Präsentierte nichts mit dem Produkt zu tun hat. Da trinken Männer mit Waschbrettbäuchen Bier und Hausfrauen leben in einer Welt ohne Stress und Hektik. Aufgrund der In­for­ma­tions­flut reicht es jedoch nicht mehr aus, wild Knöpfe zu drücken und nur penetrant genug zu sein. Vielmehr ist es wichtig, ganz genau darauf zu achten, dass ein Knopf der richtige ist. Eines müssen Sie sich immer vor Augen halten: Die Zielperson ist anders als der Anbieter. Völlig anders! Wer wird wohl am wenigsten bei einem Bäcker kaufen? Ganz klar, ein anderer Bäcker, denn der kann selber backen, ebenso die Frau des Bäckers, denn sie kommt gratis an die Ware, und dasselbe gilt für Hobbybäcker. Wer beim Bäcker kauft, ist höchst­wahrschein­lich jemand, der mit Backen nichts am Hut hat. Stellen also auch Sie sich vor, Ihre Zielperson sei völlig anders als Sie – dann steigern Sie die Wahrschein­lichkeit, den richtigen Knopf zu treffen.

Der ultimative Uni­ver­sal-But­ton

Werbung verschafft Ihnen neue In­ter­essen­ten. Nur: Die Welt ist schon voll mit Werbung, und die Menschen schalten ab. Eigentlich dürften Sie gar keine Werbung mehr machen. Doch gle­ichzeitig gilt: Wer nicht wirbt, der stirbt. Drehen Sie deshalb die Werbung um. Iden­ti­fizieren Sie zuerst, was Werbung so unbeliebt macht. Damit erkennen Sie die Eigen­schaften, die dazu führen, dass In­ter­essen­ten abschalten. Wenn Sie jeweils das Gegenteil davon tun, treten die Ab­wehrreflexe nicht auf. Ihre Werbung könnte dann z. B. so aussehen:

  • einfarbig oder schwarz-weiß statt bunt,
  • leise statt laut,
  • bilderarm statt voller Bilder,
  • zurückhaltend statt mark­tschreierisch,
  • min­i­mal­is­tisch in der Gestaltung statt durchgestal­tet von oben bis unten,
  • gemäßigt in den Überschriften statt mit reißerischen Schlagzeilen,
  • mit langen Texten an­gere­ichert statt voller kurzer Texte,
  • voll mit In­for­ma­tio­nen statt voller Geschwafel,
  • in der Aus­druck­sweise natürlich statt sal­bungsvoll,
  • einfach im Schriftbild statt voller Her­vorhe­bun­gen,
  • mit Frageze­ichen statt Aus­rufeze­ichen,
  • voller Berichte statt voller Ver­sprechun­gen,
  • auf den Absender statt auf den Empfänger fokussiert,
  • höflich statt angeberisch,
  • voller Personen statt voller Produkte.
„Wir dürfen nicht vergessen: Buttons existieren nur im Kopf einer Person, nirgendwo anders.“

Damit haben Sie die uni­versellen Leitlinien für funk­tion­ierende Werbung. Zusammen mit Buttons, Bratenduft und Fragen werden Sie erfolgreich verkaufen.

Über den Autor

Stephan Geb­hardt-Seele arbeitet seit 1990 im Bereich Marketing, Werbung und Verkauf. Er betreibt eine PR-Agentur in München und ist auch Autor des Buches Vergessen Sie alles über Verkaufen.